Rassismus im Keim ersticken

Unsere grossen Kleinen und unsere kleinen Grossen. Was uns in diesem Abschnitt der Kinder begleitet, beschäftigt und interessiert.

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Ariadne
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Re: Rassismus im Keim ersticken

Beitrag von Ariadne »

ausländerin, niemand sagt, dass weiss = ganz sicher immer und überall privilegiert heisst.
Ich verstehe nicht warum es irrelevant ist and was privileg nur mit Hautfarbe zu tun hat, und dabei Herkunft, Sozialle Status, Einkommen, Religion irrelevant sind.
Ich verstehe überhaupt nicht, warum du denkst, dass jemand das so sagt? Dass es NUR mit Hautfarbe zu tun hat und dass das andere irrelevant ist?? Woraus leitest du das bloss ab?*

Natürlich hat Diskriminierung von Menschen jeglicher Hautfarbe auch viel mit dem sozialen Status, mit Herkunft und mit Religion zu tun. Das geht alles ineinander über und ist miteinander verwoben. Du hast das Beispiel gebracht von der weissen Muslimin, die weniger privilegiert ist als die schwarze Businessfrau. Das stimmt absolut. Aber ich wage zu behaupten: eine schwarze Muslimin wird in vielen Fällen noch mehr diskriminiert, und eine schwarze Businessfrau hat es ganz bestimmt schwerer gehabt als eine weisse. Damit will ich nicht sagen, dass dies die einzige, ultimative Ursache ist, bestimmt nicht. Aber trotzdem: es ist tendenziell absolut so, und das gibt mir halt zu denken.

Wir können wirklich gerne über andere Diskriminierungen sprechen oder über die Überschneidungen dieser Diskriminierungen. Die Sachen, die du schilderst, sind schlimm. Aber es ist doch echt nicht so, dass das völlig neu ist. Genau so ist das Gefälle zwischen schwarz und weiss natürlich nicht neu gewesen vor BLM. Aber durch diese starke Bewegung dringt die Intensität dieses Musters und die ungerechten Konsequenzen daraus mal so wirklich weitläufig in ganz viele Köpfe. Das finde ich etwas Gutes. Leuten dann vorzuwerfen, dass sie nicht auch noch gleichzeitig über alle anderen Diskriminierungen sprechen, finde ich kontraproduktiv. Ausserdem habe ich schon diverse Artikel gelesen, in denen auf diese Verzahnungen hingewiesen wird (mit Religion und sozialem Status z.B.), es ist sicher nicht so, dass das niemandem klar wäre, im Gegenteil.

Es sagt auch hier in diesem thread niemand, dass es all diese Diskriminierungen, die du nennst, nicht gibt. Auch ich kenne noch viele andere Diskriminierungen und habe solche in meiner Familie und selbst an meiner Person erlebt, als die, über die ich in diesem thread spreche. Und ich habe mehrmals explizit geschrieben, dass ich mich nicht nur auf weiss-schwarz beziehe, sondern auch auf andere Diskriminierungen. Aber dies ist nunmal ein thread über Rassismus. Und klar, diesen kann man eng oder weit fassen, und er hat in der weiten Definition nicht nur mit Hautfarbe zu tun, sondern mit jeglicher Art von Diskriminierung aufgrund der Herkunft. Und das habe ich auch mehrmals geschrieben.
Ich finde das übernehmen der Dikussion über BLM eins zu eins aus USA ist für Europa falsch. Mir wäre lieber dass grundsätzliche Diskussion über Diskriminierung stattfinen würde, was aber nicht passiert. Daran hat leider BLM bewegung nichts verändert.
Ich finde auch, dass man das nicht 1:1 übernehmen kann, aber ich finde auch nicht, dass das geschieht. Ich habe schon viele sehr differenzierte Artikel und Diskussionen gelesen, die sich auf unsere Situation beziehen. Und natürlich bin ich dafür, dass die Diskussion auch auf andere Formen der Diskriminierung ausgeweitet wird, die mit Rassismus zu tun haben. Wenn du konkrete Diskussionspunkte hast, dann stell sie doch hier in den Raum, starte eine Diskussion.

