Lange Zweitgeburt, so gar nicht nach Lehrbuch

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Caledonia
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Lange Zweitgeburt, so gar nicht nach Lehrbuch

Beitrag von Caledonia »

Ich hatte wieder das Glück, eine absolut komplikationslose Schwangerschaft erleben zu dürfen. Diesmal ist aber die Ungeduld gross, denn ich bin von Anfang der Schwangerschaft an überzeugt, dass ich noch ein Februarkind bekommen werde, obwohl mein Termin Anfang März ist.

Samstag und Sonntag:

Am Samstag, fünf Tage vor Termin, habe ich immer wieder leichte, aber regelmässige Wehen, so alle 10 Minuten. Nach ein paar Stunden verschwinden sie aber wieder, nur um kurz darauf wieder anzufangen. Das kenne ich aus der ersten Schwangerschaft nicht, dort gingen die ersten regelmässigen Wehen über mehrere Stunden nahtlos in die „richtigen“ Geburtswehen über. Diesmal scheint dies jedoch nicht der Fall zu sein.

Am Sonntag, vier Tage vor Termin, habe ich wieder regelmässige Wehen, die im Laufe des Abends stärker werden. Zur Sicherheit beordern wir mal das Grosi über Nacht zu uns, um auf Junior aufzupassen. In der Nacht werden die Wehen auch tatsächlich stärker, sodass ich irgendwann nicht mehr schlafen kann. Als sich dann aber weder in der Stärke noch in den Abständen etwas verändert, beschliesse ich, es doch nochmals mit Schlafen zu versuchen. Als ich am Montag aufwache, ist der ganze Spuk vorbei, und wir schicken das Grosi wieder nach Hause.

Montag:

Am Montag dann immer wieder das gleiche Spiel, nur dass ich diesmal den Wehen nicht mehr solche Beachtung schenke. Meine Ungeduld ist grenzenlos und allmählich bin ich etwas frustriert, ist doch heute der letzte Februartag. Mein Gefühl hat mich eindeutig getäuscht. Ich gehe ins Bett mit dem Gedanken, dass ich froh bin, wenn sich die Kleine bis spätestens zum Termin auf den Weg macht.

Dienstag:

In der Nacht auf Dienstag, kurz nach Mitternacht, merke ich im Bett plötzlich, wie Flüssigkeit aus mir herausschwappt. Die Aufregung war gross: Meine Fruchtblase ist geplatzt! Ich disloziere einen Stock tiefer in die Stube. Geht es jetzt wohl los? Während GG wieder mit seiner Mutter telefoniert, um sie zu uns zu bestellen, rufe ich die Hebamme an, um ihr mitzuteilen, dass die Fruchtblase geplatzt ist und frage, wie ich jetzt vorgehen soll. Sie sagt mir, ich soll mich wieder melden, wenn regelmässige Wehen eingesetzt haben. Ich muss nicht lange darauf warten. Etwa 45 Minuten nach dem Blasensprung kommt die erste Wehe, von der Intensität eindeutig ein anderes Kaliber als die ständigen Vorwehen in den letzten Tagen. Ich freue mich riesig: Heute kommt meine Tochter zur Welt! Meine Schwiegermutter ist auch schon eingetroffen. GG und ich können uns nun voll auf die bevorstehende Geburt konzentrieren.
Es geht vorerst ganz lehrbuchmässig weiter. Zuerst kommen die Wehen etwa im 15-Minuten-Abstand, dann schon bald alle 10 Minuten, dann alle 5 und sie werden immer stärker, so dass ich sie sehr konzentriert veratmen muss. Ich möchte auf den Rat der Hebamme hin noch etwa eine halbe Stunde lang die Wehen timen, bevor wir ins Geburtshaus fahren (sie meinte, wir sollen kommen, wenn ich eine Stunde lang Wehen im 5-Minutentakt hatte). Aber plötzlich geht es wieder 15 Minuten, bis die nächste Wehe kommt und sie ist auch nicht mehr so stark. Die Wehen nehmen kontinuierlich ab in Stärke und Regelmässigkeit. Da ich sehr müde bin, beschliesse ich, mich kurz hinzulegen und wenn möglich noch ein wenig zu schlafen.

