Nicht in chat aufgenommen...

[Berlin]

@Mamily
Um das zu Thematisieren muss ich nicht die Chats meiner Kinder lesen.
Alle hier geschilderten Beispiele sind mir und meinen Kindern bekannt und wir haben das immer mal wieder thematisiert. Beispielsweise auch der vor ca einem halben Jahr öffentlich gewordene Chat Mobbing Fall, der (mit) zu einem Selbstmord führte. Die Geschichte wurde sogar in den Schulen meiner Kinder im Unterricht thematisiert.

Ich persönlich bin mir der Risiken bewusst, weiss aber, dass ich nicht alles verhindern kann. Nur ab und zu Thematisieren und Vertrauen. Genauso, wie ich Vertrauen haben muss, wenn mein Sohn mit dem Fahrrad zur Schule fährt. Auch wenn er die Veloprüfung in der Schule gemacht hat weiss ich, dass die Kinder recht abenteuerlich fahren. Und nein, ich fahre ihm auch nicht jeden Tag hinterher...

[mamily]

@ berlin
dein sohn fährt ja nicht erst seit gestern fahrrad, sondern hat das gemeinsam mit dir / anderen bezugspersonen, in der Schule etc. geübt, dann hat er eine prüfung (!) abgelegt, und jetzt kannst davon ausgehen, dass er weiss, wie es geht (zumindest hat er es mal gelernt). und du kannst davon ausgehen, dass die weitaus überwiegende mehrrheit der verkehrsteilnehmer, auch wissen, wie man sich auf der strasse benimmt.

in den sozialen medien gibt es aber keine prüfung, die vorher abgelegt werden muss. es gibt unterschiedliches wissen der kinder (und der eltern) über die dos and don'ts, etwaiger auswirkungen des tuns auf das eigene leben und das leben anderer. und ich behaupte jetzt mal dass in vielen familen einfach nicht so differenziert über das thema nachgedacht wird wie zb hier in dem chat der selbstmord mobbing chat fall ist eventuell nur die spitze des eisberges, und ja, vielleicht wäre es gut gewesen, hätte da mal ein elternteil mit reingeschaut.

[Caipi16]

Leute, seid doch nicht naiv. Wenn Eure Kinder nicht wollen, dass Ihr mitlest, werden Sie alle 1-2 Minuten den Chat (oder irgendein Bild oder Video) sofort wieder löschen - so einfach ist das. Da kriegt ihr 3x gar nichts mit . Und wenn es nichts Besonderes zu lesen/sehen gibt, werden sie es Euch sehen lassen - es bringt dann einfach nichts .

Und mitlesen könnt Ihr vielleicht noch, wenn sie 12 sind - aber ich garantiere Euch: Kein 14jähriger wird Euch noch seine Chats lesen lassen... und glaubt mir: 14, 15jährigen kann auch viel Mist in den Sinn kommen .

Nochmals: Sensibilisieren... darüber sprechen... thematisieren.. usw. Absolut ja! Nur wie gesagt: Dieses Kontrollieren und Hinterherspionieren finde ich ganz schlimm und respektlos! Würde ich nie machen - und vielleicht habe ich gerade deswegen so ein gutes und offenes Verhältnis mit meinem Sohn. Weil bei uns alles auf Vertrauen basiert und er weiss, wie zerbrechlich Vertrauen ist.

Aber damit ist für mich nun auch alles gesagt. Alles Mamis, die sich weiterhin ihre Zeit damit um die Ohren schlagen wollen, die Chats ihrer Kinder - mehr oder weniger heimlich - zu lesen und sich einzureden, dass sie so alles unter Kontrolle haben: Viel Spass dabei .

[Pippo]

ich bin auch gerade etwas erstaunt wie locker manche da das alles sehen. medienkompetenz muss man lernen, genauso wie selber über die strasse gehen, ...

genau. und das lernen sie von den eltern, die ihre handynummer im forum posten, ihre kinder als profilbild verwenden, die sämtliche kinderfotos im facebook hochgeladen haben und nicht wissen was privacy settings sind, deren instagramaccount offen für alle ist und die gar keine, aber wirklich gar keine ahnung haben was sie von sich alles preisgeben. Wenn ich sehe wieviele deppen (tschuldigung) bei jedem bescheuerten FB posting jemanden markieren/kommentieren oder eine nummer eintippen weil dann was aus dem bild springen soll ( ) oder aber ständig irgendwelche Hoax weiterleiten, weil sie denken damit was gutes zu tun, dann bin ich mir ziemlich sicher, dass die 15jährigen den bogen besser raus haben.

