Dr. Karg Gedichte / Teil 2

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Hans Hartmut Karg
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Des Lebens Lauf

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Des Lebens Lauf

Da gibt es oft das Auf und Ab
wellenden, wallenden Lebens,
das Suchen nach Ankern,
geworfen ins Mehr,
keine Heimat so richtig im Finden,
die Geborenheit dauerhaft leiht.

Doch das Leben geht weiter,
es beachtet nicht sehr
Deine aktuellen Befindlichkeiten,
Deine Hoffnungen und Wünsche,
denn wo Leben sich reibt,
bleibt alles Sklave der Zeit.

So wird in beständigem Weiterlaufen
das Leben nicht heimischer werden,
wo Weiteres unser Schicksal treibt
von einer zur anderen Welt,
in Vertrautem das Fremde sich bricht,
Beziehungen sich haltend begegnen.


©Hans Hartmut Karg
2019

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Hans Hartmut Karg
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Geschlechterfreude

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Geschlechterfreude

Immer wieder muss man lesen,
Geschlechterkampf sei stets gewesen:
Weil Frau und Mann so anders sind,
Blüht deshalb auch kein Götterwind.

Geschlechterkampf, Geschlechtertrennung,
Möglichst nur eigene Anerkennung,
So hört und liest man's überall,
Als wär' die Liebe Rauch und Schall.

Dabei gibt es auf dieser Erden
Nichts Schöneres, als Lieb' im Werden,
Ein Glück ganz zwischen Mann und Frau,
Wodurch das Leben nicht mehr grau.

Was ich als Mann nicht haben kann,
Das bricht die Weiblichkeit mir Bahn,
Denn wo zweidimensional gedacht
Ist fast immer die Lust erwacht...

Die Frau bleibt mir ein Wunderwesen,
Redet stets frei, kann Seelen lesen:
Ihr schönes, zart geführtes Lächeln
Will Lebenslust und Mut zufächeln.

Dabei ist und bleibt sie beweglich,
Denn man erlebt sich so ja täglich,
Darf sich ein wenig necken, herzen –
Verschwunden sind dann alle Schmerzen!

Mit Ironie und Sticheleien
Kann selbst Humor uns noch befreien
Von Nöten, auch von Alltagslasten –
Und keiner muss dann mehr ausrasten.


©Hans Hartmut Karg
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Hans Hartmut Karg
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Die schönste Stadt der Welt

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Die schönste Stadt der Welt

Da ist noch alles original,
Nichts aufgemotzt und nichts bemüht,
Weil dort Erhabenheit verglüht
Wie im Salon, im weiten Saal.

Man kann da mit dem großen Kahn
Langsam in die Lagune reisen
Und ihre ganze Schönheit preisen,
Solange man noch einfahr'n kann.

Venedig bleibt ein Wunderwerk,
Die kunstgewollte Seligkeit,
Wenn die Besucher sind bereit
Zu gehen, wo kein Auto, Berg.

Hier fahren Boote ja zuhauf,
Als gäb' es immer noch den Dogen,
Da Freude, Tanz in edlen Roben
Zum Kreuzfahrer blinken hinauf.

Kein Anspruch ist da mehr auf Macht,
Die Republik ist längst vergangen,
Wie einst der Luxus sich verfangen
Als man auf Größe ward bedacht.

Der alte Glanz kann Augen blenden,
Auch im Verfall zeigt sich Pastell,
Denn Sonnenstrahlen bleiben hell,
Wo Hochzeitspaare Glauben spenden.

Was war das wohl für eine Zeit,
Als Handel noch den Reichtum brachte,
Mit dem Kultur die Kunst bedachte
Und alles zur Schönheit bereit?

Davon sollten wir wieder lernen,
Dass man der Welt Schönes beschert,
Die Trauerwelten so abwehrt,
Um Menschen erdnah zu besternen.


©Hans Hartmut Karg
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Hans Hartmut Karg
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Die Kalbskäsesemel

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Die Kalbskäsesemmel

Der Bolzenschuss krachte im Haus
Und bohrte sich ins junge Hirn.
Standhaft hielt noch das Kälbchen aus
Und bot auch weiter seine Stirn.

