Gymi nach der 6. Klasse (im Kanton Zürich)

Unsere grossen Kleinen und unsere kleinen Grossen. Was uns in diesem Abschnitt der Kinder begleitet, beschäftigt und interessiert.

Moderator: conny85

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Ilse
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Re: Gymi nach der 6. Klasse (im Kanton Zürich)

Beitrag von Ilse »

Wie Stella sagt, man kann die Lohnunterschiede von der Ausbildung her rechtfertigen.

Aber wenn man mal die Verantwortung anschauen würde, gäbe das ein ganz anderes Bild. Und da haben es Gymi-Lehrpersonen echt am einfachsten. Die können ja quasi sagen: "Wers interessiert, kann ja zuhören und mitmachen. Wer nicht, kann gehen."
Am schwersten haben es da wohl die Reallehrerinnen. Und die Kindergärtnerinnen und Primarlehrpersonen.

Und sonst: Je kleiner die Kinder, umso grösser die Verantwortung!

Tullia
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Re: Gymi nach der 6. Klasse (im Kanton Zürich)

Beitrag von Tullia »

@Stella:
Mit Verlaub, ich habe einen 100 % Lohn bei 25 Lektionen, nicht 23.
Ich finde es sehr schade, dass man die Frage nach dem "wieviel ich zu tun habe" von individuellen Perspektiven auf die Allgemeinheit überträgt. Kommt es hier doch auf die "Lehrerpersönlichkeit" an. Man kann in jedem Beruf oder in jeder Schulstufe sehr viel arbeiten (so wie ich und deine Kindergartenfreunde) oder man es es sich bequem machen.

@Ilse:
"Die können ja quasi sagen: "Wers interessiert, kann ja zuhören und mitmachen. Wer nicht, kann gehen." " - Ich finde es sehr schade, dass du so denkst. Denn nein, die meisten von uns denken nicht so. Wir haben das Privileg einer*m Jugendlichen*m beim Übertritt ins Erwachsenenalter zuzuschauen und sie*ihn dabei zu begleiten. Wir sind entgegen der allgemeinen Meinung zu Gymnasiallehrer*innen nicht nur daran interessiert unseren Schüler*innen einfach Faktenwissen hineinzustopfen. Wir bereiten ihn*sie nicht nur auf eine komplette Ausbildung an den Universitäten und Hochschulen vor, sondern versuchen ihm*ihr eine möglichst umfassende humanistische Bildung mitzugeben, so dass er*sie dem Leben und dem Leben um sich herum begegnen uns es menschlich ausfüllen kann.
Genau so wie Kindergartenlehrer*innen den Weg in die Schule vorbereiten und darum wichtig sind, bereiten wir den Weg in das Erwachsenenleben vor. KindergartenLPs, PrimarLPs, SekundarLPs und GymnasialLPs bilden allesamt einen wichtigen Baustein in der Entwicklung eines Kindes. Man sollte sie nicht gegeneinander ausspielen, indem man versucht abzuwägen, wer nun "systemrelevanter" ist.

Ilse
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Re: Gymi nach der 6. Klasse (im Kanton Zürich)

Beitrag von Ilse »

Tullia
Ich will dein Engagement und das anderer Gymnasiallerhpersonen auf keinen Fall kleinreden. Gute Lehrpersonen sind dort so wichtig wie auf allen anderen Stufen. Und ja, es gibt wohl auf jeder Stufe Lehrpersonen die extrem viel arbeiten und andere, die eine ruhige Kugel schieben. (Wobei ich keine einzige Kindergärtnerin kenne, die weniger als ihr Pensum arbeitet. Gerade Teilzeitlerinnen arbeiten oft viel zu viel. Dagegen kenne ich mehrere Heilpädagoginnen und DAZ-Frauen, bei denen ich mich immer wieder frage, wie die ihren Lohn rechtfertigen wollen :roll: )

Aber ich verstehe echt nicht, wieso Gymilehrpersonen "nur" 25 Lektionen für ein Vollpensum arbeiten müssen (musst du aber auch nicht rechtfertigen). Ich fände es toll, wenn im Kindergarten ein paar Lektionen für die Elternarbeit gerechnet würde.

