Dr. Karg Gedichte / Teil 2

Moderator: Phönix

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Hans Hartmut Karg
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Bordsteinschwalben

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Bordsteinschwalben

Adler schweben majestätisch über Berge,
Schauen auf die Wiesen, Wälder, Felsen,
Bau'n sich auf mit Augen, ihren Stärke,
Recken sich nach Beute mit den Hälsen.

Nur die kleinen Bordsteinschwalben meinen,
Es den übergroßen Diven nachzumachen,
Leben nicht im Sein, gerne im Scheinen,
Schminken sich vor Kameras – und lachen.

Ja, der Regenbogen ist schon ihr Metier –
Verwechseln sie ihn nicht mit praller Sonne?
Meinen sie gar, Existenz am Meer, im Schnee
Sei pures Lebensglück und Dauerwonne?

Der Bordstein ist sehr glatt, gefährlich,
Manch eine wurde da schon aufgerieben,
So manches ist in dem Metier unehrlich,
Wenn da gemeint: Glanz könnte lieben!

Denn das Geschäft mit Wechsel in der Liebe
Verlangt nach Einsatz, Aufgabe von Würde.
Nur wer stabil in diesem Weltgetriebe
Der Medienwelt, der trage diese Bürde!

Das öffentliche Ritual des Bettes,
Mit dem so manche Schwalbe prahlt,
Hat ja in Wirklichkeit nichts Nettes,
Es geht darum, dass nun der Neue zahlt!


©Hans Hartmut Karg
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Hans Hartmut Karg
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Besonnenheit

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Besonnenheit

Wer immer nur besonnen lebt,
Der frisst alles in sich hinein,
Selbst wenn im Sonnenschein
Die lange Liebesglut abebbt.

Wer nur besonnen lebt,
Hat vielleicht nicht begriffen,
Dass, wo man angegriffen,
Nicht noch nach Nähe strebt.

Und doch bleibt dem die Macht,
Der nachgibt in dem Leben,
Das ihm die Zeit wird geben,
Bis zärtlich lockt die Nacht.

Denn wer einstecken kann,
Was da zum Ausbruch reizt,
Wo Ärger man angeheizt,
Der peilt den Sieg längst an.


©Hans Hartmut Karg
2019

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Hans Hartmut Karg
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Vertrauen

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Vertrauen

Von Vertrauen reden – nur?
Im Vertrauen handeln – immer?
Vertrauen aufbauen – wo?
Vertrauen leben – warum?
Vertrauen anmahnen – bei wem?
Vertrauen suchen – wie?
Vertrauen verkündigen – wann?
Vertrauen finden – bei wem?
Vertrauen geben – wieviel?
Vertrauen schenken – wem?


©Hans Hartmut Karg
2019

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Hans Hartmut Karg
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Machtaphorismen

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Machtaphorismen

Säßen wir noch auf den Bäumen
In den waldgeprägten Räumen,
Würden wir nicht pathogen,
Wenn wir nur auf and're seh'n?

*

Müssen wir denn da zuschauen,
Wo Mitmenschen sich verhauen
Oder sucht das Menschenrecht
Wege aus diesem Unrecht?

*

Wer herrschen will, der streichle seinen Leib,
Lächle in den Spiegel – nur zum Zeitvertreib,
Dann fällt von ihm ab der Verdacht,
Es ginge ihm doch nur um Macht.

*

Macht hat so selten was Soziales,
Dafür recht oft nur viel Banales,
Mit dem höriger wird das Feld,
Das Tyrannen schon bestellt.

*

Normalität, die niemals stört,
Lässt zu, was die Macht beschwört:
Gut gemeint mit hohem Stabe
Handelt selten von Teilhabe.

*

Ohne Macht wird alles schwierig,
Denn das Vakuum macht gierig;
Doch mit Macht wird auch nichts leichter,
Moral und Anspruch oftmals seichter.

*

Macht, reales Phänomen,
Dem Mächtigen recht angenehm.
Mitunter kommt dann Missbrauch vor,
Wenn angeheizt nur der Furor.

