Dr. Karg Gedichte / Teil 2
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Verstiegenheit
Verstiegenheit
©Hans Hartmut Karg
2017
Nie war die Welt mehr Trampelpfad,
Sehr mediengeil im Hamsterrad,
Als heute, wo die Sensationen
Netzwelten da so reich belohnen.
Das Netz, sehr schnell und sehr brutal,
Lässt guten Taten keine Wahl,
Denn was gezerrt ins grelle Licht
Wird Gegenstand im Weltgericht.
Ausfasern längst die Sittenränder
Und übersteigen alle Länder,
Zerstörte Städte, leere Straßen,
In denen Killer sich vergaßen.
Der Mensch ist schon ein Sonderwesen,
Kann rechnen, schreiben, malen, lesen,
Doch hat er Gier und Wahn geweckt,
Schön mit Filmkleister überdeckt.
Er überschwemmt bei Artvermehrung
Den Globus bis zur Weltverheerung,
Und mancher denkt bei einer Köpfung
Er sei allein Krone der Schöpfung.
*
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Wortgeburt
Wortgeburt
©Hans Hartmut Karg
2017
Er schlägt ein oft wie wilder Blitz
So zwischen Todernst, heiterem Witz,
Gerettet dann – ist es nicht so? –
Als Wortfloh auf dem eigenen Stroh.
Dort liegt er dann, sehr warm gebettet –
Ob er die Menschheit vielleicht rettet?
Doch überlagern Neuideen
Den Wortfloh, der nicht mehr zu sehen.
Dann, wenn an ihn nicht mehr geglaubt
Er uns plötzlich die Sinne raubt,
Tritt mächtig auf, ein großes Tier
Und zeigt uns richtiges Gespür.
Für manchen Fund, der lang gesucht
Und der nicht gar so hell betucht
Wird er endlich mit viel Gewinn
Zum Kontrapunkt – mit Stil und Sinn.
*
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Hotelfreuden
Hotelfreuden
©Hans Hartmut Karg
2017
Mit den Alträdern aus dem Hotel
Durch den Kurpark vorsichtig radeln
Und dabei gar nicht so schnell
Auch niemanden dafür tadeln,
Dass alles alt und morbide,
Die Renovierung verschlafen,
Dennoch alles gastlich, solide,
Wo Alte sich immer schon trafen.
Herkommen zu vulkanischer Erde,
Wo Fango treibt ständig heraus
Und sich die Gesundheit vermehrte
In diesem freundlichen Haus.
Ja, wir haben es gut in Italien,
Wo immer man frei uns lässt leben
Und nicht mit Bürokratenformalien
Aufhält, um nach Allmacht zu streben.
Willkommen ist jeder, darf rein,
Angenommen darf er sich fühlen.
Selbst wer anreist, gebrechlich, allein,
Auf ihn wird man sich einfühlen!
*
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Selbstverlorenheit
Selbstverlorenheit
©Hans Hartmut Karg
2017
Längst ruhten die altwunden Beine.
Beschwingt saß ich spät beim Weine
Im Weinberg, wo der bleichblinkende Mond
Sich an ferne Sonne gewohnt,
Dass ich alle Zeit längst vergaß,
Als ich trank, schaute und aß,
Wo die Milde ein Märchen beschienen,
Um dem Verlieren zu dienen.
*
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Chioggia
Chioggia
©Hans Hartmut Karg
2017
De Stadt, fast ohne Wege, Straßen,
Nur von Kanälen schön durchzogen,
Und niemand, der da mäht den Rasen,
Kein Auto ist hier stinkend eingebogen.
Die angenehme Luft vom Meer
Belüftet unsere alten Lungen.
Alles ist leicht und nichts ist schwer,
Genüssliches erfahren unsere Zungen.
Der Wind bewegt leise die Wellen,
Die Sonne scheint auf diese Meeresstadt,
Und mit den Booten, jenen schnellen,
Wird Jagd auf Fischschwärme gemacht.
Das Angebot an Fisch ist überreichlich!
Der Händlerruf preist alles an,
Was diese Adria so unvergleichlich
Im Angebot hier auf die Märkte werfen kann.
