Legasthenieabklärung

Die Zeit des Erwachsenwerdens

Moderator: Züri Mami

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Hausdrache
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Legasthenieabklärung

Beitrag von Hausdrache »

Hallo zusammen,
hat hier jemand Erfahrung mit Legaabklärung im Oberstufenalter? Was für Tests sind da üblich? Woran erkenne ich, für welches Alter/Ausbildungsstand ein Test ist? Gibt es überhaupt Tests für Oberstufenschüler? Ich habe irgendwo mal gelesen, dass eine Problematik sein kann, dass es eben keine normierten Tests mehr gibt für die grossen Schüler. Dass dann Tests für jüngere Schüler genommen werden und somit ein Nachteilsausgleich oder auch Hilfe nicht in Frage kommt, weil sie zu gut abschneiden?
Da bei uns bisher keine Diagnose gestellt wurde, man uns immer wieder vertröstet hat und erst jetzt eine Abklärung gemacht werden konnte, möchten wir, dass das wirklich korrekt abläuft. (Vertrauen ist leider nicht mehr an einem grossen Ort vorhanden) Wir haben eine Abklärung einer privaten Therapeutin, die wurde von der Schule nicht anerkannt.
Falls jemand da Erfahrung hat, würde ich mich freuen, wenn ihr mich daran teilhaben lasst.
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Christa
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Re: Legasthenieabklärung

Beitrag von Christa »

Hallo Hausdrache

Hab dir eine PN gemacht.

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Mondschrein
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Re: Legasthenieabklärung

Beitrag von Mondschrein »

Wir haben eine dyskalkulie Abklärung in der oberstufe gemacht. Das war kein Problem. Warum anerkennt die Schule den Bericht des privaten Therapeuten nicht? :shock: :shock:
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Züri Mami
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Re: Legasthenieabklärung

Beitrag von Züri Mami »

Wir haben alles über den Schulpsychologen machen lassen ,sie hat alle Test vor Ort vorgenommen ,danach erfolgte das Gespräch mit mir und der Klassenlehrperson.

Liebe grüsse
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Alebri
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Re: Legasthenieabklärung

Beitrag von Alebri »

Uns hat man damals auch gesagt, dass nur Tests bzw. Resultate von anerkannten Stellen (im Kt Zürich sind das nur 2: Kinderspital Zürich oder Spital Winterthur) wirklich generell anerkannt sind. Unser Kinderarzt hat uns damals auch an eine dieser zwei Stellen zur Abklärung geschickt. Die LP meines Sohnes hat mir damals auch gesagt, dass man es auch beim Schulpsychologen machen könne - wollte ich aber nicht und auch unser KiA hat mir davon abgeraten. Es geht ja darum, dass man eine Diagnose hat, die auch später (evtl. Gymi-Prüfung mit Nachteilsausgleich, etc.) gültig/anerkannt ist - und da fährt man halt mit einer Diagnose von einer offiziellen Abklärungsstelle am Besten (dann gibt es auch nirgends Diskussionen). Bei einem privaten Psychologen ist es auf alle Fälle so, dass er die dazu notwendige Zusatzausbildung haben muss, um eine Abklärung vornehmen zu können - aber eben: Bei Gymi-Prüfungen, Nachteilsausgleich während der Lehre, etc. wird dann doch oft eine Diagnose von einer kantonalen Abklärungsstelle verlangt:

https://www.verband-dyslexie.ch/index.p ... ostik.html

Ich würde diesen Weg über die kantonale Abklärungsstelle immer wieder so gehen - auch wenn die Schule damals wenig begeistert war, dass sie wir den Schulpsychologen quasi umgangen und grad "eine Stufe höher" gegangen sind ;-). Aber das hat uns dann auch geholfen, als die Schule schwierig wegen dem Nachteilsausgleich tat. Es kam dann eine Fachperson vom Spital Winterthur (d.h. von einer kantonal anerkannten und damit übergeordneten Selle) in die Schule und dann klappte es plötzlich ;-).

