Lohnhöhe

Wer kennt sich aus?

Moderator: conny85

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Caipi16
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Re: Lohnhöhe

Beitrag von Caipi16 »

Niemand sagt, es gäbe keine äusseren Umstände. Logisch. Auch mein Leben - oder wie es verlaufen wird - war nicht immer Wunschkonzert. Und auch meine äusseren Umstände waren ganz oft alles andere als ideal oder einfach. Und es gab phasenweise auch Momente, wo ich nicht mehr weiter wusste oder dachte, dass ich es nicht packe. Aber am Morgen stand ich wieder auf und kämpfte weiter - und es ging weiter... und ich packte es...

Ich will mich hier nicht als Paradebeispiel darstellen - bin ich nicht. Denn was ich mache, machen tausende anderer Frauen auch - z.T. noch unter viel schwierigeren Umständen. Und nein, ich bin auch nicht Superwoman ;-). Was ich damit sagen will ist nur: Man hat sein Leben (zumindest in unserem Land) trotz allfällig nicht so idealen Umständen immer selber in der Hand - und kann immer selber entscheiden, wie man leben und mit den vielleicht nicht so tollen Umständen umgehen will. Die "Ausrede" (und sorry, für mich ist es eine Ausrede), dass man in einer Familie aufgewachsen ist, die einem nicht gelernt hat zu kämpfen, gilt für mich auch nicht. Denn es gibt tausende von Menschen, die in genau solchen Umständen aufgewachsen sind und es trotzdem anders gelebt haben. Irgendwann ist man für sich und seine Entscheidungen selber verantwortlich - kann auch selber entscheiden, unabhängig davon, was einem die Eltern beigebracht oder nicht beigebracht habe.

Klar, das ist nicht überall der Fall - in Indien oder Afrika behaupte ich auch: Nein, man ist ganz oft äusseren Umständen und Gegebenheiten ausgeliefert und hat kaum eine Chance. Aber nochmals: Wir sind hier nicht in Indien oder Afrika - und niemand kann mir erzählen, dass man hier in der CH keine Chance hat... egal, wie alt man ist oder egal unter welchen Umständen man lebt. Ich habe solche Beispiele sogar auf dem RAV erlebt. Menschen, die zu mir kamen und nur verzweifelt waren - sich selber nach monatelanger erfolgloser Stellensuche (oder nach einer sehr unglücklich verlaufenden Berufslaufbahn) längst aufgegeben hatten. Ich konnte ihnen auch keinen Job herzaubern - aber ich habe ihnen einen "Tritt in den Arsch" gegeben ;-)... jedes Mal, wenn sie bei mir waren. Und doch, einige davon haben es dann geschafft. Ich habe sogar einen 57jährigen, der in der Druckerei-Branche arbeitete, erlebt, dass er wieder einen Job fand - obwohl es mehr als schlecht aussah und er auch sehr hoffnungslos war. Es war wirklich Knochenarbeit, den Man jedes Mal zu motivieren - und ich verstand seine Verzweiflung auch. Nur auch hier wieder: Aufgeben gilt nicht. Und ja: Er fand wieder einen Job. Es dauerte knapp 6 Monate - aber er fand einen.

Umstände sind leider ganz oft nicht ideal oder einfach - egal, ob man Männlein oder Weiblein ist. Aber: Wir Frauen können uns doch nicht ständig hinter der Ausrede, dass die ganze Familienarbeit auf uns lastet und wir deswegen nichts anderes mehr auf die Reihe kriegen, verstecken... Ich war auch jahrelang eine "One-Woman-Show": Hochprozentig arbeiten, Kind, Haushalt, Weiterbildungen, etc. - das alles lastete auf mir und ich hatte null Hilfe. Und gerade weil ich weiss, dass ich NICHT Superwoman bin, weiss ich, dass man es auch in solchen Situationen schaffen kann. Wenn man will!

Nochmals: Ich sage NICHT, dass es einfach ist - ist es ganz oft nicht. Ich sage auch NICHT, dass einem im Leben alles geschenkt wird - wird es ganz oft (und hoffentlich auch) nicht. Auch ich kenne Verzweiflung und Hoffungslosigkeit - und das Gefühl: Es geht nicht mehr weiter. Aber. Es geht immer weiter - ob und wie entscheidet man selber. Und klar: Hockt man nur da, jammert und sagt "ich kann nicht/es geht nicht" - nein, dann geht es auch nicht. Aber auch dann ist das selbstgewählt.