Ein jeder findet nach eignem Geschmack,
Was er heute begehrt zu essen,
Und ehe noch der Morgen ward zum Tag,
Sind alle Fischstände schon leer gewesen.
*
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Novemberleben
Novemberleben
©Hans Hartmut Karg
2017
Es sieht so aus,
als würd' es augenblicklich regnen.
Im Nachbarhaus
können wir Schirmträgern begegnen.
Menschen verlassen kaum noch ihre Wohnung,
sitzen vor vielen, hellen Monitoren,
sind stets bedacht auf Wärme und auf Schonung,
allenthalben hört man laut Motoren.
Doch wir geh'n raus,
holen die alten Räder für mutige Fahrt,
fahr'n weit hinaus,
wo Ihr bisher schon lange nicht mehr wart.
Es regnet auch nicht,
Graunebeldecken hängen oben
und mein Gesicht
erfährt das späte Glück von droben.
Zurück gekehrt glühen die fahlen Wangen
von frischer, kühler, sauberer Luft,
haben wir doch Gesundheit eingefangen,
wo Schneeluft schon nach Winter ruft.
*
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Lichtfreude
Lichtfreude
©Hans Hartmut Karg
2017
Den zagenden Lichtgeistern
traten Tränen der Freude
in ihre glitzernden Augen,
als sie auf stillen Wassern
herbsttrübender Seen
endlich ein schmales
Spiegelsonnenfenster
aufblinken sahen und
mit dem Jahresausklang
ein später Lebenswille
spürbar wurde.
*
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Das Meisenkind
Das Meisenkind
©Hans Hartmut Karg
2017
Es saß ein kleines Meisenkind
Auf dem Balkon und pickt' geschwind
Ein Samenkorn, das sich verirrt –
Dann ist es wieder abgeschwirrt.
Ich brauche diesen Schwirregast,
Nimmt von mir so viel Seelenlast,
Weil junges Leben meist erreicht,
Dass Einsamkeit und Schwermut weicht.
*
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Der Sommer wird gelängt
Der Sommer wird gelängt
©Hans Hartmut Karg
2017
Verlassen haben längst
die Vogelschwärme unser Land,
nachts sind die Grade schon einstellig.
Und alle Wiesen tief da unten
tragen in den regentrüben Tag
nassweiße, tropfennasse Decken.
Im Süden feiern wir dagegen
jetzt noch warme Tage
mit hellen Sommerlängen.
Siesta gibt es und Fiesta
mit traummildem Abend,
der uns sehnend julierinnert.
*
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Ein Weltprogramm
Ein Weltprogramm
©Hans Hartmut Karg
2017
Das wäre für uns alle doch ein Weltprogramm:
Den Nächsten lieben wie sich selbst!!!
Doch wer kann schon den Nächsten lieben,
Wenn er sich selber überhaupt nicht mag?
Und überall die vielen Erdnarzißten
Bespiegeln doch die schnöde Eitelkeit
Mit Eigenmächtigem, naiver Tollheit,
Weil alles nur um Eignes kreist.
Ein solches Weltprogramm könnte bewirken,
Dass Hass und Kriegstreiben bemüht auch abgebaut,
Denn wo fünf wilde Schwäne bei den hellen Birken,
Wird Friedensliebe für ein neues Haus gebaut.
Die Nächstenliebe kann vielleicht nur leben,
Wer daraufhin lange erzogen wurde,
Vorbilder sah, in freiem Geist geboren
Und nicht von Machtsüchten getragen kämpfte.
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Euganeische Hügel
Euganeische Hügel
©Hans Hartmut Karg
2017
Schon in frühem Morgenglanz
Grüßen bei windfreier Sonne
Grün bewachsene Hügel,
Machen den Himmel uns frei.
Ja, wo am Italienischsten
Gemüter sich speisen,
Sind frohlaunige Gäste
Von weit her angereist.
Thermalwasser und Fango
Holen sie wohlwollend hier her,
Heilen die altgebrechlichen Seelen
Und schärfen den Blick zur Sonne.