Beim Nachteilausgleich ist es tatsächlich so: Den hat der Legasthenie-Schüler nicht per se, sondern nur bei Bedarf zugute - was ich auch gut finde! Bei meinem Sohn stehen in der Diagnose auch ganz viele empfohlene Massnahmen für den Nachteilsausgleich, er braucht aktuell max. 40% davon (er brauchte z.B. nie den Zeitzuschlag, da er zeitlich immer gut zurechtkam). Das ist auch korrekt so. Gibt auch Kinder, die haben eine Diagnose und brauchen gar keine Nachteilsausgleichsmassnahmen, weil es ohne geht. Das wird im halbjährlichen Gespräch zwischen LP, Eltern und Kind immer wieder neu festgelegt (mal braucht es mehr, manchmal weniger - je nach Entwicklung). Auch ein Legastheniker mit einer anerkannten Diagnose hat - solange seine Leistungen stimmen bzw. genügend sind - keinen Anspruch auf Nachteilsausgleich!

Grundsätzlich: Wenn Dein Kind bisher in der in der Schule ohne Nachteilausgleich gut dabei war (was untypisch für Legastheniker ist - die haben da schon grosse Defizite und schaffen es selten ohne Nachteilsausgleich), stellt sich bei mir schon die Frage, warum Du darauf kommst, dass Dein Kind Legasthenie hat bzw. warum Du es dann unbedingt abgeklärt haben willst? Also wenn mein Sohn damit kein Problem gehabt hätte (oder nur minim) hätte ich die Abklärung auch nicht machen lassen - garantiert nicht (ich bin kein Fan von diesen ganzen - für mich heutzutage fast übertriebenen - Abklärungs- und Therapie-Massnahmen). Bei unserem Sohn war es halt wirklich, dass seine Legasthenie - bzw. die damit verbundenen Herausforderungen - wirklich offensichtlich waren (typischerweise sehr stark in mathematischen, naturwissenschaftlichen Fächern, IQ über Norm, aber brutal Mühe mit Lesen und Schreiben) und er es ohne gewisse Nachteilsausgleichsmassnahmen sicher nicht geschafft hätte, so durch die Schulzeit zu kommen, wie er es jetzt geschafft hat. Es geht beim Nachteilsausgleich aber auch nicht darum, dem Schüler einen Vorteil zu verschaffen (ein häufiger Irrtum!). Mein Sohn muss trotzdem zigfach mehr als andere "kämpfen", um die Noten zu erreichen - aber eben: Ohne die Nachteilsausgleichsmassnahmen hätte er - aufgrund der Legasthenie - in gewissen Bereichen gar keine Chance auf ansatzweise genügende Noten. Aber eben: Wir besprechen das auch alle 6 Monate wieder mit der LP und passen die Nachteilsausgleichsmassnahmen nach Bedarf an. Grundsätzlich braucht er heute weniger als noch vor 3-4 Jahren, da er mit einer Legasthenie-Therapie - bei der er gewisse Strategien lernte, mit der Legasthenie umzugehen (und darum geht es ja im Grundsatz!) - sehr grosse Fortschritte gemacht hat.

Von daher: Wenn Dein Kind ohne anerkannte Diagnose und Nachteilsausgleichsmassnahmen in die Oberstufe gekommen ist, würde ich Dir auch raten, ihn/sie eher in eine Legasthenie-Therapie zu schicken, als - so "spät" noch - um Nachteilsausgleichsmassnahmen zu kämpfen, die er/sie auch mit einer anerkannten Diagnose nicht per se zugute hat. Denn wie gesagt: Anspruch auf Nachteilsausgleichsmassnahmen hat man auch bei einer anerkannten Diagnose nur NACH BEDARF - d.h. wenn es bisher ohne gut ging, ist das "Risiko" gross, dass auch mit Diagnose entschieden werden wird, dass er/sie keine Nachteilsausgleichsmassnahmen braucht, weil er/sie diese ja bisher offensichtlich auch nicht gebraucht hat (denn eben: Diese sind ja nicht dazu da, dem Kind einen Vorteil zu verschaffen, sondern dort auszugleichen, wo es aufgrund der Legasthenie gar keine genügenden Resultate erreichen kann bzw. es ohne Nachteilsausgleich gar nicht geht).

