Und weiter gehts mit dem Wundern...

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Moderator: conny85

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stella
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Re: Und weiter gehts mit dem Wundern...

Beitrag von stella »

Aus verschiedenen Gründen (keine Verfügbarkeit von familienergänzenden Betreuungsmöglichkeit plus Kind mit sehr starken Bedürfnissen) war ich die ersten 6 Jahre tiefprozentig in der Erwerbsarbeit. Ich habe aber immer damit gehadert. Da wir aber keine Grosseltern hatten, die einspringen konnten und es auch keine Kita gab, die Kinder unter zwei Jahren aufnahm, fügte ich mich hinein, auch aus dem Grund, dass mein Mann deutlich mehr verdient. Ich habe dann schnell gemerkt, dass frau auch in meinem Beruf in die Bedeutungslosigkeit versinkt mit einem tiefen Pensum. Nach sechs Jahren habe ich einen Leitungsjob übernommen und in einer grösseren Gemeinde das schulergänzende Betreuungsangebot mitaufgebaut. Das war eine spannende, aber auch zehrende Zeit, vor allem, weil da ja noch das Kind war, welches uns sehr brauchte. Nach weiteren fünf Jahren, die Betreuung lief dann an fünf Nachmittagen, das Team war eingespielt, Routine kam, die interessierte mich wenig, bin ich zurück in meinen angestammten Beruf. Beruflich hatte ich nur noch eine Rolle. Ich arbeitete zwischen 27 und 55%. Im Moment möchte ich mehr, 70 - 80%. Das ist aber an meinem Arbeitsort nicht möglich. In zwei Jahren wird jemand pensioniert. Dort werde ich dann mein Pensum aufstocken. Deswegen den Arbeitsort wechseln würde ich nicht wollen. Ich habe zu viele positive Dinge an meinem jetzigen Arbeitsort.
Mein Mann hat immer 100% gerabreitet. Aber er konnte recht viel frei einteilen, so dass er eigentlich immer auch beteiligt war an der Care- und Hausarbeit. Mal mehr, mal weniger, je nach dem, wie viel ich gearbeitet habe.
Leider hat bei meiner Pensionskasse sehr viel gewechselt, so dass ich aktuell viel schlechter dastehe, als damals, als ich das erste Kind kam, mir vorausgesagt wurde. Das ärgert mich ein wenig. Aber ich kann es nicht ändern.

Berufswahl, typisch Mädchen, typisch Junge
Ich denke nicht, dass man es so plakativ sagen kann, z.B. mit Mathe.
Aber generell würde ich sagen, dass die Geschlechterstereotypien immer noch recht ausgeprägt sind. Da tut sich nur langsam was. Ebenfalls in der Bewertung, was typisch weiblich, typisch männlich ist. Lernt ein Mädel Zimmermann, dann ist sie cool. Lernt ein Junge Fachangestellter Gesundheit, dann ist das nicht wirklich cool.
Ich hatte mal vor über 16 Jahren eine Fortbildung zu diesem Thema und ich denke, dass seit da nicht sehr viel gewechselt hat. Mädchen wählen immer noch nur aus einer Handvoll Berufe aus: Verkauf, Büro, FAGe, FABe, Floristin, Coiffeuse. Das sind glaub von den Mädchen die meist gewählten Ausbildungen. Bei den Jungs kommen halt etliche Handwerksausbildungen dazu. Die sind breiter aufgestellt. Ich habe selten mal ein Mädel, welches einen typischen Jungenberuf lernt. (Malerin, Schreinerin, eine Zimmerin...) Die lassen sich in den letzten fünf Jahren an einer Hand abzählen. Ich hatte in den letzten fünf Jahren keinen einzigen Jungen, der einen typischen Frauenberuf ergriffen hat.
Pfunzle 06/04 und Gumsle 10/07

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Helena
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Re: Und weiter gehts mit dem Wundern...

Beitrag von Helena »

Ist es nicht seeeehr kurzsichtig, wenn man einem Mädchen weniger Support gibt, weil es ja mal Familie hat?
Es könnte doch auch in einer Ehe kinderlos bleiben? Asexuell sein? Lesbisch? Oder sonst was?

Ich hab keinen Bruder, denke aber nicht, dass der anders behandelt worden wäre...

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ChrisBern
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Re: Und weiter gehts mit dem Wundern...

