Dr. Karg Gedichte / Teil 2

Moderator: Phönix

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Hans Hartmut Karg
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Sommerabschied?

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Sommerabschied?

Schon säumen feuchtgelegte Grasnarben
Die Wege und Stege am fernen Bachlauf,
Schwinden den Augen die Blütenfarben,
Denn das Jahr nimmt weiterhin seinen Lauf.

Kürzer die Tage mit herbstenden Nächten,
Wenn härter wieder das Mondgesicht strahlt.
Früher schon, als wir bei uns noch dächten:
Kühlschatten, der am Haus sich festkrallt.

Ja, es wird Zeit, Ernten einzufahren
Und für das nächste Jahr Saat auszubringen.
Die Sonne will langsam an Strahlung sparen,
Vögel sammeln sich, um im Süden zu singen.


©Hans Hartmut Karg
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Hans Hartmut Karg
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Italien bei uns!

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Italien bei uns!

Sonnenglast und Regenschauer,
Efeu an der grauen Mauer
Und mit fröhlichem Gepäck
Wandert nun so mancher Jeck.

Wenn die Tage sich verkürzen,
Muss man mehr die Speisen würzen,
Wodurch sie mediterran
An den Gaumen kommen 'ran.

Ja, das südländische Flair
Holen wir uns halt hierher,
Wenn Urlaub wir nicht erhalten,
Weil Chefs auf stur runterschalten.

Deshalb ernten wir Tomaten,
Zucchini sind uns gut geraten,
Herrlich die Tomatensuppe,
Da sind Chefs uns wirklich schnuppe!

Oliven, Knoblauch, Pesto dran,
Gesundheit Genüge so getan!
Kräuter aus dem kleinen Garten
Lassen Seligkeit erwarten.

Denn wenn Duft die Luft erfüllt,
Mit Federweißem nachgespült,
Können wir alsbald erkennen:
Nichts kann von Italien trennen.


©Hans Hartmut Karg
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Hans Hartmut Karg
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Die Wuselliese

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Die Wuselliese

Sie ist und bleibt präsent,
Reist gern ins Rampenlicht,
Damit sie jeder kennt,
Die Schönheit, ihr Gesicht.

Sie wandelt in vielen Räumen,
Trifft sich mit Journalisten
Will keine Stunde versäumen:
Politik hat ja ihre Fristen...

Sie lächelt, perfekt geschminkt,
Trägt jeden Tag ein neues Kleid:
Wenn dem Chauffeur sie winkt,
Ist sie zur nächsten Show bereit.

Die Talkshow wartet auf Madam,
Strahlend erscheint sie dort:
„Mein neues Label kommt gut an!“
Dann ist sie schon wieder fort.

Hat sie sich einmal überlegt
Bei diesem Eilen, Hasten,
Ob Geist die Politik nicht trägt,
Wenn sie nachdenkt beim Rasten?

Doch wo Präsenz die Rolle trägt,
Darf man darauf nicht hoffen,
Denn wo das Rampenlicht gepflegt,
Hat man es gut getroffen...


©Hans Hartmut Karg
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Irrwitziges

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Irrwitziges

Wenn es so weitergeht,
Hat die Partei mehr Kandidaten,
Als Mitglieder, die noch aktiv.
Doch wo man auf Bewerbung steht,
Bleibt man von vielen wohl beraten:
Aufstehen, weil man Dich ja rief!

Gedanken gehen jetzt nach oben,
Winden sich in verschlungene Pfade,
Halten an – und treiben weiter,
Wenden Augen sich von droben,
Dreh'n sich um, Wade um Wade,
Sehen dann herab recht heiter.

Trüben sich nicht Sinne ein,
Wo ausstehen die Sachfragen?
Geht es nur ums Personal?
Wer will noch Bewerber sein,
Wenn die Interviews sich jagen,
Bewerber schon so großer Zahl?

Zerlegen sich nicht die Genossen,
Wenn man auf Neuideen wartet,
Jedoch davon nichts mehr kann sehen?
Blühen noch auf die Nelkenschossen,
Wenn Leuchtraketen schon gestartet
Und stur in Altem man bleibt stehen?