Der Sohn einer Kollegin hatte auch eine anerkannte Diagnose - hat aber gar keine Nachteilsausgleichsmassnahmen bekommen, da er früh wusste, dass er Schreiner werden will und seine Leistungen (ohne Nachteilsausgleichsmassnahmen) gut für die Sek B gereicht haben, was für den Schreinerberuf als Voraussetzung reichte. Er ist indessen schon - erfolgreich - im 3. Lehrjahr. Die Diagnose bekam er mit 8 Jahren, in Gesprächen zwischen LP, Eltern und Kind wurde aber immer wieder entschieden, dass er keinen Nachteilsausgleich braucht, da die Leistungen reichten. Von daher wie gesagt: Die anerkannte Diagnose ist kein Garant für Nachteilsausgleichsmassnahmen, sondern diese werden individuell festgelegt - falls überhaupt nötig.

Und: Bei den offiziellen Abklärungsstellen dauert es meistens relativ lange, bis man a) einen Termin hat und b) das ganze Tamtam durch ist (bei uns Anmeldung durch KiA im Juni, Abklärung dann im Nov-Dez, Diagnose Ende Januar, Erhalt schriftliche Diagnose (14 Seiten) Ende Februar, also alles in allem 9 Monate). Wenn Dein Kind offenbar schon in der Oberstufe ist, ist es halt schon die Frage, ob sowas noch Sinn macht.

Aber eben - falls überhaupt, würde ich Dir sicher raten, Dich an eine offizielle Abklärungsstelle zu wenden.

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Hausdrache
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Re: Legasthenieabklärung

Beitrag von Hausdrache »

Alebri
also, es ist so, dass unsere Tochter schon ganz früh aufgefallen ist. Sie konnte lange nicht sprechen. Wir haben sie dann in eine Montessorikinderhaus gegeben zu sehr erfahrenen Leiterinnen. (Sie haben früher ein Seminar für Kindergärtnerinnen geleitet, als das von Kanton geschlossen wurde haben sie die Montessoriausbildung für Lehrer hier in der Schweiz angeboten) Da hat unsere Tochter täglich eine halbe Stunde Lautschulung gehabt. Sie hat da auch gelernt zu lesen und Phonologische Bewusstheit wurde aufgebaut.
Sie kam dann regulär in die Schule. Es war immer schwierig. Da ich Lehrerin bin, habe ich ganz viel geholfen und aufgefangen zu Hause. Uns fiel einfach auf, dass sie übers Gehör nur schwer aufnimmt. Sie wusste oft nicht, was im Unterricht erklärt wurde. Beim Schreiben fiel sie in der dritten Klasse zum ersten Mal so richtig auf. Die Schule fand, sie sei nur zu faul, müsse sich halt mehr anstrengen. Somit habe ich mit ihr halt gearbeitet.

Sie wurde dann aber immer schwächer, der Frust wurde immer grösser. Wir hatten dann in der 5. Klasse die Empfehlung Realschule auf dem Tisch. Der Kinderarzt fand das sehr fragwürdig, da sie doch intelligent sei. Eine Abklärung zeigte einen weit überdurchschnittlichen IQ.
Der SPD sah das anders, hat eine Sonderschulung empfohlen. Wir haben uns mit Hilfe der Kinder und Jugendpsychiatrie durchgesetzt und es kam zur regulären Einschulung an die Oberstufe. Da hat sie in den Sprachen aber nur Noten unter 2. Sie kann aber auch bei Sachprüfungen kaum eine Note über vier schreiben, obwohl wir gelernt haben. Sie gibt an, nicht in der Zeit fertig zu werden. Sie wird zunehmend depressiver.

Es ist also ein langer Leidensweg. Auf der Primar war sie auch noch in einem Mobbing drin, der SPD fand, wenn sei ihr Scheitern nur auf das zurück zu führen. Jetzt fühlt sie sich in der Klasse wohl, der Schulweg ist nach wie vor geprägt von Plagerein und Hänseleien. Und sie scheitert weiterhin. Und das komplett, bis auf Mathe, Zeichnen, Hauswirtschaft, da ist sie absolut top.

Abklärungsstellen gibt es so im Aargau keine. Es ist ganz schwierig. Das machen die Logopädinnen vor Ort, die leider im System befangen sind. Habe selber an der Schule gearbeitet, weiss also, was da läuft. Das macht es nicht einfacher und da zu vertrauen ist schwierig.

