Langsame, gute Geburt im Geburtshaus

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Moderator: Phönix

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atomo

Langsame, gute Geburt im Geburtshaus

Beitrag von atomo »

Mein Geburtsbericht ist sehr ausführlich. Er ist deshalb in mehrere Teile gegliedert. Ihr müsst zum lesen jeweils den Spoiler anklicken. Für eilige Leserinnen gibts eine Zusammenfassung.

Zusammenfassung
Spoiler:
Acht Tage nach dem errechneten Termin spüre ich um den Mittag die ersten schmerzlosen Kontraktionen. Am Abend haben ich schon recht regelmässige Kontraktionen. Ich kann aber noch ziemlich gut schlafen. Nach einer Pause am nächsten Vormittag beginnen die Kontraktionen am Nachmittag wieder regelmässig zu werden. Ich gehe ins Bett, es zieht alle 5 - 10' in meinem Bauch. Schlafen kann ich nicht, langsam werden die Kontraktionen zu schmerzhaften Wehen. Um Mitternacht stehe ich wieder auf weil mir im Liegen nicht mehr wohl ist. Ich verarbeitet die Wehen indem ich mit meinem Becken kreise und beim ausatmen mit meiner Musik auf langen Aaa Tönen mitsinge. Die Wehen bleiben die ganze Nacht regelmässig und werden auf den Morgen hin stärker. Um 8 Uhr fahren wir ins Geburtshaus. Der Aufbruch und Ortswechsel stresst mich und meine Wehen verschwinden. Beim Untersuch stellt die Hebamme fest, dass sich der Muttermund noch nicht geöffnet hat. Ich möchte vorläufig im Geburtshaus bleiben, weil ich überzeugt bin, dass die Geburt begonnen hat. Nach einem Tag fast ohne Wehen gehen wir aber um 18 Uhr wieder nach Hause. Zuhause beginnen schon bald wieder regelmässige Wehen. Die zweite durchwachte Nacht beginnt. Zwischen den Wehen döse ich, aber alle 4-6 Minuten stehe ich wieder auf um die Wehen zu verarbeiten. Den nächsten Morgen verbringe ich grossteils zuhause in der Badewanne, weil ich mich im warmen Wasser am Besten entspannen kann. Um 12 Uhr kommen wir zum zweiten Mal im Geburtshaus an. Beim ersten Untersuch um 13.30 ist mein Muttermund 5cm offen. Ich verarbeite die Wehen in der warmen Riesenbadewanne, bin ganz versunken in die Musik und meinen Gesang und komme ganz gut zurecht. Nachdem der Muttermund um 15 Uhr bei fast 8 cm ist, werden die Wehen sehr kräftig, ich muss erbrechen und komme mit dem Atem nicht mehr ganz mit. Zum Glück sind es nur sehr wenige solch starke Wehen. Danach werden die Wehen seltener und schwächer. Anstatt mich über die Pause zu freuen und auszuruhen stresst mich der Geburtsstillstand, ich möchte dass es vorwärtsgeht und habe Angst es stimme etwas nicht. Erst um 18 Uhr öffnet sich die Fruchtblase und die Presswehen beginnen. Ich gebäre unser Kind auf dem Bett kniend, der Oberkörper auf dem hochgestellten Kopfteil abgestützt - sozusagen im Vierfüsser also. Die Presswehen schmerzen mir nicht - aber die Dehnung des Beckenbodens. Wir beobachten im Spiegel wie sich der Kopf langsam den Weg bahnt. Um 20.18 plumst mein Sohn auf das Bett. Anfänglich ist er etwas blau - er erholt sich aber ganz schnell. Die Planzenta flutscht etwas später ohne Wehen aus mir heraus als ich aufrecht hinknie. Trotzt eines Kopfumfangs von 37cm und einem Geburtsgewicht von 4kg habe ich keine Verletzungen die genäht werden müssen.
Geburtsvorbereitung
Spoiler:
Ein Jahr zuvor war die Geburt für mich etwas unheimliches, furchtbares. Während der Schwangerschaft habe ich begonnen Unmengen von Geburtsberichten im Swissmomforum zu lesen. Dabei wurde meine Vorstellung viel konkreter, ich lernte die ganze Bandbreite von möglichen Geburtsverläufen kennen und ich konnte dadurch meine Angst davor abbauen. Danach habe ich mich ganz bewusst auf Bücher und Berichte konzentriert, die ein positives und natürliches Bild der Geburt vermitteln. Ich überzeugte mich davon: Eine Geburt ist ein natürlicher Vorgang und kann in den meisten Fällen ganz gut ohne Medizin bewältigt werden. Ich bin eine Frau - also bin ich zum gebären gemacht. Ich suchte mir eine Möglichkeit wie ich die Wehen bewältigen möchte. Weil ich schon viel im Chor gesungen habe, wusste ich, dass mich Singen entspannt und ich beim Singen auch gut, tief und langsam atmen kann. Ich stellte mir Musik zusammen, die ich mit Entspannung und Geborgenheit verbinde und übte dazu beim ausatmen mitzutönen. Daneben übte ich mich darin, ganz bewusst meinen ganzen Körper locker zu lassen und auf Kommando jeden Muskel zu entspannen. Zum Schluss der Schwangerschaft kam das regelmässige Training mit dem EpiNo dazu. Zwei Tage vor der Geburt schaffte ich es auf 10 cm. Ich stellte mir meine Geburt auch immer wieder vor, weniger Details wie Geburtspositionen, sondern eher wie ich entspannt mit den Wehen mitarbeite. Ich nahm mir vor jede Wehe einzel zu betrachten, sie positiv zu begrüssen, mich während den Wehen bewusst zu entspannen und mir vorzustellen, was die Wehen bewirken: wie ich weit, gross und weich werde.
