Aris langer Weg auf die Welt
Dieser Geburtsbericht handelt nicht nur von der eigentlichen Geburt sondern auch von dem Danach. Deshalb ist dieser Bericht auch so lange. Ich brauchte sehr lange zum schreiben, da mir immer wieder die Gefühle hoch kamen. Mir ist bewusst, dass diese Geburt und das Danach nicht zu den schlimmsten Erlebnisse gehören, die man während einer Geburt erleben kann und doch wünsche ich keinem dieses Erlebnis. Ich konnte in der zwischen Zeit vieles verarbeiten und ich kann am Ende recht gut darüber sprechen. Aber es wird noch Zeit brauchen, um alles wirklich hinter mir zu lassen.
Eigentlich hätten wir am 22.03.14 ein freies Kinder-Wochenende geniessen wollen. Wir haben extra ein schönes Hotel im Emmental ausgesucht und unser erster Sohn durfte zu den Schwigis gehen.
Ich habe aber bereits am Mittag leichte und regelmässige Wehen gespürt. Ich habe mir dabei nichts gedacht und sagte immer wieder, „das sind nur Senkwehen“. Ich war auch erst in der 34. SSW. Unser 1. Sohn kam schon etwas früher (in der 36. SSW), wir waren schon darauf eingestellt, dass es diesmal auch früher kommen könnte. Aber ich wollte nicht daran denken.
Wir sind dann losgefahren und während der Fahrt wurden die Kontraktionen heftiger. Ich musste die Wellen gut verschnaufen aber die Abstände waren noch zu lange.
Wir kamen dann endlich an unserem Ziel an. Ich legte mich kurz hin, in der Hoffnung, dass sich der Bauch wieder beruhigt aber das tat er nicht. Wir gingen dann Essen. Während dem Essen verspürte ich die Wellen intensiver und sie kamen auch öfters. Mathias musste ab dann immer die Zeit kontrollieren. Wir machten Witze darüber, dass das Kind bestimmt jetzt kommen möchte, jetzt wo wir doch unser letztes freies Kind Wochenende geniessen wollten.
Beim Dessert fühlte ich mich dann nicht mehr so wohl auf dem Stuhl und wir gingen ins Zimmer. Ich entschied mich eine Dusche zu nehmen, „vielleicht hört es dann ja auf“ dachte ich mir.
Leider wurde es durch die Dusche nicht besser, denn nach einer halben Stunde musste ich während den Wellen aufsitzen und diese gut verschnaufen. Ich bekam plötzlich Angst, dass die Fruchtblase aufgehen könnte und da die Abstände nun 3-5 Min waren, wurde Mathias auch etwas nervös. Ich schrieb meiner Hebamme. Sie gab uns den Rat, einen Lavendelwickel zu machen. Zum Glück hatte ich ein Lavendelöl dabei. Da das Wasser im Zimmer nicht gerade super heiss war und es inzwischen schon 00.30 Uhr war, mussten wir etwas improvisieren mit den Wickel. Ich schrieb meiner Hebamme, wie lange wir denn warten müssten um eine Wirkung zu bemerken. Sicher eine halbe Stunde müsse mann schon warten. Ok, aber nach einer halben Stunde waren die Wellen nicht weniger und sanfter sondern nur stärker. Die Hebi riet uns in ein Spital zu gehen.
Wir wägten ab, ob das Inselspital in Bern näher sei als das Unispital in Basel. Der Fahrweg war praktisch gleich weit und da wir das Unispital schon kannten, wollte ich lieber dort hin gehen. Wir stiegen also in einer Nacht und Nebel (es hatte tatsächlich Nebel) Aktion ins Auto (der Weg vom Zimmer zum Auto verlief schon lange, da ich immer wieder anhalten musste um zu verschnaufen) und fuhren dann los.
Mathias schaltete die Hypnose vom Hypnobirthing an und ich konnte mich etwas entspannen.
Ich machte mir aber grosse Gedanken darüber, was wäre, wenn die Blase sich öffnet und wir eine Sturzgeburt durchmachen müssten. Hier auf der Autobahn? In dieser SSW? Ein Horror! Ich beruhigte mich immer mehr, als wir immer näher an Basel kamen und als wir in die Stadt fuhren, fühlte ich mich wieder sehr sicher.
