Kein Tag zu früh - eine schnelle, natürliche, erste Geburt

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Moderator: Phönix

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livia88
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Kein Tag zu früh - eine schnelle, natürliche, erste Geburt

Beitrag von livia88 »

Als ich der 35. Woche schwanger war, arbeitete ich noch mit vollem Pensum und vollem Einsatz, privat hatte ich ebenfalls viel um die Ohren. Kaum ein Tag, um etwas zur Ruhe zu kommen und so kam es, dass ich vorzeitige Wehen hatte - am Tag bevor mein Mann für 3 Wochen in den WK vom Militär musste. Von da an, so lautete die Order des Gynäkologen, soll ich es ruhig nehmen, nicht mehr arbeiten, nicht mehr von Termin zu Termin rennen. Ich wollte, da mein Mann während der nächsten 3,5 Wochen nur noch an den Wochenenden zu Hause war, nicht ständig alleine sein und so fragte ich bei meinen Eltern an, ob ich in dieser Zeit bei ihnen im grossen Haus mit Garten wohnen konnte. Es folgten wunderbar entspannte Tage. Ich wurde rundum versorgt und konnte gleichzeitig auch meinen Teil zum Familienleben beitragen. Es war Ende Mai, das Wetter war wunderbar, ich lag die meiste Zeit im Liegestuhl an der Sonne und genoss das das Nichts-Tun. Erst jetzt, wo ich gezwungen war, mich zu entspannen, merkte ich, wie sehr ich dies eigentlich nötig hatte. Noch einmal richtig Energie tanken. Der Geburtstermin war Anfang Juli, doch sollte die Geburt noch während des WK losgehen, wäre mein Mann mit dem Auto in knapp 45 Minuten bei mir gewesen, er war 24h auf Abruf. Doch soweit musste es nicht kommen.
Am 19. Juni war der WK meines Mannes vorüber. Er hole mich bei meinen Eltern ab und wir fuhren direkt zum z’Nacht zu den Schwiegereltern. Müde gingen wir wenige Minuten nach Eintreffen des 20. Junis bei uns zu Hause ins Bett. Die 38. SSW war eben vollendet.
Um 6 Uhr morgens spürte ich einen starken Tritt, dann zuckte es wie ein elektrischer Schlag durch meinen Bauch und in der nächsten Sekunde wurde es nass um mich herum. Ich stiess einen kurzen Schrei aus und sagte dann: „Die Fruchtblase ist geplatzt!“ Ich liess mir von meinem Mann das Handy ans Bett bringen und rief in die Klinik an. Die Fruchtblase sei eben geplatzt, Wehen habe ich noch keine. Sie sagten, ich könne nun noch in Ruhe duschen und dann mal los fahren, um ca. 7 Uhr sollten wir in der Klinik sein. Kaum aufgehängt kam die erste Wehe – und was für eine! Die war so heftig, dass ich regelrecht ausgequetscht wurde. Alles floss nur so raus, Fruchtwasser, Urin, Stuhl… Mein Mann brachte Handtücher und huschte wie eine Fee in der Wohnung herum, machte was nötig war. Kaum hatte ich mich von der ersten Wehe erholt, folgte die nächste. Ich dachte, dass ich ja jetzt noch duschen musste und so quälte ich mich in die Duschwanne und hatte zwei weitere Wehen während ich probierte zu duschen. Zum Anziehen brauchte ich Unterstützung von meinem Mann. Irgendwie schaffte ich es dann vom dritten Stock ins Auto runter. Es war Samstagmorgen, menschenleere Autobahn. Ich hatte irgendwie keine Zeit, um nachzuschauen, in welchem Abstand die Wehen kamen, doch die Zeit dazwischen war kaum länger als die Wehen selbst.
Um 7 Uhr kamen auf der Geburtenabteilung der Klinik an. Eine Hebamme wollte meine Personalien erfragen, doch ich konnte nur antworten: „Ich glaub ich muss pressen.“ Es war gerade Schichtwechsel und die Hebamme, die eben ihren Dienst antrat, sagte: „Ich sehe, es ist ernst, wir gehen jetzt gleich in den Gebärsaal.“ Aus einem Zimmer hörte ich eine Frau stöhnen. Die Hebamme erklärte, im Saal nebenan sei auch gerade eine Frau am Gebären, es könnte aber sein, dass mein Kind noch eher komme. Sie schaute nach, wie mein Muttermund aussah: „10 cm – voll offen“ In meinem Kopf rauschte es, ich war überfordert und sagte:“Aber das Kind kann doch noch nicht jetzt gleich kommen!“ Die Hebamme lachte und sagte:“ Das hat nun wirklich noch nie eine Gebärende zu mir gesagt!“ Ich dürfe ruhig mit den Wehen mitpressen. Doch ich konnte kaum, dachte nur, dass ich noch nicht bereit bin. Sobald das Kind da ist, wird mein Leben komplett anders sein! Vor einer Stunde bin ich erwacht und nun soll ich pressen. Es ging mir viel zu schnell. Monatelang habe ich mich auf diesen Moment gefreut und nun bin ich wie blockiert. Ich probierte so gut ich konnte mitzumachen, doch etwas in mir, war wie verklemmt. Mein Gynäkologe, ein alter, erfahrener Arzt, kam zur Tür herein. Ich presste und presste und wenn ich nicht presste hatte ich unglaublich Durst. Irgendwann hörte ich von weitem ein Baby schreien, die andere Frau war nun doch schneller gewesen. Ich soll in die Seitenlage drehen aber dort hielt ich es nicht lange aus. Ich hätte mir eigentlich eine Wassergeburt gewünscht, doch im Moment, dachte ich einfach nicht daran. Auch die drei sorgfältig zusammengestellten selbstgebrannten CDs in meinem Rucksack wären mir nie in den Sinn gekommen. Die Hebamme sagte, ich solle wütender sein, Frauen, sie seit 12 h Wehen haben, sind wütend und wollen, dass das Kind nun komme. Ich war nicht wütend, ich war erschöpft, denn ich presste nun seit bald zwei Stunden. Inzwischen döste ich zwischen den Wehen jeweils ein. Die Hebamme sagte, ich soll zwischen meine Beine fassen, das Köpfchen sei da. Ich fasste runter und als ich die feinen Häärchen spürte, erschrak ich und dachte: „Oh mein Kind, das ist mein Bébé, ich will es bei mir haben!“ Endlich war ich in meinem tiefsten Ineren bereit, alles zu geben, nur leider hatte ich nicht mehr so viel Kraft und die Wehen wurden schwächer. Der Arzt spritzte mir Syntocinon, ein Wehenmittel. Die Herztöne des Kindes seien schlechter geworden, wenn das Kind bei der nächsten Wehe nicht da sei, gäbe es einen Dammschnitt. Ich gab alles - es reichte nicht. So wurde geschnitten, ein schreckliches Geräusch, mein Mann verzog das Gesicht. Nun ging es schnell, eine Wehe für den Kopf und eine für den Körper. Um 9.24 Uhr war Leni endlich da! Ich nahm sie in meine Arme und sie machte sogleich ihr erstes Gagi auf mich, pechschwarzes Mekonium. „Ich bin so verwirrt!“ sagte ich immer wieder. Mein Mann hatte Tränen in den Augen. Und Leni weinte. Sie weinte viel in den ersten Stunden. Leider fand sie die Brust nicht, sie war noch immer sehr gestresst von der langen Austreibungsphase. Es war insgesamt eine schnelle aber anstrengende Geburt. Doch allmählich konnten wir uns alle auf die neue Situation einlassen. Nachdem sich Leni hatte beruhigen konnte, weinte sie an ihren ersten Lebenstagen kaum noch. Und dann trank sie schliesslich doch noch von der Brust. Was für ein wunderschönes Gefühl Mutter zu sein!