(@mamily: ich meine damit nicht dich, hab nur deinen input zum anlass genommen)

Nichts für ungut, aber ich würde mich fast wetten trauen, das 50% der mütter hier, die die chats ihrer kinder lesen, selber keine ahnung über ihr tun und walten im www haben. Darum: ja, medienkompetenz muss man lernen, dazu gehört aber auch, sich einerseits mit der technik auseinander zu setzen und sich mal überlegen, wo denn wirklich gefahren lauern. Mobbing ist da nur eine von gaaaanz vielen......

[Solvej2]

Ich bin zu 100% bei caipi. Ich erinnere mich daran, dass ich eine Freundin hatte, dessen Mutter gerne über den zweiten Apparat die Gespräche Ihrer Tochter belauscht hat. Und das irgendwann Mal meiner Mutter erzählt hat, inklusive des Inhalts unseres Gesprächs. Und einfach nicht verstehen konnte, dass meine Mutter das als eine Verletzung meiner Privatsphäre ansah und es an mich weitergegeben hat. Gott, war mir das unangenehm.
Und ehrlich gesagt Ihr heimlichen Mitleser: ich finde nicht, dass Ihr Euren Kindern durch spionieren einen Gefallen tut. Wenn Ihr denkt, dass Eure Kinder noch nicht reif genug für die sozialen Medien ist, dann sollten sie die vielleicht nicht nutzen.

[ausländerin]

1. Ich verstehe der Logik von ganzem auch nicht: Tochter will in Chat mitmachen --> Mutter will kontrollieren --> Tochter schreibt wenig, vermutlich auch weil sie nicht frei schreiben darf/kann/will --> Andere Mädchen möchten sie nicht mehr dabei haben weil sie zu wenig schreibt und ihre Mutter kontrolliert --> Mutter fühlt dass ihr Kind ausgeschlossen wird, versteht aber der Grund nicht. Wer ist hier Erwachsen? Vermutlich die Mädchen die die Tochter ausschliessen weil sie verhindern möchten dass Infos nach Aussen gelangen weil sie die Tochter nicht vertrauen können. Das wollen wir doch für unsere Kinder, oder? Das unsere Kinder sich in Net schützen und die Leute die sie nicht vertrauen können nicht zu der Infos reinlassen die privat bleiben sollen, auch wenn die Infos harmlos sind... Die Mädchen die die Tochter ausschliessen machen meiner Meinung nach alles richtig um sich zu schützen.
2. Ich finde alle Handlungen grundsätzlich falsch wenn sie Primär von Angst ausgelöst sind. Ein Kind im netz zu überwachen und kontrollieren ist nur Angst gesteuert. Wenn wir Kindern Medienkompetenz beibringen wollen, sollen wir die Kinder aufklären, aber auch machen lassen und auch vertrauen können, dass sie es gut machen. Ja, es werden Infos im Internet mit schlechtem Inhalt verbreitet - aber kein Kind nimmt daran schaden wenn es mal ein Porno sieht und es grusig findet. Früher haben wir auch Porno Heflti angeschaut, oder Filme mit Gewaltszenen, oder was auch immer. Bei uns gab es auch Fälle von Kindersuizid (Mobbing war dabei real und nicht virtuell, aber Resultat war gleich) und jeder fall hätte eine lange schwere Vorgeschichte. Solche Sachen passieren nicht heute auf Morgen, und es sind nicht nur ein paar böse Kinder die daran schuld sind und andere Mobben und ein Chat. Meistens ist es das ganze Netzwerk und Umgebung von Kind das nicht stimmt und weg schaut - keine offene Beziehung zu Eltern, desinteressierte Lehrer, keine vertraute Beziehung zu Freunden, Emotionale Labilität. Das sind die Sachen die wichtig sind um Kind schützen zu können um ihm zu ermöglichen der Resilienz und Wiederstandsfähigkeit aufzubauen. Dort muss man einsetzen um Kind schützen zu können. Kontrollierender verhalten der Eltern bewirkt genau der Gegensatz.
Seestern, der Desinteresse deiner Tochter an dem Chat konnte wirklich ein Desinteresse sein, und das wäre ok. Aber es konnte auch eine gespielte Desinteresse sein dir gegenüber, weil sie genau weiss dass du Angst vom Chat hast, und so schützt sie eigentlich dich, und zahlt ein Preis dafür (ausgeschlossen sein). Ich habe mich mit 12 genau so verhalten.