*

Das Alphatier, der Aspirant, der Möchtegern,
Die haben Machtansprüche gern,
Doch bleibt ihnen dann zuviel Macht,
Sind andere um den Schlaf gebracht.

*

Nachfolge, vorgängergewählt,
Da bleibt Macht meistens verstellt.
Nur wo frei sie die erkämpft,
wirkt die Zukunft ungedämpft.

*

Der Abgang des Alten ist Zugang des Neuen,
Darüber sollten zunächst wir uns freuen.
Doch wo viel Krieg im Netzgefilde
Wird manches nur zum Schandgebilde.

*

Die Macht, die oftmals nur formell
Kann punkten auch sensationell.
Enttäuschungen lösen erst aus,
Dass Schöpfer fliegen aus dem Haus.

*

Ohne Machtanspruch im Leben
Kann es keine Ordnung geben.
Doch wo nur die Macht verführt
Der Bürger keine Freiheit spürt.

*

Macht braucht stetige Kontrolle,
Sonst fällt sie aus jeder Rolle,
Weil sie gern auf Zuwachs spechtet,
Manches Land dadurch entrechtet.


©Hans Hartmut Karg
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Hans Hartmut Karg
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Frankentherme Bad Windsheim

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Frankentherme Bad Windsheim

Ausgreifend und sehr charmant
Wird man um den Ort geleitet.
Doch die Therme ist bekannt,
Weil sie uns Wärme bereitet.

Wenn die alten Knochen schmerzen,
Gibt es dann nur dieses Ziel:
Um die Schmerzen auszumerzen,
Hilft Schwimmen im Wasser viel.

In dem kleinen Außenbecken
Tummeln sich die alten Leute,
Wollen den Gevatter necken,
Denn sie leben hier im Heute.

Ruhig geht der Blick zur Uhr:
Keine Arbeit, kein Termin
Stresst, wenn auf der Wärmekur
Dieser Tag treibt langsam hin.

Mutige geh'n zum Salzsee,
Müssen nicht ins Tote Meer,
Brauchen keinen weißen Schnee –
Das Gleichgewicht hat es da schwer!

Immer wieder lockt das Nass,
Viele kommen von weit her:
Auf das Schwimmen ist Verlass,
Denn Gesundheit wird so mehr.

Sitzt man anschließend beim Wein,
Isst Einheimisches zu Mittag,
Darf man etwas müßig sein –
Gehen Seelennot und Plag'.

Unsersgleichen liebt die Sonne,
Pralles Leben in der Reihung,
Denn nicht Dionysisch' Tonne
Bringt der Einsamkeit Befreiung.

Geht der Blick der alten Augen
Hin zu jugendlicher Frische,
Können sie sich dort festsaugen,
Wo noch lockt die späte Brise...


©Hans Hartmut Karg
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Hans Hartmut Karg
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Lavendelglück

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Lavendelglück

Die beiden halbrunden Kugelbüsche
sind zwar schon zu den Wurzeln verkahlt,
und dennoch treiben sie sanft alljährlich
zu magischer Blühkraft weit nach oben.

Blaulila tragen die Rispenblüten,
als wären sie in der Provence zu Hause,
behängt von Früh' bis zu später Stunde
mit Insekten und ganzen Immenschwärmen.

Ist erst das Schlafzimmerfenster geöffnet
und der Wind treibt den feinen Duft herein,
wiegt der uns, als wär'n wir schon im Süden
in wohliges, traumseliges Schlafen ein.


©Hans Hartmut Karg
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Hans Hartmut Karg
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Umkehr

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Umkehr

Noch schwankend und mit Schmerz im Leib
Erhebt er sich aus seinem Morgenschlaf:
Quartaltrinken ist für ihn stets ein Hype,
Er ist da uneinsichtig und so gar nicht brav.

Der Blick geht auf den Boden, ein Papier,
Das leicht vergilbt unter dem alten Schrank
Er vorholt und es mit sicherm Gespür
Nachliest – der Neugier sei hier ewig Dank!

Da sieht er doch mit einem Mal,
Was er bestellt und längst an Wein getrunken:
Die vielen Flaschen in so großer Zahl –
Sein Durst ward ihm deshalb auch nie gesunken.

