Primarschule-Bestrafung und Belohnung

Unsere grossen Kleinen und unsere kleinen Grossen. Was uns in diesem Abschnitt der Kinder begleitet, beschäftigt und interessiert.

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Ariadne
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Re: Primarschule-Bestrafung und Belohnung

Beitrag von Ariadne »

jupi2000 hat geschrieben: Mo 19. Nov 2018, 16:11 Drag_Ulj
aber heute gibts Kinder, die werden zuhause für jeden Pipifax belohnt und in den Himmel gelobt! Die hören den ganzen Tag von den Eltern, wie super sie doch seien. Da muss man es dann in der Schule auch tun, sonst kommt das Kind ja nicht mehr draus. Dann bekommt die Prinzessin oder der Prinz Minderwertigkeitskomplexe :wink:
Das ist doch jetzt wirklich ein bisschen vereinfacht, jupi. Wie stellst du dir denn vor, dass diese Kinder zuhause funktionieren? Wenn sie einfach nur immer gelobt werden, kann das Familienleben gar nicht funktionieren. Diese Eltern sind irgendwann überfordert und fangen dann eben doch auch an mit Strafen etc. Natürlich sind solche Kinder völlig orientierungslos. Aber das korrigiert man doch nicht, indem man in der Schule einfach weitermacht mit diesem Belohnen und Bestrafen. Wenn Lehrpersonen wirklich in eine beziehungsorientierte Führung finden würden mit den SchülerInnen, könnten sie diese auch ohne Belohnen und Bestrafen in den Griff bekommen. Es gibt ja Beispiele von Lehrpersonen, die das können. Aber viele haben leider keine Ahnung von beziehungsorientiertem Führen, sondern denken, es gebe nur entweder Folgen/Strafen/Belohnen oder aber Laissez-faire. So wie viele Eltern das eben auch denken.

Ich denke allerdings, dass man völlig übertreibt, wenn man sagt, dass heute so extrem viele Kinder nicht "richtig" erzogen seien von den Eltern und die Lehrpersonen dann das Nachsehen hätten. Ich sehe das bei meiner älteren Tochter: Die Lehrerin, die die Klasse von der 1.-3. Klasse hatte, hatte sie ohne Drohungen und Strafen im Griff, sie hatte eben jene beziehungsorientierte Führung. Seit der 4. Klasse muss die neue Lehrerin nun genau die gleichen SchülerInnen plötzlich mit einem übertriebenen Regelwerk und Belohnungs- und Bestrafungssystem führen, weil sie sie sonst nicht im Griff hat. Ja sind wohl alle SchülerInnen in jenen Sommerferien plötzlich andere Kinder geworden? Nö, da ist doch klar, dass es an den Fähigkeiten der Lehrerin liegt.
LG,
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Ariadne
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Re: Primarschule-Bestrafung und Belohnung

Beitrag von Ariadne »

Drag-Ulj hat geschrieben: Mo 19. Nov 2018, 16:18 Ariadne

Danke für die Mühe, genau so sollte es sein !!!!
Nenn es wie du willst, ich habs ja nicht erfunden & hab deshalb auch keinen Anspruch auf die korrekte Benennung ;) Aber so wird es vom Institut genannt, welches sich damit beschäftigt.
Interessant! Nennst du mir dieses Institut? Wenn's hier nicht erlaubt ist (Werbung oder so?) gerne auch per PN.
LG,
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Re: Primarschule-Bestrafung und Belohnung

Beitrag von Drag-Ulj »

Ariadne
Ich habe bei Jupis Beitrag eine unendlich hohe Dosis an Sarkasmus herausgelesen... oder jupi?
Und trotzdem hast du recht mit dem, was du schreibst! (finde ich)

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Re: Primarschule-Bestrafung und Belohnung

Beitrag von Drag-Ulj »

Ariadne hat geschrieben: Mo 19. Nov 2018, 16:32
Drag-Ulj hat geschrieben: Mo 19. Nov 2018, 16:18 Ariadne

Danke für die Mühe, genau so sollte es sein !!!!
Nenn es wie du willst, ich habs ja nicht erfunden & hab deshalb auch keinen Anspruch auf die korrekte Benennung ;) Aber so wird es vom Institut genannt, welches sich damit beschäftigt.
Interessant! Nennst du mir dieses Institut? Wenn's hier nicht erlaubt ist (Werbung oder so?) gerne auch per PN.
Ich kenns aus einer Fortbildung, sollte keine falsche Werbung sein!
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Re: Primarschule-Bestrafung und Belohnung