Ich erwache um 7 Uhr, als mein Handy klingelt. Es ist die Hebamme, die nachfragt, wie es bei uns aussieht. Der Stand der Dinge: Keine Wehe weit und breit. Ich bin sehr enttäuscht. Wir sollen um 8 Uhr ins Geburtshaus kommen für einen Untersuch. Die Hebamme untersucht mich vaginal, um festzustellen, ob es sich wirklich um einen Blasensprung handelt. Sie bewegt das Köpfchen der Kleinen, aber es schwappt kein Fruchtwasser heraus. Das heisst, es war kein „richtiger“ Blasensprung unten beim Muttermund, sondern – wenn überhaupt – ein hoher Blasensprung. Mein Bauch ist mittlerweile auch wieder gut mit Fruchtwasser gefüllt, das merke ich sogar selber. Meinem Fischmädchen ist wieder wohl in ihrem Aquarium und sieht keinen Anlass mehr, bald auszuziehen…

Wir schreiben noch ein CTG – flach wie Holland. Unglaublich, aber wahr. Die Hebamme drückt mir Wehentropfen in die Hand und schickt uns für ein paar Stunden spazieren. GG und ich streichen ein wenig durch die Altstadt, trinken Chai, ziehen durch die Kaufhäuser. Ab und zu macht sich eine gaaaanz leichte Wehe bemerkbar, aber es läuft nicht wirklich was. Um 12 Uhr kehren wir ins Geburtshaus zurück, wo mich die Hebamme nochmals untersucht. Das CTG zeichnet nach wie vor keine einzige Wehe auf, und wenn sie das Köpfchen des Babies bewegt, kommt kein Fruchtwasser heraus. Die Hebamme meint, dass es sich wohl doch nicht um einen hohen Blasensprung gehandelt hat, denn dann müsste beim vaginalen Untersuch trotzdem ein bisschen Fruchtwasser herauströpfeln. Sie denkt, dass es vielleicht einfach sehr viel sehr flüssiger Schleim war. Der Fall ist klar: So bald wird hier nicht geboren. GG und ich werden wieder nach Hause geschickt, ich darf weiterhin schwanger sein.

Am Vormittag war ich ziemlich frustriert und niedergeschlagen, aber jetzt schaffe ich es wieder, die Situation so zu akzeptieren, wie sie ist. Dann bleibe ich halt noch ein bisschen schwanger. GG und ich gehen ins Manor-Restaurant Zmittagessen. Als ich am Tisch sitze, schaue ich GG an: „Du, jetzt habe ich gerade eine Wehe.“ Sie ist noch nicht wirklich schmerzhaft, also nicht so, wie in der vergangenen Nacht, aber doch so intensiv, dass ich tief ein- und ausatmen muss. Im Auto auf dem Weg nach Hause habe ich die nächste Wehe. Sie kommen jetzt alle 20-30 Minuten, noch nicht wirklich vielversprechend, aber immerhin besser als nichts. Zu Hause angekommen, lege ich mich nochmals hin, um etwas Schlaf nachzuholen. Daraus wird aber leider nichts, da bei der nächsten Wehe plötzlich wieder Fruchtwasser – oder das, was ich dafür halte – aus mir herausschwappt. Ebenso bei der nächsten. Ich rufe also wieder die Hebamme an. Sie kündet an, am Abend vorbeizukommen, um zu schauen, ob es sich wirklich um Fruchtwasser handelt. Dann muss das Kind nämlich in absehbarer Zeit auf die Welt kommen. Ich soll alle Pampers und Binden, die ich benutzt habe, um die Flüssigkeit aufzufangen, aufbewahren, damit sie dann den Fruchtwassertest durchführen kann.

