Churer Schulmodell

Unsere grossen Kleinen und unsere kleinen Grossen. Was uns in diesem Abschnitt der Kinder begleitet, beschäftigt und interessiert.

Moderator: conny85

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Käfermutti
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Re: Churer Schulmodell

Beitrag von Käfermutti »

frausteiner hat geschrieben: Di 18. Dez 2018, 08:31 Das Churer Modell wäre wahrscheinlich umsetzbar mit 10-15 Kindern. Aber bei uns hat man der frischen LP 27 aufgehalst. In der Klasse hat es einige Kinder mit Special Effects. Diese Kinder sind total überfordert mit der freien Sitzplatzwahl und den langwieriegen Reflexionen im Kreis. 27 Kinder dichtgedrängt im Kreis? Davon einige verhaltensoriginell?
I denke, die frischen/jungen LP müssen für sich selbst erst herausfinden, was und wann etwas umsetzbar ist und wie man es für sich und die Klasse anpassen kann. Da ist unbedingt eine gute und enge Begleitung durch eine erfahrene LP von Nöten, die Hilfe bieten kann. Es ist doch schade, wenn junge motivierte LP gleich wieder aus dem Job gejagt werden. 27 Schüler in einem Kreis und alle fühlen sich gestört und gestresst, damit ist doch niemandem geholfen.
Bei uns sind es gerade mal 16 Kinder in der Klasse, dass ist schön übersichtlich und dann klappt es auch ganz gut im Kreis
Mutti von drei Käferladys
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Pippo
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Re: Churer Schulmodell

Beitrag von Pippo »

frausteiner hat geschrieben: Di 18. Dez 2018, 08:31 Das Churer Modell wäre wahrscheinlich umsetzbar mit 10-15 Kindern. Aber bei uns hat man der frischen LP 27 aufgehalst. In der Klasse hat es einige Kinder mit Special Effects.
funktioniert hier prima, vor allem im kreis.
25 kinder (1. und 2 klasse), davon auch ein paar kinder mit schwieriger geschichte und dementsprechend auch schwierigem verhalten, allerdings mit erfahrenen LP (sind 2 lehrerinnen, die teilweise zusammen, teilweise einzeln unterrichten, beide im TZ pensum). Und: mit räumlichkeiten die auf das modell passen, also genau platz für den kreis, genug platz für die arbeitsplätze plus einem extra gruppenraum. Im Kreis hat die LP die schüler sehr gut im blick, die kinder haben jeweils ihre fixen hocker mit ihren utensilien unten drin, insofern kann die LP steuern wer neben wem sitzt. Beim arbeiten können sie dann sitzen wo sie wollen (hat pro tisch platz für ca. 4 Kinder), wenns dort zu bunt getrieben wird, bittet die LP die schüler doch bitte einen anderen platz zu suchen.
Ich kanns auch nicht als fachperson bewerten, nur von schulbesuchen als mutter - ich war sehr positiv überrascht von dem modell, auch wenns anfangs irgendwie unstrukturiert wirkt hat es doch struktur. Den Kindern wird die aufgabe klar angesagt: zuerst X machen, wer dann fertig ist kann Y machen oder auch Z.... und dann wissen die ziemlich gut was sie zu tun haben. Gut fand ich vor allem, dass immer ein bisschen bewegung drin ist, vor allem für ein paar jungs (in dieser klasse) ist das glaube ich sehr wichtig, die können nicht wirklich so lange still sitzen.

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Hausdrache
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Re: Churer Schulmodell

Beitrag von Hausdrache »

Also, die Menge und der Kreis sind nicht das Problem. Manchmal reicht ein Kind und es klappt nichts mehr, weil es so viel Unruhe bringt.
Auch müssen die Kinder erst "ankommen" in einem Modell und in der Schule. Ich habe eine neue Klasse, die kannte den Kreis zuvor nicht. Als ich angefangen habe mit ihnen, waren sie extrem unruhig, fanden den Kreis doof, wollten lieber irgendwo sitzen und zuhören, aber an ihren Pulten waren sie abgelenkt durch Dinge, die auf dem Pult lagen, machten Faxen mit dem Nachbarn, begannen schon Dinge hervor zu kramen, oder zu versorgen, obwohl ich noch erklärte etc.