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stella
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Re: Lohnhöhe

Beitrag von stella »

Caipi
Das macht mich gerade sprachlos... Manchmal hat Mann oder Frau einfach auch Glück oder Unglück im Leben und das kann eine Weichenstellung in die eine oder andere Richtung sein. Hartnäckigkeit und Durchhaltewille kann sich auszahlen, oft tut es das aber nicht. Und dann hat dieser Mensch es eben nicht selber in der Hand, er ist vielmehr abhängig vom Gegenüber.

Man weiss heute, dass es z.B. für Kinder, die in Armut aufgewachsen sind, viel schwieriger ist, da raus zu kommen. Sie hatten oft das bildungsnahe Elternhaus und die Finanzen dazu nicht.
Für reichere Menschen ist es einfacher, in Bildung zu investieren, z.B. wenn das eigene Kind eine schulische Hürde nicht packt. Ebenfalls ist es einfacher, das eigene Kind irgendwo in eine Ausbildung zu geben, da meist die Eltern ein reichhaltiges Netzwerk haben und die Kids so von Vitamin B profitieren können.
Notfalls können sehr reiche Eltern ihren Kids die Bildung auch kaufen.

Ebenfalls ist heute bekannt, dass die Vereinbarkeit von Familie und Erwerb für viele Branchen nicht optimal ist und dass es schwierig ist, als Eltern berufstätig zu bleiben. Die Öffnugszeiten von Kitas sind für viele Berufe, und nicht alle können wie du im Büro arbeiten, untauglich. (Öffnungszeiten von 7:00 bis 18:30 gehen halt oft nicht, Verkauf, Pflege, Dienstleisungen wie Frisör, aber auch Unterrichtswesen,...) Fehlende Tagestrukturen während der Schulzeit sowie unmögliche Anfangs- und Endzeiten tun ihr übriges. Diese Tatsache lastet meistens auf den Frauen, weil sie immer noch aus Berufen auswählen, die typische Frauenberufe und somit Niedriglohnberufe sind. Dies wird z.B. in der Berufswahl überhaupt nicht kommuniziert... Ebenfalls werden Berufe, die im Verlaufe der Zeit zu Frauenberufe werden, lohnmässig runter gestuft - da geht einiges schief... Und nicht zu vergessen das Alter, in dem AGs sein müssen, damit sie angestellt werden: 30gi, aber Erfahrung wie eine 50 Jährige, mit Lohnvorstellungen einer 20 Jährigen...

Diese Frauen leben nicht unter einer Glasglocke, sind abhängig von flexiblen AGs, Kinderbetreuungsmöglichkeiten, Möglichkeiten des Vaters des Kindes... Dass da viele resignieren, das kann ich nachvollziehen...
Pfunzle 06/04 und Gumsle 10/07

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Papah
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Re: Lohnhöhe

Beitrag von Papah »

Gerade bei den Grossfirmen gibt es heute kaum noch Lohnunterschiede zwischen Mann und Frau, welche wirklich aufs Geschlecht zurückzuführen sind.

Geht es um Karriere und Kaderstellen sind es oft die gleichaltrigen Männer, welche mehr Berufserfahrung haben, da sie meist 100% tätig waren und nie aus dem Berufsleben ausgestiegen sind. Viele Frauen haben familienbedingt eine Aus-Zeit von einigen Jahren. Ihnen fehlen dann nebst der Berufserfahrung auch Weiterbildungen etc.

Es gibt auch viele Männer die weniger verdienen als Ihre Kollegen. Wir haben ja keine Einheitslöhne in der Schweiz. Es sollten eigentlich Leistung entlöhnt werden und manchen bieten einfach mehr Leistung, arbeiten effizienter und zielorientierter als andere.