Als wir um 02:00 Uhr in der Geburtsabteilung ankamen, verspürte ich die Wellen nicht mehr so stark, wir blieben dann doch zur Untersuchung. Es wurde ein Ultraschall gemacht und die Ärztin fragte uns, ob wir schon wüssten, dass das Kind in der BEL ist.
„Bitte! Überhaupt nicht! Wir waren am Mittwoch noch bei der Hebi und die war mit allem sehr zufrieden, nichts mit BEL oder so“. Die Ärztin zeigte uns den Ultraschall und da hatten wir den Beweis: Unser Kind hat sich wohl in der Kopflage nicht so wohlgefühlt und sich wieder auf sein Fudi gesetzt. Das CTG wurde angehängt und nach einer guten halben Stunde stellte man fest, dass die Wellen stark abgenommen haben.
Ich kam mir etwas blöd vor, die dachten bestimmt, wir hätten wegen ein wenig Wehchen das Spital aufgesucht. Sie machten uns aber den Vorschlag, dass ich über die Nacht hierbleiben könnte, zur Überwachung. Ich lehnte ab, da ich meinte, dass es nun vorbei sei mit den Wellen. Sie gaben mir Brylophylum und Magnesium und danach verspürte ich keine Wellen mehr. Todmüde kamen wir also um 03.30 Uhr nach Hause und legten uns schlafen. Um 08:00 Uhr wachte ich wegen einer heftigen Welle auf. Ich entschied ein Bad zunehmen hielt aber nochmals Rücksprache mit meiner Hebi. Sie gab das OK. Ich hatte nämlich das ewige hin und her satt. Entweder hört es nun auf oder eben nicht. Ich stieg in die Wanne und nach 20 Min kamen die Wellen wieder regelmässig alle 3-5 Min und waren wieder genug stark, dass ich sie verschnaufen musste. Ich rief Mathias (OK ich musste mehrmals schreien, damit er aus seinem Dornröschenschlaf erwachte). Wir entschieden uns nochmals in die Uniklinik zu fahren aber erst nach dem Frühstück. Um nicht wieder vergebens dorthin zu fahren, telefonierte Mathias mit der Geburtsabteilung, die uns dann zu sich baten um das genauer zu beobachten.
Eine Hebamme namens Grollimund, untersuchte mich dann. Der Befund war klar, 3 cm offen. Da ich in der 34 SSW war, gab man mir keine Wehenhemmer mehr, da man heute sagt, dass das Kind in dieser Woche schon gut überlebensfähig sei und dass man dann nicht mehr intervenieren möchte. Wenn das Kind kommt, dann kommt es eben. Aber wir wussten, dass es dann sicher auf die Neo gehen muss, da es zu schwach wäre, um bei uns zu sein.
In den nächsten 2 Stunden tat sich nichts am MuMu aber ich durfte trotzdem stärkere Wellen aushalten. Die Hebamme meinte, wenn es nicht weiter ginge, könnte ich nach Hause gehen. Ich dachte nur „Na toll! Und ich darf die ganze Zeit mit Wehen herumtigern oder was?“
Darauf war ich nicht gerade scharf und ich ging mit Mathias in den Garten spazieren. Das Spazieren hatte es dann in sich und nach kurzer Zeit waren wir wieder im Geburtszimmer. Die Hebi sagte uns, dass der MuMu nun 4 cm offen sei und dass es nun losginge. Ich war einerseits froh darüber, endlich passiert was und andererseits machte ich mir auch Sorgen um das Kind.
