Alex - eine Kinderwunschgeschichte

Schwanger oder noch nicht?

Moderator: Züri Mami

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Alex - eine Kinderwunschgeschichte

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Die Userin Fairwind hat vor langer Zeit (2005) eine wunderbare Geschichte angefangen zu schreiben und diese hier bei Swissmom veröffentlicht. Die Geschichte ist leider der automatischen Löschung zum Opfer gefallen. Einen Teil habe ich bei mir abgespeichert und den möchte ich wieder reinstellen. Vielleicht hat ja wer noch weitere Kapitel bei sich abgespeichert.


Hier eine kurze Vorstellung von Fairwind, welche ich aus dem abgespeicherten Teil als erstes hier reinstelle:


fairwind

Fri Oct 28, 2005 9:56 am

Liebe Grüße aus Deutschland
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Hallo Ihr Lieben, ich wollte mich einmal persönlich bei euch vorstellen, nachdem ich so viele liebe Worte von euch gelesen habe. Danke dafür, mir und meinem Partner geht es in unserer alten /neuen Beziehung gut! Und Alex wird natürlich weiter gehen, versprochen! :lol: Nun einige Daten zu mir: Ich habe sehr vieles davon am eigenen Leibe erfahren und durchlebt, besonders die Empfindungen nach einer FG (hatte bisher 4 und einen "vorbeiziehenden Krümel", wie wir liebevoll sagen, also einen positiven Test, der sich nicht durchsetzen konnte). Und kenne alle Vorurteile gegen (ungewollte) kinderlose Frauen . Und ich habe all unser Bangen, unsere Hoffnungen und Ängste selbst durchlebt und tue es noch. So wie Ihr hier haben wir ein wunderbares Forum, das uns allen sehr viel bedeutet und in dem wir unsere Gedanken loswerden, ohne dass irgendjemand denkt, wir seien etwas gestört :P Also, ganz lieben Gruß aus dem hohen Norden, in dem die Gefühle offensichtlich dieselben sind wie bei euch im Süden, Eure Fairwind (und wie wir sagen: Ganz dicken Knuddler!)

Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. Wolfgang von Göthe

♂'93 / ♀'97 / ♂'99 und ★★★★-li für immer i mim ♥

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Alex - Eine Kinderwunschgeschichte
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Teil 1