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Papah
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Re: Lohnhöhe

Beitrag von Papah »

Bestimmt haben diesen zwei Jungs ihre ehemaligen Chefs oder Lehrer auch bereits gesagt, dass sie dran bleiben sollen. leider haben Sie es bisher nicht gepackt. Eigentlich sollte es jedem klar sein, dass er seines eigenen Glücks Schmied ist.
Wer eine wenige Kohle lieber nur in Zigaretten und Autos investiert, die er sich nicht leisten kann ist selber Schuld und hat auch nichts Besseres verdient.
Auch diese zwei hatten/haben ihre Chance. Sich loseisen von der Familie wäre das Zauberwort. Ausbrechen und selbstständig werden.

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Ups...
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Re: Lohnhöhe

Beitrag von Ups... »

... vor allem weil es ja meist so ist, das Kinder eher nicht den Weg der Eltern einschlagen - oder deren Vorlieben übernehmen.

Kinder von Eltern ohne TV = haben dann viele Geräte
Kinder von Eltern ohne Auto (die Grün angehauchten) = werden die extremen Autofreaks
Kinder von Autofreaks = können das nicht so verstehen.... usw.

Caipi16
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Re: Lohnhöhe

Beitrag von Caipi16 »

@Stella
Wenn eine Frau einen sog. "Niedriglohn-Job" lernt, hat das nichts mit Kindern zu tun - denn in dem Moment, wo sie sich für diesen Job/diese Berufswahl entscheidet, hat sie ja noch gar keine Kinder. Aber viele Frauen entscheiden sich auch heutzutage auch noch, zwischen 16/17 und 25/30 einfach zu "schäffele" (keine Weiterbildungen, etc.), weil für sie das Glück der Erde eine Familie ist - und einen Mann zu haben, der Hauptverdiener ist. Das ist eine legitime Entscheidung. Wie gesagt: Wir haben ja in der CH die Wahl, wie wir leben wollen. Aber eben: Wenn dann genau solche Frauen "jammern", wenn sie mit 35/40 wieder ins Berufsleben einsteigen wollen/müssen und nur schlechtbezahlte Jobs finden - sorry, nein. Kein Verständnis.

Dass es mit Kindern schwieriger ist im Berufsleben zu bleiben/sein, gebe ich Dir recht. Aber ich denke, auch das ist heute hinlänglich bekannt. Also mir zumindest war das schon sehr früh klar, weshalb ich bewusst die Zeit zwischen 20 und 30 genutzt habe, um beruflich vorwärts zu machen und dann mit 32 - als ich Mutter wurde - beruflich auf soliden Beinen zu stehen, wo ich auch einen gewissen beruflichen Rucksack vorweisen kann.

Abgesehen davon gibt es auch viele Männer, die in Jobs arbeiten, wo die Löhne alles andere als gut sind. Die Frau hat immerhin noch die "Chance", dass sie eines Tages aus dem Job wieder aussteigen und anderweitig (vom Mann) finanziert werden kann. Der Mann hat diese Perspektive zu 99% nicht bzw. Männer stehen unter dem Druck, dass sie irgendwann voll oder zumindest hauptsächlich eine Familie ernähren müssen.

Drag-Ulj
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Re: Lohnhöhe

Beitrag von Drag-Ulj »

Caipi
Ich verstehe deine Meinung total und gebe dir in vielerlei Hinsicht recht. Jedoch: was lässt dich denken, dass jede Frau und jeder Mann in der Lage sind, das bis 32 oder so zu erreichen, was du erreicht hast? Nicht jedermann ist intelligent oder begabt genug oder hatte die richtigen gesundheitlichen Voraussetzungen oder oder oooooooooooooooder... Und sowieso brauchts auch die "Anderen", die eben genau NICHT so ausgebildet sind, denn wer sonst würde die anderen Jobs machen? Und es wäre leicht faschistisch zu behaupten, Kinder seien nur für Reiche gedacht (das werfe ich jetzt dir aber NICHT vor, dies gesagt zu haben. Nur für die Klärung).