Beitrag von stella »

Ich weiss jetzt nicht, was ich mit diesen Angaben von Drag-Ulj und Ariadne tun soll!?!?
Jede Zeit hatte ihre Pädagogik. Und es spielt im Moment gar keine Rolle, welche wir haben.
Ich mag mich an "antiautoritäre Erziehung" (Summerhill) erinnern. Hatten wir mal in der Ausbildung. Es gibt auch noch die "freien Schulen"... Also ein ganzes Sammelsurium.

Fakt ist, dass es heute eine Wertevielfalt gibt und dass es einige Menschen gibt, die dem heute geltenden System e Bitz voraus sind. Auf der anderen Seite werden diese Strichlisysteme in den Ausbildungstätten der Lehrpersonen HEUTE noch gelernt, als Klassenführungsinstrument.

Nun... Solange jede Lehrperson sich an die Gesetzte hält, kann sie tun und lassen, was sie möchte. Und wenn ihre Überzeugung beinhaltet, dass sie ihre Klasse mit dem System führen will, dann darf sie das. Und ja, dann passt es für einen Teil nicht wirklich, für einen Teil ganz gut und für einen Teil sehr. Ein ganz kleiner Teil leidet. Aber das ist bei jeder ART so! Bei jeder.

Als Beispiel:
Ich habe auf der Real einen sehr rhythmisierten und ritualisierten, vorhersehbaren Unterricht, dies für all die SuS mit special effects. Es gibt aber immer wieder SuS, für die das Gerüst zu eng ist. Ist einfach so. Ich versuche, alle zu erreichen, geht aber bei 25 Nasen im Unterricht nicht. Keine Chance.

So, meine Kinder haben und hatten auch so Systeme. Sie sollen sich damit arrangieren. Wenn dann mein Kind über mehrere Wochen deswegen nicht mehr schlafen kann, dann suche ich das Gespräch mit der LP und suche mit ihr gemeinsam nach Lösungen.

Vielleicht noch:
Ja, es ist so, dass immer die gleichen die "schlechten" Rückmeldungen bekommen. Das ist aber nicht nur im Verhalten so. Nehmen wir mal an, Köbeli ist nicht gut im Sport. In jeder Sportlektion bekommt er unmittelbar Rückmeldung, dass er es einfach nicht kann. Rein schon durch seine Begrenzung, gewissen Dinge nicht zu können, merkt er schnell und direkt, dass er da ein Defizit hat. Und nun betrifft es das Verhalten: Da soll man dann nett und lieb sein, wenn sich Kinder nicht ruhig verhalten können, unzuverlässig sind,... Auch Kids mit special effects MÜSSEN das lernen. (Ich habe selber so ein Kind, darum darf ich das schreiben...)

In meinen Augen sollten alle SuS zwei Mal die Woche entweder mit Hunden oder mit Pferden arbeiten müssen. Dort kommt die Rückmeldung über unruhiges Verhalten sofort und unmittelbar. Sie können mit diesen Tieren nur arbeiten, wenn sie sich selber im Griff haben. Wenn nicht, kann es auch schmerzhaft sein. (Eines meiner Kinder hat Bodenarbeit mit Pferden gemacht - dort hat sie am meisten über sich selber gelernt...)

Ja, natürlich wäre es wünschenswert, wenn die LP im Klassenzimmer meiner Kinder zu unserer Haltung passen würde! Sehe ich auch so, aber leider ist das in den meisten Fällen nicht so!

Edit
Haim Omer ist suuuper... Der beschäftigt sich mit gewaltlosem Widerstand bei renitenten Jugendlichen...
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Ariadne
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Re: Primarschule-Bestrafung und Belohnung

Beitrag von Ariadne »

