LIebe Drag-Ulj
Wenn schon zitieren, dann nicht aus dem Zusammenhang heraus einzelne Sätze.
Wer mich hier drin kennt, weiss erstens, dass ich selber ein Kind mit special effects habe und zweitens auf der Oberstufe mit den Kids arbeiten, die es besonders schwierig haben.
Ich habe diese Zeilen retrospektiv als Mutter und als Reallehrerin geschrieben. Ich habe auch geschrieben, dass man auf sein Gefühl hören soll und auf eine Abklärung bestehen soll, wenn einem dies das Gefühl sagt.
Aus meiner Erfahrung lassen sich halt einfach nicht alle Widrigkeiten des Lebens aus dem Weg räumen. Es gilt auch, für unverrückbare Dinge Strategien und Wege zu finden. Das darf ich als Mutter eines 17 Jährigen ADS Kindes sagen. Dabei spielt es gar keine Rolle, ob es nun ein Kind ist, welches ganz spezielle individuelle Bedürfnisse hat oder ob es eines ist, welches in diese eng gefasste Norm passt.
Bei deinem Beispiel mit dem Rollstuhl: Die Mutter eines Kindes im Rollstuhl begleitet natürlich ihr Kind und fordert barrierefreien Zugang und nimmt mit ihm den Frust, wenn es nicht so ist, zuhause auseinander. (Übrigens: Nein, bei weitem sind nicht alle Schulen rollstuhlgängig. Ich kenne doch mehrheitlich solche, die es nicht sind...)
Beispiel HB: Natürlich begleiten Eltern ihr Kind und fordern eine Abklärung und schauen mit den LP, wie sie das Leben des Kindes vereinfachen können. Nur haben sie da einen beschränkten Einfluss darauf und sind abhängig.
Ich könnte ewig so weiterfahren.
Mir gefällt einfach der ressourcenorientierte Blick: Was für Fähigkeiten hat mein Kind und wo kann es diese spezifisch einsetzen. Heute und später. Und das muss auch nicht mal immer in der Schule geschehen.
Mit keinem Wort wollte ich damit sagen, dass diese Kinder kein Recht auf Anpassung ihrer Situation haben, ganz sicher nicht. Recht haben und Recht bekommen, das sind leider zwei Paar verschiedene Schuhe. Und ich weiss, wie es ist, wenn das eigene Kind eben gerade kein Recht auf NTA bekommt und keine Unterstützung da ist und man als Helikoptereltern abgestempelt wird!
stella hat geschrieben: ↑So 14. Mär 2021, 12:50
Chiu
Grundsätzlich haben alle Eltern ein Gefühl für ihr Kind. Ich finde das auch noch ausschlaggebend. Was ist denn dein Gefühl? Wenn es so ist, dass du denkst, dass etwas nicht ganz stimmt und dass darum eine Abklärung wichtig ist, dann würde ich das angehen.
Viele hier schreiben, dass sie dieses Gefühl hatten, dass sie zu lange gewartet haben mit der Abklärung. Nun. Ich denke, es ist ein Prozess. Und wenn man jeweils zurückschaut, dann sagt es sich ganz leicht. Aber es ist doch so, dass man zu der Zeit einfach nicht bereit dazu war, da es auch dazu gehört, eine solche Situation zu erkennen, zu beurteilen und vor allem anzunehmen.
Ja, auch ich hätte in unserem Fall (hat nix mit HB zu tun) früher abgeklärt, wäre transparenter gewesen der Schule gegenüber. Aber damals war es einfach so, dass das nicht ging. Wir dürfen auch gnädig sein.
Ich unterrichte nun seit über 25 Jahren auf der Oberstufe. Ich habe ganz verschiedene Jugendliche kennen gelernt und begleitet. Schwierigkeiten in der Schule sind immer doof, das ist klar, das will ich auch gar nicht klein reden. Aus diesen Jugendlichen, die zum Teil massive Schwierigkeiten hatten, sind in den allermeisten Fälle tolle Erwachsene geworden, die ihren Weg gemacht haben. Daher sehe ich es bei meinen eigenen Kindern zurzeit auch recht entspannt. (Das war nicht immer so...) Eines ist abgeklärt, macht mit einem NTA eine Mittelschule. Das andere haben wir nicht abgeklärt.
Schlussendlich geht es darum, sein Kind zu begleiten und mit ihm die Widrigkeiten seines Lebens zu meistern, so dass es in seinem Leben später einen Platz finden wird, in dem es seine ganz spezifischen Fähigkeiten einsetzen kann. Die Widrigkeiten lassen sich manchmal, aber auch nicht immer, aus der Welt des Kindes räumen.