Minusstunden nacharbeiten

Wer kennt sich aus?

Moderator: conny85

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marisa
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Minusstunden nacharbeiten

Beitrag von marisa »

Hallo, brauche eure Hilfe. Ich arbeite seit 3 Jahren in einer Praxis. Gut 2 Jahre alleine mit der Chefin, mittlerweilen sind wir 3 Angestellte. Nun habe ich auf Ende Januar gekündigt
Zu meiner Frage. Ich musste meine Arbeitszeiten immer in eine Excel Tabelle eintragen, Ende Monat ausdrucken und unterschreiben. Wenn wir am Abend fertig waren, konnte ich gehen. Hatte so Minusstunden, aber sie meinte immer, die Arbeitszeiterfassung müsse gesetzlich gemacht werden. Sie schaue sie aber nicht an. Nun habe ich 42 Minusstunden und sie findet ich müsse diese nacharbeiten oder sie zieht diese Stunden vom Lohn ab. Ist das erlaubt? Es ist ja nicht so, dass ich früher nach Hause ging, weil ich etwas vor hatte, sondern weil die Arbeit erledigt war. Im voraus schon herzlichen Dank für eire Antwort

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Stella*
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Re: Minusstunden nacharbeiten

Beitrag von Stella* »

Wenn sie dich früher nach Hause schickt, verzichtet sie auf deine Arbeitsleistung. In diesem Fall kannst du nichts dafür, dass du Minusstunden hast und sie darf dir diese Stunden auch nicht vom Lohn abziehen.

https://www.schweizer-arbeitsrecht.ch/d ... -zulaessig

Sie kann dich übrigens auch nicht dazu "verknurren", diese Zeit so nachzuarbeiten, dass es für dich unzumutbar ist, dh wenn du ohnehin schon ein 100%-Pensum hättest, dürfte sie nicht erwarten, dass du in einem Monat 70 Minusstunden aufholst.

marisa
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Re: Minusstunden nacharbeiten

Beitrag von marisa »

Danke Stella. Ich habe die Arbeitszeiten jeden Monat unterschrieben, hat das keinen Einfluss? Arbeite übrigens 60%.

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Stella*
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Re: Minusstunden nacharbeiten

Beitrag von Stella* »

Was steht in deinem Arbeitsvertrag? Hast du dort fixe Arbeitszeiten oder steht etwas besonderes?

So wie ich es verstanden habe, wärst du ihr jeweils zur Verfügung gestanden, doch sie hat dich nach Hause geschickt, obwohl sie wusste, das du nicht die ganze Sollarbeitszeit leistest. Wir haben im Geschäft ein Gleitzeitmodell. Trotzdem werden beim Austritt niemandem Stunden abgezogen, die unverschuldet entstanden sind. Wenn wir für die Mitarbeitenden keine Arbeit haben und sie nach Hause schicken, können sie ja gar nicht ihre volle Arbeitszeit leisten. Somit dürfen die Minusstunden auch nicht abgezogen werden.

Es spielt deshalb keine Rolle, dass du die Stunden aufgeschrieben hast. Bei und wird die Arbeitszeit ebenfalls erfasst und trotzdem werden nur dann die Minusstunden vom Lohn abgezogen, wenn sie der Mitarbeiter "selbst verschuldet" hat, dh wenn er zB so viele Freiwünsche eingibt, dass er gar nicht auf die Stunden kommt oder ständig früher gehen will obwohl es Arbeit hätte.

marisa
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Re: Minusstunden nacharbeiten

Beitrag von marisa »

Danke Stella! Ich werde das meiner Chefin mal so mitteilen. So wie ich sie kenne wird sie es nicht einfach so hinnehmen 🤔

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Stella*
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Re: Minusstunden nacharbeiten

Beitrag von Stella* »

Am besten versuchst du ihr verständlich zu machen, dass du (gerne) die vereinbarte Arbeitszeit geleistet hättest, dies aber nicht möglich war, weil sie keine Arbeit mehr für dich hatte und dich nach Hause schickte. Vielleicht versteht sie das.