So sah ich dies zu später Stunde
Im Fernsehen, wo das Tier stand.
Man warf es um im Schlächtergehen,
Damit alsbald das Leben schwand,

Weil man es stach, es blutet' aus,
Gab einen letzten Laut noch von sich,
So dass der Tod kam schwarz und kraus,
Da ekelt's uns, ja, Dich und mich!'

Ich habe immer gern gegessen
Kalbskäs mit Semmeln, voll Genuss
Und hatte dabei ganz vergessen,
Dass alles anfängt mit 'nem Schuss.

Heut' ess ich solches gar nicht mehr,
Obwohl mir bisher das gut schmeckte,
Denn Tierleid will ich nimmermehr,
So dass ich Pflanzenkost entdeckte.

Warum soll ein so junges Tier,
Das im Anfang des Lebens steht,
Für meinen Leib und zu viel Bier
Erst sterben, dass Genuss entsteht?

Als alter Mensch kann ich doch wählen
Und mit der Pasta Tiere schützen,
Die man nicht länger mehr muss quälen,
Weil wir die Pflanzenkost jetzt nützen.


©Hans Hartmut Karg
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Hans Hartmut Karg
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Stunden im Alter

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Stunden im Alter

Die Stunden kommen mir jetzt vor,
Als wären sie mir eine Sucht,
Treiben zwar immer neu hervor,
Doch so, als wär'n sie auf der Flucht.

Die Zeit flieht, die ich halten will
Von einem Tag hin zu dem andern.
Sie hält sich leider gar nicht still,
Muss immer eilen, mit mir wandern.

Seitdem ich alt geworden bin
Und nicht in Amt und nicht in Würden,
Such' ich deshalb nach neuem Sinn,
Denn jetzt gibt es ja kaum noch Hürden.

Das bindet mir dann doch mehr Zeit,
Verschwendet die kostbaren Stunden,
Und ich, der sterblich, nicht gefeit,
Bin nichts als einer jener Kunden,

Die gerne Stunden würden kaufen
Und damit Jahre weiterleben,
Ihr Lebensende überlaufen,
Um sich dann so mehr Zeit zu geben...


©Hans Hartmut Karg
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Lärmfühligkeit

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Lärmfühligkeit

Früher störte mich kein Lautes
Und ich fand mich da gern ein,
Wo Musik und mir Vertrautes
Konnte mit den Freuden sein.

Ich weiß nicht, wie es Dir geht,
Wenn Sendungen johlend beginnen,
Man fast kein Wort mehr versteht,
Glaubt, der Johlhaufen müsst' spinnen...

Inzwischen schalte ich erst ein,
Wenn das Gejohle längst vorbei.
Im Alter muss kein Lärm mehr sein,
Ich will deshalb auch kein Geschrei.

Mich nervten schon die Lachmaschinen,
Von frühen Serien begleitet.
Man meinte, das sind große Bühnen,
Dabei wurden Pointen verleidet.

Wir brauchen doch nicht das Gejohle,
Nicht übertriebenen Applaus,
Das käm' den Ohren sehr zum Wohle,
Wir hielten es so länger aus,

Wenn Sendungen gut moderiert
Auch ohne Schreihälse auskommen
Und Zuschauer, geschickt geführt,
Wissen, was Gutes sie bekommen.


©Hans Hartmut Karg
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Oktoberwandern

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Oktoberwandern

Schon tragen Niederungen Nebel,
Hüllen das kleine Flüsschen ein,
Denn langsam kommt der Kälteknebel:
So muss das bei uns jährlich sein.

Man kann jetzt wieder selig wandern,
Denn keine Hitze bremst die Lust,
Wenn wir von einem Ort zum andern
Fortschreiten – ohne großen Durst.

Bald heben schon die frühen Strahlen
Die ersten Nebel für uns auf,
Befrei'n uns von den Kältequalen,
Wenn wir in unserem Wanderlauf.

Nun sehen wir die Blätter bunter,
Denn unsere Sonne kehrt zurück
Und macht den Wanderer wieder munter:
Er läuft hin zur Natur – im Glück!

Solange wir noch gehen können
Bleibt der Oktober unser Freund:
Wir werden Freund ihn immer nennen,
Denn er hat es stets gut gemeint

Mit uns, die wir monatsgeboren
In diese wunderschöne Zeit,
Wo längst die Hecken sind geschoren
Und alle Welt erntebereit.