Beitrag von ChrisBern »

Auf die Idee wäre ich jetzt nie gekommen, meiner Tochter zu empfehlen, einen Job zu wählen, der gut vereinbar ist. ;-) schräger Gedankengang. Meine Tochter hatte einmal eine Zeit, wo sie sagte: ich werde Astronaut und Papa passt dann auf meine Kinder auf. ;-)

sonrie
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Re: Und weiter gehts mit dem Wundern...

Beitrag von sonrie »

welche Berufe sind denn gut mit Familie vereinbar und welche nicht?
"Wenn Aufregung helfen würde, Probleme zu lösen, würde ich mich aufregen." (Angela Merkel in "Die Getriebenen")

millou
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Re: Und weiter gehts mit dem Wundern...

Beitrag von millou »

sonrie hat geschrieben: Sa 30. Jan 2021, 20:24 welche Berufe sind denn gut mit Familie vereinbar und welche nicht?
Ein Beruf mit flexiblen Arbeitszeiten. Wenn ich einen Job habe, bei dem ich um 8.00 auf der Matte stehen muss, das Kind aber erst um 8.00 daheim los kann, dann wird es schwierig, je nach Arbeitsweg sogar ein Ding der Unmöglichkeit.

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Re: Und weiter gehts mit dem Wundern...

Beitrag von millou »

Helena hat geschrieben: Sa 30. Jan 2021, 19:37 Ist es nicht seeeehr kurzsichtig, wenn man einem Mädchen weniger Support gibt, weil es ja mal Familie hat?
Es könnte doch auch in einer Ehe kinderlos bleiben? Asexuell sein? Lesbisch? Oder sonst was?

Ich hab keinen Bruder, denke aber nicht, dass der anders behandelt worden wäre...
Ich hab früher daheim auf die Frage, warum ich mehr helfen muss als mein Bruder die Antwort erhalten, weil du ein Mädchen bist.

Und es geht in die gleiche Richtung, wie ein Vater der gefeiert wird weil er nur 80% arbeitet. Wann bitte ist schon jemals eine Mutter gefeiert worden, weil sie nur 80% arbeitet?
Wie oft höre ich "er hat dann seinen Papitag". Noch nie habe ich gehört "sie hat dann ihren Mamitag".

millou
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Re: Und weiter gehts mit dem Wundern...

Beitrag von millou »

ChrisBern hat geschrieben: Sa 30. Jan 2021, 20:21 Meine Tochter hatte einmal eine Zeit, wo sie sagte: ich werde Astronaut und Papa passt dann auf meine Kinder auf. ;-)
Grad heute beim Znacht, die 8-jährige will Zahnärztin werden, die 10-jährige träumt grad davon Köchin zu werden.
Die Kleine zur Grossen: ich koch dann nur für meine Familie.
Ich zur Kleinen: Warum kocht nicht dein Mann?
Sie so: Stimmt. Ich gehe ja arbeiten also kann er kochen.

Susanna
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Re: Und weiter gehts mit dem Wundern...

Beitrag von Susanna »

Ursi71 hat geschrieben: Sa 30. Jan 2021, 16:51 Spannende Diskussion: Bei mir ist es auch so, dass ich micht nicht abhängig machen will. Ich wollte immer genug Einkommen haben, dass ich nicht auf meinen Mann angewiesen wäre, wenn er mal das Weite suchen sollte. Und mal ganz ehrlich, auch weil ich die Möglichkeit haben will, zu gehen ohne ihm auf der Tasche zu liegen, wenn es mir in der Ehe irgendwann mal "aushenken" sollte :oops: .
Und mein Einkommen ist auch eine Absicherung für ihn. Grad letzthin hatten wir die Diskussion, dass er in seiner (Gross)Firma plötzlich der einzige Mitarbeiter über 50 ist. Wer da nichts böses denkt... :roll: Und wir haben dann durchgerechnet, dass ich auf 80% erhöhen könnte und wir dann selbst wenn GG nie mehr einen Job finden sollte, weiterhin ohne uns viel einschränken zu müssen, gut durchkommen würden.