Danke, drag-ulj!
Ich finde es schade, diese Richtung "Neue Autorität" zu nennen, weil das Wort "Autorität" sowohl alleine als auch durch das Prefix "anti-" schon so belastet ist. Ausserdem sagt das Wort "Neu" ja überhaupt nichts darüber aus, in welche Richtung diese Neuigkeit denn geht. Ich finde "beziehungsorientierte Führung" tausendmal besser, weil erstens darin enthalten ist, dass es nicht so sehr um Erziehung, sondern um eine Beziehung geht, und das Wort "Führung" eben zeigt, dass es nicht einfach Laissez-faire ist, die ja an Interesselosigkeit grenzt.
Aber ich muss erstmal schauen, ob dieses "Neue Autorität" sich wirklich ganz deckt mit dem, was ich "beziehungsorientierte Führung" nenne; in deiner Auslistung schien es mir einfach so.
LG,
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Re: Primarschule-Bestrafung und Belohnung

Beitrag von Ariadne »

@ stella
Ich weiss jetzt nicht, was ich mit diesen Angaben von Drag-Ulj und Ariadne tun soll!?!?
Du brauchst gar nichts damit zu tun, wenn du nicht willst :wink: Es sind einfach Gedankenanstösse für diejeningen, die sich damit befassen mögen. Rein freiwillig.
Auch Kids mit special effects MÜSSEN das lernen.
Ja. Aber die Frage ist halt, WIE.
Interessant ist ja, dass ganz viele das vorbringen, wenn es um das Belohnungs- und Bestrafungssystem geht: Aber die Kinder müssen doch lernen, dass sie nicht einfach machen können, was sie wollen! Diese Leute können sich eben gar nicht vorstellen, dass dieses Ziel auch anders erreicht werden kann als mit dem Belohnungs- und Bestrafungssystem, also mit autoritärer Führung. Weil sie denken, die einzige Alternative sei Laissez-faire, und damit würde man ja sowieso nicht dieses Ziel erreichen, was wohl stimmt.
Deshalb kann es gewinnbringend sein, aufzuzeigen, dass es eben auch einen dritten Weg gibt (auch wenn du nicht weisst, was du damit tun sollst - du unterrichtest ja schon lange so -, anderen zeigt es vielleicht, dass es auch noch einen anderen Weg gibt, den sie bisher nicht kannten).
Zuletzt geändert von Ariadne am Mo 19. Nov 2018, 16:58, insgesamt 1-mal geändert.
LG,
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Re: Primarschule-Bestrafung und Belohnung

Beitrag von Honigblume »

jupi2000 hat geschrieben: Mo 19. Nov 2018, 16:03 Minchen
Vielleicht? Ich weiss es nicht.

Aber ich glaube einfach nicht, dass eine LP das Bestrafungssystem aus purer Langeweile einsetzt. Es gibt bestimmt Gründe. Vielleicht melden sich ja noch mehr LPs und berichten von ihren Erfahrungen.
Aus langweile wahrscheinlich nicht, aber manchmal wohl etwas voreillig.
Die jetzige LP hat ganz frisch übernommen. Obwohl sie die Klasse noch garnicht kannte, hat sie gleich von Anfang an harte Geschütze aufgefahren. Die vorherige LP brauchte 2 Jahre lang überhaupt kein Bestrafungssystem, die Klasse wurde komischerweise gelobt, es sei eine ganz tolle Klasse. Natürlich gibt es auch in dieser Klasse 1-2 Schüler die gerne mal aufdrehen.
Demzufolge war ich ziemlich verwirrt als ich gesehen habe das nun die jetzige LP das Bestrafungssystem ununterbrochen so dermasen in den vordergrund stellt.
Zwei Kinder an der Hand. Eines bei den Sternen *

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Ariadne
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Re: Primarschule-Bestrafung und Belohnung

Beitrag von Ariadne »

Honigblume hat geschrieben: Mo 19. Nov 2018, 16:58
jupi2000 hat geschrieben: Mo 19. Nov 2018, 16:03 Minchen
Vielleicht? Ich weiss es nicht.