Des Wählers Sinne trüben ein,
Wo man nur noch Ehrgeiz verspürt
Und Irrwitz nicht mehr ausgeschlossen.
Kann man noch mit den Menschen sein,
Wenn Umverteilung, ideologiegeführt,
Nichts Neues hat dann mehr beschlossen?


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Wenn die Götter wieder kämpfen

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Wenn die Götter wieder kämpfen

Wenn die Götter wieder kämpfen,
Haben Gläubige dann frei,
Können ihr Begehren dämpfen,
Leben hoch im Vielerlei?

Sind Götter mit sich beschäftigt,
Wo Neid, Eifersucht erwacht,
Wird nur Machtanspruch bekräftigt,
Nicht mehr lange nachgedacht.

Eingottheit kennt auch den Feind,
Satan, Teufel auch genannt.
Wer es mit dem Gott gut meint,
Ruft nicht nach des Bösen Hand.

Wenn der Mensch noch wachsen will,
Lös' er selber die Probleme,
Halte sich im Glauben still,
Such' das Gute, Angenehme!

Wer will Kampf der Götter haben,
Wo die Umwelt auf dem Spiel,
Sich an Kindereien laben,
Wenn das Überleben Ziel?


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Hans Hartmut Karg
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Grundeinkommen

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Grundeinkommen

Wenn der Staat sich da vergreift,
Versagen manche jede Arbeit,
Denn wo nur Begehren greift,
Hat Fleiß mit sich selbst Mitleid.

Wo Menschen alimentiert,
Verlernen sie das Forschen, Denken,
Sind nur noch magengeführt,
Wählen jene, die viel schenken.

Ist das gut für unser Land,
Das auf Leistung angewiesen,
Demokratie noch unser Pfand,
Wenn wir nur noch Wünsche hissen?

Wo der Staat das übernimmt,
Gehen Vorbilder verloren,
Arbeitsethik dann verrinnt,
Verpflichtungen so abgeschworen.

Wieso soll jemand noch aufsteh'n,
Wo sein Konto schon gefüllt,
Überhaupt noch Rasen mähen,
Wenn die Staatsamme ihn stillt?


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Nicht vorbei gegangen

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Nicht vorbei gegangen

Nicht vorbei gegangen
Ist an uns des Lebens Fülle,
Prall benetzt und unverfangen –
Ohne Arroganz in seidener Tülle.

Barock sind die Freuden geblieben,
Auch wenn Netzzeiten oft schmerzten.
Doch weil wir Schöneres geschrieben,
Gab es Freunde die uns dafür herzten.

Vergessen waren uns Eitelkeiten,
Die im Herabreden andere lockten,
Denn wir hatten jene Freiheiten,
So dass wir nicht mehr zockten.

Ironie und Satire als Elixiere
Konnten mir so meine Seele weiten,
Boten mit der Musik jene Paniere,
Die den Wunderlauf uns bereiten.


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Mit den Alten

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Mit den Alten

Mit den Alten rede ich gern,
Sie sind meine Generation,
Rangkämpfe sind dabei fern,
Denn die Milde ist Alterslohn.

Anständig und brav sitzen wir im Bus,
Wissen angemessen uns zu unterhalten,
Geben verstohlen unserer Liebsten 'nen Kuss,
Können immer frei schalten und walten.

Am Abend bei einem Gläschen Wein
Wissen wir uns fein zu benehmen,
Treten für gute Unterhaltung ein,
Ohne jemanden zu beschämen.

Das ist mir schon die Generation,
Die noch weiß, was sich gehört.
Sie findet meist den richtigen Ton,
Blendet aus, was nur verstört.


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In der Großstadt

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


In der Großstadt

In der Großstadt sind Lärm und Schmutz von Dauer,
Hungerblümchen wachsen nur vereinzelt an der Mauer.
Üppig werden nur dort die Blumenkübel gegossen,
Wo in der Fußgängerzone der Kaffee genossen.

Jeden Morgen wecken in der Großstadt Martinshorne,
Womit der Rettungswagen auch den Notarzt ansporne,
Dass der wenigstens von den so vielen Alten
Ein wenig Leben und Freude kann erhalten.