*Edit: Hier gab es doch auch relativ viele Beiträge und Stimmen zu Diskriminierung mit weisser Hautfarbe wegen der Herkunft, eben um die weitere Definition von Rassismus; also ich finde, das war hier duchaus vertreten und war eigentlich immer klar, dass es nicht NUR um Hautfarbe ging. Aber klar, Diskriminierung aufgrund von Religion, sozialer Status, etc., rechnet man halt nicht wirklich zu Rassismus, deshalb war das hier sicher nicht im Vordergrund. Aber du hast natürlich recht, dass das völlig ineinander greift und das eine oft die Folge resp. Ursache des anderen ist, und es ist sicher interessant, auch darüber zu sprechen.
LG,
Ariadne

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Opti
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Re: Rassismus im Keim ersticken

Beitrag von Opti »

Ich habe Mühe mit zitieren.
Danci {edit!} zitiert aus dem verlinkten Tagblatt Artikel {edit Ende} auf Seite 4 (in diesem Thema).
"In der Schweiz äussert sich der Rassismus vor allem bei der Frage, wer als «fremd» oder «ausländisch» wahrgenommen wird und hängt eng mit dem Thema Einwanderung zusammen. Eine wichtige historische Rolle spielen hier der Antisemitismus, die Ausgrenzung von Fahrenden, die Diskriminierung von ArbeiterInnen aus Süd- und Osteuropa und seit den 1980/90er Jahren von Flüchtlingen vom Balkan, aus Asien, muslimischen Ländern, Lateinamerika, Afrika. Auch in der Schweiz gibt es antischwarzen Rassismus. Die dominante schwarz/weiss-Brille des US-Rassismus verstellt jedoch tendenziell die Sicht auf die Situation bei uns und sollte daher nicht einfach übernommen werden. Familiengeschichten und Erfahrungen von Menschen lassen sich hier eben nicht einfach an der Hautpigmentierung ablesen, auch wenn diese sehr hell ist."
Wenn ich Rasse bei Wikipedia nachschaue, ist explizit definiert, das Rasse z.B. in den USA als Volksgruppe verstanden wird. Rassismus diskriminiert eine Volksgruppe, daher empfinde ich Diskriminierung aufgrund Herkunft/Zugehörigkeit als gleichwertig wie aufgrund der Hautfarbe.

EIN relevanter Unterschied ist für mich, dass man Hautfarbe kaum verheimlichen kann, viel einfacher ist es (im Alltag) ob man Rumäne oder Sinti ist.
Zuletzt geändert von Opti am Do 20. Aug 2020, 15:28, insgesamt 1-mal geändert.
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ayla
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Re: Rassismus im Keim ersticken

Beitrag von ayla »

Rassismus ist ein System. Dieses System beruht auf dem Glauben, dass es unterschiedliche „Rassen“ innerhalb der Menschen gibt und das diese nicht gleich viel Wert haben. In unserer Weltgeschichte gab es nie ein System, wo Weisse in so grossem Stil und professionell organisierter Weise ausgebeutet wurdeN wie umgekehrt. Rassismus ist also ein System, das Weissen sagt, sie seien mehr wert und hätten das Recht, auf ein grösseres Stück des Kuchens aufgrund der äusserlichen Merkmale. Es wurde sehr viel Aufwand betrieben, die Sklaverei und den Kolonialismus zu rechtfertigen. Es wurden IQ Tests gemacht, Schädel vermessen. Heute wissen wir aus wissenschaftlicher Sicht, dass alle Menschen sich zu ähnlich sind, als das wir von Rassen im biologischen Sinn sprechen könnten. Trotzdem bedienen wir uns weiter des Systems. Rassismus existiert also nur im Kontext Weiss-Schwarz. Wobei wir bei weiss und schwarz nicht mit dem Farbkasten Hauttöne vergleichen, sondern diese als soziale Kategorien verstehen. Manch Schwarzer ist effektiv heller als manch Weisser, er gilt trotzdem als schwarz. Dies hat vorallem den Ursprung in der „one drop rule“ während der Sklaverei in den USA: Hast du einen Tropfen „ schwarzes Blut“ bist du schwarz, egal wie du aussiehst. Diskriminierung hingegen gibts in allen Formen: Gegen Volksgruppen, gegen Behinderte, gegen Dicke und viel mehr. Manche Diskriminierungsformen haben eigene Namen, so z.b der Sexusmus oder die Homophobie. Ob Rassismus oder Dskriminierung: Jede dieser Formen tut Unrecht an den Betroffenen und viele töten auch.

ausländerin
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Re: Rassismus im Keim ersticken