Wie solltest du denn die Minusstunden aufholen? Wäre dies für dich überhaupt möglich? Wenn du die ganze Zeit immer gleich gearbeitet hast, kann sie nicht von dir verlangen, dass du zusätzliche Tage kommst.

Viel Erfolg beim Gespräch!

Alebri
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Re: Minusstunden nacharbeiten

Beitrag von Alebri »

Also ich sehe das anders. Zeiterfassung ist Pflicht - das ist korrekt. Wie die Minusstunden zustande kamen (ob zu wenig Arbeit, etc.) ist im Nachhinein wahrscheinlich schwer nachvollziehbar bzw. da hätte zumindest mal etwas schriftlich festgehalten werden müssen (dass die Chefin eben auf die Minusstunden verzichtet, da zu wenig Arbeit). Jetzt im Nachhinein - wo doch so viele Minusstunden aufgelaufen sind - ist das schon ein Streitfall. Grundsätzlich ist auch der Arbeitnehmer in der Pflicht, seine Arbeitszeiten einzuhalten bzw. wenn es regelmässig/ständig zu wenig Arbeit hat, hätte man das längst schon mal klären müssen (evtl. Pensum reduzieren). Aber so ohne Gespräch und jetzt einfach die 42 Stunden Minus stehen lassen, ist halt schon kein klarer Fall. Grundsätzlich muss man als Arbeitgeber bei Austritt Überstunden/Überzeit auszahlen - und hat umgekehrt auch das Recht, Minusstunden abzuziehen.

Klar, die Frage ist schon, warum die Minusstunden entstanden sind. Aber eben: Das ist nachträglich kaum mehr zu beweisen bzw. wenn da Aussage gegen Aussage steht, kann das schon schwierig werden.

Ich würde raten, dass Du nochmals das Gespräch mit Deiner Chefin suchst. Evtl. findet Ihr ja auch einen Kompromiss (dass sie Dir z.B. nur die Hälfte der aufgelaufenen Minusstunden abzieht und den Rest auf die eigene Kappe nimmt). Denn im Grundsatz ist es ja schon so: Du hast 42 Stunden weniger gearbeitet, als Du Lohn zugute gehabt hättest - von daher wäre die Verrechnung mit dem Lohn korrekt. Aber eben: Es kommt schon auch auf die Umstände darauf an. Aber bevor es wirklich zum Streitfall wird, würde ich versuchen, mit der Chefin eine gütliche Einigung zu finden.

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Stella*
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Re: Minusstunden nacharbeiten

Beitrag von Stella* »

@Alebri
Normalerweise haben Mitarbeitende in einer Praxis feste Arbeitszeiten und die Arbeit ist meistens sehr "Chef-Bezogen".
Wenn die Chefin die Mitarbeiterin nach Hause schickt, weil sie alles erledigt hat und nichts mehr zu tun ist, liegt es in ihrer Verantwortung, ihr genug Arbeit zu geben. 42 Minusstunden innerhalb von 3 Jahren entsprechen gut einer Stunde pro Monat, resp. bei einem 60%-Pensum ein paar Minuten pro Arbeitstag. Das ist bei weitem kein Grund für eine Pensenreduktion. :wink:

Klar wäre es gut gewesen, man hätte mal miteinander darüber geredet. Aber dies hätte meiner Meinung nach die Chefin genau so machen sollen wie die Mitarbeiterin. Die Chefin kann die Stundenblätter nicht während 3 Jahren unkommentiert visieren und dann erst bei der Kündigung auf die Idee kommen, die Stunden nacharbeiten zu lassen. Die Mitarbeiterin hatte ja offenbar während ihrer Anstellungsdauer gar nie die Gelegenheit, die Minuszeit aufzuarbeiten.

@marisa
Hast du mit deiner Chefin bereits geredet?

judeli
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Re: Minusstunden nacharbeiten

Beitrag von judeli »

So viel ich weiss, muss sie dir die Möglichkeit geben, die Minusstunden nachzuarbeiten.