Da das Kind in der BEL und ein Frühchen war, bekamen wir ein Zimmer, dass nicht gerade entspannend war. Es beinhaltete viele Geräte für den Notfall und wirkte dadurch sehr steril. Ich konnte nicht in die Wanne und so lief ich herum oder sass auf dem Gymnastikball. Mathias machte mir regelmässig Hypnosen aber diesmal wollten sie oder besser gesagt, ich wollte nicht recht in Hypnose gehen. Zu sehr machte ich mir Gedanken über das Schicksal von der Geburt, vom Kind und mir. Wir wollten umbedingt Vaginal gebären und zum Glück liessen sie das sogar zu. Das ganze Personal war sehr aufmerksam und ging auf unsere Wünsche ein. Sie unterstützten so das Hypnobirthing. Vor allem die Hebamme war sehr gut. Man musste vorsichtshalber immer wieder das CTG machen und die Vaginaluntersuchungen musste ich auch öfters über mir ergehen lassen. Als das Kind bei den stärkeren Wellen reagierte, musste ich das CTG immer am Bauch tragen. Ich konnte nicht meine gewünschte Position einnehmen bei den Wellen, da die Herztöne bei jeder Welle verschwanden (wegen Kontaktfehler) so musste ich aufrechtsitzen und konnte nicht in den Vierfüsslerstand gehen. Die Herztöne wurden aber nicht besser und die Hebi holte die Stationsärztin. Nun schauten die beiden bei jederer Welle besorgt auf den Monitor, sagten uns aber nicht viel dazu. Tuschelten gelegentlich mit einander. Das machte mich nur noch unsicherer und ich schaute dann auch immer auf den Monitor. Das fanden die aber nicht so toll und sagten (trotz besorgtem Blick) „es sei alles i.O.“
Ja klar, verarschen kann ich mich selber. Sie wollten dann mit Mathias über das weitere Vorgehen sprechen (das ist üblich beim Hypnobirthing, dass der Mann die Gespräche übernimmt, damit die Frau in Hypnose bleibt) da ich aber nie richtig in Hypnose kam, wollte ich auch alles wissen. Sie holten noch den Oberarzt der Station dazu, besprachen sich zuerst zu dritt und dann mit uns. Sie empfählen uns eine PDA und einen Kaiserschnitt. Die Stationsärztin (ich konnte sie überhaupt nicht leiden! Die konnte nicht mit Nähe und Distanz umgehen und kam mir immer viel zu nahe, zudem quatschte sie irgendwelches Zeug das ich nicht verstand. Anscheinend wollte sie mich beim Hypnobirthing unterstützen, das ging eher nach hinten los, da ich nur aggressiv wurde) erklärte mir, dass ich so oder so eine PDA bräuchte, da das Kind in der BEL sei und es wahrscheinlich sehr schmerzhaft werde, wenn es doch Vaginal käme (wie aufmunternd). Sie gaben uns die Option, dass man nach der PDA mal schaut, ob sich die Herztöne des Kindes wieder beruhigt, wenn ja, können wir weiterhin versuchen Vaginal zu gebären, wenn nicht kommt der Kaiserschnitt.
Für mich fing ab da der Horror an. Ich wusste, dass ich eine PDA brauchte, wegen dem Kind. Ich konnte aber nicht damit umgehen, dass ich einen DK bekomme. Mein Schamgefühl war überwältigend und ich heulte. Das machte die Sache nicht besser nur noch schlimmer. Ich verspürte noch mehr Angst um mein Kind und die Wellen wurden kaum aushaltbar. Zu dem quasselte die Stationsärztin wieder Horrorsachen über die Folgen, wenn ich das nicht täte. Mathias nahm dann die gute Frau aus dem Zimmer und erklärte ihr, dass sie nichts mehr zu mir sagen soll. Ich nutzte dies um mit der Hebamme über meine Scham zusprechen. Ich konnte es einfach nicht, als mein Mann und diese Stationsärztin noch anwesend waren. Die Hebi ging sehr auf mich ein, sie versicherte mir, dass sie das Ganze gut verstecken könnte und ich so kaum was sehe. Sie gab mir sehr viel Sicherheit. Ich denke, ohne sie, hätte ich das nicht so gut überstanden. Ich willigte zur PDA ein.
Eine sehr nette junge Frau von der Anästhesie kam. Auch sie ging auf unser Hypnobirthing ein. Ich wunderte mich eigentlich warum, denn ich fühlte mich überhaupt nicht entspannt oder hypnotisiert. Die PDA wurde gemacht, nur ging sie nicht recht. Ich war auf der linken Seite taub aber auf der rechten spürte ich alles. Na toll. Ich hielt so die Wellen noch weniger aus, da ich sie nicht mehr genau einordnen konnte. Das einzige Gute daran war, dass die Herztöne wieder gut waren und man so die Geburt weiterlaufen lies. Da ich mich aber nicht mehr entspannen konnte holte man wieder die Anästhesistin. Die versuchte es damit, dass sie die Kanüle etwas rauszog und nochmals eine Betäubung nachsprützte. Es brachte leider gar nichts ausser, dass mein Kreislauf zusammenbrach. Darauf injizierten sie mir Adrenalin, damit alles wieder in Schwung kam. Dies wiederum brachte mir heftiges Herzklopfen und ich brauchte trotzdem ewigs, bis ich wieder einigermassen wieder klar wurde. Dazu kam, dass sie mir gleichzeitig Wehenmittel gaben, da meine Wehen abfielen. Das wiederum verursachte wieder, dass die Herztöne vom Kind wieder stark abfielen und ich schrie von nun an bei jeder Welle und weinte nur noch da diese Wellen unberechenbar waren. Ich konnte wieder nicht meine eigene Position wählen. Still sitzend (da bei jeder Bewegung die Herztöne nicht mehr messbar waren) durfte ich die Wellen aushalten.