Gemütlich auf dem Sofa ausgestreckt, die Beine unter der Decke und Phoebe, ihre Katze, gemütlich auf dem Bauch, las Alex in einer Zeitschrift, die sie sonst natürlich nie las – natürlich nicht! „Hoffentlich sieht mich keiner mit dem Blatt,“ dachte sie mit zufriedenem Gesicht und rutschte noch ein wenig tiefer auf dem Sofa. Phoebe quittierte dies mit unwilligem Räkeln und kletterte entsprechend etwas höher, um nicht gänzlich den Halt zu verlieren. Ihr Gesicht drückte Empörung aus, doch Alex nahm gar keine Notiz davon. Sie war gerade bei ihrem Horoskop angelangt, und während sie unbewusst ihre Katze zur Seite schob, weil sie mit den Pfote auf eine empfindliche Stelle drückte und sich anschickte, dies durch Milchtreten zu verstärken, vergrub sie sich weiter in die Lektüre. „Na siehste, mal wieder schwarz auf Weiß: Ein lang gehegter Wunsch wird in Erfüllung gehen.“
Nun war die Liste von Alex Wünschen ungefähr so lang wie die Strecke zwischen Wuppertal und Aachen, aber eigentlich beschäftigte sie der Wunsch nach einem Kind ganz besonders. Überall schienen ihr schwangere Frauen mit glückverklärtem Blick entgegen zu kommen, im Supermarkt kaufte jeder Kunde einzig und allein Babynahrung und im Möbelgeschäft standen die Möbel für das Kinderzimmer natürlich unsensibel neben genau der Sitzgarnitur, die Alex sich für das Wohnzimmer ausgesucht hatte. Nur mit Mühe hatte sie sich bei der Bestellung im Geschäft auf dieses Möbel konzentrieren können, und die gesamte Freude über den Kauf war wie weggeblasen, weil in unmittelbarer Nähe ein Kinderbett zum Kauf angeboten wurde. Matthias, ihr Mann, hatte sich war ein wenig gewundert, dass seine sonst so lustige Frau nicht vor guter Laune sprühte, aber er hatte es nicht näher beachtet. Das konnte ja mal vorkommen.
Von außen betrachtet hätte ja auch niemand überhaupt gedacht, dass es irgendetwas gab, das Alex nicht erreichen konnte: Sie war nicht schön aber ausgesprochen gutaussehend, intelligent mit guter Ausbildung und einem verantwortungsvollen Beruf, in jeder Gesellschaft gern gesehen und erfolgreich. Zudem hatte sie ein schönes Zuhause und einen wunderbaren normalerweise einfühlsamen Mann. Einfach perfekt, oder?
Wenn es nicht diesen wunden Punkt bei ihr geben würde, der ihr ganzes Leben zu bestimmen begann: Sie wollte schlichtweg ein Kind. Nun hatte sie immer gedacht, dass das die natürlichste Sache der Welt sein würde, nach dem Motto gesagt, getan. Denn immerhin kam sie aus einer kinderreichen Familie, in der es nie Probleme mit dem Kinderwunsch gegeben hatte, ihre Geschwister hatten zahlreiche Kinder zur Welt gebracht, nur sie hatte zunächst warten wollen, bis ihre Ausbildung abgeschlossen war und sie ein paar Jahre gearbeitet hatte. Und bis sie den Traummann für sich gefunden hatte.
Zugegebenermaßen hatte das ein wenig gedauert, sie war nun 37, Matthias ein halbes Jahr jünger, aber es war doch rechtzeitig für den Wunsch nach einem Kind. Vor einem Jahr hatte sie aufgehört, die Pille zu nehmen, in der festen Ansicht, sofort schwanger zu werden. Selbst nach einem halben Jahr war sie noch voller Enthusiasmus, dass es klappen würde. Doch bis heute hatte sich nichts getan.
Und der Wunsch nach einem Kind hatte sich von Monat zu Monat verstärkt, es war wie eine fixe Idee geworden. Ihr inneres Leben war eingeteilt in 14-Tage-Rhythmen, vom Eisprung mit all seiner Hoffnung zur Menstruation mit dem grauenhaften ersten Tag des Zyklus. Ihre Laune schwankte genauso wie der Hormonspiegel: völlig geknickt am ersten Tag des Zyklus, immer besser gelaunt kurz vor dem Eisprung und dann in der Zeit bis zur nächsten Mens zunächst hoffnungsvoll, mit dem ersten Anzeichen der „Roten Pest“ immer schlechter gelaunt usw. Nie hätte Alex gedacht, dass der Körper für sie einmal diese Rolle spielen würde. Und dass ihre Gedanken beherrscht würden nur durch die Beschäftigung mit sich selbst.
Und mit ihren Freundinnen darüber reden, das ging schon gar nicht. Während die einen einfach keinen Kinderwunsch hegten, hatten ihn sich die anderen kurzerhand einfach erfüllt. Und genau diejenigen waren es, die dann vor Glück sprühend Alex’ Fassade der Gleichmut, die sie nach außen immer gerne zeigte, zum Bersten brachten.
„Jaja, mein Horoskop,“ dachte Alex versonnen und kraulte Phoebe. „Wer sich diesen Mist immer ausdenkt, das kann doch alles bedeuten. Aber vielleicht klappt es ja diesen Monat.“ Alex hatte es sich nämlich angewöhnt, aus allen Dingen ein gutes oder schlechtes Zeichen in dieser Hinsicht zu lesen. Wenn Phoebe mehr als sonst zu ihr kam, dann fragte sie sich, ob sie vielleicht schon schwanger sei, ohne es zu merken, denn Katzen sind ja besonders sensibel für die körperliche Verfassung ihrer Menschen. Letztens hatte sie sogar aus dem Wuchs einer Pflanze ein schlechtes Zeichen für diesen Monat gelesen, was sich auch prompt bestätigte. Kurz und gut, sie hatte sich auf den Kinderwunsch gedanklich reduziert, wie sie bedauernd immer wieder feststellen musste.
In diesen Gedanken versunken schreckte das Telefon sie auf. „Oh, hallo Bea, alles klar bei dir?“ Bea war eine ihrer besten Freundinnen, sie hatte gerade einen neuen Freund und daher immer etwas Neues zu erzählen.
„Sag’ mal Alex, wollen wir uns heute mal auf einen Kaffee treffen?“
“Klar, gute Idee, wann und wo?“ fragte Alex, die über jede Abwechslung froh war. Nur raus aus den Gedanken.
„Schaffst du es in 20 Minuten zum Ciao Ciao?“ Das Ciao Ciao war ein italienisches Restaurant gleich bei Alex um die Ecke, in dem die beiden recht häufig einen Kaffee tranken.
„Okay, ich bin da, bis dann, ich freue mich. Gibt’s was Besonderes oder nur so?“
„Och, nur so.“
„Aha, Ärger mit Peter“, dachte Alex, während sie den Hörer auflegte.
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Teil 2
Zwanzig Minuten reichten bei Alex immer, um noch schnell unter die Dusche springen zu können. Also wurde Phoebe sanft aber bestimmt zu Boden gesetzt, was sie zu einem Seufzer der Empörung und einem kurzen Strecken aller Pfoten mit Ausfahren der Krallen veranlaßte, bevor sie erschöpft auf dem Teppich zusammensackte. „Die hat ein Leben“, dachte Alex etwas neidisch bei sich. Kein Gedanke an unsinnige Dinge, das Wichtigste war, den Menschen als Dosenöffner zu missbrauchen und pünktlich das Fressen zu bekommen. „Sie hätte zum Mann getaugt,“ schmunzelte Alex dann schon wieder vor sich hin, als sie unter die Dusche stieg.
Das Badezimmer hatte eine große offene Dusche, so dass der gesamte Raum einbezogen schien und genug Platz war, sich richtig wohlzufühlen. Ein bißchen Luxus gönnte sich Alex schon, sie bevorzugte Duschgels mit Orangenduft, hatte die Dusche permanent auf knappe 40 Grad gestellt und zündete sich normalerweise sogar eine Kerze im Bad an, aber darauf verzichtete sie heute, denn die Zeit drängte doch.
Während sie nun so unter der Dusche stand und den warmen Strahl genoß, fiel ihr Blick auf den Spiegel, der der Dusche gegenüber hing, ein Geburtstagsgeschenk eines Verflossenen. Und während er – also Jochen – ihr gänzlich gleichgültig geworden war, hing sie doch sehr an diesem Spiegel. Er war recht klein aber in gedunkeltem Birkenholz gefasst und fast 200 Jahre alt. Ihn betrachtete sie gern, Jochen weniger, denn er hatte die Beziehung mit der Begründung aus heiterem Himmel beendet, dass ihre Energiepotentiale auf verschiedenen Ebenen seien. Den Umfang dieser Worte hatte Alex aber erst erfasst, als sie sah, dass eine Woche nach ihrem Auszug Ina, seine Ex, bei ihm wieder eingezogen war, gute 10 Jahre älter als sie und so spannend, wie Farbe trocknen sehen. Es war ein ständiger Witz zwischen Matthias und ihr, dass sie den Kampf um einen Mann dieser Langweilerin – klein, dick und nichtssagend - gegenüber verloren hatte.
Im Spiegel nun sah sie sich und war natürlich mit sich unzufrieden. Seit sie diesen verdammten Kinderwunsch hatte, hatte sie stetig zugenommen. Nicht, dass sie mehr aß, sie gönnte sich zwar schon mal öfter aus Frustration abends einen Wein (Rotwein, weil Rotwein statistisch gesehen schneller schwanger macht als Bier oder Weißwein und ihr im Übrigen auch besser schmeckte), aber sie hatte kontinuierlich an Gewicht zugelegt. Wenn doch nur der Bauch, den sie dort im Spiegel untrüglich erkennen konnte, ein echter Babybauch wäre, ja, dann wäre das zu ertragen, aber so? Bauch ohne Kind? Sie wusste zwar, dass das typisch für Frauen mit Kinderwunsch ist, aber gefallen musste es ihr deshalb noch lange nicht.
Den Unterkiefer leicht vorgeschoben entscheid sie, ab sofort weniger zu essen, gesünder zu leben und mehr Sport zu treiben. Und mit diesen Gedanken stellte sie die Dusche ab und begann, sich abzutrocknen. Waren ihre Brüste heute nicht ein wenig empfindlicher als sonst? Sie war kurz nach der Zeit des Einsprungs, und bereits 3 Tage nach der Befruchtung machte sich, wie sie im Intenet nachgelesen hatte, die befruchtete Eizelle ja in Richtung Gebärmutter zur Einnistung auf. Hmmm… bei ganz günstiger Entwicklung könnte sich das Ei schon eingenistet haben. Sollte sie vielleicht heute auf den üblich Prosecco im Ciao Ciao verzichten? Aber wenn der Einsprung nun etwas später war, dann konnte das Glas Sekt auch nicht schaden. Und außerdem war ohnehin fraglich, ob es diesen Monat geklappt hatte, denn Matthias war genau an den wichtigsten zwei Tagen auf Dienstreise gewesen, und somit konnten sie nur drei Tage vor dem Einsprung die Grundlage für ein Kind legen… Alex riß sich am Riemen, „Es ist wie eine Textschleife…“ murmelte sie vor sich hin, als sie sich die Unterwäsche anzog. Vielleicht lieber weiß, damit sie die Einnistungsblutung nicht verpassen würde, oder schwarz, damit diese keine Flecken geben konnte, mit oder ohne Slipeinlage? Derartige Tage waren doch nicht auszuhalten.
Alex straffte die Schulter, zog sich Hose und Pullover an (nicht ohne sich zu fragen, ob der BH nicht doch ein wenig knapper saß als sonst?) , nahm Jacke und Handtasche und stürmte zum Ciao Ciao. Etwas atemlos kam sie dort an. Bea saß wie gewohnt lässig in der Ecke, vor sich zwei Glas Prosecco und zwei Cafe latte.
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Teil 3
Bea schaute von ihrem Cafe auf und ein Strahlen ging über ihr Gesicht. „Hi Süße, gut siehst du aus, und gut riechen tust du…hmmmm…Orange“, sagte sie, als sie Alex umarmte und ihr einen leichten Kuss auf die Wange gab.
„Prosecco?“ Alex zögerte nicht mehr, mit der Einnistung hatte sie gerade für heute abgeschlossen.
„Klar, gern…“ lachte sie und fragte gleichzeitig: “Na, was gibt es?“ wobei sie sich ebenfalls gemütlich in den Sessel lümmelte. Bea langte zu ihr rüber, so dass ihr Gesicht näher an Alex Ohr war.
„Ich habe Hanna wiedergesehen.“ Alex war sprachlos. Hanna war ihrer beider Freundin gewesen und hatte sich dann ganz ohne Grund von ihnen zurückgezogen, einfach den Kontakt abgebrochen.
„Und, was sagt sie? Hast du sie gesprochen?“
„Nee, so tief bin ich nicht gesunken, die hat uns doch links liegen lassen“, schnaubte Bea verächtlich. „mit mir nicht, das sag’ ich dir…“ und schaute Alex in dieser bestimmten Art und Weise an, die Frauen zeigen, wenn sie wissen, dass die andere weiß, was sie nicht aussprechen will.
„Wie sah sie aus?“
„Willst du eine ehrliche Antwort: Wie es sich gehört, ich fand: nicht so gut. Hat sie ja auch verdient, oder?“ Nun wusste Alex aber auch, dass Bea eigentlich ein Herz aus Gold hatte und ihr die Trennung von Hanna sehr weh getan hat. Aber leicht würde sie es Hanna nicht machen, soviel stand schon mal fest.
„Warum hast du sie nicht angesprochen?“
„Nö.“ War die einfache aber aussagekräftige Antwort von Bea, und dabei guckte sie sehr entschlossen. Und während sich Alex über ihren Cafe latte beugte, um ihn gebührend umzurühren – wobei sie noch flüchtig dachte, dass eine Frau mit Kinderwunsch nicht mehr als 2 Tassen Kaffee am Tag trinken solle und dies ihr dritter war -, fügte Bea hinzu .“Ist mir auch egal…“
„Was?“ entfuhr es Alex.
„Sag’ mal, ist dir dein Kaffee eigentlich wichtiger als das, was ich dir erzähle oder bekommst du Geld für’s Rühren. Ich rede mit dir.“ Wobei sie das Wort „rede“ so stark betonte, wie Alex Mutter es in deren Kindheit immer gemacht hatte, so dass Alex immer sofort und umgehend ein schlechtes Gewissen bekam.
„Sagte gerade, dass mir Hanna egal ist, und das es mir egal ist, ob sie noch mit Thomas zusammen ist und ob sie noch in diesem kleinen Haus zusammen hausen und so.“
„Ist klar,“ kommentierte Alex diese Litanei nur, sie kannte Bea zu gut und wusste, dass sie am heftigsten reagierte, wenn sie sich betroffen fühlte. „Aber fehlen tut sie mir doch.“
„Mir nicht.“ Dennoch, Bea war wenig überzeugend, jahrelange Freundschaft warf man nicht so schnell über Bord.
„Laß uns über etwas anderes reden. Was macht der Garten?“ Bea war leidenschaftliche Hobbygärtnerin, und kein Thema konnte sie schneller besänftigen als die Erzählung über die wunderbare Blüte der Sternmagnolie im zeitigen Frühjahr, die Zierde der einzelnen Tulpensorten oder die Debatten, die sie mit ihren Freunden über die Häufigkeit des Rasenmähens führte.
Natürlich waren Cafe und Prosecco bald vor lauter Plauderei über dies und das schnell getrunken und beide bestellten nach. Wenige Minuten später kam die Bedienung mit der Bestellung zurück.
„Die sollte nicht mehr so schwer heben“, sagte Bea mit bedeutungsvoller Stimme.
Alex hatte gar nicht hingesehen und fragte entgeistert: „Wieso?“ Irgendwie war sie heute etwas unkonzentriert.
„Naja, hast du nicht gesehen, wie die Schürze schon hochgerutscht ist? Damit es nicht am Bauch kneift. Zweiter Monat, ich sag’s dir, da soll’s ganz besonders drücken. Muss ja furchtbar sein. Also ich möchte das nicht mitmachen.“ Diesmal zeigte Beas Gesicht echte Entschiedenheit, und wie weggeputzt war Alex’ gute Laune. Genau das war der Punkt, warum sie mit ihrer besten Freundin nicht über das, was sie am meisten belastete, sprechen konnte: Bea wollte keine Kinder, um nichts in der Welt, und Kinderwunsch im Allgemeinen und von Freundinnen im Besonderen erschein ihr als Inbegriff der Unterjochung der Frau unter den Mann. Da war auch nicht mit ihr drüber zu reden.
Alex schluckte und sagte nichts. Allerdings schaute sie nun doch kritisch zur Bedienung, die etwas erschöpft in der Nähe der Theke stand und tatsächlich ein leichtes Bäuchlein zeigte. Genau das, was Alex sich so wünschte. Eigentlich hätte sie eine flammende Rede für Kinder in unserer Zeit halten mögen, aber sie fühlte sich plötzlich einfach nur getroffen, getroffen durch die Schwangerschaft der Fremden und die Ablehnung der Freundin. Sie gönnte es der netten Blonden an der Theke, während sie gleichzeitig einen starken Neid und ein Empfinden der Ungerechtigkeit hatte. Wie gerne hätte sie das Gefühl gehabt, dass die Hose über dem Bauch spannt, den ständigen Druck gespürt, der einer Frau zeigt, dass sich dort etwas Neues entwickelt.
Sie hätte einfach hier im Restaurant in Tränen ausbrechen können, stattdessen sagte sie nur so cool wie möglich: „Naja, vielleicht hat sie einen netten Mann und freut sich auf das Kind.“
Bea schnaubte verächtlich. „Du hast aber auch immer Verständnis für alle, vermutlich sagst du von einem Muttermörder noch, er hätte aber ein schönes Klavier zuhause. Ein Kind in dieser kranken Gesellschaft…aber zum Glück sind wir jetzt ja auch zu alt dazu. Alte Mütter finde ich ganz schlimm, entweder gleich mit 25 oder nie, stimmt’s?“ Zack, das saß. Manchmal konnte Bea treffen, ohne es zu wissen.
Alex hatte das Gefühl, als hätte ihr jemand all ihre Kraft entzogen.
„Nein, da bin ich anderer Meinung, es hängt von der Lebenssituation eines jeden ab, und sowohl jüngere als auch ältere Mütter können wunderbare Mütter oder eben auch nicht sein.“ Irgendwie wollte sie nur noch nach Hause, ins Bett oder in die Wanne. Nicht nur, dass die Schwangerschaft der Bedienung ihr einmal mehr gezeigt hatte, dass sie unfähig (!) war, das Natürlichste der Welt zu bewältigen, nein, Bea musste ihr dann auch noch erklären, dass der Gedanke einer Schwangerschaft mit über 30 sozusagen unsittlich war.
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Teil 4
Alex Gesicht zeigte wohl, dass sie nicht weiter über dieses Thema sprechen wollte, also schnitt Bea es nicht mehr an, sondern fragte nur: „Und wohin geht’s bei euch in den Urlaub? Wieder Sylt?“
„Jap, am 8. August geht es los…“ was sie nicht sagte, war, dass sie bis dahin unbedingt schwanger sein wollte, weil Sylt nun einmal die Insel der Schwangeren und Kinder ist. Der Anblick der glücklichen Eltern hatte sie im letzten Jahr schon genug mitgenommen, aber da hatte sie ja noch gedacht, ihnen schnell folgen zu können und diesen Urlaub schon zu dritt vorzunehmen. „Wenn ich bis dahin nicht schwanger bin, laufe ich bei Gosch Amok, sprenge Sandburgen in die Luft oder klaue dicken Touristinnen das Korsett, wenn sie mich anstarren, weil ich nicht schwanger bin“, dachte sie bei sich.
Bea plapperte weiter: „ Also, Peter und ich, na ja, deshalb wollte ich dich ja auch eigentlich hier mal so sprechen, also Peter, du, der meint es ernst…“ Bea hatte sich wieder vorgebeugt und schaute Alex bedeutungsschwanger an, wie Alex fand (wobei sie merkte, dass bei ihr derzeit alles schwanger aussah und sie sich fast schon wunderte, dass das Symbol an der Damentoilette nicht auch noch eine Schwangere zeigte).
„Oh Gott, ich ahne, was kommt. Bisher hast du jeden Typen ohne Umschweife abgeschossen, der begann, es ernst zu meine.“
Bea grinste: “Das ist es ja gerade, ich weiß gar nicht, wie ich damit umgehen soll, aber ihn abschießen? Peter ist sooo süüüß,“ und verdrehte verliebt die Augen. Alex hingegen bewertete diese Bemerkung nicht so positiv: „Also, wenn du einen Mann als „soooo süüüß“ bezeichnest, dann ist das eigentlich sein Todesurteil. Wenn ich früher einen Mann als „sehr nett“ bezeichnet habe, dann war er schon unten durch. Mädel, sag’, was ist los? Da ist doch noch was?“ Bea wurde ein wenig rot, vertiefte sich aber in den Caffe und fragte:“ Trinkst du noch einen mit?“
„Lenk nicht ab…Mensch looohoos, was ist?“
„Wusstest du, dass er zur Hälfte Italiener ist?“
„Und, gehört er zur Mafia? Immerhin haben die immer genügend Knete…“ Alex stellte sich Peter gerade als Mafioso mit eine richtigen Knarre vor, wie er seine lockigen Haare mit Pomade nach hinten schmierte, um zum Paten zu gehen, und zeigte ein breites Grinsen.
„Haha, sehr witzig, ich versuche mich hier an ein für mich ernstes Thema heranzutasten, und du lachst mich aus.“
„Okay, jetzt ernsthaft, er hat gemerkt, dass du die Nudeln nie al dente kochst oder? DAS ist in der Tat bedenklich.“ Alex merkte, wie der kleine Racheteufel in ihr wuchs, weil sie sich vorhin so über Bea geärgert hatte. „Das mögen diese Italiener gar nicht, und dann haben sie auch noch eine dominante Mama, die ganz viele Bambini will, oder?“
„Genau das befürchte ich auch…“ brachte Bea trocken hervor.
Ehe sich Alex versah, lachte sie aus vollem Halse los und brachte mit Mühe hervor: “Echt dumm gelaufen, Bea, oder?“ Das war zwar nicht nett, aber es kam von ganz tief unten aus Alex heraus, Bea in der Vorstellung einer Mutter von zahlreichen Kindern… und das bei ihrer Allergie auf alle Kinder, die im Umkreis von 3 Kilometern zu finden waren. Schon bei Pampersreklame bekam Bea Ekel-Pusteln.
Bea war nun sauer. „Tolle Freundin habe ich. Kannst du mir mal sagen, was ich jetzt tun soll?“
„Ist doch klar, lass’ den Typen sausen, oder setz’ die Pille ab, mehr Möglichkeiten gibt es doch nicht. Oder sprich mit ihm wie mit einem vernünftigen Menschen. Allerdings ist er ein Mann…das muss ich zu bedenken geben.“
„Ich will Peter und ich will keine Kinder. Auf keinen Fall.“
„Ehrlich, da kann ich dir nur raten, überdenk deine Situation. Berater würden dir sagen, du sollst eine Liste von Pro und Contra machen und diese ganz objektiv betrachten. Wenn dein Märchenprinz die Beziehung zu dir vom Kinderwunsch abhängig macht, dann ist er sicher nicht der Richtige für dich. Umgekehrt wäre es ja genauso, angenommen, du wolltest unbedingt Kinder, er nicht, dann wäre eine Trennung auch das Beste. Für beide übrigens.“
Bea schaute nun doch sehr bedröppelt. „Das weiß ich ja alles. Und ich zermartere mir ja schon das Gehirn, was ich tun soll. Ich war sogar schon so weit, die Pille ins Klo zu spülen, war aber nur ein Affekt, denn nur so zum Probieren, ob ich im Ernstfall schwanger werden würde, dafür ist es denn doch zu ernst. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, mein Leben auf so ein kleines Teil einzustellen, alles zu ändern, ewig besabbelt zu werden und Kinderpopos zu säubern. Eklig. Und wenn die Dinger älter werden, dann soll es ja noch schlimmer werden… nur fürchte ich, dass Peter das ganz anders sieht, und dass er mich mit meinen 36 auch noch nicht zu alt für ein Kind findet. Stell dir das mal vor, „Hey, da kommt die Oma mit ihrem Enkel…“ nee du, mit mir nicht. Dass ausgerechnet mir das passieren muss. Ein Italiener!“
„Also Bea, du musst mit ihm sprechen und das klären, das ist dir ja wohl klar, oder?“ Alex wechselte von ihrem Platz auf den neben Bea und nahm sie liebevoll in den Arm. „Hey du, das wird schon, vielleicht will er ja auch keine Kinder, er ist ja nur halber Italiener, oder ist impotent, dann erledigt sich die Sache. Hmmm…?“ Versonnen saßen nun beide dort und hingen ihren Gedanken nach.
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Teil 5
„Möchten Sie noch etwas bestellen?“ Die blonde Bedienung stand am Rande des Tisches und schaute beide erwartungsvoll an. „Hoffnungsschwanger“, fuhr es Alex durch den Kopf, den sie dann auch schüttelte. „Nein danke, das ist nett, aber es ist schon spät und ich denke, wir möchten lieber zahlen, oder, Bea?“ Bea nickte nur, sie war noch den Anblick der Schwangeren versunken und stellte sich das Unmögliche vor – sie selbst schwanger. „Grauenhafte Vorstellung“, schüttelte es sie innerlich. Obwohl, eine gute Haut bekommt man davon ja, wie sie neidvoll feststellen musste, während Alex für sie beide bezahlte. So machten sie es immer, eine lud die andere abwechselnd ein, das gab immer ein Gefühl der Großzügigkeit und des Willkommenseins dem anderen gegenüber, und sie liebten diese Spielerei.
Vor dem Restaurant gaben sie sich eine feste Umarmung zum Abschied; ernste Gespräche führten meist dazu, dass sie etwas wortkarger wurden und sich beim nächsten Treffen überlegter an die Sache herantasten.
Eingemummelt in ihre Jacke, die Arme um den Körper geschlungen, machte sich Alex auf den Weg nach Hause. Sie zog nach dem Eisprung grundsätzlich keine hochhackigen Schuhe mehr an, weil man - wie jede weiß - damit doch schneller zu Fall kommt, und sie wollte auf keinen Fall die Einnistung ihres zukünftigen Kindes gefährden. Und dass sie die Arme um den Körper geschlungen hatte, machte ihr auch Sorgen, beim Straucheln konnte sie sich im Zweifel viel schlechter Abfangen. Und dann? Auch Radfahren verbot sie sich an solchen Tagen, denn sie wusste nicht genau, ob das Geruckel auf schlechter Wegstrecke nicht auch schadete oder der Druck des Fahrradsattel vielleicht die Gebärmutter unglücklich eindrücken würde. Auch der Muttermund könnte ja Schaden nehmen durch den Druck. Und außerdem stellte sie es sich für diesen kleine Wurm außerordentlich unangenehm vor, so durchgeschüttelt zu werden. Was ist eigentlich, wenn ihnen schwindelig wird, können die sich dann ablösen, weil irgendwelche Stoffe gebildet werden? „Frau weiß ja nie“, dachte sie bei sich und kam sich schon ein wenig dumm dabei vor. Zuhause würde sie in den nächsten Tagen ein wenig recherchieren, um Hinweise auf schwangerschaftsfördernde Bewegungsarten zu finden, nicht, dass ihr da ein Fehler unterlief. Immerhin wartete sie jetzt schon so lange auf eine Schwangerschaft, da musste man ja auf Nummer Sicher gehen, oder?
Zuhause angekommen tat sie das, was sie immer tat, wenn sie nach Hause kam: Katze streicheln, die ungeduldig um ihre Biene strich, um austesten, ob es nicht neues Futter gibt „Hallo meine Schöne“ zu ihr sagen, Schuhe von den Füßen und erster Test im Bad: Hatte sie eine auch noch so leichte Blutung gehabt? Leider fand sich nur blütenweiße Baumwolle in dem Bereich, der eine Einnistung verraten hätte, wieder eine Enttäuschung. Aber sie wusste ja, dass Einnistungsblutungen nur recht selten vorkamen, daher war ja noch alles drin. Neben ihr lag ein Persona –Teststäbchen, also öffnete Alex fast mechanisch den Zyklus-Computer, um zu überprüfen, wo im Zyklus sie stand: 18!, also ES+4, es blinkte bereits rot, was etwas enttäuschend war, weil es zeigte, dass in dieser Zeit aber auch gar keine Gefahr einer Schwangerschaft bestand, und welche Frau mit Kinderwunsch wollte das schon sehen, und es blinkte auch kein gelbes Licht.
„Egal“, sagte sich Alex,“ ich orakele. EIN Persona-Stäbchen lässt sich ja opfern, morgen teste ich natürlich nicht, wenn sich heute nichts zeigt.“
Natürlich zeigte das Teststäbchen genau das, was es um diese Zeit zeigen soll: eine schöne blaue linke Linie, und rechts? Ha, ein Hauch, im Gegenlicht betrachtet wusste Alex sofort, wo die zweite Linie erscheinen muss. Natürlich nur ganz zart, denn es war ja kein Morgenurin. Aber immerhin, sie meinte etwas zu erkennen. Ein positives Orakel? Natürlich ein ganz frühes? Für eine ganz frühe Einnistung? Dann muss morgen ja mit Morgenurin ein noch deutlicheres Ergebnis da sein. Eine frühe Einnistung wäre ja toll, denn dann ist die Gefahr der Fehlgeburt viel geringer! Alex war frohgemut, es tat sich was!
Matthias würde gleich kommen, und normalerweise würden sie gemeinsam ganz gemütlich ein Glas Rotwein trinken und den Tag besprechen, aber das ging heute nicht. Alkohol, undenkbar, schließlich konnte sie ja schwanger sein. Alex hatte zwischenzeitlich begonnen, ihre Schuhe wegzustellen, aber nun ging sie doch wieder ins Badezimmer und schaute sich den Test an. Naja, je mehr er trocknete, desto weniger war die Linie zu erahnen, aber schließlich wertet der Computer ja auch in feuchtem Zustand aus, und überall auf den Tests stand zu lesen, dass ein Ablesen nach mehr als soundsoviel Minuten kein aussagekräftiges Ergebnis mehr zeigen würde. Und sie hatte die gaaanz schwache Linie ja gesehen, nur, dass sie jetzt einfach nicht mehr zu sehen war. Morgen, da würde sie sie ganz bestimmt besser sehen.
Und es war ja auch noch früh nach dem Eisprung, ob die Einnistung überhaupt schon gewesen sein konnte? Aber hatte sie nicht ein kleines Stechen in der Gebärmutter heute früh gespürt? Und von einem Baby hatte sie auch geträumt. Sie hatte gelesen, dass werdende Mütter oft derartige Träume hatten, bevor eine Schwangerschaft überhaupt nachzuweisen war.
Alex Laune hob sich gewaltig, und als Matthias von seinem Termin nach Hause kam, stand da ein Glas Rotwein für ihn auf dem Tisch und ein wenig frischer Parmesan in kleinen Würfeln, zudem Mozzarella und Tomaten mit Balsamico und Öl. Sie wusste schon, wie sie ihn verwöhnen konnte. Und immerhin war heute vielleicht ein besonderer Tag.
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Teil 6
Der Abend war dann allerdings doch etwas anders verlaufen, als Alex es sich so vorgestellt hatte. Schon während sie gemütlich Abendessen genossen, rief ihre innere Unruhe sie immer wieder zum Teststäbchen im Bad, bis Matthias sie besorgt fragte, ob sie sich eine Blasenentzündung eingefangen hätte. Allein diese Bemerkung hatte Alex gereizt, denn offensichtlich merkte ihr Märchenprinz überhaupt nicht, im welcher Verfassung sie sich gerade befand, sozusagen in der Prä-Schwangerschaft, und die äußert sich dann ja doch untrüglich anders als eine schnöde Blasenentzündung. Und dann bot er ihr auch noch Rotwein an, und Alex lehnte dieses Angebot immerhin zweimal tapfer ab, bis sie ihm beim dritten Mal den Gefallen tat, ein oder zwei Gläser mitzutrinken, es war ja auch zu gemütlich. Anders sah es beim Mozzarella aus: Während sie sich sicher war, dass Parmesan keine Listeriose-Gefahr beinhaltete, wusste sie es bei diesem Büffelkäse (wieso geben eigentlich Büffel Milch für Käse ab, fragte sie sich irritiert?) eben nicht so genau, und verzichtete schweren Herzens.
Gutes Essen und guter Wein lockern nun bekanntlich die Sitten, und mit Hilfe von ein paar Kerzen fanden sich beide innig umarmt im Bett wieder, wo es beinahe zum Äußersten gekommen wäre, hätte Alex Verstand nicht im letzten Augenblick noch gewonnen. Was wäre, wenn durch die bekanntermaßen starken Kontraktionen der Gebärmutter beim Orgasmus die Einnistung entweder verhindert oder eine schon vorgenommene Einnistung zur Lösung der Frucht führen würde? Matthias wurde also an dem gehindert, was Männer eigentlich doch recht gerne im Fortpflanzungsprozess tun, und war prompt beleidigt. Nun weiß ja jede vernünftige Frau, dass Männer recht häufig in derartigen Dingen beleidigt sind, so dass Alex dies nicht weiter beachtete, und da das Angebot ihrerseits, seine Interessen anderweitig zu ihrem Recht kommen zu lassen, ebenso beleidigt abgelehnt wurde, hatte sie genügend Zeit, aus dem Bett zu steigen und in der Küche den restlichen Rotwein, der ihr nämlich doch schon beträchtlich schlechtes Gewissen machte, im Ausguss zu vernichten. So, nun noch ein Gang ins Bad, wo sich der verheißungsvolle zweite rechte Strich dem Hintergrund so völlig angepasst hatte, dass sie froh war, ihn zumindest im feuchten Zustand gesehen zu haben.
Und außerdem: Es war ja auch noch super-früh für eine Einnistung, wieder ging sie im Geiste die Stufen der Entwicklung durch, nach der der Hauptanteil der Einnistungen erst zwischen dem 6. und 11. Tag nach dem Eisprung vonstatten gingen, und sie war ja erst am Tage 5 danach. Allerdings - wenige Einnistungen waren mit hCG schon am 6. Tag nachweisbar, dazu hatte sie Studien gelesen. Dennoch, eigentlich schade um den schönen Wein, wo sie doch nun vielleicht die nächsten 37,3 Wochen darauf würde verzichten müssen.
Nun wieder recht wohlgemut ging sie zurück ins Bett. Matthias war mittlerweile eingeschlafen, und sie konnte den Tag noch einmal Revue passieren lassen. Mensch, wenn das jetzt geklappt hat, dann würde der errechnete Geburtstermin (das hatte sie bereits vorsichtshalber ausgerechnet) genau am Geburtstag ihres Schwagers liegen. Und den mochte sie nun gar nicht, aber in ihrer Familie kamen Kinder ja meist zu früh, warum also nicht auch ihres früher kommen? Nur einpaar Tage, das würde ja reichen. Und ihre Schwester, die würde gucken... Über diese Gedanken fiel sie in einen unruhigen Schlaf, aus dem sie noch deutlich vor Tagesanbruch aufwachte. Da hatte sie nämlich ein deutliches Ziehen in der Gebärmutter gespürt, nur ganz kurz, aber so deutlich, dass sie davon aufgewacht war. Die Einnistung!!! Eigentlich spürte man die ja nicht, das wusste sie, aber es gab auch Aussagen von Frauen, die das Gegenteil beschrieben. Und bei der Heftigkeit mussten es Zwillinge werden.
Zwillinge, wie ihre Mutter immer dozierte, überspringen eine Generation, und ihre Großmutter hatte ja auch Zwillinge bekommen, also lag es im Bereich des Möglichen. Und außerdem sagen die Statistiken, dass Zwillinge mit höherem Alter der Mutter häufiger werden. Übrigens sind Zwillinge am häufigsten bei Finnen, am seltensten bei Chinesen, oder war es umgekehrt. Egal, sie war weder das eine noch das andere. Und Matthias? Alex warf noch einmal einen prüfenden Blick auf Matthias, der ihr heute irgendwie anders erschien. Finnisch? Nein, sie wurde schon irre im Kopf.
Kurz vor 5 stand Alex ganz leise auf. Schon geraume Zeit hatte sie wach gelegen, weil sie eigentlich auf die Toilette hatte gehen müssen, aber sie war sich nicht sicher, ob sie genügend konzentriertes Morgenurin für den Test hatte, also blieb sie noch im Bett, die Decke bis zur Nasenspitze hochgezogen. Natürlich schwitzte sie wie beim Marathon, aber genau dadurch wollte sie ja die Konzentration des Urins erhöhen. Doch dann war ihre Kraft erschöpft, sie schlug die Bettdecke zurück, spürte erleichtert die Kühle der Zimmerluft und ging ins Bad.
Dummerweise hatte sie das Glas für den Test nicht mehr ins Bad gestellt, und nun in der Küche zu hantieren war ihr zu gefährlich. Nicht, dass sie etwas zu verbergen hatte, Matthias und sie hatten vor einander keine Geheimnisse, aber in die Tiefen der Testerei hatte sie ihn nun doch nicht eingeführt in der festen und sicher richtigen Überzeugung, dass er dafür wenig Verständnis zeigen würde. „Wenig?“, dachte sie bei sich . „Gar keines. Männer wissen eben nicht, was wichtig ist.“
In der festen Erkenntnis, als einzige von beiden ihrer beider Familienzukunft konsequent in die Hand zu nehmen, saß sie nun im Bad und versuchte, im Schummerlicht korrekt zu testen. Umhüllung auf, irgendwie musste sie immer das Stäbchen herauspuhlen, weil der vorgegebene Riss nicht so recht funktionierte, Kappe ab und los. Wieder fragte sie sich, warum bisher kein Elektriker auf die Idee gekommen ist, die Kloschüssel mit einem Extra-Spot für zielgerichtetes Pullern auszustatten, nicht aus Spaß wie bei Männern, sondern lediglich, um unbeschadet dieses winzig erscheinende Test-Ende richtig zu treffen. Einundzwanzig-zweiundzwanzig-dreiundzwanzig. Geschafft, drei Sekunden, nun hieß es Warten. Wie immer. Warten war ihr Leben geworden- und sie haßte es.
Sorgfältig parallel zum gestrigen Stäbchen gelegt, das nun rechts persilneiderblassend weiß war, suchte sie im Licht des Strahlers nach der rechten Linie. Und siehe, wieder gaaaanz schwach war sie zu sehen, oder? Gegen das Licht sah man den Schatten, und wenn man das Stäbchen vom geschlossenen Ende aus beschaute, wusste man auch sofort, wo sie erschien, nur beim direkten Blick, sozusagen frontal, war die Linie weniger sichtbar, sozusagen praktisch gar nicht. Dennoch, sie hatte sie gesehen.
Alex kuschelte sich wieder ins Bett, diesmal an den nochschlafenden Matthias heran, und murmelte nur noch „ach Schatz,“ bevor sie wieder einschlief.
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Teil 7
Alex träumte einen zunächst zufriedenen Traum, in dem ein Storch friedlich seine Kreise über ihrem Hause zog. Sie war im Garten und lag bequem auf der Liege, die merkwürdigerweise einen babyrosa Bezug hatte. Dann ließ sich der Storch langsam weiter herunter, um in ihrem Garten zu landen, nur wenige Meter von ihr entfernt. Eigentlich hatte sie diesen Garten ja gar nicht, aber im Traum wusste sie, dass es ihrer war.
Sie ging zur Fensterbank, wo sie nach alter Sitte den Zucker für den Storch bei Kinderwunsch liegen hatte und nahm ihn in die Hand. Mit dieser Hand ausgestreckt ging sie auf den Storch zu, um ihn zu fangen und damit ihrem Kinderwunsch deutlich näher zu kommen. Doch der Storch schaute sie an und sagte: „Ich brauche dich gar nicht zu zwicken, denn du bist schon schwanger.“ Und genau als Alex sich zu freuen begann, verwandelte sich der Weißstorch in einen Schwarzstorch, der dann fortfuhr: „Aber, Missi, ich bin nur die Vertretung aus Afrika, und bei uns sind Babys schwarz.“ Mit einem eleganten Flügelschlag erhob es sich vom Boden und lächelte ihr verschmitzt zu: „Aber Alex, du wolltest doch ein Kind, egal wie es aussieht, Hauptsache gesund, oder?“ „Mutti hat immer gesagt, wenn du dir etwas wünschst, dann überlege dir genau, was dabei herauskommen könnte, es könnte ja wahr werden...“, schoss es der entsetzten Alex durch den Kopf. „Oh Gott, und dann auch noch Zwillinge!“
Zum Glück wachte Alex genau in diesem Augenblick auf, und sie war sich nun fast ganz sicher, dass sie mit Zwillingen schwanger war, aber an die Hautfarbe mochte sie im Moment nicht denken. DAS war nun doch Unsinn. Matthias räkelte sich neben ihr im Bett, und kein Zug an ihm war negroid. Alex war beruhigt bis in ihr Innerstes, es hatte vielleicht jetzt geklappt.
Äußerst zufrieden mit sich und der Welt stand sie auf und ging ins Bad. Ihr erster kritischer Blick galt den beiden Teststäbchen, die nun schön ordentlich nebeneinander aufgereiht waren. Leider waren die Linien nicht mehr zu sehen, aber Alex wusste jetzt ja, dass sie in Kürze richtig gut sichtbar sein würden, also konnte auch das sie nicht enttäuschen. Und außerdem, sie musste eh’ auf Toilette, und die anderen Tests waren aus einer anderen Charge und somit ohnehin eigentlich nicht mehr zu gebrauchen, also nutzte sie die Gunst der Blase und fügte ihrer Testreihe noch ein blütenweißes Exemplar hinzu. Natürlich, immerhin kein Morgenurin und ZT 6, da kann ja noch nicht viel zu sehen sein. Noch einmal richtete sie die Stäbchen soldatenmäßig aus, immerhin müssen sie ja sofort vergleichbar sein. Sollte sie die nun heute schon beschriften so für ihre Schwangerschaftsanalen festhalten oder würde sie sich die Reihenfolge merken können? Klar, das konnte sie sich merken, bei drei Tests? Und heute müsste sie ja auch keinen mehr machen, und morgen auch nicht, übermorgen bei Es+8 würde es spannend werden, zumindest bei früher Einnistung. „Okay, heute bleibe ich cool, kein Test mehr...“ dachte sie sich und zählte im Geiste die verbleibenden Stäbchen. Vielleicht sollte sie nachher noch einmal im Internet neue ordern, und eine Packung Schwangerschaftstests, obwohl sie sich die ja sparen konnte, aber man weiß ja nie...
Beschwingt ging Alex in die Küche, setzte dort mit leichtem schlechtem Gewissen den Morgenkaffee auf, kochte Wasser für den Kräutertee für die zweite Zyklushälfte, den sie dann aufgoss und für den Tag stehen ließ („Viel hilft viel“, dachte sie und nahm einen Esslöffel mehr an Kräutern, wohlwissend, dass dieser dann enorm an Schmackhaftigkeit verliert.) Egal, der Tag war gerettet. Auch das Bryophyllum verdiente verstärkte Beachtung, 3 x 5 Tropfen nahm sie immer in der zweiten Zyklushälfte, aber heute gönnte sie sich schon vormittags 10 Tropfen. „Moment, und der Alkohol in den Tropfen? Ach, egal, ist ja homöopathisch oder anthroposophisch oder so, auf jeden Fall kann es nicht schaden.“ Sie ließ alles in der Küche unaufgeräumt stehen und kehrte gut gelaunt mit einem Morgenkaffee zu Matthias ins Schlafzimmer zurück.
„Guten Morgen mein lieber Schatz, der Kaffee ist fertig!“ flötete sie und gab ihm ein paar sanfte Küsse auf die etwas stoppelige Wange. Diese Stoppeln gaben ihr dann doch etwas zu denken, denn Männer, bei denen der Hormonhaushalt durch Sex angekurbelt wurde, haben bekanntermaßen einen stärkeren Bart- und Haarwuchs. Und bei ihnen war doch seit dem Eisprung Ebbe im Bett. Naja, zumindest nicht Sturmflut. „Unsinn,“ murmelte sie und beruhigte sich selbst. Dafür hatte Matthias keine Zeit. „Hast du mich noch lieb?“ „Ja, sehr.“ War seine kurze aber ausreichende Antwort. Alex hätte zwar eine romantischere Antwort mit offenen Augen bevorzugt, aber immerhin, man soll nicht pingelig sein.
„Schahatz? Was würdest du sagen, wenn es diesen Monat geklappt hätte?“ „Womit? Hast du Lotto gespielt?“ Okay, Männer können sich nicht auf wichtige Dinge konzentrieren, das hatte Alex im Laufe der Zeit gelernt, aber diese Antwort zeigte ihr wieder, wie unterschiedlich Männer und Frauen nun doch denken. Aber da sie vom Grunde auf gut gelaunt war, überging sie den Beitrag zum Tag durch ihren Auserwählten, und beschloss, sich nicht zu ärgern. “Quatsch, mit einem Kind...“ „Hast du getestet?“ Immer schlug Matthias die Augen auf. „Nein, aber ich hab’ so ein Gefühl...“ „Alex, sei mir nicht böse, aber deine Gefühle spiegeln in der Regel nicht die Wirklichkeit wider.“ Seine Worte trafen wie ein Hammerschlag, dabei waren sie gar nicht böse gemeint. „Aber diesmal ist es anders...“ Alex Laune war mit einem Mal im Bereich des absoluten Nullpunktes angelangt. Zudem musste sie erkennen, dass Matthias nicht in allen Bereichen der Märchenprinz war, den sie sich erträumt hatte. Kurz gesagt, sie musste sich mit den Tränen kämpfend eingestehen, dass sie sich in diesem Punkt schlichtweg unverstanden und alleingelassen fühlte.
Diese Erkenntnis führte zur Einsilbigkeit am Frühstückstisch, Alex trank den mittlerweile eklig bitteren Zweite-Zyklus-Hälfte-Tee und kaute an ihrer Laugenstange. Ihr war nicht gut, oder anders, sie hatte keinen Appetit. Und ein kleines bisschen schlecht war ihr auch. Matthias hingegen beachtete seine Prinzessin am anderen Ende des Tisches gar nicht weiter und biss beherzt in seine Brötchen, belegt mit Käse und Rübensaft. Schon der Anblick dessen rief bei Alex eine Art Brechreiz hervor.
„Und was machst du heute“, fragte Matthais beiläufig. Allerdings gab er Alex irgendwie nicht das Gefühl, an einer Antwort innerlich interessiert zu sein.
“Ich treffe mich mit Bea...“
„Ja, schön.“ Nach diesem Kommentar erstarb das Gespräch.
„Was machst du?“ konterte Alex nach einer Weile.
„Schrauben, muss die Maschine in Ordnung bringen, die läuft nicht rund.“ Matthias war Motorradfan, und wenn seine Maschinen nicht in Ordnung waren, war er nicht glücklich.
„Das Arbeitszimmer müsste mal aufgeräumt und dann ausgeräumt und gestrichen werden.“ Im geheimen hoffte Alex nun, dass er fragen würde, wozu dieser Aufwand getrieben werden sollte, aber Matthias ließ nur ein „hehem...“ hören und vertiefte sich wieder in sein Brötchen.
Alex holte Luft und wollte gerade ein paar Worte dazu sagen, wie sie sich das Zusammenleben vorstellte, als es klingelte, und gleichzeitig ertönte eine laute Stimme mit „Hallöchen, Ihr Lieben seid Ihr da?“ Untrüglich gehörte diese Stimme zu Ilse, Matthias Mutter und somit zu Alex Schwiegermutter in Lauerstellung gehörte. Alex mochte Ilse sehr und freute sich immer, sie zu sehen. Nur war der Augenblick jetzt vielleicht etwas unpassend... Dennoch, Alex stand auf und öffnete Ilse die Tür. Matthias Mutter nahm sie liebevoll in die Arme, sie war froh, dass ihr Junge eine so nette Freundin gefunden hatte. Kritisch mit ihrem Sohn war ihr bewusst, dass er nicht gerade leicht zu vermitteln war.
Und Alex wurde genau in diesem Augenblick etwas anderes bewusst: die schön parallel zueinander aufgereihten Persona-Teststäbchen im Bad und die Teetüten und das Bryophyllum in der Küche.
„Mädchen, du siehst ja gar nicht gut aus, ich mache erst mal einen Tee, aber zuerst muss ich mal für kleine Mädchen, ich war in der Stadt unterwegs und Ihr seid meine Rettung...“ flötete Ilse.