Aber ich glaube einfach nicht, dass eine LP das Bestrafungssystem aus purer Langeweile einsetzt. Es gibt bestimmt Gründe. Vielleicht melden sich ja noch mehr LPs und berichten von ihren Erfahrungen.
Aus langweile wahrscheinlich nicht, aber manchmal wohl etwas voreillig.
Die jetzige LP hat ganz frisch übernommen. Obwohl sie die Klasse noch garnicht kannte, hat sie gleich von Anfang an harte Geschütze aufgefahren. Die vorherige LP brauchte 2 Jahre lang überhaupt kein Bestrafungssystem, die Klasse wurde komischerweise gelobt, es sei eine ganz tolle Klasse. Natürlich gibt es auch in dieser Klasse 1-2 Schüler die gerne mal aufdrehen.
Demzufolge war ich ziemlich verwirrt als ich gesehen habe das nun die jetzige LP das Bestrafungssystem ununterbrochen so dermasen in den vordergrund stellt.
Das tut mir eben richtig weh, sowas zu lesen. Da ist eine Klasse so toll drauf, und diese Lehrerin zerstört es gleich mit ihrem Drohsystem (kann es nicht anders nennen). Null Vertrauen in die Fähigkeiten der SchülerInnen, null Bereitschaft, mit ihnen eine (führungsorientierte) Beziehung aufzubauen. Wirklich traurig.
LG,
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Re: Primarschule-Bestrafung und Belohnung

Beitrag von jupi2000 »

Drag-Ulj hat geschrieben: Mo 19. Nov 2018, 16:32 Ariadne
Ich habe bei Jupis Beitrag eine unendlich hohe Dosis an Sarkasmus herausgelesen... oder jupi?
Und trotzdem hast du recht mit dem, was du schreibst! (finde ich)
Ja das war schon sarkastisch gemeint. Darum der Zwinkersmiley.
Aber soo realitätsfremd dann doch wieder nicht.

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maop
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Re: Primarschule-Bestrafung und Belohnung

Beitrag von maop »

Auch wenn sich Sohnemann gut damit arrangiert hat, finde ich es immer noch irritierend. Das Läuft dann etwas so:
Lp erklärt etwas....dann: xy strich! Geht zum Heft, notiert es. Erklärt weiter... yz Strich! Geht zum Heft und notiert den Schüler...

Bei 5strichen eine Kugel weggenommen, hat man noch alle Kugeln Ende Woche gibt’s eine Krone, fünf Kronen werden belohnt...

Ähm.... da wir doch auch min 10% Der Energie immer dafür verbraucht und die Haltung der erzählenden Lehrperson ist doch total auf die Störerei und die Handhabung des entsprechenden Systems fokussiert, statt auf den Inhalt.

Wird das wirklich noch so gelehrt? Eine gute Freundin von mir arbeitet als Dozentin an der Ph und meint nein.

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maop
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Re: Primarschule-Bestrafung und Belohnung

Beitrag von maop »

Ach ja, wie gesagt, er leidet nicht darunter und hat sich arrangiert. Trotzdem hat er mich kürzlich gefragt, als ich ihm sagte, dass er für mich der liebste Bub der Welt ist, ob ich ihn auch sicher nicht gegen xyz tauschen würde, der noch nie einen Strich hatte. Also da werden schon auch Werthaltungen auf die Kinder projiziert. Sie nehmen war, der xyz kann das einfach, der ist mehr Wert.

Ich denke übrigens auch solche die dann ständig belohnt werden für nichts, können später auf die Welt kommen wenn sie nicht mehr für Null Anstrengung belohnt werden.

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Lotus
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Re: Primarschule-Bestrafung und Belohnung

Beitrag von Lotus »

Maop: Unsere Mädels und der Jüngste (die in einem eher laissezfaire benannten Haushalt aufwachsen ;) bei uns darf man fast alles, wie zB vom Tischaufstehen ohne zu Fragen, dann ins Bett, wenn Müde, nach einem 2.Dessert fragen und wir BEGLEITEN das...anderes Thema...) leiden auch darunter. Sie sind mega gestresst, wenn viele Strafen verteilt werden, weil sie es nicht mitanschauen können. Sie haben auch schon mal was vergessen, und sie schämen sich dann sehr. Sie sind alle 3 sehr angepasste VorzeigeschülerInnen ohne dass wir dazu etwas beitragen müssten. Es ist einfach so und ich finde es mega gemein, Eltern von lauten Schulkindern vorzuwerfen, sie machten etwas falsch :(
Manche andere Kinder versuchen sie es auch mit Polizistele zu verhindern: "psst sei stil sonst kriegst du ne Strafe".
Mich stört die Dynamik dabei. Ich versteh, dass man Regeln braucht, aber nicht, wie man Kinder bestrafen möchte :?
"Erziehung ist organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend." Mark Twain

frausteiner
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Re: Primarschule-Bestrafung und Belohnung

Beitrag von frausteiner »

stella hat geschrieben: Mo 19. Nov 2018, 16:39

Fakt ist, dass es heute eine Wertevielfalt gibt und dass es einige Menschen gibt, die dem heute geltenden System e Bitz voraus sind. Auf der anderen Seite werden diese Strichlisysteme in den Ausbildungstätten der Lehrpersonen HEUTE noch gelernt, als Klassenführungsinstrument.