Mich wundert grad noch etwas anderes (oder eben nicht so anderes): Dass Tochter (1. Sek) ein Zeugnis von der Schule heimbringt und voll genervt fragt: "Warum haben ALLE Mädchen in Mathe nur eine 4 oder 4.5 und ALLE Jungs 5 oder 5.5?"
Zufall? Ich glaub das nicht.
Tochter hat den Lehrer noch extra gefragt, warum sie nur eine 4.5 hatte (Sie hatte eine 5 erwartet). Der Lehrer hatte geantwortet: "Ja ich hätte dir auch aufrunden können..."
Ob er bei einem Jungen auch abgerundet hätte?
Ach, und es ist ein sehr junger Lehrer, falls sich jemand wundern sollte...
Als ich das gelesen habe, ist mir das Experiment von Barbara Fredrickson (Uni Michigan) in den Sinn gekommen. Da geht es darum, dass Männer und Frauen bei einer Studie zuerst entweder Badehosen oder einen Pulli anprobieren mussten, in einer Umkleidekabine mit grossen Spiegeln. Danach gab es einen anspruchsvollen Mathetest - und die Frauen, welche Badehosen anprobieren mussten, haben signifikant schlechter abgeschlossen als diejenigen im Pulli. Die Konzentration der Frauen auf ihren Körper hat ihre intellektuelle Leistungsfähigkeit eingeschränkt. Bei den Männern hat das keinen Unterschied gemacht. Natürlich wurde vor der Studie darauf geachtet, dass alle Teilnehmer gemäss vorherigen Leistungen etwa gleich stark waren in Mathe und die Auswahl ob Badehose oder Pulli ging nach dem Zufallsprinzip. Mein Text hier ist natürlich eine extreme Zusammenfassung von der Studie - aber man kann sie im www nachlesen.

Auf deine Nachricht bezogen: Es macht so krass viel aus, was für eine Einstellung der Lehrer gegenüber den Mädchen und ihrer Matheleistung hat. Es muss nicht mal sein, dass er sie absichtlich schlechter benotet. Aber wenn er ihnen ständig das Gefühl gibt, dass sie es nicht so gut können wie die Jungs, dann kann das gerade in dem Alter einen nicht unterschätzbaren Effekt auf die Mädchen haben!

Wir können unseren Töchtern helfen, indem wir ihnen ein "männliches Selbstbewusstsein" anerziehen. Bitte nehmt mich nicht auseinander für diesen Satz - das ist jetzt total positiv gemeint. Egal wie ich aussehe, egal was andere sagen, egal was ich gerade fühle - ich kann das!

Meine Tochter geht genau zu so einem Lehrer in die Schule, der ständig erzählt, Jungs seien überall besser. Ich musste ihr richtiggehend antrainieren, dass sie das nicht glaubt. Mädchen können alles, was Jungs auch können.

Ich hoffe, ich habe das richtig gemacht mit zitieren etc. - ich schreibe sonst sehr selten. Aber das ist mir gerade ins Auge gesprungen.

Pirat
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Re: Und weiter gehts mit dem Wundern...

Beitrag von Pirat »

[quote=jupi2000 post_id=7806245 time=1612014182 user_id
Meine Tochter möchte sicher mal Kinder. Dann teilzeit arbeiten und ihre Kinder meinem Mann und mir bringen zum hüten :lol:
[/quote]

Und ihr Partner? Der “muss” dann Vollzeit und hat keine Wahl?

Ich finde die Einstellung, dass man ja keinen guten Beruf braucht, weil man später eh nicht Vollzeit arbeiten will, unfair. Das lässt nämlich dann dem zukünftigen Partner keine Wahl.
(@jupi2000: das bezieht sich jetzt nicht auf deine Tochter)

Und dann noch eine provokative Frage: diejenigen welche übers Schulalter der Kinder zu Hause geblieben sind - hattet ihr nie ein schlechtes Gewissen dem Partner gegenüber? Ein kleines Kind (oder mehrere kleine Kinder) zu betreuen plus Haushalt ist ganz klar ein Vollzeitjob. Aber wenn die Kinder mal in der Schule sind, gibt es doch keinen Grund, gar nicht zu arbeiten (ich spreche jetzt nicht von Kindern mit besonderen Bedürfnissen)?

sonrie
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Re: Und weiter gehts mit dem Wundern...

Beitrag von sonrie »

@millou: welche Berufe sind das? Kommt doch mehr auf den AG an als auf den Job, nicht? Es gibt Buchhalter mit Gleitzeit und solche mit fixen Arbeitszeiten....Lehrer würde auch funktionieren, wenn die Arbeitsstelle in der Nähe ist, sonst nicht.
Verkauf geht gut wenn der Laden erst um 9h öffnet. ärztin in einer Praxis geht, spital wird schwieriger ....etc.