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Teil 8
Alex hatte schon als Kind gerne Sagen gelesen, und die Szene, in der sich Odysseus mit seinem Schiff zwischen Scylla und Charybdis befand, wurde ihr nun schlagartig vom Inneren her bewusst und nachvollziehbar.
„Moment, auf Toilette ist kein Papier mehr...“
„Macht nichts, reich es mir rein, es pressiert“, bot sich Ilse an, und vom Esstisch her hörte sie eine Stimme „Nee nee, da ist noch genug“, und schwups war Ilse an Alex vorbei im Bad verschwunden. Kurz notierte sie im Geiste, dass sie im Strafgesetzbuch nachsehen wollte, was auf Mord im Affekt steht, und überlegte, ob eine Richterin Strafmilderung wegen der Stresssituation – und dann noch bei einer Schwangeren – anerkennen würde; denn Matthias hatte sich nun eben als völliger Versager in Sachen „einer Frau in schweren Stunden Beistehen“ entpuppt, als sie schnell in die Küche ging und Tee und Bryophyllum verstaute. Immerhin, das war gelungen.
Doch da kam Ilse schon mit irritierter Miene aus dem Bad. „Sag’ mal, ich will ja nicht neugierig sein, aber was haben diese Plastikstäbchen im Bad zu bedeuten?“ Ilse war nie sehr zurückhaltend, wenn es um das Leben ihrer Kinder ging. Alex lachte etwas verlegen und sagte dann: „Ach, ein Freund von mir schreibt seine Doktorarbeit über Diabetes, und er suchte nun Testpersonen, die zu bestimmten Zeiten Urintests durchführen und dann wird das ausgewertet.“ Innerlich sagte sie sich, dass Stress den Kind bestimmt nicht gut tut, und dass Gott eine solche Lüge ebenso bestimmt verzeihen wird.
„Aber die sind ja gar nicht beschriftet. Ist ja nicht sehr wissenschaftlich, finde ich. Musst du die Dinger nicht sofort ins Labor bringen, wenn sie benutzt sind? Ich meine, das verfälscht doch sonst das Ergebnis?“ Matthias hatte inzwischen sein Frühstück kurz unterbrochen und fügte hinzu: „Und ich dachte immer, die Dinger haben was mit deinem Zyklus zu tun...“
Alex dachte wieder an die Richterin und war sich nun sicher, keine Strafe, sondern zusätzlich eine Entschädigung zu bekommen, ergänzte aber tapfer: “Das Insulin in Relation zum weiblichen Zyklus, genau.“ Sowohl Ilse als auch Matthias waren nun zufrieden und saßen mittlerweile am Tisch. Alex holte Ilse eine Tasse und fragte: “Was kann ich dir anbieten? Magst du einen Kaffee? Oder schwarzen Tee?“
„Was hast du denn hier für einen Tee? Kräuter? Gib’ mir doch davon etwas, er ist ja fertig.“ „Ich glaube nicht, dass er dir schmecken wird, er steht schon recht lange und ist bitter.“ Natürlich fügte sie nicht hinzu, dass er immer bitter war und scheußlich schmeckte, und dass sie ihn eigentlich auch nicht mochte.
„Ich koche uns einen neuen, okay?“ bot sie an und war erleichtert, als Ilse zustimmte. Alex setzte also neues Teewasser auf und suchte in ihren Schrank nach einem unverdächtigen Kräutertee, doch die einzige Alternative zum Zweite-Zyklus-Hälfte-Tee war leider der Erste-Zyklus-Hälfte-Tee. Egal, er war weniger bitter und erzeugte eher den Anschein, aus Freude als aus Not heraus getrunken zu werden. Und bei Ilse war es bestimmt egal, sie war durch die Wechseljahre durch...
Kurz darauf saßen alle drei einträchtig um den Kräutertee, den auch Matthias mittrinken musste, da seine Mutter behauptete, er müsse sich gesünder ernähren. Alex hoffte dabei, dass der Tee bei Matthias keine Folgen hinterlassen würde, immerhin hatte sie den positiven Test zwar so gut wie sicher, aber noch nicht in der Hand, und jeder wusste, dass Fehlgeburten in den ersten Wochen möglich sind. Und dann wäre sie doch auf die Männlichkeit von Matthias angewiesen. Außerdem hatte Ilse sich geweigert, Tee zu trinken, wenn keiner mittränke, und so vergrößerte sich gerade die Angst in Alex, dass diese Tasse, die sie anschaute, als wäre es der Schierlingsbecher, die frische Frucht in ihrem Körper einfach resorbieren lassen würde. Sie kannte das von Mäusen und Pferden, warum sollten Menschen da anders sein. Also nippte sie nur an dem Tee, trank aber nicht.
„Sabine hat die erste Hormonbehandlung hinter sich.“ Sabine war Matthias Schwester, seit einigen Jahren mit einem Banker verheiratet und mit einer süßen Dreijährigen namens Henriette gesegnet, aber das zweite wollte nicht so einfach klappen, offensichtlich hatte Sabine Schwierigkeiten mit dem Eisprung, denn Ilse hatte bereits zuvor von Stimulieren gesprochen, wobei man eher das Gefühl hatte, sie etwas anderes und durchaus Unanständiges meinte. „Dabei ist bei denen alles so perfekt, und immerhin sind sie ja auch verheiratet...“ wobei der Unterton nicht zu überhören war und die Betonung auf „SIE“ lag. Für Ilse war dies die Legitimation, Kinder in die Welt setzen zu dürfen und zu müssen. „Also ich glaube ja nicht, dass man mit Hormonen was machen kann, aber an ihm kann es ja nicht liegen, das hat er ja gezeigt. Arme Sabine, auf ein Kind warten zu müssen. Sie probieren es jetzt schon fast ein Jahr.“ Alex hörte dem Geplapper gar nicht mehr zu, sie dachte nur bei sich, dass sie immerhin mindestens so lange probierte, aber Mitleid hätte niemand mit ihr, und immerhin hat Sabine ja schon das erste Kind und bastelte am zweiten, während sie nicht einmal das erste zustande brachte. Falls es jetzt nicht geklappt hat... „Aber Carola, bei der hat es sofort geklappt, dabei wollten die gar kein Kind...“ hörte sie auf einmal. Carola war Matthias Cousine, die einen neuen Freund hatte und nun nach dem Motto Ich-versuch-mal-ob-ich-das-auch-hinkriege-ups-schon-schwanger offensichtlich ein Kind erwartete.
„Naja, und jetzt ist sie sich gar nicht mehr sicher, ob sie es wirklich will...“
Alex war schlecht. Carola war für sie der Inbegriff des kleinen Dummchens, das erst handelte, und dann nachdachte, und das Kind passte genau in dieses Schema. Und genau solche Frauen brauchten bloß barfuss über den Flur zu gehen und bekamen dann Kinder, die man in der Kneipe im Kinderwagen beobachten kann, die Mutter mit der Zigarette im Mund und das Bier in der Hand, während die Kinder schliefen, und Frauen wie sie, die alles taten, um schwanger zu werden, schafften es nicht. Das war nicht gerecht. Immer, wenn sie derartige Mitteilungen erhielt, fühlte sie sich minderwertig und als Versager, weil alle anderen schafften, woran sie scheiterte. Sie musste zu dumm dafür sein. Es fiel ihr ohnehin schwer, diese Tatsache, dass es nicht so schnell klappte wie erwartet, zu akzeptieren, und solche Geschichten wie die von Carola machten ihr ihre Unzulänglichkeit jedes Mal mit solcher Deutlichkeit klar, dass sie es immer weniger ertragen konnte.
Alex stand auf, schaute demonstrativ auf die Uhr und verkündete, sie müsse jetzt los, da sie verabredet sei. Sie hatte genug und musste einfach raus, egal wohin. Und wenn es war, um „ihrem Doktoranden die Tests zu bringen“.