Ich würde mir eben eine übergeordnete Stelle wünschen, so wie das im Kanton Zürich der Fall ist. Im Aargau gibt es den NTA praktisch nicht. Es gibt keine klaren Richtlinien, keine Handhabe. Ich habe nun den Kanton gewechselt, da sieht das ganz anders aus. Wenn wir nur schon Hilfe in Form von Therapie bekämen, wäre ja schön.

Ach ja, die Idee, das jetzt abzuklären kam vom Deutschlehrer. Er habe so etwas wie unsere Tochter noch nie erlebt. Auch die Englischlehrerin findet unsere Tochter mehr als auffällig.
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Alebri
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Re: Legasthenieabklärung

Beitrag von Alebri »

Das tut mir leid - klingt nach einer langen, schwierigen Geschichte...

... aber dass Deine Tochter offenbar in allen Fächern - ausser Mathe und Zeichnen - Mühe in der Schule hat, ist für einen Legastheniker eigentlich untypisch, weil sie eigentlich ausser in Lesen und Schreiben "von Natur aus" sehr begabt sind:

Legastheniker fallen in der Schule dadurch auf, dass sie eigentlich gute schulische Leistungen erbringen – ausser beim Lesen und Schreiben.

Wenn Eure Tochter in praktisch allen Fächern Mühe hat bzw. ungenügende Leistungen bringt, würde Euch der Nachteilsausgleich für Legastheniker kaum was bringen, da dieser wirklich nur dort angewendet wird, wo der Legastheniker Mühe hat. In Geografie, Geschichte, Physik, Biologie, etc. hat mein Sohn z.B. keinen Nachteilsausgleich zugute - wieso auch? Das sind keine Fächer, wo ein Legastheniker Mühe hat - im Gegenteil: Alles mit logischem Denken liegt dem Legastheniker eigentlich sehr gut. Schwierig sind meistens nur Schreiben/Lesen. Aber eben: In allen anderen Fächern ausser den Sprachfächern wird von meinem Sohn - trotz anerkannter Diagnose - erwartet, dass er 1:1 ohne "Extrawurst" mit den anderen mithalten kann. Da bekäme er im besten Fall einen Zeitzuschlag von 10% (weil Lesen bei ihm länger dauert) - aber eben: Den hat er bisher noch nie gebraucht. Meistens sind Nachteilsausgleiche auch recht schwamming gehalten, weil immer wieder situativ entschieden wird, wie etwas nun benotet wird bzw. wo die Legasthenie Einfluss hatte. Von daher: Das Leben wird mit einem Nachteilsausgleich nicht per se einfacher - Diskussionen hat man ab und zu immer noch ;-). Und eben: Grundsätzlich wendet man Nachteilsausgleichsmassnahmen wirklich nur punktuell an (was auch Sinn macht). Von daher: Wenn Deine Tochter wirklich praktisch in allen Fächern Mühe hat, würde ihr auch ein Legasthenie-Nachteilsausgleich nichts bringen. Der wird - richtigerweise - wirklich nur sehr punktuell und zurückhaltend angewendet.

Wenn ich auf die letzten 5 Jahre seit der Diagnose zurückblicke, muss ich ganz klar sagen, dass die Lerntherapie meinem Sohn viel mehr gebracht hat als der Nachteilsausgleich - und die Lerntherapie war/ist auch eine private Geschichte (d.h. darum mussten wir uns selber kümmern und auch selber bezahlen - da gibt's keine kantonale Hilfe bzw. keine Hilfe von der Schule!). Es ist halt schon so: Mit oder ohne anerkannter Legasthenie-Diagnose, muss man als Eltern selber aktiv werden bzw. sich selber um Hilfe bemühen (und diese dann auch selber bezahlen). Das ist einfach so. Und auch da wird das Leben durch eine anerkannte Diagnose nicht einfacher.