Beitrag von ausländerin »

ayla hat geschrieben: Do 20. Aug 2020, 06:39 In unserer Weltgeschichte gab es nie ein System, wo Weisse in so grossem Stil und professionell organisierter Weise ausgebeutet wurdeN wie umgekehrt.
FALSCH!!! Es zeigt mir wie wenig Menschen über Geschichte der Europa hinter Eiserner Vorhang wissen und Russland immer noch sehr gut dran ist die aufarbeiten dieser Geschichte zu vermeiden. Hier waren weissen die weissen vernichteten aufgrund von anderen Merkmalen und Zugehörigkeit zu anderer Bevölkerungsgruppe und Nationalität. Aber der Ausmass dieser Vernichtung war immense.
Ein Beispiel: 1932-1933 professionell von Stalin organisierte Hungersnot in der Ukraine der dazu führte dass ganze Regionen ihre Bevölkerung verloren haben. Der Zahl der Toten liegt zwischen 3-10 Millionen in der Bevölkerung von damals 30 Millionen. Bis zu 1/3 der Bevölkerung wurde damals ausgelöscht, die Regionen würden von Russen besiedelt, was dazu führte dass gesamt Ostukraine andere Sprache und Kultur hat und lebt. Stalin's Ziel würde erreicht und ist einer der wichtigen Hintergründe der Jetzigen Krieg in der Ukraine und Spaltung zwischen Ost und West.
Zweites Beispiel: Krimtataren. Die ganze Bevölkerung Gruppe wurde von Krim in der Ukraine nach Kazakhstan verbracht und die die dort überlebten dürften nach 50 Jahren zurück in der Krim nach Sovietunions ende. In 2014 nach der Besetzung von Krim würden sie wieder raus geschmissen und teils verfolgt von Russland und haben Zuflucht in der Süden der Ukraine gefunden.
Wenn wir die Gründe der Rassismus in Geschichte der Sklaverei suchen dann müssen wir einsehen dass Sklaverei in Russland erst in 1723 verboten wurde. Zwischen 10-12 und 18 Jahrhundert war Sklaverei in Egypthen, Palästina, Rom, Balkan usw. Sehr weit verbreitet. In Osmanischem Reich waren die weisse blonde Slawischen Sklaven beliebt. Viele Afrikanische Sklaven waren auch dabei, aber eben nicht nur. In Osmanischem Reich würde die Sklaverei erst in 1854 verboten. Sklaverei in Osmanischem Reich ist vermutlich einer der grössten Beispiele wenn sogenannte PoC die weisse Bevölkerung versklavt haben. Die Minderheiten die in diesen Regionen leben was zum teil zu jetzigen Konflikten führt haben manchmal ihre Uhrsprung in der Zeiten der Sklaverei.
Und dann noch näher an unsere Zeiten - es waren nicht nur Juden die als Sklaven in Zweite Welt Krieg gedient haben. Begriff gibt es seid dem. Ostarbeiter waren Weisse Männer und Frauen die aus Besetzten Gebieten der Sovietunions nach Deutschland gebracht wurden zum arbeiten ohne Entgelt.
Ich kann hier weiter und weiter schreiben. Osetien, Tschetschenien, Kriege in Zentralasien, Transdniestrien.... Russland betreibt immer noch der Politik der Kolonialismus, und versucht die Nachbarländer zu Kontrolieren. Oder was hat da in Krim passiert? Oder Kyrgisstan? Und die ganze Geschichte der Balkanen? Warum gibt es überhaupt der Konflikt und woher kommt es? Hier sind wir wieder bei Osmanischem Reich und seine Geschichte. Aber wenn ich höre dass Menschen in Europa behaupten dass es Sklaverei und Unterdrückung nur Weiss/Schwarz gab, da stehen mir Haare zu Berge wie wenig die Leute über Geschichte der eigenen Kontinent weiss und wie stark die Kenntnissen und Interessen von Hollywood beeinflusst sind.