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Teil 9
Alex warf die Tür hinter sich ein wenig schwunghaft zu, aber das entsprach nun auch ihrer Laune. „Warum können die Menschen um mich herum nicht ein wenig sensibler sein,“ dachte sie, während sie durch den Nieselregen stapfte. Immer wieder fingen sie an, von anderen zu reden, die schon Kinder hatten, ergingen sich in endlosen Reden über das süße Baby der Nichte von Frau Zimmermann oder über die schwierige Schwangerschaft der Kundin neben ihr im Geschäft. Und sie? Sie stand dann da wie ein begossener Pudel, lächelte freundlich, fragte auch mal nach, aber im Grunde des Herzens war sie dann nicht bei der Sache, sondern eher bei ihren eigenen Kind, das so gar nicht kommen wollte. Nicht mal ansatzweise. Und während sie gestern noch ganz froh dachte, dass dieser Monat vielleicht die Wende bringen würde, war sie sich heute gar nicht mehr so sicher. Ihre Stimmung schwankte wie ihre Hormone. Es war zum Heulen. Im Prinzip wusste sie ja auch, dass sie ihren Mitmenschen Unrecht tat, aber sie nahm eben alles krumm in der Hinsicht, als wolle man ihr ständig unter die Nase reiben, was für ein Versager sie war. Ja, Versager, das war das richtige Wort, alle anderen bekamen das doch hin, nur sie nicht.
„Du bist ein Versager, finde dich damit ab“, kreiste es in ihrem Kopf. Alex kannte dieses Gedankenkarussel, immer zwischen Aufgabe des Kinderwunsches und der trotzigen Entschlossenheit, sich durchzukämpfen. Vielleicht ging es ihr schon gar nicht mehr nur um das Kind, sondern auch darum sich zu beweisen, dass sie es zustande bringen konnte? Wäre das eine gute Grundlage für eine Schwangerschaft?
Und dann war da ja auch noch Matthias, den sie eigentlich wirklich liebte, und diese Einschränkung des „Eigentlichs“ bezog sich auch seine unglaubliche Ignoranz dessen, was sie im Innersten bewegte. Immer wieder zog er durch Sätze oder Taten den Boden unter ihren Füßen weg, und es kostete Kraft, ihn dann darauf anzusprechen, um sein verwundertes Gesicht zu sehen und zu hören: „Das wird schon klappen, wir haben ja noch Zeit.“ Ja, er hatte Zeit, er war ja auch ein Mann, aber sie? Jeden Tag hörte sie förmlich ihre biologische Uhr ticken, und das kam dann zu den zahlreichen negativen Schwangerschaftstests noch hinzu. Tick-tack-tick-tack.
Alex fühlte sich irgendwie klein und hässlich, sie zog die Schultern hoch und fröstelte. Und das, wo ihre Temperatur doch bei einer erfolgten Einnistung steigen sollte, wie sie beiläufig bemerkte. „Also wieder nichts…“, dachte sie und schluckte. Aber es war ja noch früh, noch musste sie den Zyklus nicht aufgeben.
Ihr Weg führte sie an einigen Geschäften vorbei in die Innenstadt, klein, aber immerhin so, dass Alex etwas Ablenkung fand. Im Schuhgeschäft sah sie wunderschöne hochhackige Schuhe, die genau zu ihrem neuen Kleid passen würden. „Wenn es eh’ nicht geklappt hat, dann kann ich ja auch hochhackige Schuhe tragen“, sinnierte sie vor sich hin, als sie den Laden betrat, und kurze Zeit später hatte sie diese wunderbaren Teile an den Füßen (okay, ihre Strümpfe hatten leichte Fehlstellen und die dicken Botten, die sie anhatte, waren auch etwas peinlich gewesen, aber egal, jetzt hatte sie die schönsten Schuhe an den Füßen, die sie seit langer Zeit gesehen hatte). Und sie saßen perfekt. „Die nehme ich, geben Sie mir bitte gleich das passende Pflegemittel mit.“ Ha, eine nicht erfolgte Einnistung hatte doch etwas Gutes. Alex ging es spontan besser, sie freute sich, bei der Hochzeit eines Freundes von Matthias zwei Wochenenden später damit erscheinen zu können. „Und trinken kann ich dann auch, ätsch.“ Gedanklich streckte sie die Zunge ihrem imaginären Gesprächspartner heraus.
Deutlich besser gelaunt und mit einer Tüte des Schuhladens bewaffnet schlenderte Alex weiter; mit Bea wollte sie sich ja gar nicht treffen, das hatte sie nur so gesagt, und sie wollte sie heute auch nicht unbedingt sehen, denn eine Diskussion über Peter und den Kinderwunsch ja oder nein hätte sie in der Verfassung kaum ertragen.
Vor einem Tchibo-Laden blieb sie stehen. „Gott sei Dank, keine Babyklamotten“, dachte sie erleichtert, als sie die Auslage sah. Segeln war angesagt. Alex war Hobbyseglerin, und hatte auch den Schein für küstennahe Gewässer, also konnte sie hier doch das eine oder andere finden. Wie immer zog ein solcher Laden sie magisch an und keine Minute später stand sie im Gewirr der Menschen, die die Regale und deren Inhalt betrachteten, und inmitten des Kaffeeduftes. Segelhandschuhe, Schuhe mit hellen Sohlen, Segelhosen, Inlets für Schlafsäcke, hier gab es alles. Und neben dem Funktionsunterhemd- na prima, Babysachen! Lätzchen mit Klettverschluss zur einfachen Handhabung, Wärmflaschen in süßen Kuscheltieren, die Charge von der vorvorletzten Woche war noch da. Und die tolle Kinderkarre, an sich der Alex schon mehrfach festgebissen hatte.
„Also gut, vielleicht brauche ich es ja noch einmal, sonst verschenke ich es an Carola“, dachte Alex, als sie an der Kasse die Lätzchen und die Wärmflasche bezahlte.
„Och, Alex, wer hat denn ein Kind bekommen?“ von hinten umarmte Andrea sie, eine alte Freundin.
„Hi Andrea, schön dich zu sehen, die Cousine von Matthias ist schwanger, und da dachte ich, ich sorge schon mal vor…“ verteidigte sich Alex sofort, während sie sich schon wieder ärgerte, warum die anderen nie dachten, sie selbst sei schwanger.
„Hast du ein wenig Zeit für einen Kaffee?“ fragte Andrea einladend.
„Tut mir leid, ich bin knapp in der Zeit, ich muss noch in die Apotheke, bevor sie zumacht.“ Im Grunde hatte Alex einfach von Gesellschaft genug.
„Schade, aber wir sehen uns…“ Andrea hauchte ihr noch einen leichten Kuß auf die Wange und rauschte aus dem Laden. Und Alex nahm ihre blau-gelbe Tüte und machte sich auf den Weg zur Apotheke.
„Einmal Rescue-Tropfen von Bachblüten, wenn’s geht in Großpackung…“ bestellte sie dort.