[danci]

1. Ich verstehe der Logik von ganzem auch nicht: Tochter will in Chat mitmachen --> Mutter will kontrollieren --> Tochter schreibt wenig, vermutlich auch weil sie nicht frei schreiben darf/kann/will --> Andere Mädchen möchten sie nicht mehr dabei haben weil sie zu wenig schreibt und ihre Mutter kontrolliert --> Mutter fühlt dass ihr Kind ausgeschlossen wird, versteht aber der Grund nicht. Wer ist hier Erwachsen? Vermutlich die Mädchen die die Tochter ausschliessen weil sie verhindern möchten dass Infos nach Aussen gelangen weil sie die Tochter nicht vertrauen können. Das wollen wir doch für unsere Kinder, oder? Das unsere Kinder sich in Net schützen und die Leute die sie nicht vertrauen können nicht zu der Infos reinlassen die privat bleiben sollen, auch wenn die Infos harmlos sind... Die Mädchen die die Tochter ausschliessen machen meiner Meinung nach alles richtig um sich zu schützen.

Sehr gute Zusammenfassung!
Ganz ehrlich: Wenn eine Mutter auf mich zukäme und sagen würde "Du Deine Tochter hat im Chat ein Foto gepostet, dass ich nicht gerade gut finde." würde ich mit meiner Tochter nicht nur über das Foto reden, sondern sie auch auf den Umstand aufmerksam machen, dass nicht alle Mütter ihre Privatsphäre respektieren und sie nichts schreiben soll, was sie nicht will, dass die Mutter von XY erfährt. Und wenn ich etwas aus der Diskussion gelernt habe, dann dass ich wohl auch das präventiv machen muss.

@ Krista
Schuld vs Verantwortung ist in meinen Augen reines Victim Blaming. Man muss sich nicht wundern, wenn man im Minijupe belästigt wird, man hat ja selbst die Verantwortung sich entsprechend anzuziehen...Nein, entschuldige. Ich kann meinem Kind beibringen, was es machen kann, um sich soweit zu schützen, wie es geht, aber ich werde ihm nicht beibringen, dass es die Verantwortung (und damit auch Schuld) getragen hat, wenn es zum Opfer wird. Der Täter bleibt der Täter. Aber ja, in einem hast Du recht. Den Schaden hat das Opfer. Zum Beispiel dieses, welches Opfer der ungerechtfertigten Verletzung seiner Privatsphäre durch eine Mutter wurde.

[Hausdrache]

Habe nicht alles gelesen.

Unsere Töchter sind zwischen 6. Klasse und ende Lehrzeit.
Ich habe nie gelesen, was in den Chats so abging, ausser sie haben es mir gezeigt. Das kam öfter mal vor und ich habe ihnen öfter einen Tipp gegeben, wie sie damit umgehen können, oder sich verhalten sollen.
Viel wichtiger, als das zu kontrollieren ist, mit den Kindern allgemein über das Verhalten im Netz zu sprechen, mit ihnen anzuschauen, was gefährlich ist, ihnen aufzuzeigen, dass wenn ihnen etas Angst macht, oder sie sich sorgen um ein Kind machen, sie mir das erzählen dürfen und wir gemeinsam überlegen, wie damit umgegangen wird.
Es gab von einigen Jahren ganz üble Geschichten, einmal waren es Kettenbriefähnliche Sachen, die unseren Kindern schon sehr Angst machten. Sowohl die Schulsozialarbeit hat das Thema aufgegriffen, wie auch ich zu Hause, weil sie fragen kamen.
Dann diese Killerclowngeschichte, auch ganz übel, viele Kinder hatten grosse Angst. Auch da halfen Gespräche und Aufklärung.

Ich kann meine Kinder nicht vor allem schützen, ich kann auch nicht verhindern, dass sie etwas sehen oder erleben, was ihnen nicht gut tut. Aber ich kann ihnen die Sicherheit geben, dass sie darüber reden dürfen, dass wir gemeinsam überlegen, was es braucht, dass es ihnen damit gut geht und das muss reichen.

Mobbing gibt es nicht nur im Netz, sondern auch im täglichen Leben. Ich denke das, was man so im Netz dann sieht und liest, ist die Spitze, aber darunter passiert ganz viel. Auf dem Schulweg, in der Umkleidegarderobe, sogar während dem Unterricht selber. Mobbing sieht man oft nicht und wenn Kinder darüber nicht sprechen, kann das üble Folgen haben.

Was ich wichtiger finde, ist dass die Handys abgeschlatet werden über Nacht und es nicht möglich ist, die ganze Nacht im Netz zu verbringen. Unsere haben kein Internet in der Nacht. Warum ist das wichtig? Ich mache die Erfahrung, dass übers Netz hässeleien und Streitereien weiter gehen. Die Kinder können gar nicht mehr runterfahren und tragen das so über Tage mit sich rum und es schaukelt sich Tag und Nacht hoch. Klassen, die auch in der Nacht im Netz sind, merkt man als Lehrer. Es kann sehr heilsam sein, wenn sie da einige Stunden Abstand bekommen. Auch konnte so eine Kollegin verhindern, dass ihre Tochter angezeigt wurde. Weil sie das Handy über Nacht eingschlossen hatte, wusste sie, dass sie gewisse Mobbingdinge gar nicht von ihrem Gerät aus verbreitet hatte. So ging die Polizei dem dann näher nach und merkte, dass ihr Account von einer Mitschülerin gehackt wurde.