Der Nachmittag vergeht mit regelmässigen, relativ intensiven Wehen ca. im 20-Minuten-Takt. Wie das Leben immer so spielt, kommt schon kurz nach meinem Telefonat mit der Hebamme kein Fruchtwasser mehr heraus. Als sie um 20 Uhr vorbei kommt, ist die Flüssigkeit schon stark eingetrocknet. In einer Pampers hat es aber zum Glück noch genügend Flüssigkeit, um den Test durchzuführen. Tatsächlich: Es ist Fruchtwasser. Wir schreiben ein CTG (diesmal mit 2 Wehen) und besprechen das weitere Vorgehen. Falls in der Nacht nichts von alleine passiert, sollen wir am nächsten Tag um 10 ins Geburtshaus kommen. Dann versuchen wir noch alles inkl. Rizinuscocktail, und wenn alles nichts nützt, müssen sie mich ins Spital zum Einleiten überweisen. Nach ihrer Erfahrung muss man in solchen Situationen am besten einmal den Frust herausheulen und etwas schlafen, damit die Geburt anschliessend wieder bei Null beginnen kann.

Ich beherzige ihren Rat und heule ein wenig unter der Dusche. Ich habe eine wunderschöne erste Geburt im Geburtshaus (ein anderes) erlebt und möchte auf keinen Fall ins Spital gehen. Warum kann ich nicht einfach eine schnelle zweite Geburt haben, wie alle anderen (so hört und liest man jedenfalls immer von den zweiten Geburten)?! Ich gehe ins Bett und schaffe es tatsächlich, nochmals einzuschlafen.

Mittwoch:

Kurz nach Mitternacht wache ich immer wieder wegen einer Wehe auf. Sie sind so stark, dass ich sie veratmen muss. Nach der Wehe schlafe ich jeweils gleich wieder auf. Ich merke aber bald, dass die Wehen in immer kürzeren Abständen kommen. Sie sind nun so stark, dass ich etwas lauter atmen muss, weshalb ich mich wieder in die Stube begebe, um GG und Junior nicht zu stören. Als ich die Abstände zwischen den Wehen stoppe, kommt leider gleich wieder die Ernüchterung: Sie kommen nur alle 15 Minuten. Ich mache mir einen Tee und lasse etwas Musik laufen. Die Abstände verkürzen sich bald auf ca. 12 Minuten. Meistens habe ich eine etwas intensivere Wehe, das nächste Mal eine, die ich kaum merke, und dann wieder eine etwas intensivere. So gegen halb 3 kommt GG hinunter, er hat instinktiv gemerkt, dass ich am „arbeiten“ bin.

Ich kann die Wehen nicht richtig einordnen. Von der Intensität sind einige so stark, wie sie bei Juniors Geburt erst waren, als sie längst im 5-Minuten-Takt kamen und wir schon längst im Geburtshaus waren. Aber: Die Abstände sind nach wie vor weit weg von einem 5-Minuten-Takt. Die Abstände zwischen den wirklich intensiven Wehen sind jeweils noch grösser. Die Wehen fahren mir wieder extrem ins Kreuz. Ich sehne mich nach einem Bad. GG massiert mich etwas, und so vergeht die Zeit. GG möchte schon längst, dass ich beim Geburtshaus anrufe, aber noch sträube ich mich. Ich fühle mich irgendwie etwas dumm, ich habe schon so viel Zeit der Hebammen „verplempert“, da möchte ich nicht nochmals einen Fehlalarm auslösen.

Nach 4 Uhr machen wir einen kleinen Spaziergang. Die Stimmung ist ganz speziell. Im Dunkeln am Rheinuferweg ist ausser uns keine Menschenseele unterwegs. Immer wieder muss ich stehen bleiben, um eine Wehe zu veratmen. Nun kommen sie tatsächlich etwas häufiger, ca. alle 8-10 Minuten. Ich bin froh, ist noch Nacht, denn es sieht sicher etwas speziell aus, wie ich über die Gartenhage der Nachbarn gelehnt meine Wehen veratme. Wieder zurück zu Hause verspreche ich GG, noch eine halbe Stunde abzuwarten und dann die Hebamme anzurufen. Ich habe einfach Angst, dass die Wehen plötzlich wieder versiegen. Aber GG hat schon recht, so intensiv, wie die Wehen zum Teil sind, ist mir nicht mehr wirklich wohl zu Hause. Abgesehen davon, dass ich unbedingt in die Wanne möchte, habe ich auch die Hoffnung, dass ich vielleicht besser loslassen kann, wenn ich im Geburtshaus bin. Irgendwann MÜSSEN die Wehen ja richtig losgehen.

