Textiles Werken 6. Klasse

[Nuuneli]

Wenn Eure Kinder im textilen Werken eine Stofftasche nähen, wie sieht diese aus?

Ich bin ja keine gute Näherin aber für mich gehört zumindest das Zick-Zacken einer Stoffkante dazu, wenn man das Umschlagen nicht macht. Bin ich da zu pingelig? Ich meine überall franst der Stoff aus. Der Trageriemen ist nicht doppelt genäht, nicht eingeschlagen, die Kanten nicht versäubert. Ich finde es sehr schade, denn ein solcher Unterricht verursacht in meinen Augen einfach Kosten. O.k., die kids lernen vielleicht konzentriert zu arbeiten und die Fingerfertigkeit zu üben - aber wieso geht das nicht mit einem anständigen Resultat? Mit Zickzackstich eine Kante zu versäubern ist ja keine Hexerei...

Ich bin recht enttäuscht über die Resultate in der Handarbeit seitdem, dass die LP mittels "Crashkürsli" Nähen unterrichten dürfen. Die Sachen sehen nicht wirklich schön aus und fallen schnell wieder auseinander (Bsp. Nessessaire - und das bei einer sehr guten Note!).

[stella]

Nuuneli
Mit dem neuen Lehrplan steht eben der Prozess mehr im Fokus als das Produkt. Vorzeigen - nachmachen oder gar sagen, wie man es genau machen muss, ist nicht mehr...

Aber frag doch bei der LP selber nach, warum deine Tochter nicht gezickzackt hat.

Ich darf übrigens textiles Gestalten unterrichten, obwohl ich die Ausbildung vor 26 Jahren abgeschlossen habe. Da hat sich bestimmt was geändert in der Didaktik. Und seid froh, hat dein Kind eine LP. Wir suchen gerade ziemlich vergiftet nach eine solchen LP.

[Nuuneli]

Die KLP unterrichtet das Fach...

Naja, ich begreife ja, dass der Prozess im Fokus steht - aber das Produkt müsste doch auch etwas hergeben. Das Nessessaire konte genau 1x gebraucht werden und es fiel auseinander. Die Tasche franst überall, sodass die Tochter keine Freude daran hat. Ich glaube kaum, dass ein Endprodukt für den Kübel zum Sinn gehört? Wo bleibt da die Nachhaltigkeit?

[jupi2000]

Nuuneli
Ich verstehe dich sehr gut. Ich fände es auch schade, wenn das Endprodukt für den Kübel ist! Schliesslich kostet Stoff und Zubehör was und auch die vielen Stunden, die die Schüler aufwenden. Wirklich schade, wenn das Resultat dann so grauslig daher kommt.
Meine Kinder kamen immer (oder meistens ) mit was brauchbarem nach Hause. Im textilen Werken haben sie sogar Trainerhosen genäht und was draufgedruckt. Mein Sohn konnte die Hose sogar anziehen und er hatte lange Freude dran! Allerdings hatten sie eine eher strenge LP die auf genaues Arbeiten Wert gelegt hat. Ich denke, es kommt eh auf die LP drauf an...

[jupi2000]

Was ich wichtig fände, eine Arbeit (zB Stofftasche) von der Planung bis zum Ende zu fertigen. Also dass die Kinder lernen, ein Produkt von A bis Z herzustellen. Also sich eine Tasche auszudenken, aufzuzeichnen und dann zu nähen...
Und zwar mit sauberen Nähten, die dann auch halten.

Mir kommt grad in denn Sinn, dass meine Kinder auch schon ziemlichen Seich basteln mussten...das habe ich wohl verdrängt! zB einen alten Schuh eingipsen, anmalen und ein Pflänzchen reinsetzen. Ok, ich fands ziemlich doof. Oder einen etwa 50 cm grossen Osterhasen, im innern mit Metallgitter, dann eingekleistert....angemalt. Naja.... war blöd zum entsorgen.

