Die Wochen vergingen, der Termin am 12.November rückte näher und näher, doch Sohnemann wollte einfach nicht zu uns kommen. Am 16.November, 5 Tage nach ET wurde dann, natürlich mit Absprache mit mir, beschlossen, am nächsten Tag einzuleiten. Die Versorgung war zwar ausgezeichnet und Fruchtwasser war auch genügend da, doch die FA hatte Bedenken geäussert wegen der Grösse und Gewicht meines Kindes, da ich selber eine kleine Person bin.
Nachmittags um vier Uhr durften wir ins Salem-Spital und die Betreuung dort war sehr gut: direkt nach dem Eintritt wurde ich ans CTG angeschlossen und während der Überwachung befragte mich die diensthabende Hebamme, nach meinen Wünschen und Vorstellungen betreffend der Geburt.
Da es meine erste Geburt war und ich keine Ahnung hatte, was auf mich zukommen würde, war ich offen für alles!
Kurz nach fünf Uhr durfte ich dann in „mein“ Zimmer wechseln, das CTG hatte übrigens ausser Kindsbewegungen, keine Wehen angezeigt und auch der Befund der Hebamme deutete an, dass es noch dauern könnte: Muttermund war noch vollständig zu und nicht weich.
Ich erhielt dann das Hormonbändchen eingesetzt und musste eine Stunde lang liegen bleiben und warten. Zum Glück hatten wir, wegen der Einleitung, ein Einzelzimmer bekommen und hatten unsere Ruhe. Genüsslich ass ich nach 18 Uhr mein Abendessen, Früchtekuchen mit Rahm.
Nach 20Uhr beschlossen wir etwas spazieren zu gehen, vielleicht wäre dies ja Wehenfördernd! Ich war keine 50 Meter weit gelaufen, als sich mein Bauch immer wieder zusammenzog und ich anhalten musste beim laufen. Auch die Rückenschmerzen kamen wieder zurück. Dass es Wehen waren, auf diesen Gedanken kam ich zu diesem Zeitpunkt überhaupt nie, denn dies hatte ich ja Tage vorher auch schon mehrmals erlebt. Zudem dachte ich immer, Wehen würden sich „anders“ anfühlen.
Eine Stunde später schauten wir im Aufenthaltszimmer NCSI an, wobei, ich konnte mich nicht mehr so genau konzentrieren, bereitete mir das Sitzen unter Rückenschmerzen grosse Probleme! Kurz darauf hatte ich ein weiteres CTG und die Hebamme meinte erfreulich: „da werden ja die erste Wehen aufgezeichnet.“ Da wurde mir erst bewusst, dass meine Rückenschmerzen eigentlich Wehen waren ...
Ja, weitere zwei Stunden wurde ich überwacht, denn bereits jetzt wurde festgestellt, dass sich die Herztöne vom meinem Sohn bei jeder Wehe sich nur langsam erholten. Lebensbedrohlich war es aber nicht.
Kurz nach 00.30 Uhr schickte ich meinen Mann zu seiner Schwester, damit er etwas schlafen konnte und wenig später, wurden die Schmerzen schlimmer und stärker. (eben, es waren ja die Wehen) Um 01.30 Uhr musste ich dann unbedingt aufs Klo und da sah ich, dass sich der Schleimpropf gelöst hat und ich habe doch tatsächlich noch überlegt, ob ich die Hebamme jetzt rufen soll oder doch nicht ...
Ich tat es dann doch und die Hebamme fragte nach der Natelnummer von meinem Mann und beobachtete mich kurz und meinte dann, es wäre wohl besser, wenn sie mich ins Gebärzimmer verlegen würden.
01.55 Uhr: erhielt ich die Infusion und man untersuchte den Muttermund: 2cm offen.
Die Wehen kamen in Abständen von 1-2-3 Minuten, jeweils 50-40-50 Sekunden lang.
02.10 Uhr: bis zu dieser Zeitpunkt lag ich auf der linken Seite und es war mir sichtlich unwohl und deswegen verlangte ich nach dem Sitzball.
Die Hebamme war nicht so begeistert (weil ich die ganze Zeit am CTG angeschlossen war) und so wurde das Gerät gewechselt und wurde an ein Drahtloses angeschlossen. Dies dauerte natürlich seine Zeit ...
02.32 Uhr: beim Kreisen des Beckens (brauchte den Ball dann doch nicht) verschwanden plötzlich alle meine Schmerzen – das Fruchtwasser ging ab.
Ich musste dann doch wieder zurück aufs Bett und bekam Sauerstoff durch die Maske. Man versuchte so, meinem Sohn etwas Erholung zu schaffen, da die Herztöne sich noch immer nicht erholten.
Halb liegend halb sitzend wurde es mir urplötzlich übel und ich musste dann das erste mal erbrechen.