So reicht uns auch dieser Oktober
Heut' wieder seine goldene Hand,
Wird uns zum reichen Erntelober,
Wofür er immer wieder stand.


©Hans Hartmut Karg
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Liebesreife

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Liebesreife

Das traute Ziel der Zweisamkeit
Macht uns zum Leben dort bereit,
Wo wir im Suchen alles finden
Woran sich unsere Seelen binden.

Das ist heut' nicht mehr ganz so leicht,
Weil Lust der Neugierde entweicht,
Im Netz die Angebote locken,
Gar manche auf sehr leichten Socken,

So dass schwächer die Bindungsfäden,
Gefolgt mitunter von Herzensschäden,
Wenn Liebe flieht dem eigenen Wert,
Weil das Vertraute nicht begehrt.

Da lob' ich mir treue Zweisame,
Den edlen Herrn und seine Dame,
Die um Bindung noch ringen können,
Weil sie sich ihren Zartblick gönnen

Aus stillem Willen mit dem Ziel,
Dass trauter wird das Hochgefühl:
Begehren wächst mit feinem Blick
Vollkommen hin zum Dauerglück.


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Die Welt ist heut' so übersatt

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Die Welt ist heut so übersatt


Die Welt ist heut so übersatt,
Will sich da gar nicht wehren,
Wo längst an allernächster Statt
Sich Lebenskonten leeren.

Die kleinen Leute übertrumpfen,
Weil Bauernlegen angesagt
Und manche Faulen, Üblen, Dumpfen
Handeln, weil kein Gewissen plagt.

Da gibt es niemand, der Dich rettet,
Wenn Gauner Deine Mühen klauen.
Nichts ist auf Gnade dort gebettet,
Wo sie die Sittlichkeit verbauen.

Was hilft der Rechtsstaatenverweis,
Wenn Wiedergutmachung vernebelt
Mit manchen Paragrafen leis'
Gerechtigkeit wird ausgehebelt?

Die Welt, die überstürzt verteilt,
Hat nichts zu geben, kann nicht retten:
Wo Sattheit nicht mehr gerne teilt,
Wird sie sich faul zur Ruhe betten.


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Philemon und Baucis

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Philemon und Baucis

Heut' trinken wir gemeinsam den Geburtstagswein,
Wissen uns lieblich gebettet, wo das Glück darf sein
Und wir uns ansehen, als sei uns nichts vergangen,
Weil wir hier stehen, frei und unverfangen
In diesem Lichte, diesem Land, das uns erhält,
Weil wir auf dieses Freudenleben eingestellt.
Möge uns lange noch der Liebesgott begleiten
Und uns zu schönsten Träumen überleiten!

Gestern trank ich noch als Jüngling Wein,
War der Liebsten nah mit unserem Glücklichsein,
Denn des Lebens Schicksal meint' es mit uns gut,
Gab uns das Erheitern, gab uns stete Liebesglut,
Dass sie nicht verschwand, wenn im Verlangen
Auch unsere Jahre mit der Zeit leiser gegangen.
Doch sie blieben in dem schönen Dasein,
Damit spät an Jahren wir ja nicht allein.


©Hans Hartmut Karg
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72 Jahre

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


72 Jahre

Wer darf schon so alt werden
Und immer noch das Leben lieben,
Trotz aller Leibbeschwerden
Noch Worte in die Reime schieben?

Es ist mein ausgesprochener Traum
Ein spätes Wiegenfest zu feiern
Und hier im schönen Erdenraum
Die vielen Freunde anzuheuern,

Dass sie mit mir den Tag begehen,
Weil sie mir nah und freundlich sind,
Zu sich und ihrem Leben stehen
Und nicht auf ihrer Seele blind.

Auch haben wir jetzt endlich Zeit,
Mit Enkelkindern zu parlieren,
Bei Diskussionen, geistbereit
Ein wenig höher gar uns führen.

Neugierde und die Lebensfreude
Haben mir ja noch nie gefehlt,
Weil keine Stunde ich bereute,
Auf meine Glaubenskraft gezählt.

Im Alter noch Gutes zu reden
Für Menschen, die erzählen wollen
Und Möglichkeiten auszutreten,
Wo Augenblicke uns einholen.

Heut' ist mein Haus so übervoll,
Weil alle meine Gäste kamen.
Sie wissen, dass hier ohne Groll
Gefeiert wird in großem Rahmen.