[Ilse]

In der Primarlehrerausbildung an der PH lernt man halt nicht nähen (auch nicht häkeln oder stricken.... ) Da gehts nur um Didaktik und kreative Prozesse. Wer das nicht selber in seiner Schulzeit gelernt hat, privat für sich näht oder sich sonstwie schlau macht, hat drum schlicht und einfach die Grundlagen nicht.

[Eluria]

Ja, das ist leider "normal", seit der neuen Ausbildung. Ich habe die Ausbildung vor nicht ganz 10 Jahren abgeschlossen und war schon echt enttäuscht, wie wenig Stellenwert das Beherrschen der Technik hatte. Das bisschen Können, das vorausgesetzt wurde, um positiv abzuschließen, war lächerlich, dafür könnte ich dir alles über Farbkreise, Design, ... erzählen. Die Begründung der (eigentlich sehr engagierten) Dozentin war, dass heute sowieso nichts mehr selbst gemacht oder geflickt wird, weil man eh alles billig kaufen kann (Nachhaltigkeit und so?).
Leider sterben die "Handsgi"-Lehrerinnen vom "alten Schlag" nach und nach aus und die "neuen" brauchen viel Eigeninitiative und Motivation um eine ähnliche Unterrichtsqualität hinzubekommen. Dass es zusätzlich noch so einen Mangel gibt, erschwert die Situation natürlich noch. Ich persönlich hätte es mir trotz der Ausbildung nicht zugetraut, neben der Klassenlehrerfunktion noch dieses Fach zu unterrichten. Im Ernstfall wäre mir wohl aber nichts anderes übrig geblieben. Ich hätte mich dann aber sehr über (konstruktive!) Kritik der Eltern gefreut, wenn mir solche Fehler passiert wären, um es beim nächsten Projekt besser zu machen.

[stella]

Jupi
Ich glaube, dass du dir das ein wenig einfach vorstellst.

Ich beschäftige mich zurzeit sowohl privat als auch beruflich genau mit diesem Thema.
Ein durchschnittlicher 7. Klässler kann nicht eine einfache Tasche planen und dann herstellen. Ein durchschnittlicher 7. Klässler kann nicht nach einer einfachen Nähanleitung einen Turnsack nähen.
Das können ein bis zwei Kinder pro Klasse.
Und man hat meistens grosse Werkklassen. Früher waren das 10 - 12 Kids, heute sind es gerne 15-18... Und man ist alleine, hat also keine Hilfe.

Im Moment unterrichte ich auch Mathe und da gerade Geometrie. (Das habe ich nun 16 Jahre nicht mehr oder nur als STV gemacht...) Jedenfalls kann ein Grossteil der SuS, auch auf der Sekstufe, nicht genau arbeiten mit Bleistift, Geodreieck und Zirkel. Wie sollen sie denn einen rechten Winkel auf ein Stück Stoff bringen oder eine Naht nähen, die genau 1 cm breit ist oder einen Reissverschluss genau einnähen?

Mich dünkt, auch im Zusammenhang der Diskussion um die Rolle des BAG und Coronavirusmassnahmen, dass alle und jede immer sogleich weiss, wie es geht, anstatt mal davon auszugehen, dass, wenn deine Vorstellung, wie textiles Gestalten ablaufen sollte, möglich wäre, die LP dies auch umsetzen würde.

Klar: Es macht mehr Freude, wenn man ein Produkt am Schluss hat, welches man brauchen kann. Ich setzte in allen Gestaltenfächern immer noch auf das Produkt, auch wenn das nicht ganz LP21 konform ist. Aber offenbar ist es in diesem Fall nicht möglich gewesen.

Wie schon geschrieben, legt der LP21 auf andere Dinge wert. Wir wissen nicht, ob die Lehrerin nun ganz LP21 treu unterrichtet, ob sie überfordert ist, ob es eine zu grosse Gruppe ist und ihr darum SuS schlüfen, und und und. Am besten ist immer noch nachfragen und anbringen, dass man es schade findet, dass das Kind das Produkt nicht brauchen kann. So würde man nämlich auch erfahren, warum es so heraus gekommen ist.