Dabei weiß er von vielen Trinkgelagen,
Dass die Beweglichkeit dadurch nachlässt,
Er noch benebelt, wenn nach vielen Tagen
Die Alkoholfee ihn daraus gar nicht entlässt!

Erschrocken blickt er auf das alte Blatt
Und legt es nachdenklich in die Ablagen:
Ein Trinker, der auf einmal Skrupel hat,
Spürt für sich auf die beiden tiefsten Fragen:

„Warum tust Du Dir das denn an,
Was eigentlich nur Deine Lebensgeister schwächt?
Ist es die schlimme Sucht, die Dich besiegen kann
Und sind Dir Stürze und Benebelungen recht?“

Da geht er weiter mit erwachsenem Gewissen,
Auf leisen Sohlen am Weinkeller vorbei,
Kann anständig die Weiße Fahne für sich hissen,
Die anzeigt, dass er von der Sucht nun endlich frei.


©Hans Hartmut Karg
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Vierzig Kilometer

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Vierzig Kilometer

Hast Du das denn auch schon gefühlt,
Was aufkeimt, wenn Du erst bezwungen
Den Geist, der kommentierend alles kühlt,
Was Deinem Ehrgeiz doch gelungen?

Es ist der faule Geist des Angenehmen,
Der gern die Tage, Dein Gemüt besetzt,
Verpflichtet nur dem allzu Bequemen,
Damit die Mühe ja kein Auge netzt.

Du aber fährst die vierzig Kilometer
Mit Deinem Rad und kommst gerne zu mir,
Freust Dich auf den Besuch von einem Städter
Und unterhältst Dich gut bei einem kühlen Bier.

Bergauf, bergab geht Deine Reiseroute,
Die Hügellandschaft ist ein grüner Traum;
Ums Herz wird Dir dabei recht warm zumute,
Du spürst dabei die Anstrengungen kaum.

Ja, noch im Alter vierzig Kilometer radeln,
Gesundheit mit Flora und Fauna teilen,
Dafür muss man Dich wirklich niemals tadeln,
Denn damit kann Dein Geist die Seele heilen.


©Hans Hartmut Karg
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Naturbadesee

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Naturbadesee

Man hat sein Wissen sehr erweitert,
Kam auf die glänzende Idee:
Damit auch die Provinz nicht scheitert,
Schafft man sich diesen Badesee,

Denn mit viel Kalk und ohne Chlor
Wird das Naturwasser gereinigt.
So zog man die Entscheidung vor
Und hat sich auf's Projekt geeinigt.

Die Sprüher auf das Kalkgebilde,
Die treibt am Tag der Sonnenstrom,
Dass sauber bleiben die Gefielde
Und algenfrei – das ist der Lohn!

Denn alle gehen sommers baden,
Auch jene, die da nicht verreisen:
Das kleine Haus will sie einladen
In die Natur, zu kleinen Speisen.

Sonnenbetrieben auch die Stätte,
An der es Eis und Pommes gibt,
Wo die Bedienung, diese nette,
Die Kinder und den Umsatz liebt.

Ökologisch sehr keimbindend
Will man Errreger ganz ausschalten.
Dabei war man recht erfindend:
Zeltend lässt Leben sich gestalten!

Und jedes Jahr kommen nun mehr,
Die keine weiten Strecken fahren.
Sie müssen nicht ans ferne Meer
Mit Fahrstrapazen und Gefahren.

Hierher lockt sie doch ein Idyll
Mit Wasser, das so seidenweich
Aufbaut erst dieses Hautgefühl,
Mit dem Körper und Seele reich.


©Hans Hartmut Karg
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Versteh' ich nicht!

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Versteh' ich nicht!

Am Morgen im Einkaufszentrum
Seh' ich Sushimänner stehen,
Kommen dabei nicht herum,
Müssen auf den Austausch sehen.

Sie werfen mit Verpackung alles
In ihre großen Plastiksäcke
Und bringen so im Fall des Falles
Auch Gutes jeden Tag zur Strecke.