Häuser an Häuser und viele Wohnblöcke,
Wo man Waren beim Discounter entdecke
Und doch alle immer dasselbe einkaufen,
Ein Leben anonym im Hamsterrad laufen.

Keiner kennt mehr den Nächsten, den Nachbarn,
Doch man kann bequem mit der U-Bahn fahr'n.
Autos verstopfen die Gehwege und die Straßen
Und Jugendliche wollen nachts durch Alleen rasen.

Doch die Stadt bleibt für viele sehr attraktiv,
Alles drängt hinein – wohl ein wenig naiv! –,
Hofft auf die Stadtluft und damit auf Freiheit,
Weil dort immer alles zum Kaufen bereit.

Riesengebäude, nachts völlig ausgestorben,
Wenn Reiche längst ihre Weinflaschen entkorken!
Unter den Brücken, beim Beton der Armen
Liegen die – es ist zum Gottserbarmen...!


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Verden an der Aller

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Verden an der Aller

Dieses ist eines der alten Städte,
Wo vom großen Blutbad Karls des Großen
Man eigentlich nicht so gern Kenntnis hätte,
Denn das ist nichts für Geschichtsmimosen.

Weil sich die Sachsen einst geweigert hatten
Das Christentum freiwillig anzunehmen,
Trafen sie des Herrschers Rachetaten:
Er konnte den Adeligen das Leben nehmen.

Die Aller war damals rot vor Blut,
Bis heute sind diese Greuel präsent.
Nicht alles bei Großen ist wirklich gut,
Auch wenn man solches als Größe benennt.

Von diesem Makel will sich trennen
Verden, sie wurde Pferdestadt!
Auf Gehwegen Hufeisen Namen nennen
Von dem Reiter, der dort gesieget hat.

Man trennt sich so von der Last der Geschichte,
Indem man heutige Erfolge lieber feiert,
Verdrängt auch durch verfasste Gedichte,
Die deshalb sind, weil das Leben sich feiert.

Die Fußgängerzone, sehr breit, sehr sauber
Sieht im Sommer viele Gäste dort sitzen.
Bei italienischem Flair kommen Urlauber
Mit Rädern, wenn die Verdener schwitzen.

Am Allerpark sammeln an Sonntagen
Asylbewerber ihre Erinnerungen ein
Und klären gemeinsam die offenen Fragen,
Um bald in Verden Neubürger zu sein.


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Weltverbesserung

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Weltverbesserung

Solang' der Mensch sich untersteht
Und Ein- wie Ausschluss formuliert,
Verhältnisse als Trauerbeet
Verunglimpft zum Vorfall hinführt,
Ansehen als Unsinn begreift,
Nicht ahnend, dass der Grenzpfahl wackelt,
Die Menschheit kaum zur Umkehr reift,
Weil sie nur nach dem Gelde dackelt,
Möcht' ich den Philosophen raten,
Die immer schon grundsätzlich denken,
Dass sie einfordern jene Taten
Die uns Verbesserungen schenken,
Denn tief sozial bleibt nur die Macht,
Die Menschen zur Freiheit hinführt,
Sie treibt aus eigener Ohnmacht,
Damit die Seele Frieden spürt.


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Fleischereifachverkäuferin

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Fleischereifachverkäuferin

Es ist das Bild der jungen Frau,
Das immer wieder ihn erfasste,
Wo doch die andere Welt so grau
Und er Gefühle wirklich hasste.

Er sah sie jeden Tag im Laden,
Wenn er dort seine Brotzeit holte,
Wo immer Gutes sie dort haben,
Weil er sich auch verwöhnen wollte.

Es blieb nicht aus, ihr Blick ihn neckte:
Verkäuferin, die weiß beschürzt
Den neuen Trieb nun in ihm weckte –
Mit Leichtigkeit Herzblut gewürzt!

Schlank, hübsch, freundlich und immer heiter,
Sehr angenehm, wenn er sie sah.
So wurde sie Seelenbegleiter:
Er war ihr oft im Laden nah.

Kam er, lief sie ihm schon entgegen
Mit einem Lächeln, rot die Wangen,
Stand dann anmutig, recht verlegen
Mit einem Blick voller Verlangen.