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Goldene Zeiten
Goldene Zeiten
©Hans Hartmut Karg
2017
Wann hat es das denn schon gegeben:
Beobachtungen und Erlebnisse,
Nicht abgesichert, nicht vorgeschrieben,
Naturerleben und Kunstwelten,
Nicht von Parallelwelten getrennt?
Freiheit ist etwas Wunderbares,
Gelebt im Bestaunen des Ganzen,
Innen- und Außenwelten einbezogen,
Ein- und Mehrdimensionalität geschenkt,
Mikrokosmos und Makrokosmos ineins!
Weltfremdes und sehr Vertrautes
So nahe beieinander?
Ja wir, die Gewärtigen
In Geistesgegenwart –
Haben wir das denn verdient?
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Wunsch
Wunsch
©Hans Hartmut Karg
2017
Wenn Du unzufrieden bist,
kannst Du mit dem Schicksal hadern –
doch lasse mich bitte in Frieden!
Es ist schon schlimm,
wenn man geistmagernd leidet
und ständig andere belastet.
Selbst ein Herzleiden
mag ja dauerlastend sein,
das quält und schindet.
Doch hast Du schon einmal
nach Nächstenleiden nachgefragt,
Dich dafür intessiert?
Noch nie?
Wirklich nie?
Dann lass mich in Frieden!
*
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Die Traummama
Die Traummama
©Hans Hartmut Karg
2017
Da erzählt Dir diese Mama,
Der Sohn lebt jetzt in Alabama,
Er hätte zweimal promoviert,
Wo er jetzt seine Firma führt.
Zwei Töchter hätten promoviert,
Da sie von bestem Geist geführt.
Erfolgreich sei der Ehemann,
Der technisch alles lösen kann.
Sie hätte immer ganz perfekt
Ehrgeiz und Geist dort auch geweckt
Und an den vielen Lebenstagen
Lernen und Leistung mitgetragen.
Im Urlaub sucht sie nun erst jetzt
Nach Frauen, die nicht gut vernetzt,
Will hören, was so eine sagt,
Ob Anerkennung sie auch plagt.
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Bleib', der Du bist!
Bleib', der Du bist!
©Hans Hartmut Karg
2017
Du weißt ja nicht,
wer sich alles
mit Dir beschäftigt.
Und da sind manche,
die Dich gern
verbogen hätten.
Wer erwartet schon
Menschlichkeit, wenn es
um Dich geht?
Bleibe deshalb,
der Du bist und
der Du sein willst.
Denn die Dich mögen,
mögen Dich auch
mit Deinen Fehlern.
Die Dich nicht mögen
werden Dich niemals mögen –
selbst wenn Du ein Rad schlägst.
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Augenblicksgefühle
Augenblicksgefühle
©Hans Hartmut Karg
2017
Lindenfarbene Üppighecken
begleiteten schemenhaft
meine vergangenen Tage.
Wäre meine Zeit nicht
Erfüllungsgehilfin
besonnter Tage,
wie wären mir
Nachtschwindeleien
erträglich und lösbar?
So aber gelingt mir
ansatzweise immer noch
ein reichgründender Herbst.
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Monteortone
Monteortone
©Hans Hartmut Karg
2017
Da steht in der Bar von Monteortone
Ein Vertreter zu Gottes reichlichem Lohne,
Kredenzt uns so nah beim Antonio
Den allerallerbesten Cappuccino.
Der Cappuccino trägt hier eine hohe Haube,
Wodurch man besser an den Herrgott glaube,
Denn beim Trinken ist man ja schon eingedenk:
Das alles ist nichts anderes, als Gottes Geschenk.
Niemals ist der wunderbare Tropfen lack,
Hat auch ein wenig Amarettogeschmack.
Und während Besucher ihn so gerne gebrauchen,
Können wir in den uralten Kreuzgang eintauchen.
Blechern tönt dort abendliches Italiengeläut
Und ruft zur Kirche die vielen Leut',
Eilen her aus den Dörfern und umliegenden Städten,
Um hier für ihre Gesundheit zu beten.
*
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Liebe meines Lebens
Liebe meines Lebens
©Hans Hartmut Karg
2017
Noch waren die Jahre nicht ganz erwachsen,
Doch schon ging der Wille den eigenen Gang,
Mit dem er den Traum zur Liebe erweckte.