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falabella
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Re: Rassismus im Keim ersticken

Beitrag von falabella »

Ich verstehe ausländerin, dass sie auf diese Dinge hinweist und so emotional reagiert, hat sie doch die Diskriminierung aufgrund des "falschen" Passes auf existentielle Weise erlebt und beobachtet.
Ich finde schon, dass zur Zeit eine Fokussierung auf Rassismus im engeren Sinn bei uns im Gang ist - was auch sein Gutes hat, da so verstärkt ins Bewusstsein kommt und diskutiert wird, dass es struktureller und auch handfester Rassismus auch bei uns gibt.
Aber ich finde auch, und deshalb habe ich auch auf die ersten Posts hin hier geschrieben, dass es teilweise ein globalisierter Trend ist, der wenig differenziert. Ich beobachte das auch bei Teenagern: "Rassismus" und "du bist ein Rassist" wird gerne in den Mund genommen. So auch meine Tochter gegenüber ihrem Vater, als er meinte, diese und jene Hunderasse fände er doof. :wink: Oder auch ein dunkelhäutiges Mädchen, mit dem ich sehr viel Kontakt habe, das ihre Schwester als Rassistin bezeichnet, weil diese Schwester eifersüchtig sei auf eine dritte Schwester, weil jene hellere Haut habe als sie. Der Begriff ist "beliebt" zur Zeit ist und gerade z.B. Teenager benutzen ihn um sich zu positionieren und andere anzugreifen - agieren daneben weiterhin unsensibel gegenüber Kindern, die anders sind und ihrer Meinung nach Fehler haben.
Zu Beginn hat jemand hier geschrieben, dass sie Bücher mit nur weissen Menschen bei sich zu Hause eliminiere, und auch das zeigt, dass diese einseitige Fokussierung existiert, und ich finde gerade dieses Beispiel ehrlich gesagt schlimm.

(EDIT: während ich das schrieb, sind weitere Beiträge gepostet worden, die ich noch nicht gelesen habe)

sonrie
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Re: Rassismus im Keim ersticken

Beitrag von sonrie »

falabella hat geschrieben: Do 20. Aug 2020, 08:48 Ich finde schon, dass zur Zeit eine Fokussierung auf Rassismus im engeren Sinn bei uns im Gang ist - was auch sein Gutes hat, da so verstärkt ins Bewusstsein kommt und diskutiert wird, dass es struktureller und auch handfester Rassismus auch bei uns gibt.
Ja, da hast du schon recht, Rassismus existiert hier genauso, wie anderswo auch. Allerdings ist hier in CH weniger die Hautfarbe, als die Herkunft/Nationalität ein Thema. Schlichtweg auch, weil CH zwar einen sehr hohen Ausländeranteil hat, aber in Relation gesehen, wenige dunkelhäutige Menschen. Die Diskriminierung von Menschen erfolgt hier anhand anderer Paramter als zb. in Südafrika oder in den USA (was nicht heisst, dass es das hier nicht gibt), auch auf eine andere Art (Stichwort Polizeigewalt gegen PoC in den USA).

Aber dennoch wird - wohl auch aufgrund der BLM Bewegung - mehr darüber diskutiert, wie PoC diskriminiert werden als darüber, wie mit Ausländern per se umgegangen wird. Ein -ic im Namen, ein Kopftuch, gebrochenes deutsch, ein Akzent... all das sind Dinge die (unbewusst) Assoziationen hervorrufen, die hinterfragt gehören. Staatsbürgerschaften sind hier in CH ein grosses Thema, wer sich einbürgern darf oder soll oder nicht, ob jemand Schweizer oder ein echter Eidgenosse ist....
Ich bin überhaupt kein Gegner der BLM Bewegung, im Gegenteil, finde aber dass dieser "gesellschaftlich akzeptierte" Rassismus viel aktueller aber weniger diskutiert wird.
"Wenn Aufregung helfen würde, Probleme zu lösen, würde ich mich aufregen." (Angela Merkel in "Die Getriebenen")

ayla
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Re: Rassismus im Keim ersticken

Beitrag von ayla »

Ausländerin: Deine Systeme Beispiele sind keine von Schwarzen organisierten Verfolgungen gegen Weisse. Deine Beispiele sind Weisse gegen Weisse oder religiös motivierte Verbrechen. Das macht sie nicht weniger schlimm. Weisst du, nur weil ich sage „Rettet die Wale!“ meine ich nich „ aber tötet bitte alle anderen Meerestiere“😉.