Nun... Solange jede Lehrperson sich an die Gesetzte hält, kann sie tun und lassen, was sie möchte. Und wenn ihre Überzeugung beinhaltet, dass sie ihre Klasse mit dem System führen will, dann darf sie das. Und ja, dann passt es für einen Teil nicht wirklich, für einen Teil ganz gut und für einen Teil sehr. Ein ganz kleiner Teil leidet. Aber das ist bei jeder ART so! Bei jeder.

Als Beispiel:
Ich habe auf der Real einen sehr rhythmisierten und ritualisierten, vorhersehbaren Unterricht, dies für all die SuS mit special effects. Es gibt aber immer wieder SuS, für die das Gerüst zu eng ist. Ist einfach so. Ich versuche, alle zu erreichen, geht aber bei 25 Nasen im Unterricht nicht. Keine Chance.

So, meine Kinder haben und hatten auch so Systeme. Sie sollen sich damit arrangieren. Wenn dann mein Kind über mehrere Wochen deswegen nicht mehr schlafen kann, dann suche ich das Gespräch mit der LP und suche mit ihr gemeinsam nach Lösungen.

Vielleicht noch:
Ja, es ist so, dass immer die gleichen die "schlechten" Rückmeldungen bekommen. Das ist aber nicht nur im Verhalten so. Nehmen wir mal an, Köbeli ist nicht gut im Sport. In jeder Sportlektion bekommt er unmittelbar Rückmeldung, dass er es einfach nicht kann. Rein schon durch seine Begrenzung, gewissen Dinge nicht zu können, merkt er schnell und direkt, dass er da ein Defizit hat. Und nun betrifft es das Verhalten: Da soll man dann nett und lieb sein, wenn sich Kinder nicht ruhig verhalten können, unzuverlässig sind,... Auch Kids mit special effects MÜSSEN das lernen. (Ich habe selber so ein Kind, darum darf ich das schreiben...)

Edit
Haim Omer ist suuuper... Der beschäftigt sich mit gewaltlosem Widerstand bei renitenten Jugendlichen..


Bin total einig mit dir, du hast es super geschrieben!
Dann heisst das also ja, es geht auch anders. Und was für Skills braucht die Lehrperson dann, damit sie es anders machen kann-so wie du? Oder andersrum gefragt-warum machen es so viele so und nicht wie du?
Braucht es persönliche Reife? Ein Kind mit SE zu Hause? 100 Prozent Motivation ? Was macht den Unterschied aus?

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Re: Primarschule-Bestrafung und Belohnung

Beitrag von carina2407 »

maop hat geschrieben: Mo 19. Nov 2018, 19:49 Ach ja, wie gesagt, er leidet nicht darunter und hat sich arrangiert. Trotzdem hat er mich kürzlich gefragt, als ich ihm sagte, dass er für mich der liebste Bub der Welt ist, ob ich ihn auch sicher nicht gegen xyz tauschen würde, der noch nie einen Strich hatte. Also da werden schon auch Werthaltungen auf die Kinder projiziert. Sie nehmen war, der xyz kann das einfach, der ist mehr Wert.

Ich denke übrigens auch solche die dann ständig belohnt werden für nichts, können später auf die Welt kommen wenn sie nicht mehr für Null Anstrengung belohnt werden.
Das sehe ich genau gleich, finde diese Werthaltung auch etwas fragwürdig, und das ist es auch was mich an solchen Systemen stört. Aber wir haben uns auch daran gewöhnt. Mein Sohn fragte mich auch schon ob ich sauer auf ihn wäre wenn er es bis Ende 6. nie bis zur Schatzkiste schaffen würde :? Als ob das das Wichtigste wäre. Ich sag ihm immer wieder, dass ich stolz auf ihn bin, dass er es so gut macht, denn es ist nicht immer einfach für ihn, er muss sich viel mehr anstrengen als andere, um diese Leistungen zu bringen, dass er so gute Noten hat vergisst er manchmal, diese Tafel steht für ihn im Vordergrund.
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Re: Primarschule-Bestrafung und Belohnung

Beitrag von Drag-Ulj »

Ariadne
Ich denke (!), dass das Wort Autorität bewusst gewählt wurde, um sich einerseits vom Laissez-Faire abzugrenzen & andererseits um wie nochmals zu betonen, dass eben Erwachsene leiten, begleiten... was auch immer. Antiautoritär & LF sind übrigens nicht dasselbe & der Begriff "Autorität" ist ja grundsätzlich nicht negativ - hat sich aber wohl so verankert in unseren Köpfen.