Mein Bsp.
Ich habe eine höhere Fachbildung und verdiene für Ostschweizer Verhältnisse "anständig". Mein Mann hat vor ein paar Jahren recht gut verdient, aber jetzt nicht übermässig gut. Trotzdem: durch seinen Lohn waren wir in der höchsten Stufe der Krippenkosten. Ich habe ausgerechnet: ich müsste 6000.- (ist doch viel im Kt. SG) verdienen um bei zwei Krippenkindern Ende Monat meinen Lohn ausschliesslich für die Krippe auszugeben.
Also stell dir nun vor, bei wie vielen Jobs mit Lehre (+ Weiterbildung) es KEINEN finanziellen Sinn gemacht hätte, in diesem Fall überhaupt zu arbeiten, da ich nie und nimmer auf diese 6'000 gekommen wäre. Und Staat hin oder her, wer arbeitet sich bitte ins Minus? Knapp ja, aber nicht ins Minus.
Wäre ich nun eine leidenschaftliche Coiffeuse oder superbegabte Bäckerin oder auch nur eine gute Sachbearbeiterin... ich hätte mir den Job an den Nagel gehängt. Und hier geht's ja nicht darum, ob wir genug Geld zum Leben gehabt hätten, sondern rein um meine Entscheidung, im Job zu bleiben.

Diese Aussagen "den Mann sucht man sich ja auch freiwillig aus" sind in meinen Augen total blödsinnig. Sorry, sollte sich jetzt jemand betüpft fühlen, aber vielleicht mögen genau diese mir erklären, WIE genau sie sich ihren Mann ausgesucht haben. Danke.
Zuletzt geändert von Drag-Ulj am Mo 30. Okt 2017, 09:00, insgesamt 2-mal geändert.

Bridget
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Re: Lohnhöhe

Beitrag von Bridget »

@caipi16
Na ja, wenn man sich (so mit 14/15) mal für einen bestimmten Beruf entscheidet, heisst das ja nicht, dass man diesen dann sein ganzes Leben lang macht/machen kann.
Ausserdem, nein, manchmal hat man einfach keine Wahl, obwohl es Möglichkeiten gäbe, aber es ist nicht immer so einfach, die auch nutzen zu können.
Ich habe mal das KV gemacht, dann ein paar Jahre eine tolle Stelle gehabt, obwohl das gar nicht so mein Traumberuf war. Nach der Geburt des ersten Kindes hab ich aufgehört zu arbeiten, war damals durchaus üblich und ich wollte das so. Dass ich dann nach mehreren Jahren als glückliche Hausfrau und Mutter von drei Kindern plötzlich allein dastand (meinem Mann passte das Leben mit uns nicht mehr so und er hat sich ins Ausland abgesetzt...), war so gar nicht geplant und hat mich ziemlich aus der Bahn geworfen. Ich musste so schnell wie möglich Arbeit finden, ich hab es gehasst, vom Sozialamt und vom RAV abhängig zu sein. Ich hätte durchaus wieder im Büro einsteigen können, meine Bewerbungen kamen recht gut an. Nur, nach all den Jahren war ich halt nicht mehr auf dem neuesten Stand, was Computerkenntnisse betraf. Ich hätte ja noch so gern eine Weiterbildung, einen Kurs gemacht, bloss konnte ich das nicht bezahlen, ich hatte echt kein "voriges" Geld dafür. Und weder Sozialamt noch RAV waren bereit, mich da zu unterstützen.
Dann bin ich halt in einem "Niedriglohn"-Beruf gelandet, und darin geblieben, war und bin aber wenigstens unhabhängig und konnte und kann meinen Kindern eine gute Ausbildung ermöglichen. (Gut, wir bekommen Prämienverbilligung und hatten/haben Stipendien, aber da habe ich auch kein schlechtes Gewissen)
Ja, sicher war ich zu naiv, habe an die grosse Liebe geglaubt und dass es genügt, wenn ich "für die Familie" da bin. Wenn ich nochmals jung wäre, würde ich sicher auch mit Kindern weiterarbeiten etc. aber nun ist es halt so, aber jammern tue ich deswegen nicht :wink:

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Re: Lohnhöhe

Beitrag von jupi2000 »

Drag-Ulj
Du sprichst mir aus dem Herzen.

