Hausgeburt

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Moderator: Phönix

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schmöggli
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Hausgeburt

Beitrag von schmöggli »

Vorgeschichte:
Ich hatte 2009 eine Fehlgeburt in der 19.Ssw und hatte diesbezüglich schon unangenehme Erfahrungen im Spital machen müssen. ("ooooooooooohhhhh... Ischs es Wunschchind xi????")
2010 kam meine Tochter in einem anderen Spital zur Welt-ambulant. Vier Stunden später gingen wir nach Hause. Schon damals war ich gar nicht freudiger Erwartung auf das Spital, weil ich nicht wie eine Kranke behandelt werden wollte und mich fürchtete, dass man mir mehr Medikamente empfehlen würde, als nötig und mich öfter unangenehmen Untersuchungen unterziehen würde als gewünscht. Und ich wollte auf keinen Fall da bleiben und im Krankenbett liegen. Für mich ist die Vorstellung, nicht von Anfang an als junge Familie, zusammen alles zu durchleben, auch die schwierigeren Zeiten, einfach nicht richtig und nicht so gesund. Das Leben ist es doch, das uns verbindet. Mit allen Aufs und Abs. ( Vorausgesetzt natürlich, man hat das ausgesprochene Privileg, dass alle gesund sind)!

Butter bei de Fische:
Ich war bereits wieder in der 34. Woche schwanger, als wir uns zu informieren trauten, ob vielleicht doch eine Hausgeburt eine Möglichkeit wäre für uns. Mein Mann war sehr skeptisch! Er machte sich Sorgen in Bezug auf die Sicherheit. Was, wenn es Komplikationen geben würde?
Unsere Hausgeburtshebamme empfing uns freundlicherweise zu einem offenen Gespräch in der Praxis. Wir konnten alle unsere Fragen loswerden. Wir durften uns noch nicht entscheiden: „Sprechen Sie miteinander, diskutieren Sie, schlafen Sie drüber und dann, wenn Sie sich entschieden haben, dass sie eine Hausgeburt möchten, dann melden Sie sich bei mir.“ So fühlte sich niemand unter Druck gesetzt und wir konnten uns frei entscheiden. Wir konnten uns beide mit einem guten Gefühl für eine Hausgeburt entscheiden und ich war auf Wolke 7! :D
Dann wollte ich noch ein paar weitere Vorbereitungen machen. Damals bei meiner Tochter war ich der Ansicht, dass das Baby schon seinen Weg aus mir raus finden würde und ich nicht allzu viel Vorbereitung betreiben müsste. Das hatte ich im Nachhinein bedauert. Diesmal wollte ich es besser machen! Immerhin bereitet man sich ja auch auf einen Sportwettkampf vor und geht da nicht so locker mal hin, oder? Ich entschied mich für Hypnobirthing. Es geht darum, durch Tiefenentspannung, die man alleine oder mit Hilfe des Partners erreichen kann und der richtigen Atmung (nein, nicht die, die man aus dem Fernsehen kennt) Schmerzen vorbeugen kann. Ich fand das eine gute Idee, zumal man zu Hause ja keine PDA kriegen kann und um die war ich sehr dankbar das letzte Mal ;-). Ausserdem lernt man, seinem eigenen Körper wirklich zu vertrauen und man kann seine Ängste im Vornherein abbauen und so so positiv wie nur möglich ans Werk zu gehen! ;-)