Der rohe Fisch, er muss jetzt weg,
Leer wird dadurch auch die Auslage.
Es gibt scheinbar keinen Ausweg,
Obwohl ich immer danach frage:

„Kann man das alles nicht verschenken
An Arme, Alte, Asylanten,
Um so die Schöpfung zu bedenken
Und damit unserem Herrgott danken?

Stellen wir Licht unter den Scheffel,
Wenn wir das alles nur wegwerfen?
Ist das denn nichts als bloßer Frevel,
Wenn wir uns da nichts mehr vorwerfen?

Ist denn Foodretten unbekannt
Den Männern hier in schwarzem Kittel?
Kümmert sich bei uns denn niemand
Ums Wegwerfen der Nahrungsmittel?

Was macht die Politik denn da,
Wenn ihr dies scheinbar nur egal
Und sie dem Treiben gar nicht nah,
Weil sie hat rechtlich keine Wahl?

Mein Rat ist da nicht durchgedrungen,
Auch nicht, wo Obst im Abfall landet.
Scheinbar sind alle rettend' Zungen
Im Alltagsorcus längst versandet.


©Hans Hartmut Karg
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Bildwirkungen

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Bildwirkungen

Man wird auf kleinem Blatt Papier
Auch große Räumlichkeiten schaffen,
Wenn zielführend Eigenmanier
Die Horizonte kann erschaffen.

Formen sind oft schon ausverkauft,
Mit denen Bilder kunstvoll werben,
Wo Form sich mit der Bildung rauft
Und Kunstwerke doch elend sterben.

Zu lange hat die Tradition
Dem Sehen Deutung auferlegt,
Mit Zeigefinger, Moralton
Versäumt, dass Neues auch bewegt.

Zu viel der Bildung schafft dann Sattheit,
So dass Gemüt und Augen fliehen.
Sie kolportieren jene Freiheit,
Die anstrengend und sehr bemüht.

Wo formlos alles Bildgepränge
Flieht alle Bildung aus dem Stand,
Entledigt sich uralter Zwänge
Und lenkt ins ferne Unbekannt.

Augen müssen Füße bekommen,
In Neues, Fantasien gehen
Und selbst, wenn sie dadurch benommen,
Nach ihrem Selbstverständnis sehen.

Wird dann das Schauen nicht erreicht,
Weil vom Künstler nichts hinterlegt,
Wirkt nach, was nur die Seele bleicht:
Kein Geist wird da bewegt.


©Hans Hartmut Karg
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Lagunengarten

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Lagunengarten

Die Serenissima, hellwach:
Auf allen Wassern fahren Boote.
Paläste halten sie in Schach,
Geben ihnen noble Note.

Türkisfarbe aus Wasserweite
Hat längst die Sonne eingefangen
Und führt uns hin zur Augenweide,
Womit zum Garten wir gelangen.

Imitten steht das Beckenrund,
Gefüllt bis hin zum oberen Rand.
Die Vogelfreunde geben kund,
Wo Eden ist ihr Heimatland.

Im Sommer stehen da die Blumen
Im Paradies voll Blütenpracht,
Und immer lockt freundliches Lumen
Die Gäste, lieblch, still und sacht.

Mit breiter Krempe um den Hut
Sitzt eine Frau auf weißer Bank,
Hat es auch noch im Alter gut,
Dem Harren gilt ihr Sonnendank.

Mit dieser späten Lebensfreude
Kann das Gemüt prächtig aufleben,
Fernab vom Trubel vieler Leute
Den Augen neues Schauen geben.


©Hans Hartmut Karg
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Brodelkessel Erde

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Brodelkessel Erde

Methan steigt aus den Rindermägen,
Kohlendioxid aus Verbrennungsmotoren:
Wollen wir damit das Klima erlegen,
Das sich längst gegen uns verschworen?

Himmelsstreifen aus Kerosin
Mit Saharasand angereichert –
Und überall dieser Heizungssinn,
Erdnah Ozondünste gespeichert!

Methan sogar aus Eisessümpfen,
Kohlendioxid aus Milliarden Lungen:
Man läuft barfuß, nicht mehr in Strümpfen,
Der Waberdampf verklebt die Zungen.

Schränken wir uns nicht endlich ein
Bei Verbrennung und bei Fleischkonsum?
Von denen müsst' es die Hälfte sein,
Sonst reißen wir alle Ziele um!!!