Welche Berufe würdet ihr denn empfehlen um Job und Kinder gut/besser vereinbaren zu können?
"Wenn Aufregung helfen würde, Probleme zu lösen, würde ich mich aufregen." (Angela Merkel in "Die Getriebenen")

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Helena
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Re: Und weiter gehts mit dem Wundern...

Beitrag von Helena »

@millou: in dem Fall hab ich moderne Eltern. Obwohl meine Mama voll zu Hause war.

Lilyrose
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Re: Und weiter gehts mit dem Wundern...

Beitrag von Lilyrose »

Mialania hat geschrieben: Sa 30. Jan 2021, 10:15 aber wohl erst, wenn die Kinder grösser sind. Er traut sich beide (noch) nicht zu.
Werden wir Mütter gefragt, ob wir uns das zutrauen?? Nichts gegen euch, aber so eine Aussage verstehe ich einfach nicht. Was soll schon passieren? Es sind seine Kinder, wieso sollte er diese nicht auch betreuuen können, wenn sie klein sind? Ich ging nach knapp 4 Monaten wieder arbeiten, unser drittes wurde noch voll gestillt und hat Fläschli partout nicht akzeptiert... Da musste mein Mann einfach durch, war es einfach? Nein... Ist es für mich immer einfach? Nein. Kein Problem, dass es für euch so stimmt... Aber nicht aus dem Grund, dass er es sich nicht zutraut.

Ich überlege mir aktuell grad, ob ich mal beim Gmeinspräsi vorstellig werden soll (bietet jeweils Gesprächsterine an, um Anliegen zu deponieren usw). Mir ist klar, dass das an der Situation der Betreuung nichts ändern wird, aber es wird sich auch nie etwas ändern, wenn es alle stumm akzeptieren. Ich frage mich grad, bin ich das meinen Töchtern nicht irgendwie "schuldig"? Mich dafür einzusetzen, dass sie sich vielleicht mal nicht mehr mit solchen Themen auseinander setzen müssen? Was gebe ich meinen Töchtern mit, wenn ich mich nicht wehre gegen etwas, dass ich als ungerecht empfinde? Auch wenns wohl nichts bringt... Immerhin hät ichs versucht.

millou
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Re: Und weiter gehts mit dem Wundern...

Beitrag von millou »

sonrie hat geschrieben: Sa 30. Jan 2021, 21:23 @millou: welche Berufe sind das? Kommt doch mehr auf den AG an als auf den Job, nicht? Es gibt Buchhalter mit Gleitzeit und solche mit fixen Arbeitszeiten....Lehrer würde auch funktionieren, wenn die Arbeitsstelle in der Nähe ist, sonst nicht.
Verkauf geht gut wenn der Laden erst um 9h öffnet. ärztin in einer Praxis geht, spital wird schwieriger ....etc.

Welche Berufe würdet ihr denn empfehlen um Job und Kinder gut/besser vereinbaren zu können?
Du hast recht. Ich denke es ist eine Kombi von Beruf und Arbeitgeber. (Bei uns klappt im Moment dank 100% Home Office ein 200% Arbeits-Pensum mit knapp ca. 30% externer Kinderbetreuung.)
Gut klappt sicher alles, was remote mit PC erledigt werden kann und keine physische Präsenz am Arbeitsort notwendig ist. Das gibt ungeahnte Flexibilität und ist grad mit Schulkindern, die einem nicht mehr wirklich brauchen, aber es gut ist, wenn jemand da ist ideal.
Bei uns im konkreten Fall Softwareentwicklung und Sales Operations.

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Papa68
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Re: Und weiter gehts mit dem Wundern...

Beitrag von Papa68 »

Ich bin gespannt, wie es meine Kleine mal anstellen wird. Sie möchte mal Mutter, Kindergärtnerin, Astronautin und Chemikerin werden. Und das alles auf einmal. :mrgreen:
SCHWEIGEN IST GOLD.
ES SEI DENN, DU HAST KINDER. DANN IST SCHWEIGEN VERDÄCHTIG!

Melia
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Re: Und weiter gehts mit dem Wundern...