Von daher würde ich Euch eher raten, Eure Tochter zu einer Lerntherapeutin zu schicken. Grad wenn Du schreibst, dass sie genügend lernt und trotzdem nur schlechte Noten schreibt - dann wäre es wichtig, dass sie bezüglich Lernstrategien neue Inputs bekommt (egal, ob sie Legasthenikerin ist oder nicht). Weil eben: Der Druck wird mit Nachteilsausgleichsmassnahmen nicht wirklich weniger - lernen und Prüfungen schreiben muss sie genau gleich und grundsätzlich werden auch alle Anforderungen in den Fächern (ausser Lesen/Schreiben) genau gleich bleiben.

Ich kann Dir ansonsten den Dyslexie-Verband empfehlen:

https://www.verband-dyslexie.ch/

Die können Dir auch spezialisierte Therapeuten nennen und/oder Dir sagen, was für Möglichkeiten es in Eurem Wohnkanton gibt und ob eine so späte Abklärung noch Sinn macht. Die sind dort wirklich sehr nett, sehr hilfsbereit und sehr kompetent.

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Hausdrache
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Re: Legasthenieabklärung

Beitrag von Hausdrache »

Alebri
doch klar, gerade in Biologie, Geschichte, Geographie brauchen sie NTA. Das Problem, sie ist zu langsam beim Erlesen der Aufgaben, es gibt Abzug, wenn sie Wörter falsch schreibt, so gerade jetzt in Bio, sie schrieb Aota, statt Aorta. Hätte sie es sagen dürfen, wäre es richtig gewesen. Sie kann den Stoff, sie bringt ihn nicht aufs Papier. Unsere Zweitjüngste hat NTA, sie darf mehr Zeit haben um in Ruhe zu schreiben, bei ihr darf kein Abzug für Rechtschreibung gemacht werden, ausser bei Aufsätzen und bei Diktaten, da ist sie ungenügend. Da hilft auch ein NTA nicht. Um die geht es auch nicht. Ich bin selber Lehrerin in einem anderen Kanton, da gibt es Vorgaben und eine ist, dass die Kinder Prüfungen in Sachthemen mündlich machen dürfen statt schriftlich. Auch die ETH und die HSG kennen das, da sind Prüfungen mündlich möglich, wenn sie einen NTA haben. Es geht ja gerade darum, dass sie zeigen können, was sie können und nicht darum, dass sie da benachteiligt sind.
Unsere Jüngste kämpft enorm mit der Zeit. Auch Mathematik kann sie nur, wenn es reine Rechnereien sind. Sachaufgaben führen oft dazu, dass sie mit der Zeit nicht mehr klar kommt.

Aber ich sehe schon, wir haben schlicht Wildwuchs in der Schweiz was dieses Thema angeht. Es ist auch so, gemäss Dyslexie Schweiz, unsere Therapeutin haben wir von da ;) Dass die Kinder gerade wenn sie sehr intelligent sind, erst an der Oberstufe Schwierigkeiten bekommen. Dass sie es zuvor recht gut kompensieren können. Erst wenn die Anforderung auf Gymistufe massiv ansteigen, kommen sie mit der Zeit nicht mehr hin, haben sie Mühe alles aufzuschreiben, wird ihnen alles zu viel. Das wäre bei uns eben der Fall.

Nuja, habe morgen mal einen Termin im Spital. Dann sehen wir wieder weiter. Danke dir schonmal. Ich bin mitglied bei Dyslexie Schweiz, unsere Therapeutin ist da ganz stark beteiligt, dass NTA eben ein Thema ist und wird. Jetzt ist ja dann wieder die Tagung, wo es genau um das Thema geht. Bin gespannt was wir zu hören bekommen.
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Alebri
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Re: Legasthenieabklärung

Beitrag von Alebri »

Also dass Legasthenie bei sehr intelligenten Legasthenikerin erst spät ein Problem wird, kann ich ganz klar widersprechen ;-). Erstens sind Legastheniker in der Regel vom IQ her sowieso meistens im oberen Bereich (zumindest in den Bereichen Mathe, Logik, allg. Verständnis, etc.) - dafür im Bereich Sprachen eher unterdurchschnittlich (das ist ja auch die Definition eines Legasthenikers bzw das typische "Diagnose-Bild" bei einem Legastheniker - Legasthenie ist eine Teilleistungsschwäche). Und bei einem Legastheniker erkennt man die - deutlichen - Anzeichen meistens schon extrem früh bzw.ab der 1. Klasse (Buchstaben verdrehen, Lesen lernen ist ein "Krampf", usw.), während in anderen Fächern meistens genügende bis gute Leistungen vorhanden sind.