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stella
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Re: Gymi nach der 6. Klasse (im Kanton Zürich)

Beitrag von stella »

Ilse, Tullia
Im Kanton Bern sind es effektiv 23 Lektion auf Gymerstufe, aber ich präzisiere die Volksschulstufe, da sind es 28 Lektionen. Im Zyklus 1 haben die Kids dann nur 22-25 Lektionen (Kiga) oder 25 Lektionen (1.+2. Klasse) Unterricht. Sprich, die können also an ihrer Klasse nicht 100% unterrichten, Teilpensen an anderen Klassen sind rar. Dies wird seit Jahren von den Unterstufenlehrpersonen angeprangert.

Ich bin auch der Meinung, dass die Lehrpersonen auf allen Schulstufen sehr wichtig und prägend sind. Daher verstehe ich nicht, dass es so grosse Unterschiede gibt. Es gibt Unterschiede in den Pensen auf 100%, in der Besoldung und in der Ausprägung der Arbeit. Ich verstehe auch nicht, warum man nicht flexibel auf "Probleme" reagieren kann. Z.B. wenn es sehr schwierige und aufwändige Verhältnisse sind, weil in einer Klasse zig zu integrierende Kinder sind, die x runde Tische und Besprechungen sowie viel Zusammenarbeit bedingen. Für mich ist das System zu starr.

Aber eigentlich sind wir ja wegen dem Lehrermangel darauf gekommen und dass umfassende Massnahmen nötig sind. Und die Harmonisierung der Pensen sowie Gehälter in der ganzen Schweiz ist einfach ein kleiner Mosaikstein.
Viel wichtiger scheint mir die Verbesserung der Arbeitssituation allgemein. Und da kommt eben wieder der Wildwuchs mit den Übertritten ins Spiel. Und da spielt der Kanton Zürich eine sehr spezielle Rolle. Es wäre wünschenswert, wenn die Harmonisierung der Schulen auf allen Stufen weitergehen würde. Wir sind diesbezüglich noch nirgends!
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Tullia
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Re: Gymi nach der 6. Klasse (im Kanton Zürich)

Beitrag von Tullia »

Die 25 Lektionen erklären sich dadurch, dass noch zahlreiche Nebenarbeiten anstehen. Schon die ganze Korrekturarbeit braucht ungemein viel Platz. Eigentlich am meisten Zeit. Und wir setzen ja nicht nur ein Häkchen darunter. Wenn du in drei Klassen ein SOL-Arbeit von mind. 7 Seiten schreiben lässt und dann diese korrigierst und ein ausführliches Feedback dazu schreibst, dann braucht das Zeit. Wenn du Maturitätsprüfungen schreibst, braucht es enorm viel Zeit, diese zu korrigieren, dann noch viel länger (unter 10 Seiten Antworttext schreibt bei mir niemand). Wir haben nicht viel Elternarbeit, dafür sehr viel Schülerarbeit. Wir haben Schüler, die mit verschiedenen Problemen zu kämpfen haben, diese müssen betreut werden. Dann gibt es SuS, die einfach viele Fragen über das Leben haben, auch diese müssen beantwortet werden. Dann musst du ihnen das wissenschaftliche Arbeiten beibringen. Da wir ja Fachlehrer sind, haben wir nicht nur eine oder 2 Klassen, sondern sehr viele Klassen - ich in meinem Fach z.B. in einem Vollpensum 10 Klassen. Das ist dann ungemein viel Korrektur- und Betreuungsarbeit. Dies findet alles nicht in diesen 25 Lektionen statt.

Aber auch ich finde, dass es definitiv nicht okay ist, dass Kindergartenlehrer*innen nicht ein Vollpensum ausbezahlt kriegen für die enorm wichtige Arbeit, die sie leisten. Ich denke, gerade die bisweilen intensive Elternarbeit macht locker 20 % aus - also genug, um die Lehrpersonen voll auszubezahlen. Sie in eine höhere Lohnstufe zu setzen wäre ausserdem ein Zeichen der Wertschätzung.

Was unsere Besoldung anbelangt: Hier geht es ja auch darum, dass wir Gymnasiallehrer*innen ja nicht "nur" Lehrer*innen sind, wir sind Historikerinnen, Chemiker, Physikerinnen, Romanisten, Mathematikerinnen, etc. Das kommt halt noch hinzu.