Beitrag von Melia »

Ich bin Anwältin und arbeite bereits seit 8 Jahren im Home-Office, noch dazu vom Ausland aus, da ich in das Heimatland meines Mannes gezogen bin. Noch bis vor Kurzem (vor Corona) haben mir 99% meiner Berufskolleginnen und -kollegen gesagt, dass sie sich das nie vorstellen könnten, dass sie Ihre Arbeit im Home-Office erledigen könnten bzw. dass sie ihren Mitarbeiten das nie erlauben würden, da die physische Präsenz in der Kanzlei so wichtig sei. Nun – ich denke durch Corona merken jetzt viele, dass es eben nicht unmöglich ist, wenn man will (oder im Moment wohl eher muss) und die nötige Infrastruktur einrichtet. Vielleicht ändert sich jetzt ja auch mal diese überkommene Vorstellung, dass jeder immer physisch präsent im Büro sein muss. Natürlich gibt es gerade in meinem Bereich viele Rechtsgebiete, bei denen physische Klientengespräche und der Besuch von Gerichtsterminen eine physische Anwesenheit erfordern. Aber gerade im Wirtschaftsrecht, in dem ich tätig bin, ist so gut wie alles schriftlich und man muss sehr selten wirklich vor Ort sein. Warum immer noch so viele Leute der Ansicht sind, dass man eine solche Arbeit nicht im Home-Office machen kann, habe ich noch nie verstanden. Durch die Arbeit im Home-Office kann ich meine Arbeit erledigen wann ich will, kann jederzeit mit meinen Kindern etwas machen und wenn sie krank sind, gibt es nie ein Problem damit, sie zu Hause zu betreuen.

Als ich übrigens mein mit meinem ersten Kind schwanger war, haben mir einige Leute – darunter auch meine Mutter – gesagt, ich müsse dann ja jetzt wohl aufhören zwischen den zwei Ländern hin und her zu pendeln (da ich zuvor – und auch jetzt noch – einmal im Monat in die Schweiz gefahren bin). Das habe ich damals auch gar nicht verstanden, auch weil man einem Mann sicher nie sagen würde, dass er jetzt dann aber auf Geschäftsreisen verzichten muss, wenn er ein Kind hat. Ich habe dann immer nur geantwortet, dass meine Tochter auch einen Vater hat und dass der genauso gut dazu geeignet ist, auf sie aufzupassen.

Gestillt habe ich alle meine drei Kinder bis nach dem ersten Geburtstag. Mit Milchvorrat anlegen und Pumpen ist man nicht gezwungen, abzustillen, wenn man wieder Arbeiten geht, auch nicht bei mehrtätigen Abwesenheiten (vorausgesetzt natürlich, das Kind nimmt die MuMi aus dem Fläschchen, das haben meine drei alle ohne Probleme getan).

millou
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Re: Und weiter gehts mit dem Wundern...

Beitrag von millou »

Ich bin seit mittlerweile exakt 3 Jahren zum grössten Teil im Home Office, vertraglich geregelt 1 Tag pro Woche im Büro. Ich konnte dadurch mein Pensum von 60% auf 80% aufstocken (vorübergehend bin ich grad bei 100%).
Es ist absolut win-win für beide Seiten und mir geht es zudem viel besser seit der Erhöhung des Pensums. Ich bin wieder bei mir selbst angekommen.

ausländerin
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Re: Und weiter gehts mit dem Wundern...

Beitrag von ausländerin »

Warum soll man einer Mädchen ein Beruf das gut mit Familie zu vereinbaren ist empfehlen und einem Jungen nicht? Ich würde meiner Mädchen empfehlen das zu machen was ihr am Herzen liegt - völlig unabhängig von Arbeitsmarkt oder Familie Tauglichkeit. Weil ich bin davon überzeugt dass Menschen die ihre Arbeit gerne und mit vollem Engagement einbringen nie ein Problem haben werden eine Stelle zu finden, und sie werden auch eine Lösung zu finden es mit Familie zu verbinden. Gefährlich sind Berufenrscheidungen die aus gründen gefallen werden wie Familietauglichkeit, Geld, Möglichkeit ein reichen Mann kennenzulernen. Da kann ich schon verstehen wenn Frauen zu Hause bleiben als Ausweg sehen und es auch gerne machen. Ich kenne keine Frau oder Mann der sein job liebt und es für Kinder aufgegeben hat. Wirklich nicht. Alle Hausfrauen und Hausmänner die ich kenne waren nicht sehr glücklich mit ihrem Beruf. Da ist mir bei Berufswahl sehr wichtig dass das Kind aus sich hört und seine Stärke und Interessen erkannt - unabhängig von Aussichten auf sichere Stelle, Lohn oder eben vereinbaren mit Familie.

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Re: Und weiter gehts mit dem Wundern...