Nun nach einigen Monaten sagen mir vor allem die Fachlehrer, wie extrem ruhig und fokussiert meine seien, wenn man etwas erklärt. Auch seien sie voll dabei, würden mitdenken und Geschichten erzählen klappt wunderbar. Es war aber ein langer weg und es sind grosse Schüler, ich habe 3.-6. Klasse.
Reflexion klappt auch jetzt nach wie vor nicht wirklich. Das kenne ich ganz anders. Sie sind sich nicht gewöhnt einander zuzuhören, sie sind sich nicht gewöhnt ihr Lernen zu beobachten und gezielt darüber nachzudenken. Ich gebe uns da noch ganz viel Zeit. Man merkt, dass es bei einzelnen nun Klick gemacht hat, ich bin gespannt, wie lange wir brauchen, bis es für die Mehrheit einen Gewinn bringt.

Es ist aber sicher so, dass man als erfahrene Lehrperson besser steuern kann, mehr Möglichkeiten kennt um in kleinen Schritten vorwärts zu gehen, dass man mehr Möglichkeiten kennt, auf die Kinder und ihr Verhalten zu reagieren, als wenn man noch sehr mit dem Unterrichten an sich, mit dem Stoff und mit sich selber beschäftigt ist. Das kann es erleichtern. Dafür erlebe ich unsere jungen LehrerInnen sehr engagiert, serh sogrfältig vorbereitet und sie sind ehrlich bemüht. Dass die Klassen grösser werden, die Kinder immer unterschiedlicher sind und man damit sehr verschieden auf sie reagieren muss, dafür kann keine der Lehrerinnen etwas. Ich mache aber die Erfahrung, dass im oft in den Elternköpfen als ideal herumgeisternden Frontalunterricht und alle machen zur selben Zeit dasselbe, keineswegs das Heil zu finden ist. Ich habe in dieser Unterrichtsform genauso unruhige und ungünstige Lernsituationen gesehen, wie sie auch in anderen Formen vorkommen können.
Spannend fand ich, als ich wieder in meinen Beruf eingestiegen bin. Ich kam aus einem anderen Kanton, war mich Wochenpläne, Werkstätten und sogar freie Tätigkeit (Jedes Kind sucht sich selber ein Thema und setzt sich eigene Ziele) gewöhnt. Hier wurde das in dem Moment gerade als neu ausprobiert und viele Lehrer taten sich sehr schwer mit den Themen. Die Eltern waren dementsprechend skeptisch, als sie von den Kindern hörten, was wir so machen. Meine Parallelkollegin arbeitet sehr geführt, alle zur gleichen Zeit dasselbe und gab sehr viel vor., war bekannt als streng und jemand, der Ruhe und Disziplin forderte. Dann kam der Elternbesuchstag, ich hatte das Schulzimmer voll, auch mit Eltern, die gar kein Kind bei mir hatten. Das wollten alle sehen. Fazit nach einem Morgen war einstimmig, bei mir sei es ruhiger, konzentrierter und die Kinder motivierter, obwohl alle an etas anderem dran waren, viel herumgelaufen wurde, sie öfter den Platz wechseln mussten und so viel mehr in Bewegung waren, als im anderen Zimmer.

Also, die Form ist nur eines, es gibt ganz viele Möglichkeiten, wie Lernen gelingen kann, auch wenn es für Eltern nicht immer verständlich ist, oder unruhig wirkt. Kinder können auch ruhig sein, aber abwesend, Kinder können unruhig sein, aber voll dabei. Und wir wissen nie, was Kinder mitnehmen aus einer Unterrichtssituation, das ist bei den Reflexionen jeweils sol spannend zu erleben, da passieren Dinge in einem Morgen, mit denen ich manchmal gar nicht rechne und es gibt einen Lernzuwachs an Orten, an denen ich es nicht beabsichtigt hatte.
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Pädagogik ist der organisierte Kampf der Erwachsenen gegen die Kinder.(Mark Twain)

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