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danci
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Re: Rassismus im Keim ersticken

Beitrag von danci »

@ Opti / Ariadne
Opti hat geschrieben: Mi 19. Aug 2020, 23:47 Ich habe Mühe mit zitieren.
Danci schrieb auf Seite 4 (in diesem Thema)
"In der Schweiz äussert sich der Rassismus vor allem bei der Frage, wer als «fremd» oder «ausländisch» wahrgenommen wird und hängt eng mit dem Thema Einwanderung zusammen. Eine wichtige historische Rolle spielen hier der Antisemitismus, die Ausgrenzung von Fahrenden, die Diskriminierung von ArbeiterInnen aus Süd- und Osteuropa und seit den 1980/90er Jahren von Flüchtlingen vom Balkan, aus Asien, muslimischen Ländern, Lateinamerika, Afrika. Auch in der Schweiz gibt es antischwarzen Rassismus. Die dominante schwarz/weiss-Brille des US-Rassismus verstellt jedoch tendenziell die Sicht auf die Situation bei uns und sollte daher nicht einfach übernommen werden. Familiengeschichten und Erfahrungen von Menschen lassen sich hier eben nicht einfach an der Hautpigmentierung ablesen, auch wenn diese sehr hell ist."
Wenn ich Rasse bei Wikipedia nachschaue, ist explizit definiert, das Rasse z.B. in den USA als Volksgruppe verstanden wird. Rassismus diskriminiert eine Volksgruppe, daher empfinde ich Diskriminierung aufgrund Herkunft/Zugehörigkeit als gleichwertig wie aufgrund der Hautfarbe.

EIN relevanter Unterschied ist für mich, dass man Hautfarbe kaum verheimlichen kann, viel einfacher ist es (im Alltag) ob man Rumäne oder Sinti ist.
Ich habe das nicht geschrieben, sondern aus dem Tagblatt resp. aus den Aussagen von Kijan Espahangizi zitiert. Den Link habe ich da angefügt, hier gerne nochmals:

https://www.tagblatt.ch/leben/zuercher- ... dMJbMypvcE

Denn ich muss zugeben, dass das der einzige Artikel ist, der mir über den weg gelaufen ist, der das so schön differenziert und gut festhält. Hingegen lese ich auch sehr oft, dass es nur Rassismus gegen Schwarze gibt, was ich störend finde. Es braucht eine Hierarchie, aber Herkunft muss einbezogen werden. Mich stört das bei der BLM-Diskussion wirklich sehr.
Ariadne hat geschrieben: Mi 19. Aug 2020, 15:27
Ich finde das übernehmen der Dikussion über BLM eins zu eins aus USA ist für Europa falsch. Mir wäre lieber dass grundsätzliche Diskussion über Diskriminierung stattfinen würde, was aber nicht passiert. Daran hat leider BLM bewegung nichts verändert.
Ich finde auch, dass man das nicht 1:1 übernehmen kann, aber ich finde auch nicht, dass das geschieht. Ich habe schon viele sehr differenzierte Artikel und Diskussionen gelesen, die sich auf unsere Situation beziehen. Und natürlich bin ich dafür, dass die Diskussion auch auf andere Formen der Diskriminierung ausgeweitet wird, die mit Rassismus zu tun haben. Wenn du konkrete Diskussionspunkte hast, dann stell sie doch hier in den Raum, starte eine Diskussion.
Ariadne, hättest Du denn noch einige Links/Artikel? Denn wie gesagt, war das für mich der einzige, dem ich wirklich zustimmen kann.
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danci
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Re: Rassismus im Keim ersticken

Beitrag von danci »

ayla hat geschrieben: Do 20. Aug 2020, 06:39 Rassismus ist ein System. Dieses System beruht auf dem Glauben, dass es unterschiedliche „Rassen“ innerhalb der Menschen gibt und das diese nicht gleich viel Wert haben. In unserer Weltgeschichte gab es nie ein System, wo Weisse in so grossem Stil und professionell organisierter Weise ausgebeutet wurdeN wie umgekehrt. Rassismus ist also ein System, das Weissen sagt, sie seien mehr wert und hätten das Recht, auf ein grösseres Stück des Kuchens aufgrund der äusserlichen Merkmale. Es wurde sehr viel Aufwand betrieben, die Sklaverei und den Kolonialismus zu rechtfertigen. Es wurden IQ Tests gemacht, Schädel vermessen. Heute wissen wir aus wissenschaftlicher Sicht, dass alle Menschen sich zu ähnlich sind, als das wir von Rassen im biologischen Sinn sprechen könnten. Trotzdem bedienen wir uns weiter des Systems. Rassismus existiert also nur im Kontext Weiss-Schwarz. Wobei wir bei weiss und schwarz nicht mit dem Farbkasten Hauttöne vergleichen, sondern diese als soziale Kategorien verstehen. Manch Schwarzer ist effektiv heller als manch Weisser, er gilt trotzdem als schwarz. Dies hat vorallem den Ursprung in der „one drop rule“ während der Sklaverei in den USA: Hast du einen Tropfen „ schwarzes Blut“ bist du schwarz, egal wie du aussiehst. Diskriminierung hingegen gibts in allen Formen: Gegen Volksgruppen, gegen Behinderte, gegen Dicke und viel mehr. Manche Diskriminierungsformen haben eigene Namen, so z.b der Sexusmus oder die Homophobie. Ob Rassismus oder Dskriminierung: Jede dieser Formen tut Unrecht an den Betroffenen und viele töten auch.
@ Ayla
Dann frage ich Dich aber direkt, denn diese Fragen war noch niemand bereit, zu beantworten:

Was ist mit der Situation der italienischen Einwanderern in der Nachkriegszeit bis hin zur Schwarzenbach-Initiative?
Was ist mit Diskriminierungen von süd- und osteuropäischen Einwanderern (Slawen in erster Linie oder auch Türken) in der Schweiz?
Was ist mit den Flüchtlingen der 90er-Jahre aus dem Balkan und ihren Erfahrungen in der Schweiz?

Ist das kein Rassismus? Oder sind diese Menschen nun aufgrund sozialer Stellung PoC unabhängig ihrer Hautfarbe?
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ayla
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Re: Rassismus im Keim ersticken

Beitrag von ayla »

@ Das sind interessante Fragen. Ich selber bin weisse Schweizerin, klar sozial definiert als weiss. Ich weiss nicht ob sich italienischstämmige Schweizer / Italiener und aus dem Balkan stammende Schweizer als PoC definieren. Man müsste bei meinem Ausführungen eventuell Rassismus als antischwarzen Rassismus definieren. Die Definition müssen Betroffene machen. Es gibt ja noch die Intersektionalität. Ein Mensch kann sowohl von Rassismus ( Schwarz) als auch von Diskriminierung ( z.b Homophobie) betroffen sein. Ich beschäftige mich als Mutter Schwarzer Kinder gezwungenermassen am meisten mit dem antischwarzen Rassismus. Vielleicht kennt jemand sich besser aus?

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danci
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Re: Rassismus im Keim ersticken

Beitrag von danci »

@ Ayla
Danke für die Antwort. Du schreibst, das müssten Betroffene definieren und dass sich vielleicht andere besser auskennen. Nun, ich gehöre zu den Betroffenen. Ich bin weiss (ich wüsste niemanden aus der Balkangegend, der sich als PoC bezeichnet), kroatischer Herkunft, mit Schweizerpass und einem -ic-Nachnamen. Ich weigere mich ehrlich gesagt meine Erfahrungen als etwas anderes als Rassismus zu bezeichnen und darum stört mich das „es gibt keinen Rassusmus gegen Weisse“-Mantra. Und ja, ich glaube viele, die das so wiederholen, haben sich eben nie mit Rassismus aufgrund Herkunft auseinandergesetzt und sprechen damit für andere, deren Erfahrungen sie nicht kennen. Am meisten nerven Ausdrücke wie „Ausländerfeindlichkeit“ oder „Fremdenfeindlichkeit“. Ich bin weder Ausländerin noch fremd, ich lebe da, bin da aufgewachsen, habe die Staatsbürgerschaft.
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Opti
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Re: Rassismus im Keim ersticken

Beitrag von Opti »

Danci
Sorry, ich habe das sehr blöd geschrieben. Ich habe meinen Eintrag editiert.
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Ariadne
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Re: Rassismus im Keim ersticken

Beitrag von Ariadne »

Was ist mit der Situation der italienischen Einwanderern in der Nachkriegszeit bis hin zur Schwarzenbach-Initiative?
Was ist mit Diskriminierungen von süd- und osteuropäischen Einwanderern (Slawen in erster Linie oder auch Türken) in der Schweiz?
Was ist mit den Flüchtlingen der 90er-Jahre aus dem Balkan und ihren Erfahrungen in der Schweiz?