90% der Legastheniker werden heutzutage zwischen 6 und 10jährig "erkannt" - weil die Probleme eines Legasthenikers bereits ab der 1. Klasse derart offensichtlich werden und auch nicht mit Intelligenz aufgefangen werden können. Denn: Intelligent oder nicht - wenn Buchstaben verdreht geschrieben werden, motorische Probleme vorhanden sind, Gedanken nicht (oder nur schwer) in Worte gefasst werden können, Lesen nicht geht, die Handschrift unleserlich ist, unorganisiert/chaotisch, etc, dann ist Hopfen und Malz in der Schule verloren und dann wird das frühestens im 1. Gespräch in der 1. Klasse schon zum Thema ;-). Ein Legastheniker kann seine Teilleistungsschwäche nicht ausgleichen - auch nicht durch Intelligenz.

Von daher: Wenn bei Eurer Tochter bisher allfällige Probleme, die evtl. auf Legasthenie hindeuten, bisher jahrelang nicht (oder zu wenig) offensichtlich waren, ist es entweder nur eine sehr leichte Legasthenie oder ein anderes Problem. Als Mutter eines "Bilderbuch-Legasthenikers" kann ich Dir garantieren: Legasthenie ist SEHR FRÜH schon sehr auffällig, unabhängig vom IQ ;-). Schon bei Babies/Kleinkindern gibt es Auffälligkeiten bei Legasthenikern: Krabbeln nicht, laufen und reden sehr spät, etc.

Von daher finde ich eben die Beschreibung Deiner Tochter - grad mit der Schulsituation - nur bedingt typisch für Legasthenie. Wie gesagt: Mathe, Geometrie, etc. sind meistens Fächer, wo der Legastheniker eine Teilhochbegabung hat - da knallt mir mein Sohn seit Jahren nichts anderes als 6er-Noten auf den Tisch, für die er nicht mal was machen muss ;-). Auch Geografie, Geschichte, Biologie etc. ist er gut bis sehr gut dabei. Wie geschrieben: Legastheniker sind ja grundsätzlich überall - ausser in Lesen und Schreiben - IQ-mässig normal bis überdurchschnittlich unterwegs, was sich dann eben genau in solch frappanten Leistungsunterschieden zeigt. Dass ein Legastheniker fast in allen Fächern Mühe hat, ist sehr untypisch. Ich finde folgenden Vergleich bzw. folgende Beschreibung sehr treffend:

Um eine im Rahmen der Legasthenie bestehende Leseschwäche (Dyslexie) oder Rechtschreibschwäche (Agraphie) verstehen zu können, ist der Vergleich mit einer anderen Störung hilfreich – der Farbenblindheit: In Bezug auf die Gesundheit und die Intelligenz unterscheiden sich Farbenblinde in keiner Weise von ihren Mitmenschen. Das einzig Auffällige ist, dass sie die Farben Rot und Grün nicht unterscheiden können. Neben ansonsten ganz normal ausgebildeten Fähigkeiten haben sie also eine klar umgrenzte Schwäche.
Ähnlich ist die Legasthenie zu verstehen. Legasthenische Kinder verhalten sich in allen anderen Bereichen nicht anders als ihre Mitschüler. Sie sind nur nicht fähig, so gut zu schreiben und zu lesen wie die anderen.


Von daher wie geschrieben: Viele Auffälligkeiten und Probleme, die Du bei Eurer Tochter beschreibst, haben mit der Legasthenie nichts zu tun! Auch allfällig soziale Probleme haben mit Legasthenie gar nichts zu tun. Mein Sohn war immer in jeder Klasse hervorragend integriert, ist ein fröhlicher, umgänglicher Typ, der mit allen klarkommt. Sozial gab es bei ihm noch nie Probleme - im Gegenteil. Wird von allen LP auch immer als Stärke von ihm beurteilt. Hat aber mit Legasthenie auch nichts zu tun, sondern mit ganz anderen Faktoren (Charakter, Erziehung, etc.). Legastheniker können sozial stark, durchschnittlich oder schwach sein - aber es ist kein Merkmal von Legasthenikern.