Schwangerschaft
Spoiler:
Während der Schwangerschaft musste ich mich ab der 30. Woche schonen weil ich so oft einen harten Bauch hatte. Ich wurde krank geschrieben und musste zuhause bleiben. Das Rumliegen und der "Hausarrest" ist mir schwer gefallen. Es hat sich aber gelohnt und mein Bauchbewohner ist brav drin geblieben. Ab der 38. Woche hatte ich wieder grünes Licht, da es von da an keine Frühgeburt mehr wäre. Ich tobte mich aus mit Velofahren, Schwimmen, Spazieren und genoss meine wiedererlangte Freiheit in allen Zügen. Abgesehen von gelegentlichen Kreuzschmerzen und Rückenschmerzen bei längerem Sitzen fühlte ich mich in meinem Kugelkörper total wohl. Deshalb hatte ich es auch nicht besonders pressant mit der Geburt. Ich überlegte mir, dass eine Woche nach dem Termin für mich optimal wäre. Im Gegensatz zu meinem ganzen Umfeld wurde ich deshalb auch nicht ungeduldig als der Termin verstrich und sich die Geburt noch nicht ankündigte.
ET+7
Spoiler:
Eine Woche nach dem Termin gibt es immer noch keine Anzeichen. Allerdings habe ich irgendwie das Gefühl, dass sowohl ich, also auch mein Baby nun eigentlich bereit wären. Ich versuche herauszufinden, warum die Geburt noch nicht beginnt. GG pendelt jeden Tag knappe 2 Stunden zur Arbeit. Irgendwie stresst mich das, weil ich ihn bei der Geburt dabeihaben möchte. Ich habe das Gefühl, dass ich ihn um mich brauche, damit die Geburt beginnen kann. Deshalb bitte ich ihn freizunehmen um den nächsten Tag mit mir zu verbringen.
ET+8
Spoiler:
Ich habe am Morgen einen Kontrolltermin im Geburtshaus. GG begleitet mich, da er ja freigenommen hat. Das CTG ist in bester Ordnung. Die Herztöne sind gut, noch genug Fruchtwasser vorhanden. Es werden zwei Kontraktionen aufgezeichnet, die ich aber nicht bemerke.
Es ist schönes Wetter und wir beschliessen auf einen nahegelegenen Berggipfel zu fahren. Ich freue mich, diesen Sommer doch einmal in die Berge zu kommen und bestaune die Bergblumen. Gegen 12 Uhr spüre ich die ersten Kontraktionen. Während ein bis zwei Stunden kommen diese in einem Abstand von ca 8 Minuten. Ich spüre - auch ohne mit der Hand an den Bauch zu langen oder mich darauf zu konzentrieren - wie etwas in meinem Bauch zieht. Im Gegensatz zum harten Bauch und den Kreuzschmerzen die ich schon gut kenne, dauern diese Kontraktionen nur einige Sekunden und dann ist wieder Pause. Das ist etwas ganz neues, das ich während der Schwangerschaft nie erlebt habe. Allerdings sind die Kontraktionen weit davon entfernt schmerzhaft zu sein.
Nach dem Mittagessen fahren wir nach Hause. Unterwegs ist Pause. Zuhause am frühen Abend kommen die Kontraktionen für ca zwei Stunden wieder im 5 - 8' Abstand. Ich taste meinen Muttermund. Während der Schwangerschaft habe ich ihn mit dem Finger nie erreichen können. Jetzt ist er in Reichweite meiner Fingerspitzen und fühlt sich weich wie Hefeteig an. Wir stellen uns darauf ein, dass die Geburt bald stattfinden wird. In der Nacht schlafe ich unruhig, wache oft kurz auf und merke, dass ich weiterhin Kontraktionen habe. Bei einem Gang aufs WC stelle ich fest, dass sich mein Schleim verändert hat - er ist sehr flüssig, zum Teil spinnbar.
ET+9
Spoiler:
Ich stehe um 6 Uhr mit GG auf. Ich habe häufige aber unregelmässige Kontraktionen (3' - 10'). Eine davon ist so stark, dass es sich das Ziehen wie Mensschmerzen anfühlt. GG geht arbeiten. Durch den Vormittag habe ich nur noch vereinzelte Kontraktionen ca 2 pro Stunde. Um 14 Uhr taste ich wieder nach meinem Muttermund und finde den gelösten Schleimpfropf: ca 1/2 Telöffel bräunlich durchzogene Gallerte - wie Sulz. Gegen Nachmittag werden die Kontraktionen immer häufiger. Ich fühle mich aktiv und flicke unseren Sitzsack. Ein grosses Chaos mit Styroporkuglen, Staubsauger und Nähmaschine. Ich bemerke jeweils die Kontraktionen, muss meine Tätigkeit deswegen aber nicht unterbrechen. Am Abend sind die Abstände wieder bei 5-10 Minuten. Ich nehme ein warmes Bad, die Kontraktionen bleiben aber unverändert. GG und ich gehen ins Bett, machen Liebe und löschen das Licht um ca 22 Uhr. Ich finde den Schlaf nicht, kann nur dösen, weil die Kontraktionen immer stärker und auch langsam schmerzhaft werden.