Bevor ich telefoniere, versuche ich selber mal zu ertasten, ob sich bereits etwas getan hat. Es fühlt sich eindeutig anders an als noch am Tag zuvor. Gestern war noch etwas Gebärmutterhals zu ertasten, nun ist dieser Weg. Meiner laienhaften Einschätzung nach ist der Muttermund etwa 2-3 cm offen. Beruhigt, dass es sich sicher nicht um einen kompletten Fehlalarm handelt, rufe ich ca. um 5.15 die Hebamme an und sage ihr, dass wir in etwa einer halben Stunde im Geburtshaus sind. Wir nehmen das Auto der Schwiegermutter. Als wir durch die Dunkelheit fahren, läuft im Radio „Sorry“ von Justin Bieber. Wie blöd, dass ich nun ausgerechnet bei diesem Lied immer an unsere Fahrt zum Geburtshaus denken muss…

Um 5.45 kommen wir an. Unterwegs hatte ich nur eine Wehe, die nächste kommt gleich, als ich aussteigen möchte. Die Hebamme begrüsst uns und führt uns ins Gebärzimmer, wo sie bereits eine Kerze angezündet hat. Um 6 Uhr untersucht sie mich, und tatsächlich, der Muttermund ist 3-4 cm geöffnet! Sie tröstet mich: Auch wenn die Wehen noch nicht so kommen, wie sie sollten, ist dies eindeutig ein Geburtsbefund. Das Baby schätzt sie auf 2600-2800 Gramm. Sie sagt aber, dass mein kleiner Bauch sie etwas irritiere, vielleicht liege sie auch ganz falsch. Ich bekomme Globuli, die die Wehen unterstützen sollen und verbringe die nächsten 1.5 Stunden alleine mit GG auf dem Bett. Ihm gegenüber gebe ich meinen eigenen Tipp ab: 3000-3200 g. In dieser Zeit übernimmt die zweite Hebamme und sie besprechen das weitere Vorgehen. Diese 1.5 Stunden sind sehr gemütlich. Ich habe nach wie vor Wehen ca. im 10-Minuten-Takt, aber nur etwa jede dritte ist wirklich intensiv. Kurz bevor die zweite Hebamme zu uns stösst, werde ich von einer sehr schmerzhaften Wehe überrollt, die ich nur im Vierfüssler aushalte. Sie fühlt sich genau so an, wie die Wehen, die ich bei Juniors Geburt während der Übergangsphase hatte.

Die Hebamme kommt um halb 8 rein und erläutert den Plan: Bevor sie mir den sehr unberechenbaren Rizinuscocktail gibt, möchte sie es lieber mit einem Einlauf probieren. Sie fragt mich, ob es in Ordnung ist, wenn sie mich nochmals untersucht, damit sie sich selber ein Bild machen kann. Sie tastet mich ab und runzelt die Stirn: Ob sie jetzt spinne, wo ist denn da der Muttermund?! Dann schaut sie mich etwas ungläubig an und sagt: „Der Muttermund ist offen!“ Ich schaue ungläubig zurück und frage: „Also offen offen?“ „Ja, die Bahn ist frei.“ Jetzt hat sich mein Muttermund doch tatsächlich in 1.5 Stunden mit 3 „richtigen“ Wehen komplett geöffnet! Ich BIN in der Übergangsphase.