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Re: Lohnhöhe

Beitrag von jupi2000 »

Und mit dem Satz: jeder ist für sein Schicksal selbst verantwortlich, habe ich schon sehr Mühe. Es gibt Schicksalsschläge, die niemand erwartet. Chronische Krankheit, Unfall, jung verwitwet, bildungsfernes Elternhaus, Migrationshintergrund und und und. Nicht jeder hat die gleichen Chancen, nicht mal in der reichen Schweiz. Es gehen immer noch mehr Kinder von Akademikern an die Kanti als Kinder von "Ausländern" , obwohl sie gleich gute Noten haben. Erlebe/ erlebte ich grad im eigenen Umfeld.
Ich kenne einen älteren Herrn, top ausgebildet inkl. Fremdsprachen...jetzt arbeitslos und ausgesteuert. Das geht manchmal schneller, als man denkt.

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Krambambuli
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Re: Lohnhöhe

Beitrag von Krambambuli »

und es sind auch nicht alle gleich intelligent oder gewifft.....

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Re: Lohnhöhe

Beitrag von Caipi16 »

@jubi2000
Genau das habe ich ja geschrieben :roll: :roll: :roll: . Logisch gibt es äussere Umstände, die man selber nicht oder kaum beeinflussen kann (Arbeitslosigkeit, Unfall, Krankheit, Trennung/Scheidung, etc.). Von daher bestreite ich auch nicht: Es hat nicht jeder die gleichen (guten) Chancen. Aber auch bei Arbeitslosigkeit, Trennung, Unfall, etc. haben wir hier in der CH mit unserem Versicherungssystem eine sehr privilegierte Situation.

Dass es gewisse Situationen gibt, wo man nicht mehr machen kann, als das Beste aus der Situation, die man hat, stimme ich auch. Aber ursprünglich ging es in dieser Diskussion ja nicht um Menschen, die mit Tod, Unfall, etc. konfrontiert sind, sondern darum, dass wir "arme Frauen" :wink: betreffend Lohn den Männern immer benachteiligt sind - und da behaupte ich immer noch: Viele Lohnunterschiede zwischen Mann und Frau haben sachliche (ganz andere) Gründe als das Geschlecht... und viele liegen dann halt schon in einem Werdegang, den man sich zum grössten Teil selber ausgesucht hat.

Aber dass man den Migrationshintergrund als "Ausrede" benutzt, finde ich auch himmeltraurig! Sorry, ich kenne zig Beispiele von Kindern von Ausländern, deren Eltern nur Hilfsarbeiter waren und die z.T. auch erst im Kindergarten oder in der Schule Deutsch gelernt haben - und ganz viele davon arbeiten heute in Banken, Versicherungen, haben studiert oder sonst eine Berufslehre gemacht. Wenn also jemand nicht mal eine Lehre macht und damit argumentiert, dass er (oder sie) es mit Migrationshintergrund oder aufgrund des Elternhauses oder aufgrund des Geschlechts nicht geschafft hat: Sorry, das ist für mich in der CH wirklich nicht mehr als eine billige Ausrede!

Und bevor da gewisse Damen wieder persönlich-angriffig werden :wink: : Ich habe zwar keinen Migrationshintergrund, bin aber weiss-Gott auch nicht mit dem goldenen Löffel im Mund zur Welt gekommen und meine Kindheit/Jugend war aufgrund äusserer Umstände (für die ich auch nichts konnte) alles andere als einfach - und wenn ich heute Leute davon erzähle, schauen die mich mit offenem Mund an und fragen, wie ich das geschafft habe und bewundern, dass ich trotz diesen sehr suboptimalen Umständen Schule, Ausbildungen, etc. mit Erfolg abgeschlossen habe. Ja, das habe ich - genau so wie es tausend andere unter noch viel suboptimaleren Umständen geschafft haben. Aber ich habe halt für mich schon sehr früh die Entscheidung getroffen, Verantwortung für mein Leben und meine Entscheidungen zu übernehmen und die Ausrede "es war halt alles so schwierig bei mir" nicht gelten zu lassen. Denn wie gesagt: Es schaffen jeden Tag tausende von Menschen ihren Weg zu gehen, obwohl sie in noch viel schwierigeren Umständen sind, als ich es mir jemals vorstellen könnte. Ich weiss, dass ich trotz auch nicht idealer Umstände und vielen Hürden in meinem Leben immer noch zu den Privilegierten auf dieser Welt gehöre.