ET+10
Spoiler:
Um Mitternacht stehe ich auf, weil ich es unangenehm finde im Bett zu liegen. GG fragt mich was los ist - ich gebe ihm zur Antwort: "Jetzt gebären wir!" Ich lasse ihn aber noch schlafen. Solange ich ihn noch nicht brauche soll er sich noch ausruhen. Ich bin freudig aufgeregt und richte es mir im Wohnzimmer gemütlich ein. Ich mache mir Tee und Honigbrote als Stärkung, lasse meine Geburtsmusik laufen und beschäftige mich mit Nonogramrätseln. Während den Wehen stütze ich mich auf, singe mit der Musik und schaukle mein Becken. Ich muss die Wehenabstände jetzt nach den Wehen notieren und nicht mehr zu Beginn, weil mich währenddessen konzentrieren muss. Zum Ausatmen singe ich auf lange Aaaaa Vokale. So kann ich schön langsam und tief atmen und kann mich auf etwas anderes als den Schmerz - nämlich die Musik - konzentrieren. Jetzt sind die Kontraktionen etwa zu vergleichen mit starken Mensschmerzen - nur mit dem Vorteil, dass es dazwischen immer wieder Pause gibt. Zwischen den Wehen fühle ich mich total wohl und schmerzfrei. Ich geniesse die Nachtstimmung, die schöne Musik, die Vorfreude und bin ganz bei mir und im Rhytmus der Wehen.
In der zweiten Nachthälfte lege ich mich auf die Matratze im Wohnzimmer hin und döse zwischen den Wehen. Was aber gar nicht geht ist während den Wehen liegen zu bleiben - das empfinde ich als sehr unangenehm. Also knie ich mich alle 4-7 Minuten wieder hin für die Wehenarbeit. Die Nacht geht erstaunlich schnell um. Am Morgen werden die Wehen stärker und sind im 5' Abstand. Ich rufe Hebamme A an um sie zu informieren. Ich habe es eigentlich noch nicht so pressant von Zuhause wegzugehen, weil ich gut zurecht komme. Hebamme A muss aber sowieso ins Geburtshaus fahren und bietet an uns in 20' abzuholen. Wir packen die letzten Sachen ein. Ich fühle mich etwas gestresst von diesem übereilten Aufbruch, komme aus meinem Rythmus, die Wehen werden seltener.
Im Geburtshaus angekommen, sind fast keinen Wehen mehr vorhanden. Hebamme A lässt ein CTG schreiben, das registriert eine einzige schwache Kontraktion in 30'. Sie untersucht mich: der Gebärmutterhals ist fast ganz verstrichen und der Muttermund durchlässig für die Fingerkuppe. Sie meint jedoch, dass die Geburt noch nicht wirklich begonnen hat und dass es noch einige Zeit dauern kann. Ich bin etwas frustriert - ich hatte doch schon eine ganze Nacht Wehen und bin überzeugt zu gebären. Wir möchten im Geburtshaus bleiben und dürfen uns schon ein Wochenbettzimmer aussuchen. Es kommt mir komisch vor dort zu sein wo ich mein Baby doch noch immer im Bauch trage. Ich lege mich hin und kann etwas schlafen.
Gegen Mittag nehme ich ein homöopathisches Mittel und habe darauf hin wieder ein paar wenige Wehen. Ich habe Durchfall. Ich finde einen richtig grossen Schleimklumpen: Im Gegensatz zum Vortag fast einen Esslöffel voll. Jetzt hat sich der Schleimpfropf aber definitiv gelöst. Am Nachmittag habe ich keine Wehen mehr. Wir beschliessen nach Hause zu gehen. Ich fühle mich irgendwie als Versagerin. Der Fehlalarm frustet mich. Zuhause essen wir gemeinsam Znacht, checken kurz die Emails, ich nehme ein Bad. Währenddessen kommen die Wehen wieder zurück. Ich habe Kuschelbedürfnis und gehe mit GG zusammen ins Bett. Nach einer Stunde stehe ich aber wieder auf, weil GG auch nicht schlafen kann, wenn ich alle 5 Minuten aufjapse, hinkniee und singe. Ich lasse ihn wieder schlafen. Ich sage mir: Solange ich es noch gut alleine kann, soll er noch Kraft schöpfen dürfen.Wenn ich ihn dann brauche oder spätestens um 6 Uhr früh gehe ich wieder zu ihm.
ET+11
Spoiler:
Die zweite durchwachte Nacht beginnt. Ich installiere mich wieder im Wohnzimmer. Diesmal versuche ich aber so gut es geht mich zu erholen. Ich lege mich hin und döse. Jedes Mal wenn ich spüre wie sich die nächste Wehe anbahnt muss ich mich überwinden aufzuknieen. Aber ein Wehe im Liegen ist einfach nicht machbar. Sobald ich mein Becken bewegen kann, finde ich die Wehen aber gut bewältigbar. Es ist mehr eine Kopfarbeit. Ich heisse jede Welle willkommen, weil sie mich näher ans Kind bringt und mir hilft. Ich stelle mir währenddessen immer vor, wie mich die Wehenkraft öffnet, weitet, weich macht. Ganz bewusst lasse ich los und entspanne mich auch während den Wehen - dazwischen nicke ich meisten kurz ein. Im Rythmus der Wehen döse ich und singe ich mit.