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Teil 10
Mit ihrem Gepäck und einem gemischten Gefühl, was sie zuhause zu erwarten hat, und was sie überhaupt erwartet, machte sich Alex zurück auf den Rückweg. Im Geiste ging sie die Situation im Laden nochmals durch. Klar, sie war albern. Warum hatte sie nicht mit Andrea den Kaffee getrunken, sondern fühlte sich einmal mehr angegriffen? Wenn Andrea gefragt hätte, ob sie selbst schwanger sei, wäre das nicht viel schöner gewesen? Zu wissen, dass ihr jemand das zutraute, was sie sich selbst schon nicht mehr zutraute? Aber Alex war immer ehrlich mit sich selbst, und sie wusste, dass es für sie noch schwerer gewesen wäre, dann eine Antwort zu finden.
Natürlich gab es dazu die Routineantworten:„ Oh, stimmt, darüber sollte ich langsam mal nachdenken.“ Oder “Dazu hatten wir noch keine Zeit, aber jetzt ist die Wohnung bald fertig, dann fangen wir an zu üben.“ Und und und. Aber die Wahrheit würde ihr wohl nicht über die Lippen kommen, eben dass fast 70% aller Paare mit Kinderwunsch innerhalb von 6 Monaten ein Kind erwarten, nach 12 Monaten sind es fast 95%, nur 2% müssen deutlich länger war-ten. Und ausgerechnet sie gehörte zu diesen 2 %. Warum war die Welt so ungerecht, von Gott ganz zu schweigen, mit dem hatte sie seit dem 8. Übungszyklus ziemliche Probleme.
Sie hatte sogar in Kirchen Kerzen angezündet, Stoßgebete zum Himmel geschickt, Yoga gelernt, Folio und diverse Vitamine regelmäßig genommen, alles hatte sie getan, aber ein Kind wollte sich nicht zeigen. Nicht einmal der leiseste Schimmer einer zweiten Linie auf den Schwangerschaftstests. Sie empfand sich als unglaublich ungerecht behandelt.
Und wenn sie ihrer Mutter, die ja nichts von ihren Schwierigkeiten wusste, gegenüber auch nur anklingen ließ, dass sie selbst doch viel Pech hätte, dann kam bestimmt: “Aber Kerstin (ihre Schwester) hat gerade ein Fohlen verloren, siehst du, auch andere haben Pech.“ Ein Fohlen zu verlieren war bestimmt schlimm, aber was war das gegen den unerfüllten Kinder-wunsch, der langsam das gesamte Leben infiltrierte und bestimmte?
Sie konnte nicht mehr auf Toilette gehen, ohne einen prüfenden Blick wonach auch immer auf das Toilettenpapier zu werfen, eben je nach Stand des Zyklus, Blutungen während des Eisprungs, nach dem Eisprung, Zervixschleim, Zwischenblutungen... Alex kannte alle Stich-worte und versuchte, sie korrekt einzuordnen. Am meisten Schwierigkeiten hatte sie mit dem Zervixschleim, wobei ihr schon dieses Wort suspekt war. Sie hatte immer gedacht, man müsse den direkt am Muttermund prüfen, den sie nach langem Probieren dann auch gefun-den hatte, aber nun hatte sie eine neue Studie gelesen, nach der das gar nicht nötig war. Hühnereiweiß-klar, vermutlich hatte man hier im Norden andere Hüphner, oder die Legebat-terien veränderten das Material, denn so hatte ihr Zervixschleim nie ausgesehen. Aber spinnbar hatte sie ihn nur ganz selten gefunden, nur, wenn er sozusagen am Toilettenpapier hing, aber nie dann, wenn sie ihn direkt prüfen wollte. Nicht mal das gelang ihr. Hmmm… Hühnereiweiß in der Scheide. Vielleicht sollte sie mal etwas Hühnereiweiß dort einführen, um dann merken zu können, wie es eigentlich sein soll. Und außerdem, ihr Körper könnte sich das dann ja wohl besser merken und es nachmachen. Weißes Ei oder braunes? Alex spann oft so assoziiierend vor sich hin, um sich zu entspannen, dann konnte sie doch wieder über sich selbst lachen.
Im Prinzip blieb ihr nicht mehr viel zu tun, um dem Kinderwunsch näher zu kommen, es sei denn, sie wollte noch ein paar Jahre mit ungewissem Erfolg herumprobieren. Und es sei denn, sie war nicht gerade jetzt schwanger. Die Tüte mit den Schuhen schwenkend bemerk-te Alex genau bei diesem Gedanken, dass ihr BH irgendwie kniff und dass ihre Brustwarze unter der Kleidung fest war. Dabei war da nur ein alter Mann, von dem sie ganz sicher war, dass er sie in keiner Weise erregte. Normalerweise hasste Alex den Gedanken, dass ihre Brustwarzen nun durch die Bluse hindurch gut sichtbar sein würden, aber dieses Mal konnte es auch ein frühes Schwangerschaftsanzeichen sein. Sie bewegte sich extra schwungvoll und bemerkte dabei, dass ihre Brust fest und irgendwie größer zu sein schien. Vielleicht hat-te es ja doch geklappt? Gerade diesen Monat? Da hatte sie eben ihre Rede an Matthias ge-danklich vorbereitet, er möge sich mit ihr in eine Kinderwunschbehandlung begeben, und dann ist sie schwanger? Das soll ja gar nicht so selten vorkommen...
Alex Gesicht hellte sich zunehmend auf, und sie nutzte die verlängerte Ladenöffnungszeit am Samstag, um noch schnell im Feinkostladen ein paar Leckereien für den Abend zu holen. Und einen guten Sekt…sie würde nämlich trotzdem mit Matthias sprechen, das Ergebnis des Schwangerschaftstests war einfach zu ungewiss und in ferner Zukunft (wobei 8 Tage dabei sehr fern waren…)
Nun doch wieder gut gelaunt kam Alex zuhause an und öffnete die Tür. Phoebe galoppierte ihr dem Hungertod anscheinend nahe – ein Blick auf den Fressnapf zeigte, dass sie wohl eher das Futter verschmähte – entgegen und rieb sich freundschaftlich an ihrem Bein. Die Wohnung war angenehm ruhig. Wie zufällig schlenderte Alex zunächst ins Bad, um die Test-stäbchen erneut zu examinieren. Okay, die LH-Linie war weg, wenn man es realistisch be-trachtet, aber sie hatte ja noch ein wenig Zeit bis zum nächsten Mens-Termin, und bis dahin konnte noch so viel passieren.

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Teil 11
Entgegen aller Vorsätze nahm sich Alex eines ihrer schönsten Gläser, öffnete den Sekt, goss sich ein, klaubte den Krimi, den sie gerade las, aus dem Regal und machte es sich auf dem Sofa gemütlich. Natürlich nahm auch Phoebe sofort ihren Lieblingsplatz auf Alex’ Bauch ein.
Alex las am liebsten Krimis, weil sie dabei sicher sein konnte, dass niemand beim ersten Rendez-vous schwanger wurde und sich daraus eine tragische Liebesgeschichte mit Happy-end entwickelte. Zu Filmen wie Rosamunde Pilcher hatte sie in dieser Hinsicht schon ein gespaltenes Verhältnis entwickelt, und neuerdings wurden auch in Krimis im Fernsehen Mit-arbeiterinnen der Kripo schwanger. Es reichte ihr… Kathy Reichs war ihre neueste Errun-genschaft, eine knallharte Anthropologin, die an Leichen oder deren Teilen herausfindet, wann und wie diese gestorben sind. So eine Art weiblicher Quincy, aber härter. Und ihre Tochter ist schon erwachsen, sie ist geschieden, also nicht nur heile Welt. Nur bei Grabge-flüster, da hatte sie sich doch glatt einmal verkauft, denn da ging es um Stammzellen, also wieder Schwangere. Zum Glück waren diese auch tot und somit tolerabel.
So richtig schön eingenudelt ließ sie die Tage und ihr Leben Revue passieren. Das Glas Sekt war noch in Ordnung, denn die Einnistung fand ja, wenn sie stattfand, eine gute Woche nach dem Eisprung statt, ein Andocken an den weiblichen Blutkreislauf konnte somit noch nicht stattgefunden haben. Folgerichtig konnte auch kein hCG im Blut sein. Okay, das beru-higte sie. Selbst der beste Test musste nun noch negativ sein.
Da fiel ihr ein, dass sie dringend noch Tests bestellen wollte, man muss davon ja immer ei-nen Zentner von im Hause haben, wie ihr Vater sagen würde. „Ja, Papa, der würde sich freu-en…“, sinnierte Alex vor sich hin. Und die anderen? Wieviele würden sie für ungeeignet oder zu alt halten? Ihr Chef würde sagen „Na, Frau Manthei, dann wissen Sie jetzt ja auch endlich, wie das geht.“ Und dabei würde er dieses männliche Grinsen im Gesicht haben ei-nes Mannes, der meint, etwas ganz Tolles oder Intelligentes gesagt zu haben. Ihr gruselte jetzt schon.
Phoebe streckte sich nun auch aus, allerdings so, dass ihr Schwanz in Alex Nase kitzelte und ihre Füße unsanft in der Bauchgegend Löcher stampften. Da war doch was, was sonst nicht war? Alex war sich ganz sicher, dass dieses Gefühl nicht normal war, es tat einfach mehr weh als sonst. Und auch ihr Busen war empfindlicher, sie hatte sich bestimmt nicht getäuscht.
Alle guten Vorsätze in den Wind schreibend setzte Alex die widerstrebende Katze zu Boden und ging ins Bad. Vielleicht hatte sie ja doch noch einen Test da? Sie wühlte den ganzen Schrank um, und schließlich fand sie in der hintersten Ecke doch noch so ein flaches Paket-chen mit einem letzten verbleibenden Test. Alex drehte ihn zwischen den Händen, um he-rauszufinden, ob es eine Frühtest oder ein normaler war, aber das ließ sich nicht erraten. Okay, morgen früh, mit Morgenurin, oder besser übermorgen, dann konnte schon was zu sehen sein.
Alex schaute sich im Spiegel von der Seite her an und examinierte ihren Bauch, ob sich eine Wölbung zeigt. „Hmmm, sieht auch nicht anders aus als sonst…“, musste sie sich eingeste-hen. Probeweise streckte sie den Bauch ein wenig raus und machte ein Hohlkreuz, dann watschelte sie so eine Weile durchs Bad. „Also bequem ist das nicht,“ dachte sie und stellte sich probeweise auf die Waage. Zugenommen! Das ist ja wieder typisch, dabei sollte man doch in den ersten Wochen nicht unbedingt zunehmen. Alex angelte gedankenverloren nach ihrer Wärmflasche. Da sie ein wenig Bauchdrücken hatte, wollte sie es sich jetzt so richtig gemütlich machen, deshalb füllte sie Elchi – denn ihre Wärmflasche hatte einen Bezug in Form eines Elches mit wunderbaren Plüschohren und Plüschschaufelgeweih, an dem Phoe-be ab und zu herumspielte – und steckte ihn mit den Füßen nach unten in den Hosenbund. „Das ist definitiv gemütlich“, dachte sie vorsichhinlächelnd, während sie mit Elchi gemeinsam ins Wohnzimmer zurückging. „Prost Elchi…“ erhob sie ihr Glas.
Probeweise stand sie noch einmal auf und watschelte mit Elchi schwanger durch die Ge-gend. Und da sie kein Hohlkreuz mehr machen musste, fiel ihr das Laufen nun auch viel ein-facher. Und sie fühlte sich nun doch schon ein wenig schwanger, nur dass durch Elchis Ge-wicht der Hosenbund hinuntergezogen wurde. Also ging Alex in das Schlafzimmer und such-te in Matthias Kleiderschrank nach den lustigen Hosenträgern mit dem Winni Puh-Motiv, um damit ihre Konstruktion zu stabilisieren. Das sah wirklich prima aus, wie sie fand. Elchis Oh-ren und Geweihschaufeln schlappten lustig auf und ab, als Alex einen kleinen Tanz vor dem Spiegel vollführte. Und dazu noch fetzige Musik, Phil Collins, I can’t walk.
Alex bewegte sich mit Elchi rhythmisch zur Musik und ahmte dabei den Sänger nach, natür-lich hatte sie eines der Ohren von Elchi als Mikrophon vor dem Mund und sang aus vollem Halse den Song mit.
Leider hatte sie dabei Matthais überhört, die zur Tür hereinkam, und mit ihm Jürgen, sein Siamesischer Zwilling, wie Alex immer sagt, denn sie trafen sich oder telefonierten täglich. Und während Matthias fassungslos erst Alex, dann Elchi und danach die Flasche Sekt an-sah, brach Jürgen in hemmungsloses Gelächter aus. Und genau dies ließ Alex jäh inmitten des Songs abbrechen – und sie wusste genau, wie sie in diesem Augenblick wirkte…