Es dauerte, dann fasst' er Mut,
Den er bisher schwer fassen konnte,
Und sommers, in der Mittagsglut,
Nahm er sie mit, wo er denn wohnte.

Der erste Kuss war unvergleichlich
Und die Umarmung zart und fest,
So dass sie ziemlich unausweichlich
Hinsanken in sein Liebesnest.

Noch immer holt er sie dort ab,
Sie wurden Fleisch von einem Fleische.
Ihr Bildnis hält ihn stets auf Trab,
Weil Jungsein gern Liebe erheische.


©Hans Hartmut Karg
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Nahweh und Fernweh

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Nahweh und Fernweh

Solange sich Nähe noch zeigt,
Bleibt die Ferne weite Fiktion,
In welche das Sehnen nur treibt,
Wenn das Fühlen zu nahe der Fron.

Kennt der Alltag nicht diese Nöte,
Wird Wiederholung Vollendung
Mit all dem, was sich anböte,
Wo das Herz nicht in Verblendung.

Wird die Begehrlichkeit jedoch stärker
Und Nähe knechtet zu stark,
Bleibt nicht einmal der Netzwerker
In seinem Handeln autark.

Da wachsen sie ihm zum Himmel,
Die Sehnsüchte voller Begehren,
Gezogen von jenem Schimmel,
Dem die Erwartungen zu Ehren.

So zeigt zeitweise die Trennung an,
Ob die Sehnsüchte dauerhaft bleiben
Und die Beziehung denn irgendwann
Wieder Nahzeiten sich einverleiben.

Teste jedoch nicht zu lange
Die Ferne, die Reize des Neuen,
Denn die Neugier ist eine Zange,
Auf die sich auch andere freuen...


©Hans Hartmut Karg
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Entheiligung des Intimen

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Entheiligung des Intimen

Zwischen den Menschen, die doch geliebt,
Spinnen sich heimlich und unbewusst Fäden,
Welche der Liebreiz ihnen freiwillig gibt,
Abseits von Unheil, Streit und Fehden.

Das ist das Geheimnis größerer Liebe,
Dass sie nur die Zweisamkeit braucht.
Ihr reichen Zärtlichkeit, Nähe und Triebe,
Wenn alles um sie als unbedeutend verraucht.

Heute scheint man das kaum zu begreifen,
Dass Intimität ihre Schonräume will,
Nur die Zweisamkeit, um darin still zu reifen
Mit einer Beziehung von Dauer als Ziel.

Doch das alles wird Fantasialand,
Wo ins Netz viel Intimes gestellt
Und Liebe nicht mehr als d e r Garant
Für eine trautere, schönere Welt.

Das Zähnchen des ersten Kindes,
Der Kuss in der fremden Runde,
Der Hauch des Uraubswindes –
Alles dreht im Netz seine Runde!

So zerbricht das Heilige Zwischen,
Welches Distanz zum Medium schafft,
Weil Banalitäten verwischen,
Was von Millionen begafft.

Das Intime wird längst entschleiert,
Vertraulchkeit gibt es jetzt kaum.
Dadurch werden die Fluchten erneuert,
Für welche Vertraulichkeit Raum.


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Als die Großmutter starb

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Als die Großmutter starb

Damals waren das noch andere Zeiten,
Als die Großmutter in ihrem Hause starb.
Sie musste damals noch recht lange leiden,
Womit sie glaubensmäßig ja das Seelenheil erwarb.

Als sie durch diese Futterluke ward gefallen,
Hinab auf den Betonboden der eigenen Scheuer,
Konnte der Bluterguss sich in die Seite krallen
Und ihre Schmerzen wuchsen ungeheuer.

Wahrscheinlich hatte sie etwas gebrochen,
Doch der Dorfarzt, er verordnete das Bett.
So ward ihr die Embolie ins Adernetz gekrochen,
Die so freundlich und zu mir immer so nett.

Mit acht Jahren sollte ich den Vater holen,
Doch ich kam mit meinem Fahrrad da nicht weiter:
Der November war gegen mein ausdrückliches Wollen,
So kehrte ich um, der Himmel war damals nicht heiter.