Die Stimmung im Zimmer steigt merklich. Jetzt geht es endlich wirklich los! Wir beschliessen, den Einlauf zu machen, damit das Köpfchen besser herunterrutschen kann. Die Hebamme sagt, ich müsse es dann einfach noch vom WC zurück ins Zimmer schaffen. Ich frage sie, ob aus meinem Bad in dem Fall nichts mehr wird? Nein, definitiv zu spät. Schade, aber damit kann ich leben, wenn die Kleine jetzt endlich, endlich auf die Welt kommt. Wir machen den Einlauf. Als ich vom WC zurückkomme, passiert – nichts. Die Hebamme lässt uns wieder alleine und ich hopse auf dem Gymnastikball herum. Bei jeder Wehe (nach wie vor nur etwa alle 10-15 Minuten) stehe ich auf und hänge mich vorneübergebeugt an die Sprossenwand, während mir GG das Kreuz massiert. So gehen wieder 1.5 Stunden ins Land und wir fragen uns alle: Worauf um Himmels Willen wartet die Kleine eigentlich noch?!? Wenn ich jetzt noch zu Hause wäre und nicht wüsste, dass mein Muttermund vollständig eröffnet ist, wäre ich wieder der Verzweiflung nahe, weil die Wehen wieder abgenommen haben…

Um 9 Uhr kommt die Hebamme wieder herein. Sie sagt, sie möchte mit dem Rizinus noch etwas warten und zuerst schauen, ob die Kleine doch noch von alleine kommt. Ich frage sie, ob wir nun nicht vielleicht doch noch das Bad einlaufen lassen können? Ich habe nämlich die Vermutung, dass mein kleines Fischmädchen genau diesen Input noch braucht. Ich warte noch etwa 15 Minuten, während das Badewasser einläuft. Um etwa 9:20 darf ich ins Wasser und es fühlt sich herrlich an. Die Verspannung im Kreuz löst sich augenblicklich. Ich lasse mich etwas treiben und warte auf die nächste Wehe.

Die Wehen sind eher noch harmlos, ich habe aber das Gefühl, dass bald der Drang kommt, mitzuschieben. Irgendwann platzt dann endlich, endlich die Fruchtblase. Ich merke, wie das Köpfchen tiefer rutscht und die nächste Wehe ist eindeutig intensiver. Ich halte sie jetzt nur noch im Vierfüssler, mit meinem Gesicht auf GGs Armen, aus. Die nächste ist aber schon wieder weniger effizient, die übernächste ist dafür wieder intensiver. Ich konzentriere mich darauf, mein Becken zu öffnen und schiebe leicht mit. Von Pressdrang aber noch keine Spur. Das Seltsamste an dieser Geburt ist, dass die Hormone, die wie eine Droge auf einem wirken und einem in eine Art Trance versetzen während dem Gebären (so, wie ich es von Juniors Geburt kenne), total fehlen. Mein Kopf ist immer noch zu 100% anwesend. Ich kann mich zwar entspannen, aber ich kann den Kopf nicht ausschalten. Und der sagt mir, dass ich allmählich absolut keinen Bock mehr auf Schmerzen habe… Wie anders war das bei Juniors Geburt. Dort hatte ich zwar ein Mehrfaches an schmerzhaften Wehen, ich konnte die Schmerzen durch die Hormone viel besser aushalten. Tja, da lässt sich nichts machen, ein paar Wehen braucht es noch, bevor ich erlöst werde.

Dann endlich, kurz nach 10 Uhr, überrollt mich eine heftige Presswehe. Zum ersten Mal während der Geburt gebe ich ein Geräusch von mir. Ich kann nicht anders, ich muss laut schreien. Die Urkraft übermannt mich komplett und mein Körper übernimmt das Kommando. Irgendwann sagt die Hebamme, ich solle nicht mehr pressen, sondern nur noch atmen, wenn die Wehe vorbei ist. Aber das geht nicht, die Urkraft wirkt noch immer. Ich stosse ein „Sorry“ heraus, während der Kopf inklusive salutierender Hand aus mir herausflutscht und muss gleichzeitig über mich lachen, dass ich in dieser Situation das Bedürfnis habe, mich bei meiner Hebamme zu entschuldigen.