[dede]

Also, ich finde die Idee, dass man in einem WA-Chat "unter sich" ist, grundsätzlich amüsant. Sorry, aber das erachte ich als Illusion. Nicht nur wegen dem Hacken. Posts werden doch immer wieder weitergeleitet oder anderen gezeigt, ohne dass die anderen Chatmitglieder um Erlaubnis gefragt werden.

Kontrolle gegen den Willen des Kindes wirkt sich eher kontraproduktiv aus. Das würde ich sein lassen.
Da bin ich dafür, das Kind anzuleiten, es dann machen zu lassen und da zu sein, wenn man gebraucht wird. Fehler machen und auch negative Erfahrungen gehören irgendwie zum Lernprozess, das lässt sich kaum verhindern.

[danci]

Also, ich finde die Idee, dass man in einem WA-Chat "unter sich" ist, grundsätzlich amüsant. Sorry, aber das erachte ich als Illusion. Nicht nur wegen dem Hacken. Posts werden doch immer wieder weitergeleitet oder anderen gezeigt, ohne dass die anderen Chatmitglieder um Erlaubnis gefragt werden.

Es wurden auch früher schon immer Geheimnisse weitergetratscht, nur mit dem Unterschied, dass damals der soziale Kontext herrschte, dass man das eigentlich nicht macht und dass derjenige, der so etwas macht, ein A... ist. Im Gegensatz zu heute, wo das offensichtlich für viele ganz normal ist. Das nicht nur für Teenies, sondern offensichtlich auch Eltern, die das vermitteln und weitergeben und sich über diejenigen lustig machen ("grundsätzlich amüsant") oder ihnen die Schuld geben, die Vertrauen haben.

Ich merke schon, ich werde mich anpassen müssen. Nicht wegen technischer Veränderung oder der bösen "Gefahr im Internet", sondern weil offensichtlich jegliches Anstandsgefühl verloren ging.

[Tre]

Ist es nicht Realität, dass etwas im Netz oder in einem Chat gepostetes eben NIE privat ist sondern immer von jemandem weitergeleitet werden kann - vielleicht auch erst viel später?
Ist es nicht genau das, was die Kinder lernen müssen - nchts von sich schriftlich oder in Bildform preiszugeben, dass nicht auch von anderen Empfängern gesehen werden darf? Jetzt liest vielleicht eine Mutter mit (mit oder ohne Erlaubnis) später ein Freund, Ehemann, beste Freundin, Arbeitskollegin usw.
Es geht doch darum, dass das Internet und die sozialen Medien eben grad NICHT so privat sind, wie wir das glauben (wollen).

[dede]

@tre
Genauso sehe ich das auch. Die sozialen Medien sind etwas Neues, mit eigenen Regeln und (Un)sitten und einfach nicht vergleichbar mit Gesprächen oder der alten Briefpost. Es ist da, bleibt da, kann immer wieder hervorgeholt werden, ist auch jederzeit greifbar, weil fast jeder sein Natel stets auf sich trägt. Die Kontakte finden statt ohne Kontrolle darüber, wer am anderen Ende des Gerätes sitzt und schreibt und mitliest, jetzt oder später. Und dabei ist die Bandbreite halt enorm gross wie das von Einzelnen gehandhabt wird.

[aryu]

Genau, der Unterschied zwischen Tratsch und WA-Messages weiterleiten ist, dass man Tratschgerüchte dementieren kann...

@dede
Es ist aber immer noch ein Unterschied, ob jemand aus der Gruppe einfach Informationen preis gibt, oder ob ein externer "Lauschangriff" stattfindet. Das ist nicht dasselbe, und jemand, von dem man von Vornherein weiss, dass noch Drittpersonen mitlesen werden, würde ich auch nicht aufnehmen.

@victim blaming
Der Begriff wird in meinen Augen überstrapaziert. Auch wenn Fussgänger auf dem Zebrastreifen Vortritt haben, bringe ich meinen Kindern nicht bei, diesen ohne auf den Verkehr zu achten zu betreten. Sie sind in dieser Situation für ihr eigenes Wohlergehen verantwortlich. Das macht sie nicht zum Schuldigen, wenn sie auf dem Zebrastreifen angefahren werden. Aber Schuld und Verantwortung sind in meinen Augen zwei verschiedene Dinge. Schuld ist sowieso der Täter, in jedem Fall. Aber es liegt in meiner Verantwortung als potentielles Opfer, gewisse Risiken zu vermeiden.

LGRU