Studien haben gezeigt, dass sowohl die klassisch autoritär erzogenen Kinder wie auch die 68er Jahrgänge mit der LF-Erziehung oft "nicht gut herausgekommen sind" (sehr banal ausgedrückt), oft im Leben anstanden, keine Lösungsansätze hatten, psychische Krisen, Suchtprobleme etc. etc. & dass sie ihren Eltern die nicht gelungene Erziehung/Begleitung vorwarfen!

Stella
Ich finde auch nicht, dass du irgendwas mit diesem neuen Begriff anstellen musst. Du scheinst ja als LP & als Mutter sehr intuitiv zu handeln, setzt dich mit Themen auseinander und bist offen. Leider scheint die Generation der jetztigen Eltern oft überfordert und unsicher, weiss nicht, was nun doch gut wäre & verlässt sich auf Ratgeber, Erziehungsbücher etc. - ein wahrer Dschungel. Deshalb finde ich diese Darstellung (leider ohne Beispiele, die sehr sinnvoll waren) übersichtlich & zeigt einfach wie es rechts & links klassischerweise gemacht wurde und mit welchen möglichen Folgen fürs Kind. In der Mitte ein möglicher (!) Weg, ebenfalls mit möglichen Resultaten. Mehr nicht.

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Re: Primarschule-Bestrafung und Belohnung

Beitrag von Ariadne »

Drag-Ulj hat geschrieben: Di 20. Nov 2018, 09:02 Ariadne
Ich denke (!), dass das Wort Autorität bewusst gewählt wurde, um sich einerseits vom Laissez-Faire abzugrenzen & andererseits um wie nochmals zu betonen, dass eben Erwachsene leiten, begleiten... was auch immer.
Ja, das denke ich auch. Aber das ist ja eben bei der beziehungsorientierten Führung im Wort "Führung" auch drin.
Drag-Ulj hat geschrieben:Antiautoritär & LF sind übrigens nicht dasselbe & der Begriff "Autorität" ist ja grundsätzlich nicht negativ - hat sich aber wohl so verankert in unseren Köpfen.
Ja, das stimmt, das ist nicht dasselbe, da muss man differenzieren. Und: Ein Begriff ist eigentlich fast nie grundsätzlich negativ oder positiv, weil Worte immer Konnotationen haben und diese sich ändern können. Ich denke, man hat den Begriff "Neue Autorität" gewählt, weil man weiss, dass heute ganz viele Leute dieses Autoritäre immer noch sehr wichtig finden und man diese so vielleicht eher dazu bewegen kann, hier zuzuhören.
Drag-Ulj hat geschrieben: Studien haben gezeigt, dass sowohl die klassisch autoritär erzogenen Kinder wie auch die 68er Jahrgänge mit der LF-Erziehung oft "nicht gut herausgekommen sind" (sehr banal ausgedrückt), oft im Leben anstanden, keine Lösungsansätze hatten, psychische Krisen, Suchtprobleme etc. etc. & dass sie ihren Eltern die nicht gelungene Erziehung/Begleitung vorwarfen!
Kannst du mir diese Studien nennen? Ich weiss natürlich, dass es so sein muss, aber ich würde es gerne konkret nachlesen. Und eben, weil es so ist, ist dieser dritte Weg eben total wichtig und interessant. Egal, wie man ihn nennt, Hauptsache, es werden möglichst viele Leute angesprochen :wink:
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Re: Primarschule-Bestrafung und Belohnung

Beitrag von gast »

Bei uns gibt's das System in der Schule und sogar im Hort/Mittagstisch. Wie gesagt, machen sich einige Kinder einen Spass daraus, Striche zu bekommen, weil es als cool gilt.