Die Hebamme erkannte schnell, dass ich nicht mit der Stationsärztin zusammen arbeiten kann und sie sagte mir, dass die Stationsärztin bald Schichtwechsel habe und sie glaube, dass das für mich gut wäre. Wir zögerten also das ganze etwas hinaus bis zum Schichtwechsel. Die Hebi hatte recht und ich fühlte mich gleich viel wohler bei der neuen Stationsärztin.
Da die Herztöne vom Kind wieder schlecht waren und er immer noch nicht tiefer ins Becken rutschte, kam die Stationsärztin und der Oberarzt wieder zu uns. Sie erklärten uns, dass wir nun nicht mehr warten könnten, da es sonst lebensgefährlich sei für das Kind und wir jetzt einen Notkaiserschnitt machen müssten. Ich willigte ein, da ich mit den Kräften am Ende war.
Die Hebi blieb noch bei uns, sie meinte, dass wir noch Zeit hätten. Ich wollte aber nicht mehr warten. Sie gab mir ein Mittel das die Wehen hemmt. Das war die Wohltat des Tages für mich, kaum eine Welle verspürte ich nun. Sie fuhren mich in den OP, dort musste ich auf den OP-Tisch. Ein sehr unbequemes Ding, jaja, man liegt da, wie Jesus am Kreuz....nein echt, ist echt kein 1. A Bett. Aber das wusste ich bereits. Zum Glück machten sie meine Arme nicht fest. Die Anästhesistin kam wieder und verabreichte mir nochmals eine PDA-Dosis, merkte dann aber schnell, dass dies nichts nützen wird, da die Kanüle nicht mehr am richtigen Ort war. Sie machte eine Spinalanästhesie. Ich spürte gleich, dass diesmal alles gut gegangen sei. Die Ärzte machten noch ein paar Tests um die Taubheit zu kontrollieren. Ich hatte da plötzlich angst, dass ich was spüren würde, sagte dies auch. Die Anästhesistin blieb dann bei mir und erklärte mir, was gleich geschehen wird. Mein Mann kam dann dazu, ganz in grün. Ich erkannte kaum jemand mehr dort, da alles grün oder blau angezogen waren, aber das war mir dann auch egal. Ich spürte nichts und als ich das erkannte, schaltete ich wie ab. Ich bekam zwar alles mit aber ich hatte Mühe das zu verstehen, was man zu mir sagte. Ich musste mich konzentrieren, dass ich nicht einschlief. Ich denke, das kam von den Strapazen und den Medis die man mir gab. Ich spürte, dass man an mir zog (ich rutschte echt einige Zentimeter nach unten). Als unser kleiner Aris auf die Welt kam, nahmen sie ihn gleich mit in den Untersuchungsraum. Er weinte erst, als die Hebi mit ihm draussen war. Mein Mann ging mit und ich war alleine im OP mit den ganzen Ärzten und Pflegefachfrauen. Sie fingen dann an, mich wieder zuzunähen. Irgendwann kam mein Mann mit unserem Aris. Er zeigte ihn mir und ich konnte ihn nur mit der Hand kurz streicheln. Er musste zurück in die Neo. Ich kam in ein Überwachungszimmer. Nach einer Zeit durfte ich dann samt dem Bett in die Neo um unser Sohn nochmals anzuschauen. Mein Mann erklärte mir noch vorher, dass unser Aris eine Maske hat, die ihm beim Atmen unterstützt. Er brauche aber kein zusätzlichen Sauerstoff und das sei gut so. Ich kam also in die Neo und sah....nichts. Ich sah unser Sohn nicht. Ich sah ein Bett mit einem Kind drin, Schläuche und Monitoren die piepsen. Ich konnte mich nicht einmal zu ihm drehen, da ich ja von den Hüften ab „gelähmt“ war. Mich frustrierte das nur noch mehr und nach 10 Min sagte ich, dass ich gehen möchte. Ich weinte im Zimmer sehr und konnte