Lilyrose
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Re: Minusstunden nacharbeiten

Beitrag von Lilyrose »

Ich war in einer ähnlichen Situation. Hatte Minusstunden weil keine Arbeit vorhanden war...und das obwohl ich dies meiner Chefin mehrfach gesagt habe, auch schriftlich mitgeteilt. Ich musste die Stunden aufarbeiten, da wie bei dir die rechtlage nicht so eindeutig war. Korrekterweise hätte ich die restlichen Stunden ohne Arbeit am Tisch sitzen müssen und absitzen.

Ich würde auch auf jeden Fall das Gespräch suchen und einfn Mittelweg versuchen zu finden. Rechtlich gesehen wird es wohl eher schwierig

rose02
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Re: Minusstunden nacharbeiten

Beitrag von rose02 »

Genau, korrekterweise müsste man die Zeit einfach absitzen. Denn der Arbeitgeber ist verpflichtet dich in dem Pensum, wo er dich eingestellt hat, zu beschäftigen. Natürlich kann es vorkommen dass die Zeiten schwanken, das heisst: Wenn man Plusstunden hat, kann der AG dir sagen geh früher heim, denn das ist Kompensation. Wenn man aber über keine Plusstunden verfügt, dann geht es logischerweise in die Minusrechnung. Aber wenn dies zur Regelmässigkeit führt, so müsste der AG dir Lösungen anbieten (anderes Arbeitspensum, andere Arbeitszeiten, Kurzarbeit anmelden oder dir einfach die Zeit schenken.)
In deinem Fall hast du ja zum Glück, so wie ich es verstanden habe, die Zeiterfassung visiert bekommen. Lass dich nicht einschüchtern! Sie kann nichts im Nachhinein fordern wo sie zuvor einverstanden war.

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Ursi71
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Re: Minusstunden nacharbeiten

Beitrag von Ursi71 »

@rose: Aber es wurde ja nur visiert, dass die Minusstunden gemacht wurden, nicht ob und wie diese kompensiert werden müssen? Wie den Stunden nun umgegangen wird, das bleibt weiterhin, wie Alebri geschrieben hat, ein Beweisproblem. Wenn mein Arbeitgeber meinen Arbeitszeitrapport visiert, heisst das ja auch nicht, dass meine Gleitzeitguthaben verfallen würden. Ebenso würden auch Minusstunden nicht verfallen, es sei denn, dies wäre (beweisbar) so abgemacht.

rose02
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Re: Minusstunden nacharbeiten

Beitrag von rose02 »

Ja, Ursi, hast wohl recht. :-/ Aber anscheinend hat die Chefin bis zur Kündigung auch nichts von Kompensation erwähnt. Und das sich Minusstunden über mehrere Jahre derart kumulieren find ich eh schräg... Also bei meinen Arbeitsverhältnissen gab es klar Vorgaben wieviel Minus/Plusstunden aufs nächste Jahr genommen werden konnten...

Alebri
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Re: Minusstunden nacharbeiten

Beitrag von Alebri »

Das Arbeitsgsetz unterscheidet da nicht zwischen Büro und einem Praxisbetrieb - zumindest nicht in diesem Bereich ;-). Mehrstunden sind Mehrstunden und haben bei Austritt ausbezahlt zu werden (wenn sie vorher nicht kompensiert werden können) - Minusstunden sind Minusstunden und haben bei Austritt abgezogen zu werden (wenn sie vorher nicht nachgearbeitet werden).

Bei allem anderen - wie geschrieben: Da steht nun Aussage gegen Aussage. Wäre irgendwo schriftlich festgehalten worden, dass die Minusstunden aufgrund zu wenig Arbeit entstanden sind, wär's ein klarer Fall. Aber nachdem offenbar über eine längere Zeit Minusstunden angefallen sind und sich gehäuft haben, ist es schwer beweisbar, nun plötzlich bei Austritt schlüssig argumentieren zu können, dass es ein Problem beim AG war. Das hätte viel früher geklärt werden müssen.

Und richtig - wie auch geschrieben: Die Zeit wurde visiert, d.h. die Chefin hat damit nur visiert, dass sie zur Kenntnis genommen hat, dass die Mitarbeiterin zu wenig gearbeitet hat. Deshalb steht sie aber noch nicht in der Pflicht, nun bei Austritt auf diese Minusstunden zu verzichten.