In der Nacht vom 11. Auf den 12. August fühlte ich sporadisch aushaltbare Wehen und hielt sie für mögliche Übungswehen oder Senkwehen oder so etwas in der Art. Nils‘ errechneter Termin wäre allerdings tatsächlich der 12. August gewesen, und so musste ich nachts so vor mich her schmunzeln, da ja auch schon seine grosse Schwester genau am Termin zur Welt gekommen war. Ich schlief unbesorgt weiter, atmete wie geübt die Wehen durch und fühlte ich mich so gut vorbereitet, dass ich keine Angst haben musste, es nicht ins Spital zu schaffen und ich hatte nicht das Gefühl, dass es so bald losgehen würde...
Um 09.00 Uhr rief ich die Hebamme an, um ihr mitzuteilen, dass sich eventuell etwas in der Nacht angekündigt hätte, aber ich nicht sicher sei und auch noch nichts so richtig regelmässig oder schmerzhaft wäre. Ich war immernoch unsicher und unbekümmert. Sie meinte, ich solle sie bitte anrufen, wenn es regelmässiger würde, ansonsten könnte es auch noch länger dauern..
Um 11.00 Uhr rief sie mich zurück, weil sie noch einen Termin hatte, wie es denn ausschaue. Da musste ich kurz überlegen und ja, doch, die Wehen waren mehr oder weniger regelmässig in der letzten Stunde, vielleicht alle 7 Minuten oder so? ( Ich war so relaxed zu Hause, vertrieb mich auf Facebook und schlürfte einen Milchkaffee, spielte ein wenig mit meiner Tochter usw. usf. )–„Wie bitte?!!! Ich komme!!!“ „Moment! Nein, das geht sicher nicht los, da kommst du sicher zu früh oder umsonst! Es ist überhaupt nicht schlimm!“ –„Keine Widerrede, ich komme, ich kann auch wieder gehen, wenn es ein Fehlalarm ist!“ schimpft sie ins Telefon. (Dazu muss ich sagen, dass sie im Vorfeld immer wieder betont hatte, dass es beim zweiten Kind oft schneller geht und man deshalb unbedingt sofort anrufen solle...)
Jetzt- jetzt war ich aufgeregt. Die Frau hat jahrelange Erfahrung. Geht’s wohl doch los??
Mein Mann füllte in der Zwischenzeit den gemieteten Gebärpool im Schlafzimmer und ich dachte mir, die spinnen alle. Das geht doch nicht los.
12.00 Uhr wurde ich von der Hebamme untersucht. 7cm offen. Holla die Waldfee! Und das so nebenbei? Cool!!!
Ich stieg in den Gebärpool, genehmigte mir eine Apfelschorle und verweilte schon fast gelangweilt so im Wasser. Um 13.00 Uhr fühlte ich den Blasensprung. Im Wasser. Wie ein geplatzter Ballon fühlte sich das an. Lustig. Immernoch lag ich völlig entspannt im Pool und hielt mit meinen Lieben ein Schwätzchen, zwischendurch atmete ich eine Wehe durch und entspannte mich wieder vollends..
Erst kurz vor 14.00 Uhr wurde es intensiver, dreimal "pressen" (beim Hypnobirthing presst man nicht richtig, weil man sich so schneller mal verletzt, man atmet nochmals anders) und da war er, der kleine Nils Seeley. Geboren in unserem Schlafzimmer im Wasser. Sanft, ohne Stress, in gewohnter Umgebung... Er schrie nicht, er schlief friedlich in meinen Armen. Es schien fast, als hätte er seine Geburt verschlafen.