Die Wehen werden immer stärker. Kurz vor sechs Uhr sind sie so stark, dass ich das Bedürfnis nach Unterstützung habe - ich gehe zurück zu GG ins Bett. Ich kuschle mich an ihn und mache die Wehen kniend im Bett. Zwischen den Wehen fühle ich mich nun nicht mehr ganz wohl - es macht etwas weh. Ich nehme deshalb ein warmes Bad. Das warme Wasser ist wunderbar entspannend - so sind die Wehenpausen wieder ganz schmerzfrei. GG sitzt neben mir. Während den Wehen schliesse ich meine Augen immer, wackle ich mit dem Becken im Badwasser, lege meine Hand auf GGs Hand. Nach den Wehen muss mir GG immer einen Schluck kaltes Wasser geben. Zwischen den Wehen döse vor mich hin.
Um ca 8 Uhr telefonieren wir mit Hebamme A. Ich will erst wieder ins Geburtshaus, wenn ich auch sicher dortbleiben kann. Nochmals Fehlalarm will ich nicht. Das Geburtszimmer ist durch ein anderes Paar besetzt. Noch ein Grund mehr zuhause zu bleiben - wieso sollte ich ins Geburtshaus wenn ich nicht ins Geburtszimmer kann. Dann bleibe ich lieber zuhause wo ich zumindest einen normale Badewanne habe. Hebamme A rät mir nochmals versuchen zu schlafen - netter Vorschlag, aber wie soll man bitte schlafen wenn man alle paar Minuten Wehen hat? Sie verordnet mir etwas Rotwein als Schlafmittel, das ich gerne annehme. Ich lege mich ins Bett, aber von Schlaf kann keine Rede sein. Ich empfinde das Liegen im Bett als unangenehm - hier folgt eine Wehe auf die andere - und will bald wieder in die Badewanne wo ich mich viel wohler fühle.
Ich taste immer wieder nach meinem Muttermund um die Öffnung zu verfolgen. Es fühlt sich ungewohnt an, ich kann die Anatomie nicht wirklich einordnen. Ich erfühle aber nie ein "Loch" und gehe davon aus, dass der Muttermund immer noch geschlossen ist. Ich lasse mich dadurch aber nicht verunsichern: Jede Wehe bringt mich näher an die Geburt. Ich weiss, dass die Muttermundöffnung nichts regelmässiges ist. Vielleicht gehöre ich zu den Frauen, die sich erst zum Schluss ganz schnell öffnen.
Gegen 10 Uhr möchte ich aktiver werden. Ich verlasse die Badewanne und wechsle ins Wohnzimmer. Dort schaukle ich mein Becken zur Musik. Müde fühle ich mich trotzt zwei Nächten ohne Schlaf kaum. GG muss mich jetzt bei jeder Wehe begleiten. Jedesmal wenn sich eine ankündigt, rufe ich nach ihm und er hat schläunigst bei mir aufzutauchen. Dann hänge ich mich um seine Schultern um mein Becken zu entlasten. Er muss mich gut halten, da meine Beine inzwischen etwas kraftlos sind. Einmal hat er noch das iPhone in der Hand (um die Wehenabstände zu notieren wie ich um nachhinein erfahre) und kann mich nicht halten. Wütend schnauze ich ihn an: "Jetzt leg doch das Scheissding weg!" Wir rufen wieder dem Geburtshaus an. Inzwischen war Schichtwechsel und Hebamme B hat Dienst. Sie fährt zu uns. Ich denke mir: "Eigentlich geht das so gut - wozu sollen wir überhaupt ins Geburtshaus - können wir nicht für die Geburt zuhause bleiben?" Diesmal lasse ich mich nicht stören vom Aufbruch und überlasse das Packen ganz GG. Ich bleibe ganz bei mir und in meiner Trance versunken. Hebamme B kommt zu uns rein. Während GG die letzten Dinge packt und meinen Eltern Bescheid gibt, begleitet mich Hebamme B zum Auto. Das schöne Wetter, der helle Sonnenschein draussen kommt mir völlig unpassend vor. Auf dem Weg zum Auto merke ich wie eine Wehe kommt. GG ist nicht da. Ich schaue kurz Hebamme B an - frage sie ob ich mich an ihr halten kann und schmeisse mich im nächsten Moment an sie um die Wehe zu verarbeiten. Ich nehme einfach mal an, dass sie sich als Hebamme gewohnt ist, dass sie von fast fremden Frauen umarmt wird.
Im Auto lässt Hebamme B mich auf den Vordersitz sitzen. Während der Fahrt fühlt sich mein Bauch so ungewohnt empfindlich an. Ich spüre jede Beschleunigung unangenehm im Bauch. Um mein Becken zu entlasten ziehe ich mich während den Wehen an diesem kleinen Griff oben am Fenster hoch. Zum Glück hats keinen Stau und ich muss nur wenige Wehen so im Sitzen ertragen. Als wir um 12 Uhr beim Geburtshaus zufahren, sehen wir wie eine Frau im Bademantel mit Hebamme A ins Auto steigt. Uns ist sofort klar: das ist die andere Gebärende, die ins Spital verlegt wird. GG zeigt Bedauern mit ihr - irgendetwas scheint gar gut zu laufen. Ich bin da weniger mitfühlend: "Scheissegal, Hauptsache wir haben jetzt das Geburtszimmer!" (Das war aber auch schon das gemeinste, was ich während der Geburt geleistet habe. Entgegen meinen Erwartungen war ich erstaundlich anständig.)