©Hans Hartmut Karg
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Wortweltwerker

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Wortweltwerker

Auch in den hügeligen Nörgelbergen
finden manche Gewaltmenschen ihr Auskommen,
ehrgeizig, sprachgenial, sittenverknotet.

Sicher, Kriege haben sie niemals geführt,
nur Fußball gespielt und Wanderungen unternommen.
Manche von ihnen haben sogar Romane verfasst.

Ihr schmaler Blick hängt sich suchend
bis auf den heutigen Tag in die Baumkronen,
um ein klein wenig vom Himmelsgewölk abzubekommen.

Dabei trinken sie doch alle Quellwasser
und verdammen immerzu den Westen,
aus dem der Regen den Segen bringt.


©Hans Hartmut Karg
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Selbsttäuschung der Seele?

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Selbsttäuschung der Seele?

Immer wenn er Geburtstag hatte
und ich mit ihm telefonierte,
sagte er mir ins aufhorchende Ohr:

„Hast Du wieder ein Glück,
dass Du durchgekommen bist.
Seit dem frühen Morgen
geht es Schlag auf Schlag!“

Das sagte er mir in jedem Jahr,
wenn ich ihm telefonisch gratulierte.

Aber: Kein einziges Mal in all den Jahren
war sein Telefon tatsächlich belegt.

Was ich davon wohl zu halten habe...?


©Hans Hartmut Karg
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Opfer sind kein...

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Opfer sind kein...

Opfer sind kein Spielzeug,
Mit dem man macht, was man will.
Greifen Stalker zum Feuerzeug,
Ist Schlimmes nur ihr Ziel.

Opfer sind kein Belustigungsschrein,
Den man öffnet und wieder schließt,
Denn da dringt Höllendunst herein,
Mit dem man Menschenkinder beschießt.

Opfer sind kein Fahrgeschäft,
Das man beliebig neu besetzt,
Auf dem man sich weiter auslässt –
Und im Aufwühlen alles verhetzt.

Opfer sind kein Ponyhof,
Wo Tiere nur herumgereicht
Und deshalb kein Wohlfühlstoff,
Dem man seine Zukunt streicht.

Opfer sind kein Reibekuchen,
In den man immer wieder beißt,
Um ständig nach Macht zu suchen,
Bis dem Opfer das Leben entgleist.

Opfer sind keine Netztoiletten,
In die man ständig Häme schmeißt,
Um sich selbst auf Rosen zu betten,
Wenn anonym man weiterreist.

„Was Du nicht willst, das man Dir tu',
Das füg' auch keinem andern zu!“


©Hans Hartmut Karg
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Fahler Schein

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Fahler Schein

Es bricht der dunkle Wolkenrand
Am frühen Vormittag jäh auf,
Wenn wieder einmal Strahlenstand
Verkündet seinen Lauf.

Da braucht es keine Schirme mehr,
Um Tropfen fern zu halten:
Die Strahlen bringen Wärme her,
Lassen die Sonne walten.

Und herbstens keine Plötzlichkeit,
Das Wetter schlägt nicht um:
Es bringt viel Ruhe in die Zeit,
Die bleibt uns da recht stumm.

Weithin trägt uns der fahle Schein
Auf unseren Waldeswegen
Und zeigt uns, dass wir nicht allein
Mit unserem Wandersegen.


©Hans Hartmut Karg
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Lenzzeit

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Lenzzeit

Da klagen Menschen
über den Herbst,
der ihnen Gebrechen schaffe,
Nöte und Sorgen bringe,
zunehmend Kälte und Dunkelhet
in die noch warmen Gefilde.

Steht ihnen so nicht
die Hälfte des Jahres noch offen?
Und sie dürfen immer noch
auf einen Jahreslauf hoffen,
der ihnen doch bewährt bleibt,
unabhängig vom Alter?

Vergessen wir denn so leicht,
dass noch vor wenigen Tagen
das laute Wehklagen
über die Heißzeit
die gesamte Welt
in Atem hielt?

Jetzt aber wird es doch angenehmer,
sinnt mir mein Tagesablauf danach,
dass die Sonne zwar fahl aufscheint,
jedoch halbwegs mit mir aufsteht,
noch das Gemäuer erhellt und erwärmt,
ohne nach mir lange zu fragen.