Ich finde auch eine Harmonisierung notwendig, möchte aber trotzdem nicht auf die Aufnahmeprüfung verzichten (in einer anderen Form wohlgemerkt), auch fände ich es sehr problematisch, wenn man die Maturitätsprüfungen zentralisieren würde. Dies würde zu einer Situation von "studying to the test" führen, was das humanistische Bildungsideal nicht erfüllen würde.

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aryu
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Re: Gymi nach der 6. Klasse (im Kanton Zürich)

Beitrag von aryu »

@Tullia
Das ist halt von Kanton zu Kanton verschieden, du musst dich wegen der 23 nicht betüpft fühlen. Da, wo ich arbeite, hat ein Gymilehrer 23 Lektionen Vollpensum und ein Seklehrer 29. Mein Mann arbeitet an der Kanti, ich an der Sekundarschule, die Info ist also gesichert. Und selbst mein Mann ist der Meinung, dass die Lohnpyramide verkehrt herum aufgebaut ist. Anyway, wie du sagst, soll es nicht darum gehen, uns gegeneinander auszuspielen. Aber ich verstehe WIRKLICH nicht, weshalb Mein Mann für 23 Lektionen Präsenzunterricht mehr verdient, als ich mit 29. Das ist in meinen Augen eine haarsträubende, völlig ungerechtfertigte Diskrepanz. Nur an dem einen Jahr, das er länger studiert hat, als ich, kann's meiner Meinung nach nicht liegen. Er hat auch nicht zwei Master, er ist einfach Dipl. math. ETH.

Ich denke, vieles ist auch von den Fächern abhängig, die man unterrichtet. Mathe ist viiiiel weniger aufwändig als z.B. Geschichte oder Deutsch... Dass da sehr viel Korrekturarbeit geleistet wird, sehe ich ein.

LGRU

EDIT: Wurde viel geschrieben, seit ich mein Posting angefangen habe, mag aber jetzt nicht mein Posting umkrempeln, man verzeihe mir :-)
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stella
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Re: Gymi nach der 6. Klasse (im Kanton Zürich)

Beitrag von stella »

Tullia, Aryu
Bei uns ist es genau gleich: Ich muss als Seklehrerin 28 Lektionen arbeiten, unterrichte Mischklassen Real mit vielen Integrierten und mannigfaltigen Menschen mit Diagnosen, die zum Teil sehr aufwändig zu begleiten sind und mein Mann unterrichtet Gymi mit 23 Lektionen. Er hat übrigens die Korrekturarbeiten für die Maturaprüfungen bezahlt, während wir sie einfach in unserem Pensum integrieren müssen, wenn wir Aufnahmeprüfungen korrigieren müssen.
Aryu - mein Mann sagt übrigens das gleiche wie dein Mann, dass man die Besoldung von der Belastung her umkehren sollte. Es gibt weitere Ungerechtigkeiten wie z.B. dass er seine Weiterbildung locker während der Schulzeit machen darf, ich muss alles in den Ferien tun.
Ich würde mir da eine echte Diskussion von den Gewerkschaften wünschen.

Tullia
Ich bin logischerweise auch gegen eine zentralisierte Prüfung, egal, welche Übergänge es betrifft. Aber braucht es denn heute zwingend eine Prüfung? Ein LehrerInnenteam sollte doch gemeinsam fähig sein, eine prognostische Experten-Beurteilung abzugeben. In den meisten Fällen stimmt diese, wie wir im Kanton Bern auf den verschiedenen Übergängen feststellen. Und für alle die, die sich nicht einigen können, gibt es dann eben eine Prüfung. Im Kanton Bern funktioniert das mehr oder weniger mit Anpassungen seit 1995 so.
Das, was der Kanton Zürich macht, eine Aufnahmeprüfung mit Stoff, der NICHT im Lehrplan der Volksschule drin vorkommt, das ist doch wirklich sehr unsinnig. Wenn denn jemand an der Prüfung festhalten will, dann sollten die abnehmenden Schulen sich am Lehrplan der Volksschule orientieren, der ist für die Volksschulen nämlich bindend.
Da wären wir nun wieder beim alten Thema des Freds. Ein System, bei welchem man die Prüfung praktisch nur bestehen kann, wenn man Sonderkurse in der Freizeit besucht, ist ein schlechtes System und bringt auf allen Ebenen nur Stress...
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Tullia
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Re: Gymi nach der 6. Klasse (im Kanton Zürich)