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stella
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Re: Lohnhöhe

Beitrag von stella »

Bedingungen könne sich im Laufe des Lebens ändern und nicht immer kann Mann oder Frau sich anpassen.
Zuletzt geändert von stella am Mo 30. Okt 2017, 20:11, insgesamt 1-mal geändert.
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Pippo
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Re: Lohnhöhe

Beitrag von Pippo »

jupi2000 hat geschrieben:Und mit dem Satz: jeder ist für sein Schicksal selbst verantwortlich, habe ich schon sehr Mühe.
Ich auch. Es passt aber sehr in diese leistungsorientierte Gesellschaft - man ist für alles selber verantwortlich, man muss halt mehr machen/tun/wollen damit es tun kommt, wer das aus welchen gründen auch immer nicht kann, der ist selber schuld etc.
Netterweise werden Zugeständnisse gemacht, wenn es ums schicksalsschläge geht, aber noch viel schneller wird ge- und verurteilt wenn jemand nun mal nicht die benötigten 150% geben kann um sich selber aus der Scheisse zu ziehen.
Für mich immer ein ganz grosses Armutszeugnis wenn man bedenkt, dass CH eines der reichsten länder der schweiz ist. Wer, wenn nicht wir kann es sich schon leisten, die schwächeren mitzuziehen bzw. systeme zu schaffen, die nicht nur auf leistung basieren. ?

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stella
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Re: Lohnhöhe

Beitrag von stella »

Pippo
Schade, gibt es keinen "Daumen hoch". Ich würde den gerade drücken...

all
Ich kann es auch nicht haben, wenn z.B. "eher reiche" Menschen so Dinge sagen wie "Kinder sind Privatsache". Ja, und dann finanzieren sie sich von ihren 30'000.-- Monatsgehalt eine Nanny für 2500.---.

Man rechne mit dem Durchschnittslohn von etwas über 6000.--. Dann sind Kinder nicht mehr Privatsache. Können nicht mehr sein. Denn die Wirtschaft bietet ja nicht durchgehend Stellen, in denen jemand den vollen Kitatarif oder eine Nanny bezahlen kann. Es gibt sogar Jobs, mit denen eine Familie nicht mal finanziert werden kann. Dürfen dann die keine Kinder auf die Welt stellen?

Ebenfalls gibt es einfach Schicksalsschläge, die eine Person glatt weg umhauen. Weiter gibt es Lebenspläne, die sich total ändern, weil die Bedingungen ändern, weil es anders kommt als gedacht.
Bei mir persönlich hat z.B. im Laufe meiner Mutterschaft die Bedingung der PK grundlegend geändert. Vom Leistungs- zum Beitragsprimat. Ja, da fehlen mir nun wertvolle Beiträge. Denn, als ich das Pensum reduzierte, war es noch so, dass man die zwei letzten Jahre 100% arbeiten musste, dann bekam man auch 100% PK. Und der Satz war viel höher, jetzt müssen wir sehr viel einzahlen und müssen die PK sanieren, weil sich wichtige Finanzleute verspekuliert haben. Von diesem Geld werde ich NIE was sehen.
Dumm gelaufen. Guter Rat ist teuer... Und nun ziehe ich mich selber aus diesem Schlamassel, obwohl ich den nicht mal verschuldet habe.
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danci
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Re: Lohnhöhe

Beitrag von danci »

Mir geht es ähnlich wie stella, jupi und co. Nur weil jemand jemanden kennt, der etwas geschafft hat, heisst das noch lange nicht, dass alle alles schaffen können. Ich kenne tatsächlich einen alleinerziehenden Vater von 6! Kindern, der arbeitet Vollzeit, und verdient CHF 130'000.00 pro Jahr plus noch Bonus. Heisst das jetzt, alle alleinerziehende sollen sich gefälligst nicht so anstellen? Du, Caipi, schreibst, Du hättest es geschafft und darum weisst Du, dass man es schaffen kann. Nein, das stimmt eben nicht. Daher weisst Du, dass DU es schaffen kannst. Du, mit Deiner Vorsituation, Deinen Ressourcen und Deiner Intelligenz. Nicht MAN, als ein beliebiger Mensch dieser Welt oder auch der Schweiz.