Es ist ein Streitfall - und nochmals: Am Besten miteinander sprechen und eine Lösung suchen.

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stella
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Re: Minusstunden nacharbeiten

Beitrag von stella »

Ich kenne mich da nicht aus...
Als Lehrerin bin ich einem anderen Arbeitsgesetz unterstellt als dem OR.
Und ich meine, in meiner Ausbildung mitbekommen zu haben, dass dies ebenso der Fall ist bei den Polizisten und im medizinischen Bereich. Daher meine Frage: Was sind deine gesetzlichen Grundlagen? Oder gilt bei dir auch das OR?

Je nach Gesetzeslage könnte es drum schon sein, dass es eben anders ist, als Alebri schreibt. Aber wie eingangs geschrieben, kenne ich mich nicht aus. Müsstest dich wohl an jemanden wenden, der da gute Kenntnisse hat oder aber vielleicht habt ihr eine Gewerkschaft - dort bekomme ich jeweils Auskünfte, wenn es um rechtliche Belange im Zusammenhang mit meinem Beruf geht.
Pfunzle 06/04 und Gumsle 10/07

marisa
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Re: Minusstunden nacharbeiten

Beitrag von marisa »

Hallo, danke allen für ihre Antworten. Ich habe versucht mit meiner Chefin zu reden, leider mit mässigem Erfolg. Sie meinte, ihre Aussage, dass sie die Minusstunden nicht beachtet, habe sie natürlich nicht so gemeint. Die meisten sind aus dem 2017. Damals hatte sie die Praxis neu eröffnet und dadurch noch nicht viele Patienten. Wir sind dann das ganze Jahr nochmal gemeinsam durchgegangen, da es einige Unstimmigkeit gab und am Schluss waren wir bei 27 Minusstunden. Sie ist nun aber so wütend, dass sie mir die 1.5 geschenkten Ferientage der letzten beiden Jahre und den halben den ich dieses Jahr hatte auch noch dazu rechnet. Ich mag nicht mehr streiten, hatte schon zu viele Diskussionen und muss noch bis Ende Januar bleiben.

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mariposa_2
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Re: Minusstunden nacharbeiten

Beitrag von mariposa_2 »

@marisa oje wie doof. Schade dass sie so reagiert. Das wären dann insgesamt ca. 5 Tage oder? Ich würde an deiner Stelle in den sauren Apfel beissen und die nächsten 5 Wochen 80% arbeiten. So könntest du es aufholen und hättest keine Lohneinbusse.
Chline Buddha 2017

rose02
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Re: Minusstunden nacharbeiten

Beitrag von rose02 »

Hab mal noch dies gefunden, ist sehr treffend: https://syndicom.ch/recht/rechtso/artik ... ach-hause/

Alebri
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Re: Minusstunden nacharbeiten

Beitrag von Alebri »

rose02 hat geschrieben: Fr 29. Nov 2019, 07:48 Hab mal noch dies gefunden, ist sehr treffend: https://syndicom.ch/recht/rechtso/artik ... ach-hause/
Entscheidend: Um den Annahmeverzug des Arbeitgebers herbeizuführen, muss der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung ausdrücklich anbieten. Dies kann mündlich, schriftlich oder auch tatsächlich erfolgen, etwa indem er am Morgen am Arbeitsplatz erscheint, obschon er am Vorabend eine telefonische Absage erhalten hat!

;-)

Nochmals: Das Problem ist hier die Beweisbarkeit. Es wurde nie irgendwo schriftlich festgehalten, dass die Minusstunden aufgrund zu wenig Arbeit entstanden sind (bei mündlich ist halt auch immer das Problem mit der Beweisbarkeit - umso mehr Jahre im Nachhinein). Somit ist es ein Streitfall und da würde wohl selbst vor Gericht ein Kompromiss gefunden werden müssen. Das lohnt sich - meines Erachtens - bei 27 Stunden nicht.

Ich würde auch meinen: Lohnabzug schlucken oder aufarbeiten.

Averi
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Re: Minusstunden nacharbeiten

Beitrag von Averi »

@ Alebri
Darf ich dir zu diesem Thema eine PN schicken?

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