Bis das Geburtszimmer aufgeräumt ist, muss ich kurz in ein Wochenbettzimmer gehen. Dort entdecke ich den Wickeltisch als ideale Geburtshilfe: Ich kann meinen Oberkörper gut auf das Polster ablegen währenddem ich mit dem Becken kreise. Den Sirup der mir zur Stärkung angeboten wir, lehne ich wehement ab - ich brauche nach jeder Wehe einen Schluck kaltes Wasser und nichts anderes. Hebamme B lässt mir gleich Wasser in die Geburtswanne ein. Als ich ins Geburtszimmer darf, reisse ich mir sozusagen die Kleider vom Leib und stürze mich ins warme Bad. Die Nacktheit ist mir so egal. Diese riesige Badewanne ist exakt das richtige. Egal wie ich liege, sitze oder knie mein grosser Bauch hat darin Platz. Ich finde bald eine gute Strategie: Zwischen den Wehen hänge ich mich entspannt in ein schwimmendes U-förmiges Kissen. Sobald ich spüre wie die nächste Wehe kommt, klettere ich mit meine Hände an dem geknöpften Tuch hoch, das von der Decke runter baumelt. So kann ich mein Becken völlig frei bewegen. GG hat bereits wieder meine Geburtsmusik installiert und ich kann wieder auf Aaaaa mitsingen. Ich bin ganz zufriede: so lässt sich gut gebären. Die grosse Badewanne alleine ist Grund genug um ins Geburtshaus zu kommen. Einen Hausgeburt kommt für mich nicht mehr in Frage.
Ich kann das Baby immer spüren wie es sich bewegt. Hebamme B misst immer wieder mal die Herztöne. Mir ist aber auch so klar, dass es ihm gut geht. Hebamme B fragt mich, ob sie meine Muttermund untersuchen soll. Ich habe etwas Angst vor einer erneuten Enttäuschung und möchte mich nicht dieser "Erfolgskontrolle" aussetzen - Ich lehne eine Vaginaluntersuch ab. Nach einer Stunde in der Badewanne, als ich wieder einmal selber nach meinem Muttermund taste, begreife ich endlich, dass das weiche, das ich ertaste, die Fruchtblase ist und der Muttermund also doch schon ein Stück weit geöffnet sein muss. Klar - wenn sich der Muttermund öffnet drückt die Fruchtblase dagegen - da kann gar nie so etwas wie ein "Loch" entstehen. Nach dieser Erkenntnis lasse ich Hebamme B um 13.30 Uhr untersuchen. Sie grinst und teilt mir mit, dass der Muttermund 5cm weit ist. Endlich! Jetzt habe ich die Gewissheit, dass meine Wehen eine Effekt haben. Ich weiss, dass die zweiten 5cm meisten schneller gehen und bin total erfreut und motiviert. GG und ich strahlen uns an - bald, bald haben wir unser Baby im Arm!
Hebamme B lässt uns oft auch zu zweit alleine, da wir so gut zurecht kommen. Ich habe das Gefühl ein Stück weit die Wehen kontrollieren zu können: Ich spüre wie die nächste kommen will, aber sie lässt mir Zeit mich darauf vorzubereiten, mich am Seil hochzustemmen und kommt erst, wenn ich dafür bereit bin. Einmal muss ich erbrechen - es landet im Badewasser, da wir so schnell keine Schüssel zur Hand hatten.
Um 14.45 der nächste Untersuch: Muttermund bereits bei 7 - 8 cm. Ich möchte, dass Hebamme B jetzt bei uns im Zimmer bleibt. Ich habe das Bedürfnis nach Nähe und bitte GG auch in die Wanne zu kommen. Er zieht sich auch ganz aus und setzt sich hinter mich. In den Wehenpausen ruhe ich mich in seinen Armen aus - für die Wehen halte ich mich weiterhin am Tuch fest. Meine Arme werden sehr beansprucht, manchmal fühlen sie sich ganz kraftlos an, aber doch ist es die beste Art um die Wehen zu bewältigen. Die Wehen werde nun richtig stark. Ich kann die Wehen gut mit Wellen vergleichen. Während ich bisher mit jeder Welle mitschwimmen konnte, gibt es nun welche die einfach zu stark sind. Ich kann mich während diesen Wellen nicht mehr über Wasser halten, ich werde unter das Wasser gedrückt. Die Wehen sind einfach zu kräftig als dass ich noch mit Atmen nachkomme. Mein Atem überschlägt sich, ich muss würgen. Zum Glück kommen nie zwei solch heftige Wehen nacheinander. Dazwischen sind immer wieder Wehen "zum mitschwimmen". Nach jeder so kräftigen Wehe frage ich mich: "Schaff ich noch eine solche?" Und ich kann mir immer antworten: "Ja ich kann auch noch eine machen."