Beitrag von Tullia »

Stella:
Ich kann nicht für die Mathematik sprechen, aber im Fach Deutsch wird Stoff geprüft, den man in der Volksschule geprüft haben sollte. Aber (und das ist ein grosses Aber) gerade Aufsätze werden in der Volksschule nicht viel geschrieben. Und dann fehlt halt die Übung. Wir können aber die Sekundarlehrer*innen nicht zwingen, mehr Aufsätze zu schreiben.
Durch VSGym sind wir miteinander im Dialog, aber es ist ein Balanceakt. Wie sage ich einer Sekundarlehrerin, dass sie mehr am Wortschatz (der in den letzten Jahren zusehend abzunehmen scheint), am Textaufbau und an der Grammatik arbeiten soll? Das scheint mir anmassend. Hat sie doch auch nicht nur mit angehenden Gymischülern*innen zu tun, sondern auch mit all den anderen, die eine Lehrstelle suchen, und andere Baustellen haben.

Ja, man könnte anders beurteilen. Aber die Gymnasiallehrer*innen müssten zwingend an diesem Prozess beteiligt sein. So dass sie auch beurteilen könnten, ob der*die Kandidat*in eine schnelle Auffassungsgabe hat, schnell denken kann, eine nötige Reife hat für all die diversen Fächer und vor allem ganz viel Neugier hat. Also wäre es wiederum eine Prüfung, einfach eine andere.

Bei uns im Kt. ist die Korrektur der Maturaprüfung im Job drin (immer, egal in welchem Stand als LP), wie auch die Korrektur der Aufnahmeprüfung, wenn man Lehrperson mbA ist. Wir haben lange an unserer Schule nicht gewusst, dass Sekundarlehrer*innen für die mündlichen Prüfungen nicht entschädigt werden. Das finde ich total daneben.

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stella
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Re: Gymi nach der 6. Klasse (im Kanton Zürich)

Beitrag von stella »

Tullia
Der Lehrplan hat einfach deine Themen, die du nennst, am Rande. Es sind viele andere Dinge auch noch drin enthalten. Und gerade im Fach Deutsch ist nicht alles stimmig. Bei meinen Kindern erlebt: Bis 4. Klasse wurde (fast) nicht auf die Rechtschreibung geachtet. Ab der 5. Klasse mussten sie es plötzlich können. Geübt wurde nie. Das als Beispiel.
Der Lehrplan sieht eben, auch als Beispiel, den klassischen Aufsatz als einer von ganz vielen Textsorten.

Wegen den Prüfungen: Hier funktioniert es, ohne dass die aufnehmenden Schulen involviert sind. Aber der Austausch ist da. Ich bin der Meinung, dass ein Oberstufenteam bei 95% der Kids beurteilen kann, ob sie sich für eine weiterführende Schule eignen. Wir erleben das ja hier. Gerade die SL sind auch im Regen Austausch. Loslassen würde helfen...
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Christa
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Re: Gymi nach der 6. Klasse (im Kanton Zürich)

Beitrag von Christa »

Bei uns braucht es für die Kindergartenlehrpersonen und bis zur 6.Klasse keine Matura, nur für Seklehrer.
Es braucht aber die Aufnahmeprüfung für die PH, dies meist zusammen mit einem Jahr Vorkurs gemacht wird.