Die Pause vor der nächsten Presswehe kommt mir ewig vor. Ich hoffe inständig, dass die nächste aus die letzte Wehe ist. Ich will jetzt endlich mein Kind sehen! Die Hebamme entwirrt unterdessen den Hals des Babies von der Nabelschnur, was für mich sehr unangenehm ist. Und dann werde ich endlich erlöst. Die nächste (und letzte!) Presswehe reicht aus, die Kleine gleitet ins Wasser. Es ist 10.16 Uhr. Sofort ist aller Schmerz weg. Die Hebamme schiebt das Baby zwischen meinen Beinen hindurch, damit ich es aufnehmen kann. Dieses Bild werde ich nicht vergessen, wie meine Tochter mit geöffneten Augen unter Wasser auf mich zugeschwommen kommt. Ich nehme sie zu mir hoch und kann es noch gar nicht fassen, dass die Geburt jetzt wirklich vorbei ist und ich meine Kleine in den Armen halte. Die Kleine beginnt fast sofort zu schreien und will gar nicht mehr damit aufhören.

Im Wasser ist mir aber nicht mehr so wohl und wir zügeln aufs Bett. Die Hebamme lässt mich und GG wieder etwas alleine mit unserer kleinen Maus. Mein Gott, ist sie winzig! So ein kleines, kleines Ding, das auf meiner Brust liegt und mich mit grossen, wachen Augen anschaut. Wie ich es schon von meiner ersten Geburt kenne, fliessen keine Tränen und es gibt keine überschäumenden Emotionen. Mich durchströmt eine ganz ruhige, unaufgeregte Liebe für dieses kleine Wesen, mit dem ich ab jetzt für immer verbunden sein werde.

52 cm und 3050 g. Willkommen auf der Welt, kleine Maus!
Zuletzt geändert von Caledonia am Di 7. Mär 2017, 16:02, insgesamt 1-mal geändert.

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Sarisari
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Re: Lange Zweitgeburt, so gar nicht nach Lehrbuch (achtung l

Beitrag von Sarisari »

Danke, Caledonia, für den ausführlichen Bericht. Wie sagt man so schön? Gut Ding will Weile haben :-)
Gut Ding will Weile haben 8)

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amin
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Re: Lange Zweitgeburt, so gar nicht nach Lehrbuch (achtung l

Beitrag von amin »

Wunderschöner Bericht Caledonia! Herzlichen Glückwunsch zu eurer kleinen Maus.
Prinzessin 2009
Luusbuab 2011
Kliina Luusbuab 2014
Kliinschta Schnüggel 2016

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ashu
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Re: Lange Zweitgeburt, so gar nicht nach Lehrbuch (achtung l

Beitrag von ashu »

So schön!
MIA (Dez 05), FEE (Sept 07) OSCAR (Jun 09) und CASPAR (Jan 12)
5 Sternli im Himmel
MÖWE (Feb 16) macht die Familie komplett

Trix
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Re: Lange Zweitgeburt, so gar nicht nach Lehrbuch (achtung l

Beitrag von Trix »

Danke für deinen Bericht! Es ist so spannend, wie unterschiedlich Geburten sein können.
Deine war ein richtiger Marathon!
Und dann noch salutierende Hand, die Kleine hats dir nicht einfach gemacht...
Viele Grüsse
Trix
mit grossem Töchterchen *1/2014 und kleinem Töchterchen *3/2016

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Fritzi
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Re: Lange Zweitgeburt, so gar nicht nach Lehrbuch (achtung l

Beitrag von Fritzi »

Liebe Caledonia, auch an dieser Stelle nochmal ganz herzlichen Glückwunsch zu eurem kleinen Wunder.
Herzlichen Dank für den wunderschönen, toll geschriebenen Geburtsbericht. :D
Maxi-Mädchen: Anfang Juni 2012
Mini-Mädchen: Ende Mai 2014

Baby-Fritz: Ende Januar 2016
und
Zwergentochter: Ende Oktober 2017

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