Als ich nun auf den Bauernhof zurück gekehrt,
Sah ich sie schwarz gekleidet und leis' weinen.
Der Tod hatte den Schmerz schon längst vermehrt
Und für mich war die Welt nicht mehr im Reinen.

Es gab in diesem Dorf ja noch kein Leichenhaus,
Also legte man sie in Schlafzimmer zum Ehemann,
Bis sie dann zum Begräbnis kam heraus:
Der Sarg führte den Leichenzug nun an.

Unter Glockengeläute gingen wir entlang
Die Dorfstraße, den Kilometer zur Grablege,
Wo sie mit den Posaunen und mit viel Gesang
Gebettet wurde in friedhofsnahe Hege.

Als Kind ward sie mir immer eine gute Frau,
Freute sich, wenn wir zu Besuch ankamen.
Wunderbar war sie, fleißig, alt und ziemlich grau,
Noch immer höre ich des Pfarrers Amen.


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Als der Großvater starb

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Als der Großvater starb

Sein ganzes Leben war er stolz auf mich,
Er blieb mir Mensch, selig Großvater,
War Landwirt, Hausmetzger und stolz auf sich,,
Mir früh ein Freund, Lebensberater.

Mit ihm und mit den Kühen pflügt' ich noch,
Es gab zu essen immer und wir tranken
Vom Brunnen, so frei das Leben, doch auch Joch,
Wenn die Großeltern abends in die Betten sanken.

Das „Kartoffelklauben“ schlug mir auf den Rücken,
Dreschstaub füllte sommers Lunge, Leib und Kleider,
Und das Schweineschlachten war auch kein Entzücken,
Aus dem Stall mit viel Ammoniak wollte man so gerne weiter.

Unvergleichlich war dagegen doch sein Most,
Der Schinken aus dem eigenen Rauch, das Bot.
Vom großen Hausgarten gab es die frische Kost
Und trotz der Armut war man bei ihm nie in Not.

Als nun der Opa starb, hatte nicht aufgepasst
Der Sohn auf eine ausgebüchste Kuh.
Die hatte dann zu viel getrunken und gegrast,
Ward aufgetrieben und gestorben in der Fruh'.

Das tote Tier zogen wir hinter einen Stadel,
Damit die Trauergäste es nicht sehen konnten:
Nicht aussetzen wollte man sich jenem Tadel,
Weil in dem Dorf auch immer Unken wohnten.

Ein langer Trauerzug erwies ihm letzte Ehre,
Dem, der unehelich in Armut ward geboren.
Genommen hat er mir recht früh die Erdenschwere
Und ist nun hoffentlich im Himmel bei den Horen.


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Namenehrung

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Namenehrung

Ein jeder Name ist gleich viel wert
Und hat für sich allen Schutz verdient,
Denn wer den Namen des Du nicht ehrt,
Der weiß nicht, dass man den Menschen dient.

Man kann heute leicht die Nachnamen ändern,
Verdrehen, sie aus der Ehre vertreiben:
Wer sich nicht anpasst, den wollen verändern
All jene, die moralisierend alles vorschreiben.

Doch wo die Vertreibung unselig beginnt,
Entsteht jene unnötige Flüchtlingswelt,
Die dann für sich auf Auswege sinnt
Und sei es bei Regen, vielleicht im Zelt.

Namen sind nach Goethe nur Schall und Rauch,
Doch den Trägern sind Namen oft heilig.
Jeder wünscht sich würdevollen Gebrauch,
Nicht das Verwerfen, wo die Welt hat es eilig.

Gerät die Zeit in die Anonymität,
Weil sie dem Namenlosen den Vorzug gibt,
Ist es vielleicht für die Zukunft zu spät,
Wenn man nur noch das Verwerfen liebt.

Deshalb lasst den Trägern die richtigen Namen,
Ihren Stolz darauf, ihre Menschenwürde.
Nur so geht auf Abrams guter Samen
Und Menschen überspringen Grenze und Bürde.


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"Mama, Du hast es wirklich gut!"

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


„Mama, Du hast es wirklich gut!“

Sie war noch so klein und interessiert
An allem, wohin Mama ging, was sie tat.
Von Mama, gern an der Hand geführt,
War das Vorbild ihr, die wusste Rat.