Leela
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Re: Kein Tag zu früh - eine schnelle, natürliche, erste Geburt

Beitrag von Leela »

Herzliche Gratulation, war sehr interessant zu lesen :-)
2010, 2013, 2015

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ashu
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Re: Kein Tag zu früh - eine schnelle, natürliche, erste Geburt

Beitrag von ashu »

Danke für den Bericht.
Wunderschöner Name, meine Fee heisst auch so.
MIA (Dez 05), FEE (Sept 07) OSCAR (Jun 09) und CASPAR (Jan 12)
5 Sternli im Himmel
MÖWE (Feb 16) macht die Familie komplett

Joeyita
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Re: Kein Tag zu früh - eine schnelle, natürliche, erste Geburt

Beitrag von Joeyita »

Ein sehr schöner Bericht, danke. Deine Geburt klingt sehr ähnlich wie meine, es ging bei uns auch so schnell. Ein riesiges Glück, eine so schnelle Geburt, und doch ging es mir wie dir, dass es mir fast ein bisschen zu schnell ging.
Stolzes Buebemami - November 2015 und März 2018

Klarissa
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Re: Kein Tag zu früh - eine schnelle, natürliche, erste Geburt

Beitrag von Klarissa »

Voll schön und gefühlvoll geschrieben. Man kann sich richtig in dich hineinfühlen :)

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Kia88
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Re: Kein Tag zu früh - eine schnelle, natürliche, erste Geburt

Beitrag von Kia88 »

wau sehr schön geschrieben <3
Babyboy 2016 <3

chlises Wunder Mai 2018 mir fröiä üs wahnsinnig uf di <3

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