Ist das kein Rassismus? Oder sind diese Menschen nun aufgrund sozialer Stellung PoC unabhängig ihrer Hautfarbe?
Natürlich ist das Rassismus, eben in der weiten Definition, in der es um die Herkunft geht. Wir haben doch auch in diesem thread wiederholt von solchen Fällen gesprochen; für mich ist es klar, dass das zur Diskussion auch dazugehört.

Ich finde diese Definition hilfreich:

"Es gibt keine allgemein akzeptierte Definition von Rassismus. Viele Kontroversen über die Bedeutung des Wortes «Rassismus» erklären sich daraus, dass eine enge und eine weite Bedeutung des Ausdrucks parallel genutzt werden.

Klassisches Konzept von «Rassismus» (enge Bedeutung)

Rassistisch sind Ideologien, welche die Menschheit in eine Anzahl von biologischen Rassen mit genetisch vererbbaren Eigenschaften einteilen und die so verstandenen «Rassen» hierarchisch einstufen.

Das klassische Konzept war vorherrschend in der Epoche des europäischen Kolonialismus und Imperialismus bis nach dem Zweiten Weltkrieg. Diese pseudo-biologische Ideologie diente der Rechtfertigung des Kolonialismus, der Sklaverei, der Verbrechen der Nazis oder von Apartheidregimes.

Verallgemeinertes Konzept von «Rassismus» (weite Bedeutung)

«Rassismus umfasst Ideologien und Praxisformen auf der Basis der Konstruktion von Menschengruppen als Abstammungs- und Herkunftsgemeinschaften, denen kollektive Merkmale zugeschrieben werden, die implizit oder explizit bewertet und als nicht oder nur schwer veränderbar interpretiert werden.» (Johannes Zerger, Was ist Rassismus?, Göttingen 1997, S.81).

Diese Definition erweitert den Anwendungsbereich des Ausdrucks «Rassismus» von den biologisch aufgefassten «Rassen» auf alle Arten von Abstammungsgruppen, die als andersartig dargestellt werden, insbesondere auf die «ethnischen Gruppen» oder «Völker»."

Aus: https://www.humanrights.ch/de/ipf/mensc ... rassismus/

PS: Danci, links zu Artikeln schicke ich sehr gerne noch, habe gerade wenig Zeit...
LG,
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falabella
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Re: Rassismus im Keim ersticken

Beitrag von falabella »

danci, aber könnten nicht "Fremdenfeindlichkeit" und "Ausländerfeindlichkeit" trotzdem (auch) passen, denn ohne diese Feindschaften, wenn es diese nicht gäbe, hättest du keine Diskriminierung erlebt? So gibt es ja Leute, die sagen oder denken "sie ist zwar eingebürgert, aber man merkt die Herkunft halt trotzdem", "sie ist halt schon anders sozialisiert von ihren Eltern her", "sie hätte nie eingebürgert werden sollen", "sie ist keine RICHTIGE Schweizerin", oder was weiss ich was alles. Es ist die Fremdenfeindlichkeit, die dahinter steckt, auch wenn du nicht fremd BIST.
Zuletzt geändert von falabella am Do 20. Aug 2020, 15:39, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Rassismus im Keim ersticken

Beitrag von dede »

Hier noch eine Seite mit verschiedenen Ansätzen, wie Rassismus definiert werden kann:

https://www.humanrights.ch/de/ipf/mensc ... gK_rPD_BwE

Ich selber mag den Begriff Rassismus nicht so. Gerade auch, weil es biologisch gesehen keine verschiedenen Menschenrassen mehr gibt. Wir sind alles Menschen der gleichen Art bzw. Rasse, auch wenn wir uns vom Aussehen her sehr unterscheiden. Diese Wahrnehmung hat wohl sehr damit zu tun, dass wir Menschen uns sehr aufs Optische fokussieren.
Ich mag den Begriff Diskriminierung lieber. Der kann sehr viel weiter gefasst werden. Und ist weniger von den schlimmen geschichtlichen Ereignissen geprägt wie z.B. Nazi-Regime, Sklaverei usw.