Wenn ich nach den Wehen wieder "auftauche", meine Augen öffne, da kann ich mich wieder in GGs Arme legen und Hebamme B schaut mich mit einem unglaublich warmen Lächeln an. Das gibt beides wieder unglaublich Kraft. Auch weiss ich: wenn die Wehen so kräftig werden, dass man es kaum aushält, dann hat man es schon fast geschafft! Ich ging davon aus, dass es sich jetzt um die letzten Eröffnungswehen handelt. Wieder taste ich in meiner Scheide und spüre wie etwas immer weiter nach unten rutscht. Hebamme B sagt mir, falls ich das Bedürfnis habe zu schieben, darf ich das ruhig tun. Bei vielen Geburtsberichten ist die Austreibungsphase eigentlich nur noch Nebensache: "... und dann nach zwei, drei Presswehen konnten wir unseren Schatz in Empfang nehmen." Ich denke: "Jetzt geht es nicht mehr lange; um 16 Uhr halten wir unser Baby im Arm!", und stelle mir vor, wie wir unser Kind so zur Welt bringen: Im Wasser, ich in GG's Armen.
Die Wehen werden jetzt wieder schwächer, ich kann wieder gut mit jeder Welle mitschwimmen. Die Abstände werden auch länger - aber das bemerke ich nicht, weil ich wie immer zwischen den Wehen wegdöse. Ich spüre aber, dass es nun nicht mehr weitergeht. Das Kind rutscht nicht mehr nach unten wie ich zuvor ertasten konnte. GG sagt mir irgendwann dass er friert. Weil ich das Wasser nicht heisser möchte, steigt er aus der Wann aus. Um 17 Uhr bin ich immer noch in der Wanne, die Wehen locker, kein Fortschritt. Ich bin etwas irritiert: "Wieso geht das noch so lange?" Hebamme B schlägt mir vor, aus der Wanne auszusteigen um mich zu bewegen. Das warme Wasser fühlt sich gut an, aber ich weiss, dass Bewegung die Geburt vorwärts bringen kann. Ich steige aus und bewege mich zur Musik. Die Wehen verbringe ich wieder auf dem Wickeltisch. Die grosse Uhr, die dort steht, drehe ich genervt um. Ich muss wirklich nicht auf die Nase gerieben kriegen, dass es nicht vorwärts geht. Die Wehen schmerzen mir nun im Kreuzbereich. Während den Wehen streicht mir GG den unteren Rücken aus. Nach den Wehen brauche ich manchmal eine kurze Massage. Wenn ich sonst sagen würde: "Mir macht das Kreuz so weh. Kannst du mich nicht bitte etwas massieren?", muss GG nun mit einem simplen "Kreuz!" vorliebnehmen. Wie auch die Bitte nach einem Schluck Wasser nun noch "Wasser!" heisst. Alles was ein Wort übersteigt ist nicht mehr artikulierbar.
Hebamme B sagt uns wir sollen nicht erschrecken falls bald die Fruchtblase platzt. Ich drücke bei jeder Wehe fest mit, im unsinnigen Versuch die Fruchblase zum verplatzen zu bringen. Bei jeder Wehe verliere ich Flüssigkeit - die anderen meinen jedes Mal die Fruchtblase sei jetzt offen, aber ich weiss es besser: Das war nur wieder etwas Urin.
Ich versuche verschiedene Positionen. Der Mayahocker der mir vor der Geburt so sympatisch war, geht gar nicht, da dort meine Kreuzschmerzen stärker werden. Dem Kleinen gehts aber immer Bestens. Herztönen sind wie sie sein sollen, es bewegt sich. Jedes mal wenn Hebamme B die Herztöne misst, denke ich: "Mach du nur, ich kann dir auch ohne das Gerät sagen, dass es ihm gut geht." Hebamme B schlägt vor mit Brustwarzenstimulation die Wehentätigkeit anzuregen und lässt uns dazu alleine. GG tut was er kann, aber der Effekt lässt auf sich warten. So langsam ist mir nicht mehr wohl. Ich beginne mich zu fragen, ob das noch normal ist. Vielleicht steckt mein Kind im Becken fest und kommt nicht durch? Vielleicht muss ich ins Spital. Ich male mir schon aus wie es zum Not-Kaiserschnitt kommt - eine schreckliche Vorstellung. Vielleicht kommt das Baby einfach nicht raus. Ist doch egal. Kann ich mit einem offenen Muttermund auch nochmals nach Hause gehen? So langsam genügts mir.
Wir holen Hebamme B wieder zurück ins Zimmer und sie erfährt von meinen Bedenken. Es sei völlig normal, dass es jetzt noch etwas dauert. Vor allem beim ersten Kind braucht es manchmal einfach etwas Zeit. Das beruhigte mich sehr. Ob ich vielleicht etwas essen würde. Essen kann ich ich mir gar nicht vorstellen. Aber da ich den ganzen Tag nicht gegessen habe, muss ich etwas zu mir nehmen. Ich wünsche mir einen Bananenshake in der Hoffnung, dass ich den runter kriegen würde. Nach kurzer Zeit kommt die Hauswirtschafterin mit zwei grossen Gläser Shake ins Zimmer. GG mag Bananen nicht und so stürzte ich beide Portionen runter. Hebamme B untersuchte mich nochmals: Der Muttermund ist vollständig eröffnet, das Kind in einer optimalen Lage. Noch während des Untersuchs geht um 18 Uhr die Fruchtblase auf. Ich verliere ein wenig milchige Flüssigkeit, der Rest wird wahrscheinlich vom Kopf abgedichtet. Nun nach Bananenshake, homöopatischem Mittel und Blasensprung gehts bald wieder weiter. Erst jetzt beginnen die Presswehen. Langsam begreife ich dass es nun anders weiter geht. Nicht mehr entspannen und loslassen ist angesagt, sondern kräftiges Mithelfen. Habe ich bisher in mehr oder weniger wohlklingenden Tönen gesungen, beginne ich jetzt während den Wehen schlicht und einfach laut zu schreien.