Ja, es gibt die GestaltenLP, die solche Dinge hinbekommen. Vor denen ziehe ich meinen Hut. Fakt ist, dass es kaum Vollzeitgestaltenpensen gibt und an kleineren Schulen viele LP auch dazu verknurrt werden, dieses Fach zu unterrichten. Von dem her ist es einfach, wie es ist.

Und ich würde es in einem solchen Fall z.B. extrem schätzen, wenn die Eltern sich an mich wenden würden mit dem Angebot, sie würden in den Unterricht als Hilfe kommen.
Da, wo meine Kinder in die Schule gehen, hat es bis zur 4. Klasse immer eine Mutter im Gestalten. Und das ist so eine wertvolle Zusammenarbeit. LP werden entlastet, Kinder haben zwei Ansprechpersonen und diese Mütter merken dann oft, dass es so einfach nicht ist, wie sie es sich gedacht haben.

[Nuuneli]

Ich gab leider in den Augen der LP schon zuviel Kritik ab (aber das war nicht nur negative, die hat sie halt jetzt einfach gespeichert). Deshalb nimmt es mich einfach nur Wunder. Ich bedaure es halt nur sehr. Es gibt Sachen, die o.k. sind. Ob sie brauchbar sind, das ist sowieso individuell. In unserer Schule machen sie oft Dinge, die sie in der Schule zuerst brauchen (z.B. ein Stuhlsitzkissen). Aber gerade bei Sachen für zuhause wäre es doch toll, wenn man ein paar Mal Freude daran haben könnte.

Wegen der Hilfe: dürfte die überhaupt angenommen werden? Hier gibt es (leider zuwenige oder zuwenig angeforderte) Klassenhilfen mit einer dazugehörigen Ausbildung... (In KiGa und den unteren Klassen habe ich oft punktuell geholfen - z.B. Schlittschuhe anziehen)

[stella]

Nuuneli
Bei uns ist die Hilfe institutionalisiert. Das läuft hier schon seit Jahrzehnten so. Man bekommt aber dafür kein Geld. Es ist eine ehrenamtliche Tätigkeit.
In der Tat: Klassenassistenzen bekommt man selbst für klare Fälle mit einer Beeinträchtigung schwer und immer sind es zu wenig Stunden, die gesprochen werden.

edit
Wenn es auf der Beziehungsebene mit der LP nicht läuft, dann ist wohl nix mit der Idee der Unterstützung.
Dann stellt sich wohl eher die Frage, ob du damit bis zu den Sofe leben kannst oder aber ob du intervenieren willst.

[Nuuneli]

Keine Angst, wir leben damit . Ich habe eh keine Zeit mehr für Unterstützung. Es wird auch nie danach gefragt, was bei den anderen kids immer wieder der Fall war. Wir freuen uns, dass die Primarschulzeit bald vorbei ist - es kann nur besser werden!

[Sternli05]

Die Sachen die meine Kinder nach Hause brachten und noch bringen sind immer sehr schön. Manchmal kann ich gar nicht glauben das sie es selber gemacht haben aber die Lehrerin ist schon älter und unterrichtet sicher nach „alter Schule“

[jupi2000]

Stella
Dann habe ich wohl spezielle Kinder. Die konnten in der Sek Kleider nach Anleitung nähen oder im Werken einen Hocker schreinern. Ihre Gspänlis konnten das also auch. Ich habe die Sachen zT gesehen. Eine Mütze haben sie auch schon gehäkelt, die konnten sie sogar anziehen!
Mein Neffe ist übrigens 10 und hat sich eine Mütze gestrickt. In der Steinerschule geht sowas. Man kann doch mit genügend Zeit und Geduld einem Kind sowas beibringen?