Stürmisch beschloss Amor zu handeln
Und Cupido legte sich mächtig ins Zeug,
Denn frühe Sehnsucht fordert' den Preis.
Da musste bald das Ereignis kommen,
Welches so früh eigentlich nicht erwartet:
Nachkommen stellten sich jährlich ein.
Die Zeit wurde reifer, mit ihr wuchsen
Beide und schweißten enger zusammen
Mit Familiensinn ihre mittleren Jahre.
In und mit allen weiteren Liebesjahren
Wurde sie Leben und Wortbestand,
Denn ohne Gespräch wär' die Erde so leer.
War ich in Schwäche, baute sie mich auf,
Wurde ich eckig, schliff ab sie die Kanten
Und führte mit Reden und Nachdenken weiter.
Viel später kamen die Einschläge näher,
Doch immer bracht' sie mich dahin zurück,
Wo das Fernträumen Nahorte braucht.
Das Schweben allein gibt keinen Halt!
Verortet müssen auch Sehnsüchte sein,
Sollen sie im Jahreskreis überleben.
So ist sie mir Hort und Hafen geblieben,
Hat Einheimischwerden mir sehr erleichtert
Und begleitet mich in meinen späten Tagen.
*
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Dem Grau entflohen
Dem Grau entflohen
©Hans Hartmut Karg
2017
Noch fahren wir im Bus durch frühes Grau
Um vier Uhr früh am Inn entlang.
Innsbruck hängt zwischen Bergen fest,
Von Norden, Süden eingeklemmt.
Rasch steigt die Straße hoch,
Will mit uns Grau und Nässe überwinden,
Hin zur Europabrücke eilen
Und nur den Brenner noch im Hinterkopf.
Ja, Maut muss auch noch sein!
Unten und an den Hängen Häuser,
Die klein und spielzeugartig,
Weitab von allen Stelzen warten.
Und dann der heiß ersehnte Brenner!
Ein kleines Dreieck, links oben am Himmel,
Zeigt wie ein Fenster grelles Licht,
Das sich zunehmend weitet und vergrößert.
Italiens Licht! Je weiter wir
Freudig nach Süden rollen,
Desto breiter erstrahlt das frühe Licht,
Wo unsere Sehnsucht sich endlich erfüllt.
*
©Hans Hartmut Karg
2017
Noch fahren wir im Bus durch frühes Grau
Um vier Uhr früh am Inn entlang.
Innsbruck hängt zwischen Bergen fest,
Von Norden, Süden eingeklemmt.
Rasch steigt die Straße hoch,
Will mit uns Grau und Nässe überwinden,
Hin zur Europabrücke eilen
Und nur den Brenner noch im Hinterkopf.
Ja, Maut muss auch noch sein!
Unten und an den Hängen Häuser,
Die klein und spielzeugartig,
Weitab von allen Stelzen warten.
Und dann der heiß ersehnte Brenner!
Ein kleines Dreieck, links oben am Himmel,
Zeigt wie ein Fenster grelles Licht,
Das sich zunehmend weitet und vergrößert.
Italiens Licht! Je weiter wir
Freudig nach Süden rollen,
Desto breiter erstrahlt das frühe Licht,
Wo unsere Sehnsucht sich endlich erfüllt.
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Was bleibt?
Was bleibt?
©Hans Hartmut Karg
2017
Die ihr hier meine Reime lest,
Wisst, dass sie herzensentsprungen,
Wo Seufzer nach Erlösung lechzen.
Der frühe Wahn, er stand einst drängend
Dem Wunsch um Anerkennung Pate,
Um echte Weltgunst zu erringen.
Doch endlich reifgejährt lernt' ich,
Dass Eitelkeiten keine Hoffnung tragen,
Weil sie mit Liebe nicht vermählt.
So sehe ich mich nun im Alter
Wie alles aus dem Herzen fließt,
Was freier schon nach oben treibt.
Ein kurzer Traum bleibt alles nur,
Dem ich Sinn erdnah geben will,
Denn alles fließt zur Ewigkeit.
*