Hebamme B schlägt eine neue Position vor: Ich fasse ihre Hände und lasse mich mit ganzem Gewicht nach hinten in die Hocke fallen. So kann ich mein Becken ganz gut nach vorne kippen. Auch für Hebamme B muss das ziemlich anstrengend sein. Als GG mal ihre Position einnehmen muss, fällt er fast nach vorne weil er ab meiner Kraft überrascht ist. In jeder Wehe presse ich Urin, Stuhl und Blut hervor. Mir ist das noch so egal - Hauptsache es geht jetzt wieder vorwärts. Ich besteh aber darauf mich in jeder Wehenpause mit Papier abzuwischen. Nach meinem Empfinden ganz viele Wehen später aber weniger als einer halben Stunde, erklärt mir Hebamme B, dass diese Hocke wahrscheinlich zu anstrengend ist um so weiter zu machen. Sie möchte, dass ich auf das Bett gehe und in Seitenlage weitermache. Ich gehe ihrem Vorschlag nach und presse auf ihr Geheiss nicht gross mit. Die Wehe im Liegen sind für mich aber nicht aushaltbar. Wir einigen uns auf den Vierfüsser und Hebamme B legt eine Matte für mich auf den Boden. Ich verstehe nicht, wieso ich auf den Boden soll und möchte auf dem Bett bleiben. Das Kopfende wird hochgestellt und ich kann mich mit dem Oberkörper bequem darüber lehnen während ich auf dem Bett knie.
Jetzt um ca 19.30 werden die Presswehen richtig kräftig aber eigentlich nicht schmerzhaft. Ich finde das Körpergefühl ähnlich wie beim Erbrechen, einfach an einer anderen Stelle: Wie sich der Körper zusammenzieht und etwas rausbringen möchte und wie man kaum anders kann als einfach mitzumachen. Hebamme A kommt als Zweithebamme dazu. Hebamme B sagt mir, dass man den Kopf schon gut spüren kann. Ich taste selber uns fühle etwas weiches, leicht rauhes - wie bereits schon zuvor. Ich bin irritiert: das kann doch nicht der Kopf sein - Knochen ist doch hart! Hebamme B erklärt mir, dass die Kopfhaut zusammengeschoben wird. Was ich fühle ist also eine behaarte Hautfalte.
Ich sage Hebamme B, dass sie mir bitte den Damm schützen soll - ich finde die Vorstellung einen Riss nähen zu müssen sehr unangenehm. Die Hebammen bereiten meinen Damm mit warmen Kompressen und Öl vor. Bald sagen sie uns, dass man den Kopf in den Wehen bereits sehen kann. Wir lassen uns den Spiegel geben - und tatsächlich da sieht man schon ein kleines Stückchen dunkel behaarter Kopf. Das ist für uns ein unglaublich emotionaler Moment. Wir schauen uns mit Tränen in den Augen an: Bald ist es so weit: Das Kind, auf das wir so lange gewartet haben, ist bei uns! Wir verfolgen beide gespannt, wie der Kopf mit jeder Wehe etwas weiter nach unten kommt. Oft schliesse ich aber während den Wehen die Augen und schaue nur dazwischen in den Spiegel. Die Wehen selbst schmerzen nicht, aber die Dehnung meinens Beckenbodens macht immer mehr weh. Durch das Training mit dem EpiNo kenne ich das Gefühl bereits - wenn auch viel weniger stark - und ich kann es gut ertragen. GG hält seine Hand unter Babys Kopf um ihn abzustützen. Während einer Wehe soll ich t-t-t-t-t sagen. Währendessen schiebt sich langsam der Kopf durch. Das Entspannungsgefühl nach dieser grossen Dehnung ist unglaublich. Ich finde die Vorstellung so aufregend, dass die andern jetzt bereits das Gesicht unseres Kindes sehen können! Hebamme A hält mir den Spiegle neben meine Po, ich schaue über meine Schultern nach hinten und sehe zum ersten mal in meines Sohnes Gesicht. Er ist ganz graublau und zerdrückt. Ich sage: "Der sieht aber nicht so schön aus." In der nächsten Wehe gibt es nochmals ein kurzes Dehnungsgefühl als die Schulter durchtritt und danach plumst unser Sohn um 20.18 Uhr aufs Bett. Plumst im wahrsten Sinn des Wortes - GG hat nämlich nur den Kopf gehalten. Zum Glück sind meine Beine nicht so lang wie bei einer Giraffe. Da liegt mein Sohn nun unter mir. Ich richte mich kniend auf und wir schauen ihn an. Er ist blau, schlaff und atmet noch nicht gleich. Uns besorgt das aber nicht. Die Hebammen massieren ihn und wir sprechen ihn an: "Hey, du bist da!" In wenigen Minuten kommt er an, erwacht und schreit herzhaft. Ich nehme ihn in den Arm um ihn zu begrüssen.