Passerelle ist hier auch streng es gibt aber noch die Möglichkeit der Erwachsenenmatur da können sie nach der Berufsmatura
direkt ins 3. oder 4. Semester einsteigen.Dauert dann einfach ein Jahr länger als die Passerelle aber es kann daneben Teilzeit gearbeitet werden.Machen hier noch viele so.

ausländerin
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Re: Gymi nach der 6. Klasse (im Kanton Zürich)

Beitrag von ausländerin »

stella hat geschrieben: Fr 10. Jul 2020, 23:03 Ausländerin
Viele empfinden anders.
Fakt ist, dass es viel zu wenig Lehrpersonen gibt, vor allem auf der Volksschulstufe. Nach einem Jahr hört jede sechste Lehrperson auf, nach fünf Jahren haben sich rund die Hälfte der Berufseinsteigenden umgeschult. (Das sind Zahlen, die ich auf die Schnelle von 2014 gefunden habe, heute dürfte das nicht anders sein...)
Das hat mit vielen Faktoren zu tun. Der Lohn ist da nur ein Teil davon.
Wir würden als Gesellschaft gut daran tun, uns zu überlegen, wie wir den Beruf attraktiver gestalten könnten. Und hierzu wäre es gut, wenn man z.B. gerade den Kindergärtnerinnen zuhören würde. Bildung ist der einzige "Rohstoff", den wir in der Schweiz haben. Und eben anstatt die eigenen SuS klein zu halten und dann AkademikerInnen aus dem Ausland einzufliegen, wie jemand über den Kanton Zürich und die Gymiprüfung plakativ geschrieben hat, wäre es doch viel besser, sich gemeinsam zu überlegen, WIE eine erfolgreiche Bildungslandschaft aussehen würde und wie möglichst viele darin gute bis sehr gute Bedingungen vorfinden würden.
Stella - ich habe mal gelesen, dass es mehr als genug Lehrpersonen ausgebildet werden. Das Problem liegt oft daran dass überproportional viele Frauen sind und in Vergleich zu vielen anderen Berufen überproportional viele Teilzeit und in kleinen Pensen arbeiten. Wenn dann die zwei Lehrerinnen eine Klasse teilen (wie hier bei uns der Fall ist) sind es zwei ausgebildete Personen für 1 Job, oft noch statt 1 mal 100%, 2 mal 60%. Es scheint mir dass der Job eigentlich zu attraktiv ist da es oft gute Bezahlung mit Flexibilität der kleinen Pensen vereinbaren lässt. Das ist in vielen anderen Berufen schwierig. Ich kenne persönlich viele Lehrpersonen in Umfeld - keine einzige arbeitet 100%, auch ohne kleine Kinder zu Hause.
Und hier ist noch ein Übersicht über die Löhne:
https://www.watson.ch/schweiz/wirtschaf ... er-schweiz
Mir scheint dass Unterschiede eher nach Kanton und nicht nach Stufe riesig sind.

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aryu
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Re: Gymi nach der 6. Klasse (im Kanton Zürich)

Beitrag von aryu »

@Ausländerin
Du hast das auch gelesen, oder: „Nach fünf Jahren haben sich rund die Hälfte aller Berufseinsteiger umgeschult.“? Ist das für dich ein Merkmal eines „zu attraktiven“ Berufs? Eine vierjährige Ausbildung nach der Matur, damit man weitere 5 Jahre später wieder aussteigt? Tatsächlich habe ich nie 100% gearbeitet, und ich werde es auch nie tun. Ich sehe bei meinen Kollegen, die 100% arbeiten: denen geht es oft nicht gut. Und glaub mir: Wenn zwei Lehrpersonen je 60% arbeiten, dann gab es genau 120% zum Verteilen, nicht weniger. Und sehr oft ist die Summe der Arbeit, die die Teilzeitler arbeiten (z.B. 5x60%), mehr, als die Arbeit, welche Vollzeitler mit gleicher Pensensumme (z.B. 3x100%) leisten.

Männliche Primarlehrer werden immer seltener. Und auch auf Stufe Sek werden die Männer zusehends seltener. Auch das ist kein Merkmal eines „zu attraktiven“ Berufs...

Ja, der Lehrerberuf ist vergleichsweise gut mit Familie vereinbar, weil man selber wählen kann, wann man die anfallende Arbeit erledigt. Das macht ihn für mich tatsächlich attraktiv. Aber „zu attraktiv“? Nein, definitiv nicht.