Aber eben: Das musst Du wahrscheinlich schon mit Fachpersonen anschauen. Vielleicht gibt es da ja noch andere Ursachen, für die Probleme. Ich hoffe auf jeden Fall, Ihr kommt zu einem Resultat und einer Lösung für Eure Tochter. Alles Gute!

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Re: Legasthenieabklärung

Beitrag von Hausdrache »

Alebri,
ich weiss nicht, wie du zu deinen Kenntnissen kommst. Ich habe zwei diagnostizierte Legastheniker hier. Einmal sogar mit NTA. Beide mit IQ im HB-Bereich. Und beide waren in der Primarschule nur für uns Eltern wirklich auffällig. Die Lehrer fanden sie etwas langsam, klar, Buchstabendreher gab es, aber das würde es noch oft geben, Wortgrenzen nicht einhalten oder Rechtschreibregeln zu wenig anwenden sei reine Faulheit. Sie waren ja soweit gute Schüler, eine Abklärung gab es nicht. Unsere Zweite wurde dann in der fünften Klasse sehr auffällig, da gab es auch neue Therapeuten, dann kam die Diagnose. Unsere Zweitjüngste bekam in die Diagnose in der Kinderpsychiatrie gestellt. Es war erschreckend, wie klar die das da fanden.
Da ich selber ausgebildete Lehrerin bin, viele Jahre als Heilpädagogin unterwegs bin und wir in der Familie auf beiden Seiten mehrere Legastheniker haben, ich selber einer bin, weiss ich, wovon ich spreche.

Einfach was bei Dyslexie Schweiz zu finden ist:

Kinder können sowohl mit einer Lese- und/oder Rechtschreibstörung leben als auch gleichzeitig in gewissen Lernbereichen hochbegabt sein. Sie sind zweifach aussergewöhnlich, haben sie doch aussergewöhnliche Talente sowie spezielle Lern- und Leistungsprobleme. Viele von ihnen fallen in der Schule nicht auf als Lernende mit speziellen Begabungen und/oder speziellen Bedürfnissen.

Bei einem Teil von ihnen werden die Leistungen schlechter, wenn im anspruchsvollen Niveau der Oberstufe oder in der Mittelschule Arbeitstempo und Stoffmenge zunehmen und es nicht mehr gelingt, die Lese- oder Rechtschreibprobleme zu kompensieren. Manchmal wird der Abfall der Leistungen mit «Faulheit» erklärt und die Lese- Rechtschreibproblematik wird nach wie vor nicht erkannt.
Bei einem anderen Teil der Betroffenen werden zwar die Lese- und/oder Rechtschreibprobleme erkannt, nicht aber die Begabungen. Diese Kinder fühlen sich in Teilen des Unterrichts gelangweilt, was zu Frustrationen, Aggressionen oder depressiver Verstimmtheit führen kann.
Werden weder Lese- und/oder Rechtschreibprobleme erkannt noch die überdurchschnittlichen intellektuellen Begabungen, besteht die Gefahr, dass sich die Kinder in vielen Teilen des Unterrichts nicht angesprochen fühlen. Wenn es um Lesen und Rechtschreibung geht, können sie mit den Gleichaltrigen nicht immer mithalten. In anderen Teilen des Unterrichts fühlen sie sich gelangweilt. Neben den bei den anderen Gruppen beschriebenen Folgen kann die Situation bei dieser dritten Gruppe zusätzlich zu sozialer Isolation führen.

Das deckt sich sehr mit meiner Erfahrung bei unseren Kindern. Auch in meiner Familie gab es deswegen schräge Schulgeschichten, bis hin zu einem Suizid. Darum ist es mir einfach wichtig, eine gute und sorgfältige Diagnose zu haben und meiner Tochter zu helfen.