Gleiches beim Migrationshintergrund. Ich habe auch einen und hatte so gute Startchancen, wie ich sie nur haben konnte: ein bildungsnahes Elternhaus, stabile Familienverhältnisse, jegliche Unterstützung, die ich brauchte, sei es finanziell, sei es direkt oder auch nur moralisch, eine gute Gesundheit und ja, auch eine gewisse Intelligenz, wobei ich weiss Gott nicht die war, die ohne lernen durch die Schule kam. Natürlich war es auch harte Arbeit die Chancen, die man bekommt, auch zu nutzen und ich kenne so einige, die eine ähnliche Situation hatten und nichts daraus gemacht haben, aber trotzdem käme es mir nicht in den Sinn zu sagen mich mit jemand anderem zu vergleichen, denn letztlich kann eine Situation gleich wirken und sie ist eben doch nicht, weil z. Bsp. die Kraft oder der Durchhaltewille, der auch charakterlich bedingt ist, fehlt.

Zum Lohnunterschied Mann/Frau bleibt es dabei: Es gibt KEINE Studie, die nicht zum Schluss gekommen wäre, dass es NICHT ERKLÄRBARE UNTERSCHIEDE gibt. Da zu behaupten, diese sind erklärbar, heisst einfach die Augen zu verschliessen, was aber eben nicht heisst, dass SÄMTLICHE Unterschiede nicht erklärbar sind.
Die Grosse, 2008
Der Mittlere, 2011
Die Kleine, 2015

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naura
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Re: Lohnhöhe

Beitrag von naura »

Hmm danci, wenn jemand die gleichen Möglichkeiten und diese nicht nutzt, ok, sein Problem.. darum gehts ja nicht, dass ich diesen Anklagen würde. Überhaupt bin ich nicht jemand, der Menschen verurteilt, weil sie dies oder jenes nicht geschafft haben etc. Bei mir ist es nur der Punkt des Klagens/Jammerns/Unzufriedenseins und sich in eine Opferrolle begeben. Und der Herkunft, den Eltern, einem Erlebnis oder einem Ereignis die Schuld für die eigene Situation zu geben. Und ja, klar, das hat etwas mit meiner eigenen Geschichte zu tun. Ich habe gelernt und erlebt, dass auch der Charakter oder Gewohnheiten, Einstellungen, psychische Konstitution und noch vieles mehr beeinflussbar ist. Und davon hängt es meiner Meinung nach dann ab, wie man mit dem Leben und seinen Herausforderungen umgeht. Es ist auch eine Art Entscheidung, eben nicht ein Opfer seines Lebens sein zu wollen, sollen Schöpfer/Gestalter. Für mich eigentlich ein fast spiritueller Gedanke, der auch in vielen Bereichen des Alltags umgesetzt und gelebt werden kann. Es ist für mich kein Problem, wenn z.B. jemand aus meiner Familie einen anderen Weg einschlägt, aber ich fange an mich zu nerven an dem Punkt an dem gejammert wird und die Schuld immer bei anderen gesucht. Das hat für mich auch nichts mit Leistungsorientierung zu tun - im Gegenteil, mein Glück und meine Zufriedenheit hängt 0 von Geld oder Erfolg ab.

Ich finde übrigens auch nicht, dass wir hier alle für uns selbst verantwortlich sind. Ich denke manchmal, dass die Menschen gar nicht mehr wahrnehmen, dass wir in einem wirklich guten sozialen System leben. Klar, alles könnte immer besser sein, aber solange es auf der Welt noch so viele Menschen gibt, die mit krass viel existenzielleren Problemen leben müssen, schaffe ich es also schon Dankbarkeit für unser Sozialsystem aufzubringen. Was in der Schweiz jedoch für mich wirklich schräg ist, ist die Mentalität. Es wird vielerorts sehr wenig Gemeinschaft gelebt untereinander, jeder für sich, Angst vor Neuem/Fremdem, wenig Offenheit, wenig Toleranz und Respekt vor Andersartigkeit (z.B. Junge/Alte). Ich bin sehr dankbar konnte ich mir inzwischen ein Netz aufbauen von Menschen, die das anders leben.
mit Meite (07)
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Wir sind da um zu strahlen, wie es die Kinder tun.
Mandela

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