[stella]

Ja, mit Zeit und Geduld. Wir haben mit Ausfall in der Regel 14 bis 15 Mal Gestalten, dann wechselt es.
Seid ihr euch bewusst, dass gestandene Handsgilehrpersonen oft die Produkte fertig machen? Dass sie oft schwierige Stellen für die SuS nähen?

[Nuuneli]

stella: ja, das weiss ich. In der Sek hatte die Mittlere einen Pulli genäht, da musste die Handi-Lehrerin allen etwas helfen. Ich finde nicht, dass alles wie aus dem Ei gepellt aussehen muss, aber wenn sie an der Nähmaschine nähen lernen, dann wäre es ein Leichtes, den Stoffrand noch zu zickzacken, damit nacher nicht alles franst. Dazu braucht kein Kind Hilfe, ausser vielleicht beim Einstellen der Maschine, aber diese Kinder brauchen die Hilfe dann für's gerade Nähen sicher auch...

[stella]

Nuuneli
Ich nähe ja wieder seit Dezember, also privat zuhause. Und wenn ich nun in den gängigen Tutorials schaue, wird nichts mehr gezickzackt. Niemand macht das mehr. Wirklich.

Mit der Overlook muss man ja so oder so nicht.

Und bei den Baumwollsachen macht das echt keine der Nähinfluencerinnen mehr. Von dem her kann ich mir gut vorstellen, dass, wenn jemand die Ausbildung noch nicht so lange hinter sich gebracht hat und mehr Wert auf die Didaktik gelegt wurde, es eben gar nicht allen bewusst ist, dass durch Zickzacken der Stoff nicht ausfranst. Aber das wäre nur meine eigene Idee, warum das so ist.

[Nuuneli]

Overlocken tun sie ja in der Schule nicht.

Naja, ich habe noch nie eine Nähbloggerin gesehen, die für einen 3 cm breiten Träger einen einfachen 1cm Umschlag beidseits macht und so durchnäht. Die schlagen zumindest um. Auch für eine Kante innen...

[nera]

Also ein 4. Klässler kann einen einfachen Turnsack oder Schuhsack nach Anleitung (mündlich) nähen und mit Bildern sowieso. Das schafft also auch ein Realschüler in der 7. Klasse sofern er schon mal mit der Nähmaschine genäht hat.
Ich war einige Jahre lang Handarbeitslehrerin und habe auch die Ausbildung dafür. In den letzten Jahren habe ich immer in der Vorweihnachtszeit einen Nähworkshop für Primarschüler gegeben wo sie ab der 3. Klasse Taschen, kleine Geldbeutel und ähnliches nähen konnten. Dies klappte immer gut, selbst wenn sie vorher noch nicht viel mit der Nähmaschine genäht haben. Hier unterrichtet allerdings auch eine gut ausgebildete Lehrperson und schaut dass die Kinder sauber arbeiten, damit sie an den Produkten auch Freude haben.

Und in meiner Schule stricken alle 4. Klässler eine Mütze, das ist so Tradition und die LPs wollten das schon lange ändern und aufgeben, die Kids freuen sich aber auf die 4. Klasse und das Mützestricken . Also bleibt es noch.

Es hängt aber sehr von der LP ab und ihren Kompetenzen, mir stehen auch immer wieder die Haare ab wenn ich sehe was in Anleitungen vor Abläufe und Techniken vorgeschlagen werden.

[Tinky]

Bei uns haben sie in der 4. Klasse gelernt, dass man beim Stricken nicht vernäht, sondern die Enden verknüpft. Na ja, sieht etwas speziell aus

[Stella*]

@Puzzli
Viele Nähmaschinen haben einen Overlockstich (einfach ohne Messer). Wenn man damit näht, muss man nicht zusätzlich zickzacken.
Hast du eine richtige Ovi im Kurs? Habe von niemandem gehört, dass da etwas doppelt genäht wird. Wie oft ist es denn schon passiert, dass eine Naht aufgegangen ist? Bei meinen selbst genähten Kleidern passiert das kaum.