Fakt ist doch aber, dass sich das Kind, wenn es einen Strich bekommt, weil ihm jetzt der Schreiber auf den Boden gefallen ist, weil es in die falsche Richtung schaut, weil es seinen Sitznachbarn fragt, weil es etwas falsch verstanden hat und den Lehrer nicht mehr fragen darf etc, falsch verstanden/behandelt fühlt (jetzt abgesehen von den grösseren Sachen wie Unterricht stören, Sachen werfen etc., aber das müsste man ja anders lösen können).

Meine regen sich machmal auch recht auf, wenn jemand in ihrer Klasse mit einem Strich bestraft wird und sie das Gefühl haben, die Lehrperson habe unverhälntismässig reagiert oder das Kind falsch beurteilt. Alle unsere Lehrer hatten aber solche Systeme, vom Kiga bis 6. Klasse. Und die jetzigen Lehrer kommen frisch von der Ausbildung, aber haben die selben Bestrafungssysteme wie eh und jeh. Wie bei uns schon, vor über 40 Jahren.
Liebi Grüessli

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Re: Primarschule-Bestrafung und Belohnung

Beitrag von huckepack »

Hier wird zT auch die Kollektivstrafe benutzt. Ein Kind macht einen Seich, der ganzen Klasse werden Punkte weggenommen.
So werden die fehlbaren Kinder nicht nur von der Lehrperson bestraft, sondern auch die anderen Kinder sind wütend, weil ihnen dadurch Punkte weggenommen werden. Das ist zuwider des Klassenzusammenhaltes und hetzt die Kinder gegeneinander auf.
Ich finde halt immer, mit so Systemen werden eigene Schwächen überspielt. Wenn man sich nicht zu helfen weiss, gibt man Punkte und zieht sie wieder ab.

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Re: Primarschule-Bestrafung und Belohnung

Beitrag von Drag-Ulj »

Ariadne hat geschrieben: Di 20. Nov 2018, 09:32
Drag-Ulj hat geschrieben: Di 20. Nov 2018, 09:02 Ariadne
Ich denke (!), dass das Wort Autorität bewusst gewählt wurde, um sich einerseits vom Laissez-Faire abzugrenzen & andererseits um wie nochmals zu betonen, dass eben Erwachsene leiten, begleiten... was auch immer.
Ja, das denke ich auch. Aber das ist ja eben bei der beziehungsorientierten Führung im Wort "Führung" auch drin.

Ja klar, aber dich müssen sie ja damit nicht mehr erreichen ;)
Drag-Ulj hat geschrieben:Antiautoritär & LF sind übrigens nicht dasselbe & der Begriff "Autorität" ist ja grundsätzlich nicht negativ - hat sich aber wohl so verankert in unseren Köpfen.
Ja, das stimmt, das ist nicht dasselbe, da muss man differenzieren. Und: Ein Begriff ist eigentlich fast nie grundsätzlich negativ oder positiv, weil Worte immer Konnotationen haben und diese sich ändern können. Ich denke, man hat den Begriff "Neue Autorität" gewählt, weil man weiss, dass heute ganz viele Leute dieses Autoritäre immer noch sehr wichtig finden und man diese so vielleicht eher dazu bewegen kann, hier zuzuhören.

Bin da eben deiner Meinung!
Drag-Ulj hat geschrieben: Studien haben gezeigt, dass sowohl die klassisch autoritär erzogenen Kinder wie auch die 68er Jahrgänge mit der LF-Erziehung oft "nicht gut herausgekommen sind" (sehr banal ausgedrückt), oft im Leben anstanden, keine Lösungsansätze hatten, psychische Krisen, Suchtprobleme etc. etc. & dass sie ihren Eltern die nicht gelungene Erziehung/Begleitung vorwarfen!
Kannst du mir diese Studien nennen? Ich weiss natürlich, dass es so sein muss, aber ich würde es gerne konkret nachlesen. Und eben, weil es so ist, ist dieser dritte Weg eben total wichtig und interessant. Egal, wie man ihn nennt, Hauptsache, es werden möglichst viele Leute angesprochen :wink:
Kann dir keine Studien nennen, diese hat der Referent zitiert und erwähnt. Details sind allenfalls auf der Pina-Seite zu finden oder anzufragen. Ich dreh grad beruflich wie privat im Hamsterrad & komme die nächsten Tage nicht dazu zu schauen/zu schreiben. Wenn du schneller sein solltest, bitte um Info :)

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