Ich weiss nicht, wie das Begabungsprofil deines Sohnes aussieht. Ich spreche von IQ über 130. Mit Hilfe von uns Eltern, viel üben und Strategien vermitteln, ging ganz vieles lange gut. Jetzt schaffen wir es nicht mehr.
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Mondschrein
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Re: Legasthenieabklärung

Beitrag von Mondschrein »

Hallo Alebri,

Leider kannst du nicht von deinem "Bilderbuch" Legastheniker auf alle anderen Legastheniker dieser Welt schliessen. Die Legasthenie wird so definiert, dass Legasthenie mit einem normalen IQ verbunden wird. D.h. man geht davon aus, dass Legastheniker nicht geistig Behindert sind.Somit kann eine Person ab IQ 80 als Legastheniker diagnostiziert werden. Es sind somit nicht alle Legastheniker gut oder hochbegabt.

Wie kommst du nur darauf, dass es keine Jugendlichen gibt, welche erst in der Oberstufe Probleme bekommen? Zum Einen kommt es auf die Stärke der Legasthenie an, zum Anderen auf die Strategien, welche das Kind in den ersten Jahren der Schulzeit entwickelt haben. Somit gibt es Legastheniker, welche Buchstaben verwechseln und eine niedrige Lesegeschwindigkeit haben. Andere können relativ gut lesen, aber kaum ein Wort richtig schreiben. Es gibt so viele verschiedene Bilder, wie auch Legastheniker. Kannst du dir vorstellen, dass es Menschen gibt, welche am Ende der obligatorischen Schulzeit nicht (!) lesen können und sogar eine berufliche Ausbildung geschafft haben? Dies zeigt recht klar, dass es Menschen gibt, welche unglaubliche Strategien entwickeln um einigermassen erfolgreich durch die Schule zu kommen. Warum also, sollte ein HB Mädchen, wie die Tochter von Hausdrache nicht im Stande sein, Strategien zu entwickeln, welche sie erfolgreich durch die Primarschulzeit bringt?

Ausserdem scheint mir dein Blick doch sehr einseitig, wenn du davon ausgehst, dass Legastheniker nur im Deutsch Schwierigkeiten haben. Mein Sohn hat eine aussergewöhnlich starke Legasthenie, er ist nicht in der Lage, ohne Hilfsmittel (d.h. Computer) Wörter, Sätze oder Texte korrekt zu schreiben. Dieses Handicap wirkt sich auch auf die anderen Fächer auf, denn vieles ist sehr sprachlastig. So müssen in Geschichte, Geographie, Biologie, Physik usw. Texte gelesen und produziert werden. Ausserdem wimmelt es in der Mathematik von Sprachaufgaben und so weiter. Eine Anpassung der NTA auch in anderen Fächern braucht es zum Teil.

Eine Legasthenie kann (muss aber nicht) mit verschiedenen Störungen gekoppelt sein. Es wurde wissenschaftlich geprüft und bestätigt, dass Legastheniker aussergewöhnlich häufig auch von anderen Störungen betroffen sind (ADHS, HB, Dyspraxie, Agraphie, Dysphasie, Dysgraphie usw.) Darum muss auch der NTA individuell abgepasst werden.
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Re: Legasthenieabklärung

Beitrag von jupi2000 »

Hausdrache
Wir haben unsere Tochter in der 4. Klasse auf
Wunsch der LP beim Schulpsychologen abklären lassen. Sie hat Lega. Das könnt ihr doch bestimmt auch mit einem OS Schüler? Die werden hoffentlich wissen, was zu tun ist? Wie seid ihr nun verblieben?

Alebri
Du schreibst so viel Unwissen bezüglich Lega. Da kann ich gar nicht auf alles eingehen...diese Verallgemeinerungen!
Jeder Mensch ist verschieden. Auch jeder Legastheniker!

Alebri
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Re: Legasthenieabklärung

Beitrag von Alebri »

@Jupi2000
Ich denke, nach 4 Jahren intensiver Zusammenarbeit mit dem KSW weiss ich bezüglich dem Thema schon, wovon ich spreche ;-). Aber wenn Du anderer Meinung bist, sei Dir das gegönnt ;-). Hauptsache Du weisst alles (was sich hier schon zig Mal gezeigt hat, dass das nicht wirklich der Fall ist :roll: :lol: )… aber trotzdem schönen Tag.. behalte die Sonne im Herzen :wink: :lol: :lol: .

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