©Hans Hartmut Karg
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Fremde Gaben

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Fremde Gaben

In diesen überhitzten Zeiten
Brechen Inkakakteen auf,
Mit denen sich die Augen weiten,
Weil Blüten strahlend und zuhauf.

Je mehr die Sonnenkräfte knechten,
Desto mehr treten Exoten auf,
Lassen vergessen die Schneewächten,
Die einstmals gehörten zum Lebenslauf.

Blutrotlasierend einst die Adern
Der Sonnenopfer dick geschwollen:
So müssen wir jetzt täglich hadern
Mit Sonnenglut, die angeschwollen.

Groß leuchtend, blühend die Exoten,
Buntfremdlingsglanz im ganzen Land,
Sogar hinauf zu den Lofoten,
Wo früher nur die Eiswelt stand.

Wie eine andere Lebenswelt
Finden wir nun die fremden Pflanzen,
Die dort in Kübeln hingestellt,
Wenn keine Eisschollen mehr tanzen.

Verkehrte Welt muss das wohl sein,
Wo früher nichts als Eis sich mehrte,
Sich traute, um so ganz allein
Dem Klima Fischreichtum bescherte.

Heute wächst nordwärts wieder Wein,
Den es dort bisher gar nicht gab
Und nun bei starkem Sonnenschein
Die Wärme bringt Reben auf Trab.

Wie soll südlich der Apfelbaum
Ohne Reizkälte denn noch blühen,
Wenn Fremdpflanzen füllen den Raum,
Kakteen sich nordwärts bemühen?

In diesem Wandel treiben Blüten
Neufloren, die undenkbar galten,
Die Kaltwetter niemals umhüten –
Und Schafe die Hitze aushalten,

Wenn sie in voller Wolle stehen
Und wir alle ihr Schicksal teilen,
Weil auf Verzichte wir nicht sehen
Und Lebensretter uns enteilen.


©Hans Hartmut Karg
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Hans Hartmut Karg
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Beziehungsfrage

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Beziehungsfrage

Hast Du mir etwas zu sagen
Oder willst Du mich nur plagen
Mit den vielen, vielen Fragen
Gerade an den Heißzeittagen
Oder mit Deinem Gesage
Suchen nach der Edelwaage,
Wenn wir mit der Lebenslage
Günstig teilen unsere Tage?


©Hans Hartmut Karg
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Lebensvermessung

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Lebensvermessung

Da fiel mir doch in meine Hände
Ein Fragebogen für das Alter,
Um auszuloten gleich behende
Lebenserwartung, Lebensalter.

Es gibt so viele, gute Bögen,
Mit denen man schließlich begreift,
Ob uns die weiteren Jahre mögen,
Weil wir gesund dorthin gereist.

Ich will daran gar nicht teilnehmen,
Denn meine Zeit scheint sehr begrenzt;
Doch muss das Alrer sich nicht schämen,
Wenn es noch wenig geistbeglänzt.

So fragte ich mein bestes Stück,
Ob es bereit zu diesen Fragen
Mit Antwort, Ehrlichkeit im Blick,
Um jede Antwort zu ertragen.

Als ich die Liebste nun befragt,
Musste ich ihrer Wahrheit folgen:
Sie war ehrlich und nicht verzagt –
Und ich fiel nun aus allen Wolken!

Mit Siebzig ist sie Achtundfünfzig,
Zwölf Jahre jünger nun tatsächlich:
Gesund lebt sie, ihr Karma günstig,
Alles andre ist nebensächlich.

Noch mehr waren wir überrascht,
Als Lebenserwartung ausgewertet
Und ich dreimal und ohne Hast
Ihr sagen konnt', wie sie geerdet:

Wenn's gutgeht wird sie Hundertneun –
Es darf halt nichts dazwischen kommen! –
Wird sich mit sechzehn Enkeln freu'n,
Weil sie nicht raucht und nichts genommen.

Die Eltern wurden bei ihr alt,
Sie läuft noch lange jeden Tag,
Meidet das Ungesunde halt,
Ist glücklich, weil sie selbst sich mag.