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Teil 12
Ein völlig losgelöste Frau mit einem Elch in der Hose und Winni Puh-Hosenträger, hier schieden sich die Geister des Humors. Während Jürgen sich vor Lachen noch immer kaum halten konnte und ihm sogar schon die Tränen in den Augen standen, holte Matthias Luft und hob demostrativ die Sektflasche.
„Sag mal, was ist denn da drin?“ fragte er, aber der Unterton in seiner Stimme ließ erraten, dass er sich bloßgestellt fühlte.
„Wieso eigentlich?„ fragte sich Alex und stellte den CD-Player leise. „Ich entspanne bei Luna-Yoga, damit du es weißt, und das Gewicht der Wärmflasche (und dabei zog sie die Ohren von Elchi malerisch auseinander) hilft mir, die Haltung korrekt zu finden. Nämlich mit leichtem Hohlkreuz, die Fußspitzen etwas nach außen, und dann rhythmische Bewegungen nach vorne.“ Ihre Stimme war dabei etwas kämpferisch, weil sie es haßte, wenn Matthias sich ihretwegen schämte, obwohl die Situation ja eigentlich nur lustig war und nicht peinlich sein musste.
„Ich mach `mal `nen Kaffee, okay?“ mit diesen Worten verzog sich Jürgen in die Küche und begann dort, lautstark zu hantieren.
„Hast du eigentlich eine Ahnung, wie du gerade aussiehst?“
„Vermutlich wie eine Frau mit einem Plüschelch in der Hose und Hosenträgern… “ Alex fand nun gerade den Humor wieder und ärgerte sich über Matthias, dass er so gar kein Format zeigte. „Nun hör schon auf, ich dachte ja auch, du wärest schrauben.“
„Ach, und wenn ich nicht zuhause bin, läufst du so rum?“
Alex würdigte den Spielverderber einfach keines Blickes mehr und ging in die Küche zu Jürgen, der einerseits sichtlich gut gelaunt, andererseits ein wenig peinlich berührt war, weil er gemerkt hatte, dass sein alter Kumpel mit dem Aussehen seiner Freundin arge Probleme hatte. „Also Alex, ich finde ja, dass du in allen Klamotten nett aussiehst…“ hob er an, doch Alex sagte nur „Netter Versuch…“ und wurde rot und dann fügte sie an. „Wenn Elchi kopfüber in der Hose gehangen hätte, dann würde ich Matthias ja verstehen…“ und gluckste nun ihrerseits vor Lachen. Kurzum, beide standen mit frischem Kaffee in der Küche und lachten. Darauf, dass Matthias sich zu ihnen gesellte, musste sie aber vergeblich warten, er hatte inzwischen eher schmollend Phoebe von Sofa geschubst und sich eine Motorradzeitung genommen, in der er demonstrativ herumblätterte.
„Möchtest du einen Kaffee?“ bot Alex als Versuch zur Güte an. Sie selbst stand noch mit Jürgen an der Küchentür.
„Danke.“ Alex schluckte die Frage, „…danke ja oder danke nein?“.., herunter und goß Kaffee ein. Matthias nahm den Kaffee mit Zucker, aber nun wollte sie ihn besonders ärgern, und stellte ihn ihrem Freund schwarz hin.
„Ist schon Zucker drin?“
„Nein. Der liegt auf der Fensterbank,“ und vor den Augen zweier verständnisloser Männer ging Alex hoch erhobenen Hauptes zum Fenster, öffnete es, langte auf die Außenfensterbank und nahm zwei Stück Würfelzucker, die sie dort für den Storch hingelegt hatte. Und noch ehe Matthias etwas sagen konnte, ließ sie die leicht angegrauten Zuckerstücke in seine Tasse fallen.
„Bitte, dein Zucker.“ Mit diesen Worten verschwand Alex zunächst im Bad. Trotzig nahm sie den verbliebenen Schwangerschaftstest, öffnete die Verpackung und benässte den dafür vorgesehenen Abschnitt mit Urin. Egal, dass es jetzt Nachmittag war, sie wollte handeln. So ziemlich ohne das Ergebnis eines Blickes zu würdigen, denn sie wusste ja, dass es nur negativ sein konnte (es war ein 25-Einheiten-Test, es war Nachmittag und es war erst ES+6) ging sie von dort aus direkt in das Schlafzimmer und ließ sich auf ihr Bett fallen.
„Wie blöd kann man eigentlich sein? Einen Test für eine Euro zu verschleudern?“ Aber eigentlich fühlte sie sich nun etwas besser. „Vermutlich haben die Dinger auf der Verpackung eine Art Handlungsmuster, das durch die Poren in das Gehirn infiltriert wird, so wie Kartoffelchips Geschmacksverstärker haben, so dass man nicht mehr aufhören kann, sie zu essen.“ Leicht resigniert schaute sie in die Augen ihres Lieblingsbären. Es war ein klassischer Bussi-Bär mit seinem großen Kopf, dem kleinen Körper und der kleinen Kette mit dem Herzen. „Na Bussi, was sagst du dazu? Eigentlich will ich gar kein Kind mehr, nicht von dem Typen. Soll er doch sehen, wie er allein zurande kommt.“ In Gedanken sah sie Matthias vor dem leeren Kühlschrank oder bei Ilse am Esstisch.
Es waren bisher wenige Augenblicke gewesen, an denen sie leise Zweifel plagten, ob Matthias der richtige Vater für ihre Kinder sein würde, aber heute war ein solcher Augenblick gekommen. Sie haßte seine Humorlosigkeit, oder besser, seine andere Form von Humor, die sie nicht verstand, und die meisten ihrer Freunde auch nicht.
Bussi schaute sie noch immer an. „Ja, ich weiß.“ Was sie wusste, wusste sie zwar selbst nicht, aber dass Bussi es wusste, daran bestand für sie kein Zweifel. Das Kult-Bärchen der 60er und frühen 70er Jahre hatte sie damals von Hanna bekommen, und während ihrer noch die Originalkette besaß - sie war (obwohl sie selbst damals schon über 30 war) fuchsteufelswild geworden, als ihre Mutter ihrer Nichte den Bären zum Spielen gegeben hatte und die Kette vermeintlich verloren war- hatte Hannas diese nicht mehr, dafür aber noch die kleine rote Filzzunge, die ihrer schon lange nicht mehr besaß.
Hanna, ihre Freundin aus Kindertagen. Vor ihrem Augen entstand das Bild eines Photos, dass in ihrem Album war, zwei etwa 6 Jahre alte Mädchen, eine etwas pummelig mit kurzen Haaren und herabgerutschten Strümpfen, eine mit langen Zöpfen, deren Strümpfe vor dem Photo noch ordentlich hochgezogen wurden. Und bei denen das Gummi etwas ausgeleiert war, aber dafür hatte Hanna, eben die ordentliche von den beiden, ein extra Gummiband gehabt und den Rand der Strümpfe zweimal herumgefaltet. Irgendwie vermisste sie diese Freundschaft schon, und es wäre doch schön, sich einmal wieder bei ihr zu melden, oder? Denn gerade jetzt konnte sie eine gute Freundin gebrauchen, vielleicht konnte das ja wieder Hanna werden?

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Teil 13
Den Teddy im Arm schlief Alex ein. Sie sah eine bunte Wiese mit vielen Blumen und einem hellblauen Himmel mit leichten Wölkchen. Am Horizont stand ein alter Baum und die Vögel zwitscherten. Es war ein Frühsommertag, so ein wunderbarer Tag, den man einfach genießen muß.
Sie sah Kinder fangen spielen, doch so sehr sie sich auch bemühte, sie konnte keine Gesichter sehen, und dann entfernten sich die Kinder auch von ihr und ihr Lachen wurde leiser. Eine große Traurigkeit und das Gefühl, einsam zu sein, kam über sie, doch genau in dem Augenblick, als sie sich diesen Gefühlen hingeben wollte, nahm jemand sie an die Hand und drehte sie in eine andere Richtung, und da erkannte sie, dass sie eigentlich inmitten von Menschen in einer lustigen Feier stand, ohne es auch nur zu bemerken. Gerade als das Gefühl der Einsamkeit dem des Aufgehobenseins wich, das sie begann zu genießen, wachte sie auf. Der Traum stand noch völlig präsent vor ihren Augen und sie hatte das Gefühl, das er ihr durchaus mehr sagen wollte als nur ein unbedeutender Traum. Schaute sie vielleicht einfach in die falsche Richtung? Standen ihre Freunde hinter ihr, ohne dass sie es merkte?
Bussibär neben ihr wusste offensichtlich auch keinen Rat, denn er schaute ihr nur treu in die Augen und sagte keinen Ton. „Vermutlich bist du der Freund, der hinter mir steht.“ Sagte sich Alex mit traurigem Lächeln. Manchmal kam sie sich wirklich sehr allein vor, denn sie hatte niemanden, mit dem sie über ihren Kinderwunsch sprechen konnte. Der Spiegel war ihr einziger Gesprächspartner. Immer öfter dachte sie, der Wunsch nach einem Kind mache einsam, und genau so fühlte sie sich auch.
Zu Einladungen ging sie mittlerweile erst, wenn sie sicher sein konnte, dass die Kinder im Bett waren, zumindest die kleinen, die sie ganz besonders an ihre eigene vermeintliche Unzulänglichkeit erinnerten. Beider Frauenärztin versuchte sie ebenfalls zu Zeiten Termine wahrzunehmen, an denen sie weniger Mütter mit kleineren Kindern vermutete, zum Beispiel um die Mittagszeit. Samstags zu IKEA, undenkbar. „Der kleine Sönke möchte aus dem Smalland abgeholt werden“. Wo sie nur konnte, mied sie den Kontakt zu Schwangeren oder jungen Müttern, um nicht das sehen zu müssen, was sie nicht imstande war ihr eigen zu nennen – Kinder.
Nun wäre es ja einfach gewesen, wenn sie sich deshalb mit Freundinnen wie Bea stärker solidarisieren könnte, aber Bea mit ihrer ausgesprochenen Antipathie gegen Kinder war auch kaum zu ertragen, da Alex sich dann ja wieder selbst verbiegen musste, um nicht die Wahrheit zu gestehen. Ja, sie würde liebend gerne eine schmutzige Windel waschen und nicht nur für ihre Katze sondern auch für Kindern mitten in der Nacht aufstehen.
„Okay Alex, hör auf mit dem Gejammer…“ sagte sich Alex und stand entschieden auf. Im Nebenzimmer herrschte Ruhe, offensichtlich war Matthias nun doch wieder zum Schrauben gegangen. Sie ging daher schnurstracks ins Bad und kramte aus dem Abfallbehälter den Schwangerschaftstest hervor. Vielleicht war da ja doch noch eine leichte Linie entstanden? Nein, reinweiß, weder mit noch gegen das Licht gehalten änderte sich die Aussage. Aber morgen!
Alex schaltete im Arbeitszimmer den Computer an, wobei sie trotzig ein neues Glas Sekt neben sich stellte. Der Test musste doch etwas Gutes haben. Okay, jetzt Firma Diaprax, den Tipp hatte sie aus dem Internet, dort gab es Schwangerschaftstests für ca. 20 € 20 Stück, das sollte für diesen und den nächsten Zyklus reichen. Falls sie dann noch welche brachen würde. Alex suchte sich die Telefonnummer der Firma heraus und bestellte per Telefon die Tests. Übermorgen würden sie da sein. Übermorgen, und was war morgen! Sonntag, und sie hatte keinen Test mehr da. Egal, sie würde ohnehin nicht mehr testen bis 14 Tage nach dem Eisprung, das versprach sie sich. Kurze Zeit später ging allerdings in das Schlafzimmer zurück und öffnete einen großen Karton in ihrem Schrank, der so ziemlich alles enthielt, was eine Frau brauchte, um einem Mann eventuell das positive Ergebnis eines Schwangerschaftstests nahezubringen: Schnuller, Babyschuhe, eine Windel in „super-klein“, ein Schnuffeltuch, ein alter Beissring mit silbernem Hasen, ein Strampler, ein Steiff-Storch und und und – und eine Packung Schwangerschaftstests, sozusagen die eiserne Reserve. Ha, hatte sie sich doch noch recht erinnert.
Und da es auch eine 20er Packung war, probierte sie gleich einen aus. Weniger erstaunlich war die Tatsache als solche, dass auch dieser Test nur den Kontrollstrich aufwies. Aber es hätte ja anders sein können, vielleicht war er sensibler? Aber morgen, da würde sie bestimmt ein besseres Ergebnis, nämlich einen hauchzarten Strich, sehen können.
Alex war sehr wohl bewusst, wie dumm, kindisch, irrational sie sich benahm, aber sie folgte einem inneren Zwang, und der war eben irrational.
Und dann setzte sie sich mit dem Glas in der Hand auf den Teppich und sagte mit halblauter Stimme „Ich bin bereit, ich bin bereit, ich bin bereit“, denn sie hatte gelesen, dass der Körper sich bei Kinderwunsch darauf einstellt, dass er schon schwanger ist, was eine echte Schwangerschaft verhindern würde. Und Negationen kann er nicht erkennen, wenn eine Frau sich also immer wieder sagt „ich bin nicht schwanger,“ dann denkt der Körper, sie sagt, „ich bin schwanger“ und verhindert eine weitere Einnistung.
So in sich versunken saß Alex im Wohnzimmer, Bussi Bär im übrigens aus der Hosentasche schauend, als jemand an das Terrassenfenster klopfte.

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Teil 14
Manchmal, allerdings nur selten im Leben, geschieht es, dass plötzlich Freunde auf unerklärliche Art merken, dass man selbst in Nöten ist, und von sich aus Kontakt aufnehmen. Und genau dies war geschehen: Schon als Kind hatte Hanna bei Alex’ Eltern nie den Haupteingang genommen, sondern sie hatte an Alex’ Kinderzimmerfenster geklopft, und genauso hatte sie es nun getan.
Hanna, da stand sie nun mit leicht verlegenem Gesicht, aber innerlich entschlossen, sich nicht abwimmeln oder verletzen zu lassen. Und Alex machte vermutlich mit denselben Gefühlen die Tür auf.
„Hallo Alex, ich dachte, ich …“, hob sie an, bis ihr Blick auf Bussi fiel, der mit seinem freundlichen Lächeln aus der Hosentasche lugte. „Hey, du hast ihn ja immer noch. Ich meinen auch…“ Und mit diesen Worten nahm sie Alex ganz fest in den Arm und sagte „Ich hab’ dich echt vermisst.“
Alex wurde nun ganz warm um’s Herz und sie erwiderte die Umarmung ebenso fest, aber zumindest sagte sie: „Naja, DU hast dich ja nicht mehr gemeldet, ich dachte, dich gibt’s nicht mehr für mich.“ Aber die Umarmung löste sie nicht so schnell.
„Mensch, was war denn los, ich fühlte mich ganz schön enttäuscht von dir. Und allein gelassen.“ Uff, das war raus, das hatte sie noch nie jemandem gesagt. Hanna machte ein geknicktes Gesicht.
„Ich weiß ja, aber es brach einiges über mir zusammen, und Bea und du, ihr ward einfach so eng zusammen, und ihr habt mich unwissentlich so verletzt, das konnte ich euch nicht erklären, na ja, und dann habe ich mich eben zurückgezogen.“ So ganz einen Reim auf diese etwas unzusammenhängende Rede konnte sich Alex nicht machen, und wieso sie Hanna verletzt haben sollte und nicht umgekehrt, das verstand sie auch nicht, aber immerhin zog sie nun Hanna in ihr Wohnzimmer und sagte – wie üblich unter Freundinnen –: „Ich mach erst einmal einen Kaffee, und ein Glas Sekt trinken wir auch, ich freu mich so, dass du hier bist.“
Bis der Kaffee fertig war, hatten sie bei einem Glas Sekt auf ihre doch nicht ganz zerstörte Freundschaft angestossen. Und Hanna erzählte, nachdem sie tief Luft geholt hatte.
„Weißt du, Alex, wir saßen so oft zusammen, wir drei, und Bea und du, ihr habt mir immer erzählt, wie furchtbar Kinder sind, und dass es nichts Schrecklicheres geben könnte, als ein Kind, aber das war nur eure Meinung. Ich habe mich nie dazu geäußert, weil ihr so überzeugt von dem Ganzen ward, aber ich wollte gerne Kinder. Und beim letzten Mal, als wir uns trafen, da war wieder so eine Diskussion, und eine Schwangere kam rein, und ihr habt euch den Mund zerrissen darüber, dass ihr Leben nun sozusagen verfrüht zuende gegangen sei, und gerade an dem Tag wollte ich euch sagen… „sie holte noch einmal tief Luft „… dass ich ein Kind erwartete. Aber dann hatte ich keinen Mut mehr, ich dachte, ihr würdet mich eh nicht verstehen. Und ich war tief enttäuscht, dass ich diese schöne Nachricht nicht bei euch loswerden konnte, da erschien mir unsere Freundschaft nichts mehr wert. Und deshalb ging ich. So, jetzt ist es raus.“
Alex war wie vor den Kopf geschlagen, heute verstand sie, wie verletzend das gewesen sein musste, und eigentlich benahm sie sich Bea gegenüber auch nicht viel anders als Hanna ihr gegenüber, sie sagte auch nicht die Wahrheit und zog sich langsam zurück.
Früher hätte sie nun gefragt: „Und, wo ist dein Kind? Es muss doch schon ein paar Monate alt sein…“ doch die letzten Monate hatten auch sie sensibler werden lassen. Daher nahm sie Hanna erneut in den Arm und fragte sie: „Na erzähl mal, wie ging es denn dann weiter?“ Und dann erzählte Hanna, von der Zeit, in der sie gar nicht gemerkt hatte, dass sie ein Kind erwartete, und vom Test, den sie dann schließlich machte.
„Ich saß auf dem Klodeckel im Bad und starrte auf diesen Test, auf dem langsam der zweite Streifen deutlich wurde. Glaubst du das, ich habe mir die Gebrauchsanweisung immer wieder durchlesen müssen, um zu kapieren, dass ich tatsächlich schwanger war. Aber freuen konnte ich mich zunächst nicht, meine erste Worte waren „Oh Schitte…“ weil ich gar nicht darauf vorbereitet war. Thomas habe ich es zunächst gar nicht gesagt, ich wusste nicht, wie er es aufnehmen würde, denn wir lagen gerade ziemlich im Streit, aber als ich in der 7. Woche war, sagte er aus heiterem Himmel zu mir: „Sag mal, bist du schwanger?“ und da bin ich in Tränen ausgebrochen und habe nur genickt. Und er nahm mich nur in den Arm. Und dann fingen wir an, uns zu freuen. Und wir machten Pläne für unser Kind. Zwei Tage später ging es mir nicht gut, ich hatte so ein ungutes Gefühl, und in der Nacht setzten Blutungen sein. Am nächsten Tag bei der Frauenärztin war schon nichts mehr an Fruchthöhle zu sehen. Zwei Tage später ging ich ins Krankenhaus zur Ausschabung. Ich konnte es nicht fassen, dass mir so was passierte, ich war wie vor den Kopf geschlagen. Aber du siehst, das Leben geht weiter.“ Und da lachte Hanna schon wieder auf ihre typische Art, nur in ihren Augen konnte Alex etwas sehen, was sie früher nie gesehen hatte, so eine Art Traurigkeit, oder das Wissen, dass das Leben nicht immer nur Spaß bringt. Sie war eben reifer geworden.
„Mensch Hanna, das tut mir so leid. Das muss ja furchtbar sein. Wollt ihr es denn noch einmal versuchen?“
„Das tun wir ja, aber es klappt irgendwie nicht…seitdem will ich unbedingt ein Kind, aber je mehr ich es will, desto schwieriger scheint es zu werden. Kinder kann man sich nicht erarbeiten, das ist eine ganz neue Erfahrung für mich…Und gestern war schon wieder so ein deprimierender Tag, ich habe meine Mens und bei Tchibo gibt es Klamotten für Schwangere und Babies.“ Hanna zog ihren rechten Mundwinkel etwas hoch und schaute bedauernd.
„Weißt du was? Ich mache dir jetzt mal einen Tee: Himbeerblätter, Rosmarin, Beifuß, Holunderblüten und Salbei, der wird dir gut tun. Und dann erzähle ich…“, sagte sie und schaute verschwörerisch.