Vergessen wir doch das Jammern!
Bald schon, Lebensfreunde,
wird Dich und mich
wieder die Lenzzeit
mit ihrer wärmenden Sonne
erfreuen.


©Hans Hartmut Karg
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Wir kümmern uns darum

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Wir kümmern uns darum

Hat doch ein unbekannter Störfall den Strom
Aus seiner Dauerarbeitszeit gerissen!
„Wir kümmern uns!“, so sagte man, „Wir kommen schon,
Da sind wir immerzu als Eure Helfer sehr beflissen!“

Doch 80000 Bürger stehen ohne Verbindung da:
Man kann sie nicht erreichen – und sie warten!
Die ganze Welt ist ihnen nicht mehr nah,
Doch wann kann die Verbindung wieder starten?

Man sieht: Neuabhängigkeiten sind gewachsen,
Wir müssen alle sehen, wann wir wieder netzgebunden
Von Baden-Württemberg bis hin ins ferne Sachsen
Und man den Fehler endlich hat gefunden.

Je enger wir doch der Systeme Kind,
Desto mehr Menschen sind davon betroffen,
Weil wir inzwischen auch Netzsklaven sind
Und auf die Möglichkeit der Technik weiter hoffen.


©Hans Hartmut Karg
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Firlefanz

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Firlefanz

Nichts ist dem Menschen mehr zuwider,
Als Mangelndes im wahren Leben.
Er sieht nur noch den Tod, den Schnitter,
Mag sich dem Leichten nicht hingeben,

Dem Virtuellen auch entfliehen,
Weil passiv doch in besten Tänzen
Er oftmals kann die Wesen sehen,
Die ausloten Lust – und die Grenzen.

Der Firlefanz war einst ein Tanz,
Ganz überflüssig, ohne Wert.
Man flocht da keinen großen Kranz,
Alles war dabei unbeschwert,

Wenn nach schwerer Sommerheißzeit
Das Ringellied zum Tanze rief,
Die Jugend, längst liebesbereit,
Im Dorfe voll Erwartung schlief:

Der Hüpftanz provozierte Schwebung
Im Traum, weil nach der harten Ernte
Des Menschen Herz brauchte Belebung,
Womit das Land sich selbst besternte.

Doch niemand bricht heute mehr Lanzen,
Um kreishüpfend herum zu tanzen,
Wenn telefonierend sich verschanzen
Menschen, als wären sie nur Schranzen.


©Hans Hartmut Karg
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Wechselliebe

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Wechselliebe

Wär'n wir nicht doch sehnsuchtsgeboren
In oftmals sorgenvollem Sein,
Müssten Ersatzglück wir uns borgen
In ständ'gem Suchen: „Das ist MEIN!“

Gar mancher jagt nach junger Liebe
Und findet doch kein Ende, Ziel.
Oft bleiben ihm nur seine Triebe,
Ein Seelenchaos – mit Gewühl...

So wird Leben ihm zum Versatz
Für das, was er nicht halten kann,
Wo dauerhaft ihm winkt kein Schatz,
Weil wandernd er nur lebt im Wahn.

Das Auge sucht sich so Spielzeuge,
Mit denen es sich groß beweist,
Dass ein Mitwesen wird als Zeuge
Dorthin geführt, wo Eifer kreist.

Doch wer wirklich liebesgeboren,
Der braucht kein ständig' Wechselglück:
Die Bildung, die er auserkoren,
Greift nach der Dauer – mit Geschick!


©Hans Hartmut Karg
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Wie soll es weitergehen?

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Wie soll es weitergehen?

Wenn sich die Wogen einsam treffen
schäumt Gischt auf in des Ozeans Weiten,
wo Weltmeere doch darauf warten,
dass Fischleiber sie hier durchpflügen,
weil andere sich nähren wollen,
um ihre Mägen aufzufüllen.

Doch wo die großen Trawler pflügen
werden die Schwärme immer kleiner,
verschwinden schließlich ganz,
wo ihnen diese Echolote
die Überlebensrechte rauben
und alles sie dort ausgefangen.

Wie soll es also weitergehen,
wenn überall die Netze lauern,
Millionen Leinen ausgelegt
und nun die wen'gen Einzelfische
mit Mägen voller Plastikmüll
am Meeresmadengrund verenden?


©Hans Hartmut Karg
2019

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