Viel wichtiger als die blosse Definitionsfrage finde ich die Diskussion darüber, in welchen Situationen sich Menschen ausgegrenzt fühlen oder ausgegrenzt werden und was (welche Motivation?) dahinter steckt. Erst so kann dann wirklich über eine Definition gesprochen werden. Das alltägliche Erleben sollte das Entscheidende sein - und so kann sich die Definition von Begriffen auch an veränderte gesellschaftliche Situationen anpassen.

aus oben zitierter Homepage:

"Viel Beachtung fand in der neueren Diskussion auch ein Definitionsvorschlag von Albert Memmi:

«Der Rassismus ist die verallgemeinerte und verabsolutierte Wertung tatsächlicher oder fiktiver Unterschiede zum Nutzen des Anklägers und zum Schaden seines Opfers, mit der seine Privilegien oder seine Aggressionen gerechtfertigt werden sollen.» (Albert Memmi, Rassismus, Frankfurt a.M. 1987, S.164)"

Eigentlich ein schon recht alter Definitionsvorschlag. Finde ich aber immer noch gut.

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falabella
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Re: Rassismus im Keim ersticken

Beitrag von falabella »

Das mit den Begriffen und Definitionen ist halt so eine Sache. Es gibt Begriffe, die einfach nie recht passen bzw. Sachverhalte, wo kein Begriff recht passt.
So könnte ich bei "Diskriminierung" auch einwenden, dass Diskriminierung nicht abgeschafft werden kann und nicht überall bekämpft werden kann. So gibt es zum Beispiel in der Schweiz staatliche Diskriminierung von Bürgern aus sogenannten Drittstaaten gegenüber EU-Bürgerinnen in manchen Bereichen, und auch bei den Drittstaaten werden je nach Bereich noch Unterschiede gemacht. Das ist so, und es wird (in nächster Zeit) so bleiben, auch wenn man teilweise dagegen angehen kann.
Und wenn man das Wort "Diskriminierung" neutral auslegt, kann man auch viele Situationen sehen, wo sie in Ordnung ist.

buntschatten
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Re: Rassismus im Keim ersticken

Beitrag von buntschatten »

@ Rassismus
Wie wir rassismuskritische Kinder 'erziehen':

http://www.tofufamily.de/wie-wir-rassis ... -erziehen/
"Civil rights practise, after all, is fundamentally about who has to change." Kenji Yoshino (2001)

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Re: Rassismus im Keim ersticken

Beitrag von falabella »

Danke für den Link :-)
Auch wenn mir nicht alles gefällt - z.B. der allgemeine Ton nicht, da der Text wie für Jugendliche geschrieben daher kommt. Ich sehe nicht, für was das gut sein soll. Und sie schreibt AUCH, es gäbe keinen Rassismus gegen Weisse, was schon wegen des Judenhasses irrwitzig ist, aber ich weiss schon, wie sie es meint.
Aber es zeigt auch, wie der Titel dieses Threads eigentlich heissen müsste (ohne Vorwurf an die Eröffnerin :-))

ausländerin
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Re: Rassismus im Keim ersticken

Beitrag von ausländerin »

Ich habe mich durch den Text durchgekämpft und finde es nur wirr und schrecklich. Ehrlich. Alles in ein Topf schmeissen, kräftig verrühren und durch eine einzige Brille anschauen. Ich finde es ist gefährlich wenn Leute missionieren anfangen und sich darstellen als die einzige Wahrheit. Die besten Perlen finde ich dass es keine Rassismus gegen weisse gibt, das wir unsere Freunde und Bekannte auf Grund von Hautfarbe aussuchen sollen, Empfehlung ins Museen über andere Kulturen zu gehen aber Kinder Yakari und Indianer Bücher/Kostüme verbieten, und alle Bücher mit rassistischen äusserungen oder in welchen nur weisse Kinder vorkommen (also 99% Kinderliteratur die bevor 2000 herausgegeben wurde) aus der Kinderzimmer zu verbannen.
Übrigens - der Buch mit den meisten rassistischen Äusserung die ich je gelesen habe ist Bible.

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Re: Rassismus im Keim ersticken

Beitrag von falabella »

Ah, schreibt sie das mit den Büchern?
Das habe ich überlesen - ich habe verstanden, dass sie gewisse Wörter ändert oder dazu einen Kommentar abgibt gegenüber den Kindern (das schreibt sie glaube ich in einem separaten Artikel). Das mache ich auch so.
Wenn sie diese Bücher (alle) verbannt... darüber könnte ich nichts Positives schreiben.
Zu den Freunden schreibt sie, dass, wenn „wir“ keine dunkelhäutigen Freundinnen hätten, wir uns fragen müssten, warum das so sei. Das finde ich nicht daneben.

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