©Hans Hartmut Karg
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Tierchenzeit

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Tierchenzeit

Ach ja, die kleinen Schnuckeltierchen
Kriechen beim Baden in die Haut,
Öffnen für sich so manches Türchen,
Das die Natur für sie gebaut.

Der Arzt schaut auf die Rötungen,
Gibt mir dann eine gute Salbe.
Im Kopf hätte ich Tötungen,
Doch zieht die Taube zu der Schwalbe.

Es ist ja Sommer, schwer der Schlummer,
Die Tierchen fressen mich fast auf,
Doch weiß ich, es gibt schlimmeren Kummer,
Sie teilen meinen Lebenlauf.

Ich kaufe da kein Schockgerät,
Elektrisch, denn das tötet nur:
Wer mit der Todesnadel näht,
Versteht noch nicht die Tiernatur.

Wenn wir die Tierchen alle killen,
Werden als Nahrung sie verschwinden.
Hunger können Vögel nicht stillen,
Müssen ihren Abschied künden.

Wir wundern uns dann doch angeblich,
Wenn auch die Windschutzscheiben frei
Und wir damit nicht unerheblich
Verursacht, dass kein Sang im Mai.


©Hans Hartmut Karg
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Wie man glücklich werden kann

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Wie man glücklich werden kann

Wer nur nach Anerkennung lechzt,
Vielleicht mit einem Kampfgewissen
Und unter seiner Arbeit ächzt,
Der wird schieres Glück vermissen.

Zuerst Bescheidenheit sich suchen –
Aufschneiderei greift viel zu kurz!
Man esse seinen eigenen Kuchen
Und schau ein wenig himmelwärts...

Niemand muss sich vom Glücke scheiden,
Wenn dann geschafft Zufriedenheit.
Das mindert Armut und Scheinleiden,
Gesundheit steht für ihn bereit.

Der Glückliche braucht freie Räume,
In die er sich zurückzieh'n kann;
Verwirklicht er die Lebensträume,
Gesundet seine Seele dann.

Mitunter braucht der Mann ein Weib,
Ein Weib oftmals auch einen Mann,
Damit allein zum Zeitvertreib
Liebfreude glücklich werden kann.

Es braucht eigentlich gar nicht so viel,
Nur Nähe, Treue, Zärtlichkeit,
Ein Kuss, das Lächeln mit Gefühl
Für das, was beiderlei Freiheit.


©Hans Hartmut Karg
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Jeden Abend

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Jeden Abend

Der Amselmann kommt jeden Abend
Und unterhält die Gartengäste.
Morgens, an Würmern sich labend,
Feiert abends er die Feste,

Bezirzt durch seine Wildgesänge
Vom First die ganze Nachbarschaft,
Fordert heraus – und das um Längen! –
Wodurch er erst Verbindung schafft.

Er streitet da mit den Rivalen
Und nimmt der Heißzeit so die Spitze,
Erlöst uns von des Tages Qualen,
Gebrochen wird die Tageshitze.

Jeden Abend erzählt er mir
Von seinen Kindern, Liebeszeiten.
Sitze ich am Balkon beim Bier,
Will Schönmomente er bereiten.


©Hans Hartmut Karg
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Zuletzt geändert von Hans Hartmut Karg am Sa 29. Jun 2019, 08:51, insgesamt 1-mal geändert.

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Was wird sein?

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Was wird sein?

Was wird sein,
wenn ich von hier gehe?
Werde ich all jene treffen,
die vorausgegangen mir sind?
Wird nur die ew'ge Nacht
mich dunkel umfassen?

Was wird dann sein,
wenn ich nichts sehe?
Sind Nichten und Neffen
versammelt im Götterwind?
Sind die Himmel schon erwacht,
uns alle dauerhaft zu umfassen?

Was wird da oben denn sein,
wenn ich nicht mehr aufstehe?
Kann ich Gnadenhände treffen,
die mir verheißen sind?
Wird mich dann noch
Liebe umfassen?

Wenn ich heimgehe
zu den Müttern und Vätern –
werden sie schon auf mich warten...?


©Hans Hartmut Karg
2019

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