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bina_fr
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Re: Gymi nach der 6. Klasse (im Kanton Zürich)

Beitrag von bina_fr »

Unsere Primarschule (Kanton Freiburg) hat rund 750 Schüler. Lehrpersonen sind es wohl zwischen 50-70 Personen, davon maximal 5 Männer...
Auf Stufe der Orientierungsschule sieht es nicht besser aus.
Wie es auf frankophoner Seite aussieht, weiss ich nicht im Detail, aber wohl auch nicht besser.
Ins Gymi kann man hier erst nach der 11H, sowohl von der Sek A (Pro-Gymi), wie auch aus der Sek B. Da braucht es dann einfach einen höheren Notendurchschnitt.
Ich bin sehr froh, dass wir nicht mehr im Kanton Zürich wohnen. Meine Grosse wäre jetzt voll in diesem Prüfungsstress. Wir haben beim Göttibueb meines Mannes gesehen, wie das abläuft und was das für die Familie bedeutet und ich finde das total übertrieben. Aber das ist meine Meinung.

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enjel
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Re: Gymi nach der 6. Klasse (im Kanton Zürich)

Beitrag von enjel »

Tullia hat geschrieben: Sa 11. Jul 2020, 22:23 Ja, man könnte anders beurteilen. Aber die Gymnasiallehrer*innen müssten zwingend an diesem Prozess beteiligt sein. So dass sie auch beurteilen könnten, ob der*die Kandidat*in eine schnelle Auffassungsgabe hat, schnell denken kann, eine nötige Reife hat für all die diversen Fächer und vor allem ganz viel Neugier hat. Also wäre es wiederum eine Prüfung, einfach eine andere.
Tullia, gell, du kennst - auch aus eigener Erfahrung - nur das Zürcher System? Ich wage zu behaupten, dass deine "gewünschten" Voraussetzungen in den meisten Fällen durchaus auch gut durch die Primar-LP beurteilt werden können. In denjenigen Übertrittsgesprächen, die ich miterlebt habe, waren gerade diese Punkte sehr wichtige Kriterien. Auch: wie soll Neugier oder Selbstbständigkeit/Reife durch eine Aufnahmeprüfung geprüft werden? Ausserdem erhalten alle Primar-LPs nach Übertritt ein Feedback von der KLP der Gymnasien, wie "passgenau" ihre Entscheide waren. Somit besteht hier Austausch!
Sowohl aus meiner eigenen Erfahrung, als auch der mit meinen Kindern, bezweifle ich sehr, dass eine Übertrittsprüfung - ausser Stress für alle Beteiligten - etwas bringt. Es sind dadurch nicht die "richtigeren" SuS am Gymi (je nachdem aber durchaus andere, z.B. die mit mehr Geld für Kurse, oder "pushigeren" Eltern ... ). Allenfalls entstehen dadurch weniger Rekurse gegen den Entscheid einer Lehrperson, ja, und sicher kann damit an der "Übertrittsquote" geschraubt werden, aber sonst?
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stella
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Re: Gymi nach der 6. Klasse (im Kanton Zürich)

Beitrag von stella »

ausländerin
Ich bin immer vorsichtig, wenn so Zahlen in den Medien präsentiert werden. Sicher kennst du das auch von deinem Beruf, von dem viele ein Bild haben, das nicht der Realität entspricht.
Jedenfalls ist mein Lohn nicht so hoch, wie das in watson genannt wird.