nicht schlafen. Ich empfand grossen Verlust und fühlte mich alleine. Mein Mann war zwar im gleichen Zimmer aber er schlief bald im anderen Bett ein. Ich konzentrierte mich auf meine Beine. Ich wusste, wenn ich sie Bewegen kann, dann kann ich den DK ziehen lassen. Also versuchte ich mich auf das „wiederbeleben“ meiner Beine zu konzentrieren. Was zwar nicht gerade erfolgreich war aber es war eine Beschäftigung. Ich schlief manchmal doch ein, erwachte aber gleich wieder, da ich schlimme Sachen träumte. Ich versuchte nicht zu schlafen, da ich mehr von den Träumen angst hatte als vom Wachzustand. Ich zählte die Minuten und als dann 7.30 Uhr war, wartete ich auf die Pflege. Sie setzte mich selbstständig an die Bettkante, das heisst, ich musste zweimal einen Anlauf nehmen, bevor ich auch sitzen bleiben konnte, ohne dass es mir schwarz vor den Augen wurde. Als die Pflege kam, verlangte ich, dass sie mir helfen soll aufzustehen. Ich solle zuerst Frühstücken. Nachher half mir eine Pflegefachfrau, sie bestand aber auf einen Rollstuhl, da es mir beim DK ziehen auf der Toilette sturm wurde. OK Hauptsache kein DK mehr. Ich durfte dann endlich zu unserem Sohn gehen. Als ich ihn dann zu mir auf die Brust nehmen durfte, erschrak ich, da ich nicht die Gefühl bekam, die ich beim 1. Kind hatte. Ich liebte zwar das Kind aber ich empfand nicht diese Innigkeit. Aris musste auch weinen als ich ihn zu mir nahm. Erst am Nachmittag war er ruhig bei mir. Was mich störte war, dass die Pflegepersonen sehr auf mich acht gaben und mir auch „vorschrieben“ was ich machen sollte. Jetzt essen gehen, gehen sie mal ins Bett, sie müssen auf sich acht geben......Jaja, kann ich nicht, mein Kind liegt in der Neo und ich im WoBe. Ich nahm keine Rücksicht auf mich, ich ging nur ins Bett, weil ich es musste.
Man bot mir ein Gespräch mit der Hebi und der Stationsärztin (die gute ) an, was ich sehr gerne annahm. Die Hebi meinte, dass wir das alles gut gemacht hätten, sie erlebe nur selten ruhige Geburten. Und dass wir so ruhig waren in dieser Situation sei nicht ohne. Man hatte es gemerkt, dass wir mit Hypnose arbeiteten. Die Hebi erzählte uns, wie sie dei Geburt erlebte und was sie alles gemacht hatte. Das Gespräch verlief sehr gut und ich konnte dabei die ersten seelischen Wunden schliessen. Das Gespräch mit der Stationsärztin war auch gut. Sie erklärte uns alles über den Vorgang vom KS. Das war sehr interessant und ich konnte danach den KS ein wenig besser annehmen.
Nach 4 Tagen hielt ich es nicht mehr aus dort und ich durfte frühzeitig nach Hause. Mathias brachte unser 1. Kind ins Spital und wir besuchten gemeinsam den kleinen Aris. Danach gingen wir nach Hause. Von da an wurde es sehr anstrengend. Der ältere Sohn hatte grosse Verlustängste. Er weinte sofort, wenn einer von uns aus dem Raum ging. Einschlafen wurde zur Tortur. Die Lage verbesserte sich nicht, da wir jeden Tag 3 Mal ins Spital fuhren. Morgens mit dem Grossen, Nachmittag ging ich oft alleine hin und Abends mit Mathias zusammen.
Ich bekam kaum Schlaf, da ich dazwischen Abpumpen musste und ich wollte auch unser Bran geniessen. Ich war dank Hormonen und Situation super Dünnhäutig, weinte am Abend, war gereizt. Jeden Tag hoffte ich, dass unser Aris keinen Bimmelalarm hatte.