Die Mama konnte doch alles perfekt,
Sie wusch, sie kochte, sie schneiderte.
Wenn einer der Brüder wieder mal aneckt,
Maßregelt' sie ihn, oft recht heiter!

Für Mama war Hausarbeit kein Tabu
Und natürlich auch keine Schande.
Sie kaufte nicht ständig neue Schuh',
Wichtig waren ihr Familienbande.

Förderlich war sie mit den Kindern beschäftigt,
Beim Spazierengehen lehrte sie das Einmaleins
Und Bildung hat sie stets positiv bekräftigt,
Den Eigentumsschutz, was mir, was seins.

Als Hausfrau fühlte sie sich nie eingeengt,
Übte nach fünf Jahren den Beruf wieder aus,
War klug genug, weil sie Ketten sprengt',
Als Mutter macht' sie Großes daraus.

Das spürten auch ihr Mann und ihre Kinder,
Dass als Frau sie gern Mutter war,
Manchmal sogar anregender Geschichtenerfinder,
Denn sie fand alles Fantasie wunderbar.

Dem Ehemann hielt sie den Rücken frei,
Der half mit und bedankte sich nach Kräften,
Weil in Urlauben gern er mit ihnen sei,
Konnte die Liebe sich da gut anheften.

Das spürte auch schon das kleine Kind:
„Mama, Du hast es wirklich gut!“
Aus heiterem Himmel kam der Spruch wie der Wind
Und der machte ihr wirklich Mut!


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Was dürfen wir denn noch?

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Was dürfen wir denn noch?

Wir saßen in der Bahn nach Norden,
Im Nebenabteil die vier Personen,
Die lautstark und mit fremden Worten
Redeten, ohne uns zu schonen.

Wir sahen zu ihnen hinüber,
Wo ein Mann und drei Frauen saßen,
Die sich lauthals und immer wieder
Mit ihren Stimmen dort vergaßen.

Eine Frau hatte Fingernägel,
Fest aufgeklebt, in Rosatönung.
Auch sie schimpfte auf hohem Pegel –
Scheinbar ging's nicht mehr um Versöhnung.

“Warum schauen sie Mutter an,
Sie will das nicht, schauen sie weg!“
So keift' die Jüngste uns nun an,
Ohne Grund, ohne Beleg!

„Wir können schau'n, wohin wir wollen,
Denn wir sind hier in freiem Land.
Wenn ihnen das wird viel zu viel:
Wechseln sie das Abteil charmant!“

Die Wortestreiter blieben sitzen,
Wir ließen uns nicht irritieren.
Sie mussten sich weiter erhitzen,
Setzten auf ihre Streitallüren.

Was dürfen wir noch hier im Land?
Sind Blicke uns denn schon verwehrt?
Gibt es nicht mehr jenen Verstand,
Der Duldung noch global verehrt?

Wir sind doch keine Fußabstreifer
Für Leute, die laut streiten wollen,
Sind mündig, offenbar schon reifer,
Werden uns auch deshalb nicht trollen.

Wir brauchen keine Gängelung,
Wenn wir Menschen einfach anblicken!
Die Freiheit hält politisch jung,
Ein Traum, ein Ziel, unser Entzücken!


©Hans Hartmut Karg
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Septemberwelt

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Septemberwelt

Noch lockt die Sonne mit viel Schwüle
Die letzten Blüten aus den Pflanzen,
Doch mit der Klarnacht, leichter Kühle
Werden Insekten nicht mehr tanzen.

Der Fledermäuse Jagd zeigt an:
September geht in erste Runde,
Und weil er halt nicht anders kann,
Gibt langsam er vom Herbst uns Kunde.

Gemüsepflanzen fruchten reich,
Ein später Wink gilt diesem Sommer,
Der Hausgärtner holt sie sich gleich,
Wird demütig, mitunter frommer.

Aus kleinstem Samenkorn gezogen
Stehen Tomaten bei zwei Metern!
Zucchini sind nach unt' gebogen
Und Sammelvögel hört man zetern.

Dies ist der späten Tage Segen,
Wenn mehr und mehr sich Früchte zeigen,
Ausreifen, im Garten sich regen
Und unsere Augen sich verneigen.


©Hans Hartmut Karg
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