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Teil 15
Kaum war der Tee gezogen und Alex, wie üblich mit Phoebe auf dem Schoß, auf dem Sofa gemütlich placiert, begann sie wie versprochen zu erzählen.
Sie erzählte Hanna, wie langsam der Wunsch nach einem Kind in ihr gewachsen war, dass sie aber niemanden hatte, mit dem sie sich darüber austauschen konnte, wie sie nach und nach Informationen aus dem Internet gesucht hatte und so auch zu diesem Zyklus-Tee gekommen war; wie es ihr ging, wenn sie kleine Kinder oder Schwangere sah oder mit welcher Wucht sie der Zyklustag 1 immer traf. Zum ersten Mal konnte sie einfach frei weg von Leber erzählen, wie es ihr ging, ohne befürchten zu müssen, Reaktionen zu erfahren, die sie weniger gut ertragen konnte oder Ratschläge zu bekommen, die ihr dumm oder lästig erschienen.
Hanna war eine gute Zuhörerin, sie unterbrach nicht, bestätigte aber und ergänzte die Erzählung durch eigene Erfahrungen.
„Kannst du dir vorstellen, dass ich sogar schon während der Mens getestet habe, weil ich gerade gelesen hatte, dass eine Frau eine Eileiterschwangerschaft hatte und trotzdem ihre Regel bekommen hatte? Und ich bin mir sicher, dass ich es wieder tun werde…“ beide bogen sich nun vor Lachen, weil sie genau wussten, wie komisch das für andere sein würde, wenn sie es denn wüssten.
„Bei jeder Tablette überlege ich mir, an welchem Zyklustag ich bin, Aspirin ist aus dem Schrank verbannt, dafür nehme ich Paracetamol, weil das ja in der Schwangerschaft, so ich sie denn jemals erreiche“, Alex erhob theatralisch die Hände bittend zum Himmel „auch erlaubt ist. Und wenn die Füße jucken, weil ich mir vor Jahren mal einen Fußpilz geholt habe, dann bekomme ich Schweißausbrüche, weil ich Angst habe, dass die pilzhemmenden Cremes ein Embryo schädigen könnten.“ AleX schüttelte leicht den Kopf.
„Nimmst du auch in der Sauna Tampons, die in Olivenöl getränkt sind, um Pilzinfektionen vorzubeugen?“ fragte Hanna.
„Nee du, den Tipp kenne ich ja gar nicht. Aber ich nehme nur Öko-Tampons, um keine genmanipulierte Baumwolle in mir zu tragen, wer weiß, ob sonst ein Kind mit Baumwoll-Flaumhaaren zur Welt kommt…“grinste nun auch schon Alex. Hach, es war einfach schön, endlich jemanden zu haben, der genauso dachte wie sie. Beide fühlten sich sichtlich wohl.
Natürlich gab es auch Themen, an die sich Alex nur vorsichtig herantasten musste, um Hanna nicht zu verletzen. Das Thema Fehlgeburt hatte sie schon lange beschäftigt, aber auch dazu konnte sie natürlich niemanden fragen.
„Hanna, kann ich dich mal zu der Fehlgeburt fragen? Ich meine, wie merkt man das, und wie ist es denn wirklich danach?“
„ Klar kannst du mich fragen, es ist viel schlimmer, wenn Leute es wissen, und nichts fragen, sondern nur bedrückt gucken. Ich meine, ich bin ja nicht debil oder dement deshalb. Ich habe auch schon gehört, dass Leute sagen „Stell dich nicht so an, es war ja nur ein Punkt auf dem Ultraschall, kein Kind.“ Und damit haben sie ja auch irgendwie Recht, aber es waren die Hoffnungen, und die Freude, die verloren gingen, das Bild, das man sich von seinen Kind gemacht hat. Ich habe es ja in Gedanken neben mir an meiner Hand gespürt, wenn du weißt, was ich meine, oder seine Stimme gehört, die „Mama“ zu mir sagte, und das alles ist weg.
Ich habe die Fehlgeburt erst gemerkt, als es zu spät war, aber ich hätte auch nichts tun können außer genau diese Hilflosigkeit zu akzeptieren. Das war hart. Ich war dann bei der Frauenärztin, die nur noch sagte „Tja, die Gebärmutter ist leer, da sehe ich nichts.“ Die ganzen Stunden vorher hofft man noch, dass etwas anderes gesagt wird, und dann kommt genau das, wovor man am meisten Angst hat. Ich habe da nur gesessen und gesagt „okay, und wie geht es weiter?“ Zwei Tage später war ich in der Klinik und hatte unter Vollnarkose die Ausschabung, heute bin ich mir nicht mal sicher, ob die nötig gewesen wäre, so viele Frauen warten einfach ab. Schließlich war das früher auch nicht anders. Und danach ist erst einmal totale Leere, man funktioniert nur noch. „Du musst zur Normalität zurückkehren“ ist ein Spruch, den man dann hört. Ja, gerne, nur hat sich meine Normalität verändert, meine Hoffnungen sind weg. Meine Welt ist eingestürzt und wartet darauf, anders aufgebaut zu werden.“ Hanna erzählte alles ganz ruhig, wie jemand, der diese Gedanken tausend Mal durchdacht und formuliert hat. Doch ihre Trauer war noch da, zudem eine Stärke, die Alex früher nie bemerkt hat, als sie aufsah und sagte: „ Und ich versuche es genau wie du noch einmal, nicht mehr so verzweifelt wie noch vor ein paar Monaten, sondern mit der Gewissheit, dass es bald klappt. Dennoch kann da jeder Monat lang werden…“ Nun lachte sie wieder und fügte an: “Und ich genieße jetzt jeden Schluck Sekt, glaub’ mir, es könnte der letzte sein.“
Fast beneidete Alex ihre Freundin darum, dass sie wusste, wie sich eine Schwangerschaft anfühlte, und die feste Gewissheit, dass sie bald wieder schwanger sein würde, denn sie hatte diese Hürde selbst ja noch nie nehmen können. Aber tauschen wollte sie mit ihr nicht, oder doch? Sie konnte selbst das nicht mehr entscheiden.
Nach diesem kurzen ernsten Exkurs sprachen die beiden wieder über alles, was sie so an Unsinn tun, wobei sie merkten, wie gut sie immer noch zusammenpassten und wie tief ihr gegenseitiges Vertrauen doch war. Und als Matthias nach Hause kam, sah zwei innig kichernde Frauen auf der Sitzgruppe, die ihn vor lauter Gespräch ignorierten, er hörte nur das typische „Männer!“ als sie in lautes Gelächter ausbrachen.

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Teil 16
Wie immer stand Alex auch am nächsten Tag – es war Sonntag – früh auf, denn ihre „Persona-Zeit“ lag zwischen 6 und 12 Uhr, und sie konnte es kaum erwarten, zu orakeln. Die Gespräche mit Hanna hatten sie beflügelt und motiviert, es gab also noch andere Frauen, denen es so ging wie ihr, oder sogar noch schlimmer.
Wieder zeigte das Teststäbchen eine schwächelnde linke Linie für den Östrogengehalt des Urins, rechts aber, hmmm…ja, eben wieder nichts. Alex kramte die Tests der Vortage hervor und verglich. Der einzige Unterscheid bestand eigentlich in der Feuchte des Testfeldes, das musste sie sich eingestehen. So saß sie auf dem Klodeckel, der irgendwie schon ein belastbarer Freund in der Not geworden war. „Bin ich froh, dass ich keinen Klodeckel mit Rosenmusterrelief genommen habe,“ dachte Alex beiläufig, während sie noch immer die Tests miteinander verglich. Vielleicht kam ja doch noch eine Verdunstungslinie…Nach etwa 15 Minuten gab sie auf und warf die Stäbchen in den Mülleimer (wobei sie sich zuvor vergewisserte, ob dieser voll war, denn sie argwöhnte, dass sie die Tests nun doch später wieder hervorholen würde).
Etwas enttäuscht und die Einnistungstheorie herunterbetend verzog sich Alex wieder ins Bett. Also, sie war nun ES + 7, nur bei ganz wenigen Schwangerschaften war um diese Zeit schon ein Hauch von hCG nachzuweisen. Und im Grunde wusste sie auch gar nicht, bei welcher Konzentration die Persona-Stäbchen anzeigten.
Alex stand nun wieder auf und öffnete im Nebenzimmer den Laptop. Dazu muss es doch Infos geben im Internet! Natürlich fand sie in Kürze unter dem Stichwort „Einnistung“ alle die Theorien, die sie zuvor schon zigmal gelesen oder besser „studiert“ hatte. „Ab Tag 3 nach dem Eisprung macht sich das – hoffentlich, wie Alex anfügte - befruchtete Ei auf den Weg in die Gebärmutter, wo es am 5. Tag ankommt, so dass ab diesen Zeitpunkt bis sogar noch zum 11. Tag nach dem Eisprung eine Einnistung möglich ist, allerdings mit einem deutlich erhöhten Fehlgeburtsrisiko.“ Alex konnte das alles schon auswendig, allerdings fand sie nun noch einen Hinweis, wie diese klitzekleinen Spermien das Ei überhaupt finden können. Und wenn Matthias Spermien gar nicht bis dahin kamen? Oder wenn er zu wenige hatte? Vielleicht war ihr Muttermund auch so fest zu, dass die Schwimmer nicht durchdrangen? Oder der Zervixschleim vertrug sich nicht mit den Spermien?
Darüber fand Alex im Internet nur unzureichend Informationen, allerdings wusste sie nun, wie viele Spermien pro Milliliter Ejakulat im Rahmen lagen. Alex seufzte. Sie musste unbedingt mit Matthias sprechen, sie war es leid, als diejenige in der Beziehung zu gelten, an der es lag, dass sich noch kein Nachwuchs angekündigt hatte. Vielleicht lag es gar nicht an ihr? Dieser Gedanke beschäftigte sie von Monat zu Monat stärker, und sie empfand es als zunehmend ungerecht, dass Matthias sich in dieser Hinsicht nicht anbot, etwas zu unternehmen. Sie musste sogar zugeben, dass sie das Gefühl hatte, das sich langsam immer mehr aufbaute, dass ihr die Schuld für dieses Unvermögen, ein Kind zu bekommen, ungerechtfertigterweise in die Schuhe geschoben wurde. „Da gehören immer noch zwei zu“, knirschte sie mit den Zähnen.
Allerdings gestand sie sich auch selbst zu, dass auch sie den Dreh nie bekommen hatte, mit Matthias ein absolut klares Wort zu sprechen. Männer sind ja so empfindlich, wenn es um ihre Männlichkeit geht, und ihre zarte Seele sollte durch ein eventuell schlechtes Spermiogramm nicht noch weiter gebeutelt werden, wo Matthias doch ohnehin schon an der Kinderlosigkeit der Ehe litt. „Das kann ich ihm nicht zumuten“, dachte Alex, und dann “Wieso eigentlich nicht? Wieso soll ich alles tun, um so ein Kind zu produzieren, und er macht gar nichts???“
Draußen sangen die Vögel ihren morgendlichen Gesang, als Alex leicht fröstelig aber wild entschlossen, mit ihrem Mann zu sprechen, wieder ins Bett krabbelte. Anders als den Tag zuvor drehte sie ihm aber demonstrativ den Rücken zu. Auch wenn er es jetzt nicht sah, so war dennoch fühlbar: Alex war innerlich sauer auf ihren Mann, und dieses Gefühl ließ sich nur durch ein Spermiogramm abstellen, wie sie eindeutig konstatierte.