Ja das Bimmeln vom Monitor der anzeigt, wie der Herzschlag ist, der Puls und wie hoch die Sauerstoffsättigung im Blut ist. Es darf nicht mehr Bimmeln, dann kann er nach Hause. Am Anfang bimmelte es häufig, dann wurde es immer seltener. Anfang 2 Woche, wurde es sehr selten, was dazu führte, dass ich bei jedem Anzeichen auf den Monitor glotzte. Ich schaute auch jedes Mal hin, wenn es nicht bei uns bimmelte. Als ich die bimmelfreie Tage zählte, kam noch ein weiterer Punkt dazu: das Gewicht. Er nahm am Anfang nicht zu, blieb konstant unten. Auch meinten einige Pflegefrauen, dass er sich melden müsse, wenn er hungrig sei. Aber das tat er nicht (die Ärzte sagten aber, das sei kein Kriterium) Zum Glück trank unser Aris sehr viel und gut an der Brust. Die Pflegefrauchen waren überrascht, dass er nach dem 4 Tag bereits 60-80 ml trank und am 6 Tag zw 80-100ml. Da er viel trank, entschied sich das Personal, dass man ihn nicht mehr all 2 Stunden weckt sondern all 4 Stunden. Er wachte aber noch nicht selber auf.
Als ich am 7 Tag kam, teilte man mir mit, dass man nun warte, bis er wach werde. Er hätte 5 Stunden Zeit. Er kam nach 5.5 Stunden. Nahm dann auch zu, trotz langen Abständen. Am 9 Tag, sagte ich meinem Mann, dass ich das alles nicht mehr lange mit mache, ich gehe so zu Grunde. Ich sehe nur das Schwarze und habe das Gefühl, dass ich alles wichtige von der Anfangszeit verpasse. Auch fühlte ich mich von der Pflege nicht ernstgenommen. Man teilte uns nur sporadisch mal was mit. Auch sagten die Einten das und die Anderen dies. Ich wusste natürlich, dass unser Sohn nicht lange dort bleiben wird und dass seit der Geburt nur ne gute Woche vergangen sei und dass unser Sohn tolle Fortschritte macht, aber ich konnte an dem nichts Positives sehen. Mein Mathias ging mit dem Ganzen viel besser um, er sah alles optimistisch und zeigte dies auch auf. Er war der Fels in der Brandung.....war gut so und auch nicht, denn ich fühlte mich so noch schwächer. Ich, die keine Nerven hat und nur das Schwarze sieht.
Am 10. Tag (mein Geburtstag) kam die Pflegefachfrau und teilte mir mit, dass wir unser Aris höchstwahrscheinlich morgen nach Hause nehmen könnten. Meine Gefühle fuhren Achterbahn. Was jetzt? Gestern meinten sie, das könnten noch Tage dauern! Ich konnte es nicht glauben und als wir (ich, Mathias und Bran) am 11. Tag kamen, rechnete ich immer noch damit, dass uns jemand sagt, er müsse doch noch bleiben.
Die Situation verbesserte sich zu Hause. Unser Grosser hatte wieder das Vertrauen in uns gefunden und war nicht mehr sooo anhänglich. Auch konnten wir uns besser erholen und wir konnten wieder die Normalität spüren.
Meine Gefühle aber änderten sich nicht zum Aris, ich hatte ihn zwar jetzt nonstop bei mir aber das innige Gefühl blieb aus. Müdigkeit und körperliche Beschwerden machten sich nun bemerkbar, die Retourkutsche als ich mich nicht schonte. Ich hatte auch eine riesige Wut in mir. Warum musste es so kommen? Warum habe ich so Mühe mit dem KS? Meine WoBe Hebi gab mir den Hinweis, dass ich zu einer Schamanin gehen könnte, die bei ihnen im Geburtshaus komme. Ich machte gleich einen Termin ab. Die Sitzung war sehr Emotional aber sehr gut. Dank ihr, konnte ich endlich mein Aris so wahrnehmen, wie ich ihn wahrnehmen sollte. Ich denke, dass ich dort einen grossen Teil verarbeiten und annehmen konnte
Nun sind drei Monate vergangen und wir habrn uns immer mehr an uns gewöhnt und eingelebt. Ich kann meine KS-Narbe fast vergessen. Nur manchmal vor dem Einschlafen kommen mir Bilder und Gefühle von dem KS hoch oder ich habe davon Albträume. Das ganze sitzt anscheinend noch tief in mir drin, trotz den Therapien und Gesprächen steckt das Gespenst noch in mir drin und bereitet mir von Zeit zu Zeit Angst. Nur dir Liebe zum Aris ist stärker und stabiler geworden, ein Hoffnungsschimmer, das vielleicht doch noch alles gut kommt. Ein weiteres Thema das mich immer mehr beschäftigt ist, eine weitere SS. Ich werde wohl kaum wieder so entspannt an die Sache gehen wie ich es vor dem allem konnte, wobei ich sicherlich alles daran setzen werde, möglichst angstfrei in der SS und während der Geburt zu sein.