Um die Plazenta zu gebären, rutsche ich nahe an GG und gebe ihm unser Baby in den Arm. Ich richte mich auf. Mit etwas husten und drücken fällt die Plazenta aus mir heraus. Wehen habe ich keine mehr gespürt. Erst jetzt klemmen die Hebammen die Nabelschnur ab und GG darf sie durchschneiden. Wir kuscheln zu dritt im Bett. Uns wir die Plazenta gezeigt und ich möchte wissen, ob ich Verletzungen habe - nein, es muss nichts genäht werden, obwohl unser Baby ein Grosser ist: 4018g, 52cm, 37cm Kopfumfang. Danach werden wir einige Zeit alleine gelassen. Unser Kleiner trinkt zum ersten Mal an meiner Brust. Danach werde ich von den Hebammen mit einem Lappen gewaschen und versuche aufzustehen. Mein Kreislauf ist aber total im Eimer. Von beiden Hebammen gestützt werde ich aufs WC gebracht wo ich pinkeln soll. Ich habe das Gefühl eine leere Blase zu haben und kann nicht. Erst mit laufendem Wasserhahn und meinen Fingern im Wasser plantschend beginnts bei mir zu fliessen - und wie! Um 23 Uhr gehen wir ins Wochenbettzimmer hoch. GG trägt unsern Babysohn und die Hebammen stützen mich. Auf dem kurzen Weg muss ich mich drei mal hinsetzen. So schwach bin ich. Erst jetzt spüre ich die Erschöpfung und Müdigkeit der langen Geburt. Zwei Nächte ohne Schlaf und 32 Stunden Wehen haben mich eingeholt. Ich kann nur ein wenig essen und schlafe dann die Nacht tief und fest durch.
Rückblick
Spoiler:
Ich habe die Geburt als ein sehr gutes Erlebnis in Erinnerung. (Ich sage bewusst nicht "schönes Erlebnis". Schön ist ein Spaziergang durch eine Blumenwiese und involviert definitiv weniger Körperausscheidungen :wink: ) Dass meine erste Geburt so wurde wie ich es mir erdacht und gewünscht habe, erfüllt mich mit Dankbarkeit.
Während der ganzen Geburt hatte ich nie das Bedürfnis nach Schmerzmitteln. Der Gedanke an eine PDA kam mir geradezu absurd vor. Mein Körper arbeitete für mich - mit mir. Ihn einfach zu lähmen wäre doch unfair. Selbst während den stärksten Wehen zum Schluss der Eröffnungsphase stand nicht der Schmerz im Vordergrund. Ich habe die Geburt als eine sehr anstrengende, intensive Körpererfahrung erlebt, aber nicht primär als schmerzhaft. Das liegt in erster Linie daran, dass ich mich in den Wehenpausen wirklich schmerzfrei entspannen konnte. Die bohrenden Dauerschmerzen bei Migränen finde ich schlimmer. Ich möcht ehrlich gesagt auch lieber nochmals diese Geburt erleben als die ersten 3 Monat der Schwangerschaft mit Übelkeit und Müdigkeit. Beim Bergsteigen bin ich stärker an meine körperlichen Grenzen gestossen als während der Geburt.
Der Entscheid in ein Geburtshaus zu gehen hat sich für mich als absolut richtig bestätigt. Hier hatte ich eine geborgene Atmosphäre, man hat mir viel Zeit gelassen ohne einzugreifen und ich konnte immer selber bestimmen, nie hatte ich das Gefühl es werde mit mir gemacht.
Meine ausgiebige persönliche Geburtsvorbereitung hat sich bestimmt gelohnt. Als die Wehen begannen, wusste ich schon wie ich damit umgehen wollte. Unter der Geburt erst nach einer Strategie zu suchen stelle ich mir als schwierig vor.

methi

Re: Langsame, gute Geburt im Geburtshaus

Beitrag von methi »

Vielen Dank für den mega ausführlichen Geburtsbericht. Ich wünsche euch von Herzen alles Liebe und Gute und viel Spass mit dem neuen Erdenbürger.

schnäfeli
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Registriert: Fr 17. Dez 2010, 20:24
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Re: Langsame, gute Geburt im Geburtshaus

Beitrag von schnäfeli »

Vielen Dank für den tollen Geburtsbericht.

Finde deine Aussage, dass es schwierig ist, unter der Geburt eine Strategie für die Wehenverarbeitung zu entwickeln, super! Werde ich gleich meiner Schwester ( SSW. 38) weiterleiten :wink:

Jedoch deine Auffassung bezüglich PDA ist sicher für viele Mütter verletzend, die nicht so eine planmässig verlaufende Geburt erleben durften. Niemand wünscht sich eine PDA, jedoch kann ich mir gut vorstellen, dass es Situationen gibt, indenen sie unverzichtbar ist und es nichts mehr damit zu tun hat, ob es für den Körper fair ist, oder nicht.

Wünsche dir und deiner Familie eine möglichst entspannte Wochenbettzeit und viele schöne Stunden zu dritt :D

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