Beitrag von sonrie »

Nein, man soll keinen Beruf nur wegen Geld oder Status annehmen, aber ich finde es nur fair mit den Kindern auch über solche Dinge zu reden. Sie sollten wisse dass sie als Coiffeuse oder Migros-Verkäuferin keine Familie durchbringen und noch Ferien machen können, einfach damit sie die Fakten kennen. Gut, ist nicht so dass man im angestammtem Job bleiben muss, man kann sich immer weiter bilden, was anderes lernen - aber man sollte wisse was es bedeutet.

@ Millou: ich bin Betriebswirtin, arbeite im Management eines grossen Konzerns. Ich arbeite normalerweise flexibel von zu hause aus und vor Ort, je nachdem. Ich hab weder Arbeitszeiten noch Homeoffice vertraglich geregelt, aber es funktioniert. Was MIR die vereinbarkeit enorm erleichtert ist ein gewisses Gehalt welches es mir/uns erlaubt, dass mein Mann reduziert und die Kinder betreut ohne dass wir Einbussen haben sowie dass ich die Kinderbetreuung aufgrund unserer Bedürfnisse aussuchen kann und mich nicht nach den Bedingungen anderer richten muss (Angebot von Hort, Abholzeiten, Wohnort etc.)

PS: ich hab die Ausbildung bzw. den Job nicht nach dem Gehalt ausgesucht, da stecken lange Jahre mit viel Arbeit dahinter. Mit 20 hatte ich keinen Schimmer wie das werden könnte ;-)
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Dusi
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Re: Und weiter gehts mit dem Wundern...

Beitrag von Dusi »

Spannende Diskussion. Wir haben zwei Buben. Bei uns bin ich die Hauptverdienerin, arbeite 100%, und wir sind mehrmals umgezogen um meiner Karriere zu folgen. Mein Mann arbeitet 75% und ist derjenige, der das so wollte (ich natürlich auch). Ich nehme an, dass dies meine Buben beeinflusst, weiß aber noch nicht genau wie. Sie wollen beide mal Kinder haben, so viel haben sie schon gesagt 🙂
Grosser 5/2011
Kleiner 6/2013

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Bleistift79
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Re: Und weiter gehts mit dem Wundern...

Beitrag von Bleistift79 »

Pirat hat geschrieben: Sa 30. Jan 2021, 21:23 [quote=jupi2000 post_id=7806245 time=1612014182 user_id
Meine Tochter möchte sicher mal Kinder. Dann teilzeit arbeiten und ihre Kinder meinem Mann und mir bringen zum hüten :lol:
Und ihr Partner? Der “muss” dann Vollzeit und hat keine Wahl?

Ich finde die Einstellung, dass man ja keinen guten Beruf braucht, weil man später eh nicht Vollzeit arbeiten will, unfair. Das lässt nämlich dann dem zukünftigen Partner keine Wahl.
(@jupi2000: das bezieht sich jetzt nicht auf deine Tochter)

Und dann noch eine provokative Frage: diejenigen welche übers Schulalter der Kinder zu Hause geblieben sind - hattet ihr nie ein schlechtes Gewissen dem Partner gegenüber? Ein kleines Kind (oder mehrere kleine Kinder) zu betreuen plus Haushalt ist ganz klar ein Vollzeitjob. Aber wenn die Kinder mal in der Schule sind, gibt es doch keinen Grund, gar nicht zu arbeiten (ich spreche jetzt nicht von Kindern mit besonderen Bedürfnissen)?
[/quote]

Ich denke, bez. Lebensgestaltung gibt es so viele Dinge die mitspielen.
Für mich stellt sich halt auch oft die Frage, wieviel Geld und wieviel Lebensstandard braucht es?.- und wie erarbeitet ein Paar sich diesen.

Mein Mann und ich agieren als Team. Jeder hat seine Vorlieben, bez. internem und externem Job. Jeder seine Fähigkeiten. Wir schätzen am jeweilig anderen was er „leisten“ und messen dies nicht am Lohn. Wir entscheiden gemeinsam, wer welches bezahlte Pensum leistet; damit wir den Alltag stemmen können. Als Mann, als Frau, als Paar, als Eltern, als Familie.
Und ja, es wird immer wieder gemeinsam neu verhandelt. Beide wollen wir uns weiterbilden, haben Visionen für später wenn die Kinder ihre Schulzeit hinter sich haben, eine Ausbildung haben. Die Betonung liegt auf gemeinsam & partnerschaftlich.
Im Endeffekt braucht es in allen Berufsgattungen Leute. Nicht jeder kann und nicht jeder will studieren.

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