Früher gekommen als geplant (achtung langer bericht)
Moderator: Phönix
Re: Früher gekommen als geplant (achtung langer bericht)
Liebe Arya -sehr eindrucksvoll geschrieben -ich kann dir total gut nachfühlen, auch wenn meine Geschichte etwas anders war - aber doch auch mit sekundärem KS endete und Neo und getrennt sein vom Baby. Ich bin nun nach fast 2 Jahren wieder SS - bald am Ende der SS - und hab seeeehr lange gebraucht um alles zu verarbeiten - und ich weine noch heute wenn ich an die Situation im OP denke. Ich schaff diese SS nur -weil ich eine super Hebi habe, die mich und meine Geschichte sehr gut kennt - und weil ich einen anderen Geburtsort gewählt habe. Ich hoffe sehr für dich, dass du damit klar kommen wirst und im Falle einer weiteren SS positiv da reingehen kannst. Ich wünsche dir und deiner Familie alles Gute im weiteren Kennenlernen!!!
Re: Früher gekommen als geplant (achtung langer bericht)
Ich kann nicht "nichts" schreiben...welch Achterbahn der Gefühle. Sei unbekannterweise lieb von mir gedrückt - von Herzen alles alles Gute euch vieren!!!
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Knuddi 06/12
Mutschli 09/16
Mutschli 09/16
Re: Früher gekommen als geplant (achtung langer bericht)
Ach das könnte meine Geschichte sein.
Ich würde mich über einen Austausch per Pn freuen wenn du magst
Ich würde mich über einen Austausch per Pn freuen wenn du magst
- Allegra85
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- Registriert: Do 5. Feb 2009, 15:37
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- Wohnort: Umgebung Bern
Re: Früher gekommen als geplant (achtung langer bericht)
Alles gute mit deinem Aris!
(Was bedeutet DK?)
(Was bedeutet DK?)
Allegra85 with boys 2009 & 2011
Re: Früher gekommen als geplant (achtung langer bericht)
Soviel ich weiss ist der DK ein Urinkatheter.
-
- auf Wunsch deaktiviert
- Beiträge: 370
- Registriert: Di 19. Mai 2009, 22:36
- Geschlecht: weiblich
- Wohnort: wyland
Re: AW: Früher gekommen als geplant (achtung langer bericht)
Oh was für eine geschichte!
Kennst du brigitte meissner (kaiserschnitt.ch)?
Sie hat mir sehr sehr geholfen
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Kennst du brigitte meissner (kaiserschnitt.ch)?
Sie hat mir sehr sehr geholfen
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Bubi 02/10 und Kleiner 11/11
Re: Früher gekommen als geplant (achtung langer bericht)
Mein Sohn ist in SSW 34+1 zur Welt gekommen - zwar ohne Kaiserschnitt, aber dafür mit allen anderen Unannehmlichkeiten (einleiten, PDA, steckenbleiben, Dammschnitt, herausziehen). Er war insgesamt 3,5 Wochen auf der Neo. Ich kann gut nachvollziehen, wie es dir anfangs ging - das ständige Pendeln ins Spital, das Noch-nicht-bereit-sein für die Geburt, der Bauch ist weg, das Kind auch... Das kenn ich... Aber es bringt nichts, sich deswegen zu zerfleischen. Die Geburt war eben so perfekt, wie sie war. Denn eine andere gab es nicht. Ist ein Kaiserschnitt weniger wertvoll? Warum denn? Bin ich ein Weichei, weil ich eine PDA hatte? Bin ich eine schlechte Mutter, weil in der 35. SSW die Fruchtblase geplatzt ist? Das ist doch Quatsch. Wir haben nichts falsch gemacht und alles war perfekt, so wie es war. Wir müssen einfach akzeptieren, dass die Natur nicht immer so will, wie wir uns das erträumen. Vielleicht sollten wir einfach ohne Wunschvorstellungen in den Kreisssaal gehen und es eben so nehmen, wie es kommt. Denn so ist es gut! Ich habe keine Probleme mit meiner Geschichte. Ich bin stolz und ich habe wenigstens etwas zu erzählen...