Und noch zur Attraktivität des LehrerInnenberufes:
Vor 25 Jahren war ich jeweils in den Fortbildungen eine von maximal zwei Frauen. Heute sind es praktisch ausschliesslich Frauen. (Sek1) Die Feminisierung schreitet schnell voran --> das ist immer ein Zeichen, dass der Beruf an Attraktivität verloren hat.
Dazu hat der Kanton Bern 2013 eine Studie gemacht. In vielen Bereichen ist der LehrerInnenberuf attraktiv, vor allem dort, wo es um die flexible Einteilung der Teilarbeitszeit geht.
Was ihn unattraktiv macht?
Die sehr hohe zeitliche Belastung. Im Schnitt sind es 1900 bis 2080 Stunden pro Jahr, mit zwei bis drei Wochen, in denen gar nichts gearbeitet wird. Die Jahresarbeitszeit wird im Schnitt bei einem Pensum von 22 Lektionen erreicht. Das ist also der Grund, warum viele Lehrpersonen nicht Vollzeit arbeiten. Im Gegensatz zu anderen Berufen können wir das, was wir mehr arbeiten (müssen) nicht als Überstunden oder gar Überzeit angeben. Viele Lehrpersonen haben eine durchschnittliche Arbeitszeitbelastung von weit über 45 Stunden pro Woche, wenn sie über 90% arbeiten.
Arbeitsbedingungen werden auch noch genannt. Dazu gehört die zeitliche Verfügbarkeit während der Schulzeit. Je tiefer die Schulstufe, desto mehr Sonderarbeitszeit gibt es. Tage gehen oft von 6:30 bis abends um 20:00. (Sitzungen, Elterngespräche, Zusammenarbeitsmeetings, runde Tische,...) Dazu gehört auch die Integration, bei der viel zu wenig Ressourcen vorhanden sind und die das Team dann einfach noch zusätzlich auffangen muss. (Ein Schelm, der denkt, dies sei eine verdeckte Sparübung...)
In meinem Kanton kommt hinzu, dass wir punkto der Gehälter praktisch in jeder Schulstufe am Schluss aller Kantone sind, dass wir die höchsten Jahresarbeitszeiten auf praktisch jeder Schulstufe haben und dass wir die schlechtesten Bedingungen bei der Pensionskasse haben. Diese Themen haben sich in den letzten Jahren sehr verschlechtert und es gibt keine Aussicht auf Verbesserung.

Wie kommst du darauf, dass eine 100% Stelle je 60% auf zwei Lehrpersonen aufgeteilt wird? DAS wäre wirklich sehr attraktiv!
Ich kann dir einfach sagen, dass es eine gewisse Anzahl Lektionen pro Jahr zu verteilen gibt, je nach je, wie viele SchülerInnen es hat und wie viele Klassen. Dazu ist im Kanton Bern jede LP in einer Bandbreite von gut 20% angestellt. Und jedes Jahr weiss man nun nicht, ob man an der oberen oder unteren Bandbreite Lektionen bekommt. Das ist vermutlich auch der Grund, warum auch in deinem Bekanntenkreis niemand 100% arbeitet. SL wollen Manöveriermasse. Und so hat jede LP auch noch Luft nach oben. Im Kanton Bern darf man nämlich nicht mehr als 105% arbeiten. Dies ist eines der Themen, welche für mich äusserst belastend ist. Als Teilzeitarbeitende bin ich noch mehr Manöveriermasse als die LP, die über 80% arbeiten.

Fakt ist, dass nach glaub 4 oder 5 Jahren 50% der Junglehrpersonen aus dem Lehrerberuf aussteigen, weil ihnen die Belastung zu gross ist. Und an dieser Belastung sollte man schrauben.
Übrigens hatten gewisse Kreise im Kanton Bern dann das Gefühl, sie können dem entgegen treten, in dem sie die Mindestpensen auf 40 oder 50% anheben. Das zeigt einmal mehr, dass viele eben nicht wissen, wie Schule funktioniert. Unsere hätte man schliessen können. Wir brauchen bei 100 SuS 6 Franzlehrpersonen. Davon haben 4 ein grösseres Pensum, eine hat 30% und eine hat 10%. Die zwei Letzteren könnte man nicht mehr anstellen, die Lektionen können nicht intern abgegeben werden - die Schule würde nicht mehr funktionieren.

enjel
Super geschrieben! Und es zeigt ja, in dem es viele Kantone gibt, die das so machen, dass es funktioniert!
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aryu
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Re: Gymi nach der 6. Klasse (im Kanton Zürich)

Beitrag von aryu »

@enjel
Als Seklehrerin bin ich ehrlich gesagt froh um die Prüfung. Unser System ist so, dass Prüfung und Vornote je hälftig zählen. Und ich empfinde das als sehr entlastend, weil ich glaube, dass in einem prüfungsfreien Übertrittsverfahren der Druck auf die abgebenden Lehrer seitens Eltern massiv erhöht würde. Gut zu beobachten beim Übertritt Primar - Oberstufe.

Aber ja, häufig findet man halt gut, was man kennt. Vielleicht täusche ich mich ja, und es würde auch bei uns ganz gut funktionieren.