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Teil 17
Zwei Stunden später räkelte sie sich im Bett, Matthias war schon aufgestanden, um Phoebe zu füttern und Kaffee zu machen. Er hatte gute Laune, das hörte Alex schon aus dem Schlafzimmer. Denn er produzierte die Töne, die er ansonsten erst unter der Dusche von sich gab: Motorengeräusche wie auf dem Nürburgring. Ennennnennnn- brrrrrr- ennnennnnnen. Alex verdrehte die Augen und musste schmunzeln. Er würde sich nie ändern, und schließlich mochte sie genau das ja auch an Matthias. Kurz darauf ein lautes Fragen aus dem Bad „Alex, wann gibst du die Insulin-Tests ab? Die liegen hier immer noch rum, ich dachte, du hättest sie gestern mitgenommen.“ Komisch, Alex Laune sank in den Keller. Da war noch was… und zwar was zu klären! Durch seine unbedachte Bemerkung hatte Matthias sich nun völlig geoutet, dass er keinerlei Ahnung hatte, was in Alex vor sich ging, und allein das empfand sie als Angriff auf ihre weibliche Psyche. Konnte er sich nicht mal ein wenig Mühe geben?
Zum Glück erwartete er offenbar gar keine Antwort auf seine Frage, und so drehte sich seine Frau gemütlich noch einmal im Bett herum. Sie wachte erst auf, als Matthias ihr den Kaffee ans Bett brachte: “Ich dachte, ich mache dir mal eine Freude“, sagte er und gab ihr einen frischen Zahnpastakuß auf die Wange. Und After shave hatte er auch schon benutzt, er hatte offensichtlich etwas vor…
„Was hältst du davon, wenn wir heute zu einem dieser Countrylife & Garden-Dinger fahren, am Schloss findet eines statt?“ Alex hätte sich bald am Kaffee verschluckt, von dem sie sicher war, dass er der letzte für diesen Tag sein würde (auch wenn der Test noch negativ war), und jeder Tropfen musste gerettet werden.
„Aber du findest diese Veranstaltungen doch doof?“
„Ja, aber ich weiß, dass du sie liebst.“ Matthias schaute Alex nun mit seinem treuesten Hundeblick an. Konnte sie in dieser Atmosphäre ein Thema wie ein Spermiogramm anschneiden? Mit Sicherheit nicht, das stand fest. Und die Ausstellung wollte sie sich auch nicht entgehen lassen. Also wischte sie alles, was mit ihrem Angriff auf seine Zeugungsfähigkeit verbunden war, kurzerhand aus ihrem Gedächtnis und strahlte ihn an. „Ach Schatz, das ist nun wirklich eine liebe Idee, das machen wir.“
Der Tag fing verheißungsvoll harmonisch an (wobei Alex natürlich wusste, dass der Abend umso harmonischer sein würde, da sie solche Tage kannte), Matthias machte das Frühstück, während sie im Bad war, natürlich nicht ohne die Tests aus dem Mülleimer zu fischen und noch einmal genauestens zu untersuchen. Aber da sie nun auch so guter Laune war, tat sie das Ergebnis erneut als wissenschaftliche Testreihe ab, Fragestellung: wielange ein Test negativ sein kann, auch wenn man potentiell schwanger ist. Ein Tritt auf die Waage – und die Laune sank kurzfristig. Wieder ein Kilo mehr, aber sie war ja auch etwa eine Woche vor der Mens, also war das entschuldbar. Die Laune von Alex war unerschütterlich.
Bereits vom Auto aus konnten sie erste Besucher des Events sehen, die in langen Reihen zum Eingang gingen. Matthias entschied daher, einen kostenlosen Shuttle zu nehmen, in dem es an Bequemlichkeit nicht fehlte. Mehrere VW-Autohäuser hatten Phaetons und T4-Busse in ausreichender Anzahl zur Verfügung gestellt, um Besucher mitsamt ihrer neu-rostigen Rosenstangen und Clematis vom Parkplatz und zurück zu kutschieren. Natürlich wurde bei der Fahrt der Vorzug jedes Autos anpriesen. Alex hörte dabei Satzfetzen wie „für bis zu vier Kinder“ oder „genügend Platz für die ganze Familie“, da sie in einem VW-Bus gelandet waren, dessen Sitze in alle Richtungen verstellbar waren und sogar Spielflächen für den potentiellen Nachwuchs boten. Matthias vertiefte sich ganz ins Gespräch und drehte sich dann unvermittelt zu ihr um: „Den holen wir uns auch, wenn Nachwuchs da ist, ja Liebes.“ Ups, der Stachel saß, denn es war ja eben kein Nachwuchs da, nicht einmal in Sichtweite. Und das morgentlich erfolgreich verdrängte Gespräch mit Matthias stand auch wieder vor ihren geistigen Augen. „Es ist wie ein notwendiger Zahnarztbesuch, schon der Anblick der Zahnpastareklame ruft ein flaues Gefühl in der Magengrube hervor“, räsonierte Alex in Gedanken.
Am Eingang angelangt konnte Alex wieder einmal lesen, dass Familien weniger bezahlen müssen (wie ungerecht, denn sie fühlte sich ja ohnehin schon bestraft genug) und dass die lieben Kleinen im Kinderparadies abgegeben werden konnten.
„Schau mal Alex, ist die Kleine nicht süß“, machte Matthias Alex auf ein etwa 5 jähriges Mädchen mit Kleidchen und blonden Zöpfchen aufmerksam. „Ein echter Wonneproppen“, schwärmte er weiter.
„Also ich würde nie Kinder zu einer solche Ausstellung mitnehmen, die können hier doch gar nichts anfassen, und dann ist ihnen langweilig, sie fangen an zu quengeln und die Eltern streiten sich über die Erziehung und gehen beide wortlos miteinander hier lang.“ Basta.
„Naja, wenn wir erst Kinder haben, dann nimmst du Bea mit zu so einer Veranstaltung und ich passe zuhause auf die Kleinen auf.“ Matthias strahlte sie an mit dem Blick eines Mannes, der etwas ganz Tolles gesagt hat. Alex schmolz dahin, er war wirklich ein lieber…. Und verschob wieder einmal das notwendige Gespräch auf den nächsten Tag. Dieser Tag hier sollte ungetrübt bleiben.

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Kami
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Teil 18
Das Vergnügen auf der Veranstaltung blieb ungetrübt; Alex genoss die ungeteilte Aufmerksamkeit ihres Mannes, der sie mit Erdbeerbowle, Ananasstückchen auf Sahnequark und anderen Leckereien versorgte. Auch er wusste offensichtlich: Liebe geht durch den Magen. Außerdem hatte er schon zu Beginn ihrer Beziehung festgestellt, dass Alex zu den Menschen gehört, die bei Absinken des Zuckerspiegels schlechte Laune bekommen, deshalb forderte er nie Entscheidungen vor einem Essen, sondern immer danach.
Hand in Hand schlenderten die beiden die Wege entlang und blieben immer wieder an Pflanzen, Rankgerüsten und Hutläden stehen. Alex schwärmte nämlich für Hüte und sie besaß auch zwei sehr ausladende Teile, die sie gerne aufsetzte, sich allerdings immer bewusst seiend, dass sie damit doch sehr auffiel. Aber Matthias gefiel es, wenn seine Frau sich elegant und vielleicht etwas auffällig kleidete.
Ein wunderbares Exemplar in Schwarz und Weiß hatte es Alex nun besonders angetan, er saß wie für sie gemacht auf ihren dunklen Locken, die breite Krempe tauchte ihr Gesicht in leichten Schatten und ihre Augen funkelten vor Freude. Allerdings war der Preis dieses handgearbeiteten Schmuckstücks ebenso funkelnd, fast 300 € sollte er kosten.
„Er ist wirklich sehr schön“, sagte sie, als sie den Hut auf den Ständer zurücklegte.
„Willst du ihn denn nicht haben?“ fragte Matthias. Spätestens ab diesen Zeitpunkt hätte Alex wissen müssen, dass ihr Mann mehr für diesen Abend geplant hatte als nur eine heiße Liebesnacht, aber sie war zu sehr in die Hutauswahl vertieft.
„Aber er ist doch so teuer…“, klagte Alex und dachte auch an die Schuhe, die sie Matthias noch nicht gebeichtet hatte.
„Ich schenk ihn dir, du siehst toll aus damit. Basta.“ Kurzerhand nahm Matthias den Hut, spazierte damit zur Verkäuferin, wechselte ein paar scherzende Worte mit ihr und zahlte. Alex war perplex, normalerweise tat sich ihr Mann mit derartigen Geschenken doch etwas schwerer, weil das Geld auch bei ihnen beiden nicht mehr ganz so locker sitzen konnte. Da war gerade die Anschaffung der Sitzgruppe gewesen, und es stand noch eine ganze Menge auf dem Programm, was dringend gekauft werden musste. Aber egal, Alex zog ihren Herzallerliebsten an sich und küsste ihn liebevoll auf die Lippen. „Doch nicht hier in aller Öffentlichkeit“, lachte Matthias. „Setz ihn doch gleich auf.“ Gesagt, getan. Ganz beschwingt gingen die beiden von Stand zu Stand, und Alex war ganz furchtbar stolz auf ihren neuen Hut. Und sie wusste, dass sie darin gut aussah, keine Frage.
Matthias wusste genau, wie er seiner Frau Freude bereiten konnte, und schon beim Aufstehen hatte er gemerkt, dass irgendetwas nicht in Ordnung war. Ihm war zum Beispiel aufgefallen, dass sie sich – nachdem sie aus dem Bad kam – nicht wie sonst an ihn angekuschelt hatte, sonst eher auf Abstand ging. Nicht, das ihm das sofort aufgefallen wäre, nur wurde sein Rücken etwas kühl, und als er sich zu seiner Liebsten umdrehte, merkte er, dass sie eben nicht zu ihm gewandt und die gemeinsame Bettdecke straff zwischen ihnen gespannt war. In diesem Augenblick erschien ihm dies symbolisch, die straffe Spannung zwischen ihnen.
Vermutlich hatte er es auch nur gemerkt, weil er seit Tagen bei Alex die Gelegenheit abzupassen suchte, ihr eine ganz große Neuigkeit mitzuteilen, eine, die auch Einfluss auf ihr gemeinsames Leben haben würde: Er würde befördert werden, was bedeutete, dass er in den Raum Frankfurt ziehen muss, und er hatte quasi schon zugesagt. Und das würde bedeuten, dass Alex ihre Stellung aufgeben müsse und sie sich eine vielleicht etwas kleinere Wohnung dort würden suchen müssen. Frankfurt ist etwas teuerer, das wusste er, und deshalb müsste die Wohnung eben etwas kleiner sein. Aber was sollte dagegen sprechen, sich ein wenig einzuschränken, sie waren jung und ungebunden. Und Alex könnte ja ihren Kinderwunsch noch ein paar Jahre verschieben, schließlich bekamen auch andere Frauen erst mit 40 ihre Kinder. Das würde sie ja einsehen müssen.
„Schatzi, lass uns den Tag genießen, wer weiß, wann wir wieder so harmonisch irgendwo entlang schlendern können.“
„Da hast du recht“, strahlte Alex, die von einem Kinderwagen träumte, den sie dann schieben würde und aus dessen Tiefen ein leichtes Babygeschrei die Stille stören würde.
„Das machen wir“, sinnierte Matthias, der in Gedanken seine Krawatten durchstöberte und einen Drink am Main mit seinen Geschäftspartnern trank.

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Teil 19
„Weißt du, Schatz, wenn wir später einmal einen Garten haben, dann möchte ich auch gerne Lavendel und Rosen haben; vielleicht nähe ich dann sogar kleine Säckchen und fülle sie Lavendelblättern, und die kommen dann in die Schränke. Kannst du dir vorstellen, wie schön die Kinderwäsche dann riechen wird? Und gegen Mottenfraß ist das auch gut, wenn wir dann das erste haben und die Babysachen für das zweite lagern, dann kann nichts passieren. Habt Ihr eigentlich ein Taufkleid in der Familie? Ich frage ja nur so für alle Fälle…“, plapperte Alex glücklich vor sich hin. Schon lange hatte sie sich nicht mehr so wohl und gelöst gefühlt, und endlich hatte sie Zeit und Muße, mit Matthias ihre Träume vom Kind zu teilen. Sie genoss dieses Auf- und Ablaufen vor den Ständen, und heute machte es ihr auch gar nichts aus, Kinder zu sehen, denn irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sich bald alles zum Guten wenden wird.
Und als sie dann die süße Kleine vom Eingang sah, die gelangweilt durch die Gänge lief, Vater und Mutter jeweils mit grimmiger Miene ohne Körperkontakt oder Gespräch hinterher gehend, da wusste sie, dass es mit Matthias ganz anders sein würde. Er war eben doch der Richtige, auch wenn sie manchmal und gerade in der letzten Zeit ihre Zweifel gehabt hatte: Er hatte gemerkt, dass es ihr nicht so gut ging, und ihr deshalb diesen schönen Tag bereitet.
Alex schmiegte sich im Gehen an ihren Mann an, drückte seinen Arm und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihm eine Kuss auf die Wange zu geben. Glücklich schaute sie zu ihm auf – denn er war eben 10 Zentimeter größer als sie – und sagte: “ Schatz, ich habe dir lange nicht mehr gesagt, wie lieb ich dich eigentlich habe.“
Matthias seinerseits genoss den Tag ebenfalls. Auch er liebte solche Tage voller Harmonie, an denen er seiner Frau durch kleine Dinge Freude machte. Und er liebte die Art, wie sie zu ihm aufschaute, ihre glücklichen Augen und ihre leicht gespitzten Lippen, wenn sie ihm einen Kuss gab. „Ich habe dich auch sehr lieb, Herzchen.“ An einem teuren Stand mit Winzersekt erster Güte erstanden beide einen guten Tropfen für den Abend, und Alex schob ihre Bedenken wegen des Alkohols am ES+7 zurück. Vermutlich gab es ja noch keine Verbindung der beiden Blutkreisläufe, aber ab morgen musste sie vorsichtig sein. Auf Toilette hatte sie einen Hauch von bräunlicher Farbe in der Slipeinlage entdeckt, und das konnte ja zu dem Zeitpunkt schon die Ankündigung einer Einnistungsblutung sein. Fast hätte sie Matthias davon erzählt, weil sie beide heute so vertraulich miteinander umgehen konnten, aber dann hatte sie doch nicht gewagt, ihn einzuweihen. Denn wer weiß, ob es klappte, und sie vermutete, dass Matthias trotz aller Zurückhaltung, wenn es um das Thema Kinder ging, unter ihrer beider Kinderlosigkeit doch mehr litt, als sie manchmal dachte.
Zurück ging es im Phaeton, Matthias wieder vorne mit dem Fahrer plaudern, Alex hinten in Gedanken. „Ist ja ganz schön, aber der T 4 hatte mir besser gefallen“, hob Alex mit unterschwelligem Hinweis auf das Gespräch der Hinfahrt an. „Na, das kannst du aber nicht ernst meinen, was meinst du, wie der abgeht auf der Autobahn…“ Matthias erklärte weiter die Vorzüge des Phaeton vor dem VW-Bus. Seine Frau wurde immer stiller, sie war enttäuscht. Er hatte den Hinweis auf ihre gemeinsame Zukunft nicht verstanden, dabei hatte sie doch den ganzen Tag nur davon gesprochen. Aber sie nahm es ihm nicht krumm, immerhin war er ein Mann. „Ich mein ja nur, weil…“ begann Alex erneut und verstummte, als sie die abschätzige Handbewegung ihres Mannes sah. Er sprach weiter mit dem Fahrer, Alex existierte in diesem Augenblick für ihn nicht.
Wie leicht ein schöner Tag durch verminderte Aufmerksamkeit eines Partners verschwinden kann, das merkte Alex nun deutlich. Dieser Tag war so wunderschön gewesen, und sie hatte sich Matthias seit langer Zeit nicht mehr so nahe gefühlt, und nun erschein ihr das alles als Lug und Trug. Sicher, sie übertrieb, bloß weil er ein Fahrzeug mit x PS (Matthias hatte es mehrfach begeistert gesagt, aber sie hatte eigentlich gar nicht zugehört) besser fand als das familientaugliche, in dem sie ein paar Stunden zuvor gesessen hatte, brach ihre Ehe nicht auseinander. Es war auch etwas anderes: Den ganzen Tag über hatte sie das Gefühl genossen, im Mittelpunkt von Matthias zu stehen, eine Gemeinsamkeit zu entwickeln und eine gemeinsame Zukunftsperspektive zu haben, und dieses teure Auto passte so gar nicht in diese Zukunftsperspektive. Sie hätte sich jetzt erwarte, dass ihr Mann ihr zumindest signalisierte, dass er wusste, warum sie den Bus lieber hatte. Aber dieses Signal der Gemeinsamkeit kam nicht, stattdessen entwickelte er gerade seine eigene Perspektive an ihr vorbei, als er meinte: „Den Wagen werde ich mir bestimmt zulegen, wenn ich das Geld habe.“ Alex hatte das Gefühl, einen Schlag ins Gesicht erhalten zu haben.

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