02.45 Uhr: weitere Untersuchung des Muttermundes: 7 cm offen. Wehen kamen noch immer in kurzen Abständen, Hormonbändchen wird gezogen ...
03.13 Uhr: wie aus dem Nichts tauchte meine Frauenärztin auf und informierte sich ausführlich bei den beiden Hebammen. (erst später erfuhr ich, dass man sie schon früher angerufen hatte).
Sie stellte dann fest, dass mein Muttermund vollständig offen war, aber der Kopf von meinem Sohn noch sehr weit oben war.
Sie meinte dann auch, es könne noch eine längere Zeit dauern, bis die Geburt dann die letzte Phase erreichen würde. Aber das Risiko betreffend der Herztöne sei einfach zu gross und mit Absprache mit mir, wurde dann der Kaiserschnitt beschlossen.
03.22 Uhr: erhielt ich Wehenhemmer und Natriumcitrat um die Magensäure zu neutralisieren. Umständlich zog man mir die Stützstrümpfe an und um
03.24 Uhr: war ich auf dem Weg in den OP.
Noch im Lift bekam ich weitere Wehen und bei der Spinal-Vorbereitung verlangten die doch tatsächlich, dass ich mich aufsetzen solle! Ziemlich schwierig unter Wehen.
Die Wirkung der Anästhesie wirkte schnell und die doofen Rückenschmerzen verschwanden endlich. Ich wurde für den OP vorbereitet (Blutdruckmanschette, Sauerstoffsättigungklipp, Klebepads um die Herztöne zu überwachen) und mein Mann stand plötzlich wieder, ganz in grün, an meiner Seite.
OP-Saal = kalt! Meine Arme zitterten durch die Kälte und auch durch die Anstrengung so sehr, dass ich darum bat, mir warme Decken und etwas gegen das unkontrollierbare Zucken zu geben. Erstes war kein Problem, beim zweiten musste ich auf die Geburt unseres Sohnes warten …
04.04 Uhr: Geburt unseres Sohnes Matteo Ilario. Frauenärztin meinte nur: „oh, ihr Sohn hat doch eine „kleine“ Spalte“. (erwies sich dann als falsch, die war nicht klein, sondern ganz normal gross) und kurz darauf brach Hektik aus: Es war schon lange her, dass das Salem-Spital ein Kind mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalte hatte und weil sie nicht sicher waren, wie genau reagieren, riefen sie um diese Zeit die Kinderärztin an!
Da der Apgar-Test aber sehr gut war, durfte ich meinen Sohn kurz darauf in meine Arme schliessen und ich gab ihn lange nicht mehr her.
Nach der Geburt erhielt ich dann das Mittel wegen den Muskelzuckungen, die ich noch immer hatte. Kurz darauf musste ich mich dann das zweite Mal übergeben ...
Nach 05 Uhr: wir drei waren wieder im Gebärzimmer und konnten uns von allem erholen. Söhnchen war auf meiner Brust sehr lebhaft und das Schönste: seine Bewegungen die er bei mir machte, waren die genau gleichen wie im Bauch.
Nach 07.00 Uhr: ich war durch das Adrenalin hellwach, bei meinem Mann forderte der Schlafmangel doch seinen Tribut und er ging zu seiner Schwester um sich zu erholen.
08.10 Uhr: Besuch der Kinderärztin und nochmals gründliche Untersuchung von Matteo. Kurz darauf kam die Laktaktionsberaterin zu mir und zusammen versuchten wir, den Milchfluss anzuregen, denn gerade bei Spaltkindern ist es wichtig, dass sie das Kolostrum erhalten.
10.05 Uhr: Verlegung ins Zimmer zurück. Wegen den besonderen Umständen durften wir im Einzelzimmer bleiben und hatten so Ruhe.
Wegen der Spalte konnte ich Matteo nie stillen, trinken geht bis heute nur mit einem speziellen Schoppen und am Anfang brauchten wir für knapp 30ml eine halbe Stunde.
Mittlerweile trinkt er 250ml in knapp 20 Minuten und möchte nur noch 4Mahlzeiten am Tag. Auch sonst ist unser Sohn ein tolles und liebes Kind mit wenig oder gar keinen Schreiphasen, trotzdem gibt es manchmal Tage, welche nicht ganz einfach sind.
Die Geburt selber habe ich Positiv in Erinnerung, trotz der Einleitung und des Kaiserschnittes. Manchmal frage ich mich schon, wie die Geburt verlaufen wäre, wenn die Wehen von sich aus angefangen hätten. Wäre es auch so schnell gegangen, oder hätte ich stundenlang warten müssen? Wären die Schmerzen schlimmer gewesen, oder weniger schlimm? Fragen nichts als Fragen, aber die zu beantworten gibt es (vermutlich) nur eine Lösung: ein weiteres Kind ...