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Re: Gymi nach der 6. Klasse (im Kanton Zürich)

Beitrag von stella »

aryu
Bei Uneinigkeit ist es ja dann so, dass die Eltern wählen können, ob ihr Kind an die Prüfung gehen soll. Von dem her hast du dort auch eine Entlastung.
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Re: Gymi nach der 6. Klasse (im Kanton Zürich)

Beitrag von enjel »

aryu hat geschrieben: So 12. Jul 2020, 10:55 @enjel
Als Seklehrerin bin ich ehrlich gesagt froh um die Prüfung. Unser System ist so, dass Prüfung und Vornote je hälftig zählen. Und ich empfinde das als sehr entlastend, weil ich glaube, dass in einem prüfungsfreien Übertrittsverfahren der Druck auf die abgebenden Lehrer seitens Eltern massiv erhöht würde. Gut zu beobachten beim Übertritt Primar - Oberstufe.

Aber ja, häufig findet man halt gut, was man kennt. Vielleicht täusche ich mich ja, und es würde auch bei uns ganz gut funktionieren.

LGRU
Aryu, das ist genau der Punkt mit den Rekursen, den ich gemeint habe. Diesen kann ich durchaus sehen, und verstehe, dass dies die "abgebenden" LPs entlasten kann. Ob dadurch die Auswahl der SuS besser ist für die "empfangenden" LP, wie tullia meint, bezweifle ich jedoch ;-)

P.S. Weisst du, was die Beweggründe waren, weshalb es in SZ geändert hat? Ich bin - in den 80ern - noch prüfungsfrei ins Gymi ... der eben genannte Grund, einfach Druck aus Ausserschwyz, da "züriaffin", oder ??
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aryu
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Re: Gymi nach der 6. Klasse (im Kanton Zürich)

Beitrag von aryu »

@enjel
Keine Ahnung, ich bin Zugezogene, war bis vor 12 Jahren im Kt. Zürich und habe selber als Kind die Schulen in den Kantonen BE, LU und AG durchlaufen.

Ja, besser in dem Sinn, dass die „richtigeren“ Kids ans Gymi kommen, ist eine Prüfung für alle wohl nicht, das denke ich auch.

@stella
Aaaah, Prüfung als Option, falls Uneinigkeit besteht, das muss ich überlesen haben. Das klingt echt sinnvoll. Aber wann erfährt man dann, dass man an die Prüfung muss, und wie viel Vorbereitungszeit hat man?

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Re: Gymi nach der 6. Klasse (im Kanton Zürich)

Beitrag von stella »

aryu
Man erfährt ende Januar, dass man Mitte Februar zur Prüfung muss. Nur werden Tendenzen bereits im November kommuniziert und da können SuS und Eltern abschätzen, ob und wie gut es reicht. Und falls die LP wirklich eine Fehlentscheidung getroffen haben, sollten die Kids die Prüfung auch so oder so bestehen, ohne Vorbereitung. Es wird der Stoff bis jeweils Januar geprüft.

Zugegeben: An der Prüfung schaffen es die Wenigsten. Beim Sekübertritt sind es ca. 5%. Bei den Mittelschulen weiss ich es nicht.

Und zum Schluss bleibt den Eltern immer noch der Rekurs. Das empfinde ich als sehr entlastend, weil doch Fachstellen überprüfen, ob wir LP das sorgfältig gemacht haben. Auch hier: Es gibt fast keine Rekurse, die Recht bekommen haben.

An meiner Schule haben wir in der Regel so einen Fall beim Sekübertritt, der an die Prüfung geht. Bei den Mittelschulen meistens keinen (wir kommunizieren über die Entwicklung auch recht gut). Rekurse hatten wir, seit ich dort arbeite (5 Jahre) keinen.
An meinem Wohnort haben wir auf 100 SuS ca. 5-10, die an die Sekprüfung gehen, davon schaffen es ein bis zwei SuS. Meistens gibt es 1-5 Rekurse. Bei den Mittelschulen weiss ich es nicht so genau. (Ich habe vor meiner jetzigen Stelle an meinem Wohnort gearbeitet...)
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