Heute:
Bald ist ein Jahr verstrichen. Nils ist immernoch der ausgeglichenste kleine Kerl, den ich kenne.
Ich denke noch heute fast täglich an meine Traumgeburt zurück. Es zaubert mir jedesmal ein Lächeln auf mein Gesicht. Ich fühle mich geehrt, dass ich es erleben durfte. Niemand hat mir reingeredet. Mein Mann und meine zwei Lieblingshebammen waren immer an meiner Seite, haben mir jeden Wunsch von der Stirn abgelesen und mich trotzdem frei entscheiden lassen. Und dank Hypnobirthing konnte ich die ganze Geburt über selbstbewusst und ruhig bleiben, ich hatte wirklich keine Schmerzen und ich blieb völlig unverletzt! Sogar meinen Wunsch, den kleinen Mann selber zu nehmen, wenn er auf die Welt kommt, anstatt dass jemand anderes ihn mir übergibt, wurde mir erfüllt! Und das bedeutet mir unendlich viel! Nach der Geburt konnte ich meinen Sohn lange im Arm halten, niemand hat ihn mir aus den Armen gerissen, die Nabelschnur wurde erst eine halbe Stunde später durchtrennt und wir konnten in aller Ruhe einfach geniessen. Alle haben es sichtlich genossen: Das Baby, es schlief die nächsten drei Wochen praktisch nur, war total zufrieden mit der Welt; mein Mann, weil er nicht tatenlos, unvorbereitet und hilflos rumstehen musste sondern mitzupacken konnte und mir bei der Entspannung helfen konnte und natürlich die Hebammen, weil sie von A bis Z alles machen konnten! Und das souverän!

Ich sage nur:„There’s no place like home“.

Und falls, falls wir unsere Familie noch vergrössern, dann unbedingt wieder!

Allen, die sich nicht mal trauen, sich Gedanken über eine Hausgeburt zu machen, aber insgeheim sich diesen privaten Ramen wünschen, kann ich nur empfehlen, sich mit einer Hebamme zu unterhalten, die Hausgeburten anbietet und/oder die untenstehenden Bücher zu lesen. Man kann sich immer dagegen entscheiden, auch noch im letzten Moment. Und übrigens, ich kenne keine Hebamme, die selber ins Spital geht um ihr Baby zu kriegen. Das hat mir damals die Augen geöffnet! ;-)

Ich denke, schlussendlich ist es egal, welche Entscheidung man trifft, wo und wie man sein Baby kriegt aber man muss es sich unbedingt sehr genau überlegen und schon hier Verantwortung übernehmen und dann kann man nichts falsch machen! :-)

Buch-Empfehlungen:
Luxus Privatgeburt (Martina Eirich, Caroline Oblasser) zeigt auf, was für Menschen sich dafür entschieden und warum mit vielen Bildern dazu
Lass es raus (Caroline Oblasser) witzig, kurz, motivierend
Hypnobirthing (Marie F. Mongan) Urbuch zum Thema. da und dort ein bisschen too much, man muss sich das nehmen, was für einen selbst stimmt

Griitli
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Re: Hausgeburt

Beitrag von Griitli »

Herzlichen Dank für den tollen Bericht und herzliche Gratulation zu dieser herrlichen Geburt.

Meine Tochter kam auch zu Hause zur Welt und nach diesem Bericht freue ich mich gerade noch mehr auf unser zweites Wunder in knapp 3 Monaten. Hoffe es klappt auch so "nebenbei" ;-)

Alles gute!


Liebe Gruess, Griitli

schmöggli
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Re: Hausgeburt

Beitrag von schmöggli »

:D Drei Monate! Das ist ja nix!!! ;-) Dein zweites Wunder wird ziemlich sicher schneller und einfacher das Licht der Welt erblicken! Ich freu mich für dich und bewundere dich dafür, dass du das schon beim ersten Kind so gehandhabt hast! Hut ab! :-) So können wir vielleicht wirklich der einen oder anderen bald-Mama Mut zur besten Erfahrung machen! hihi... Alles Liebe!

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stella83
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Re: AW: Hausgeburt

Beitrag von stella83 »

Wow toller Bericht :-)
Wünsche mir dann auch mal so eine tolle Geburt wenn es dann mal soweit ist;-) wir üben ja noch;-)
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Chlises Wunder wenn chunsch zu ys?? Z Mami und dr Papi plangät fescht uf dich!!!

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flying_blondie
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Re: Hausgeburt

Beitrag von flying_blondie »

Herzlichen Dank für diesen schönen Bericht. Ja, Hausgeburten sind wirklich etwas Besonderes und ich hoffe das einige Frauen, dank deinem Bericht den Mut haben, diese Option in Betracht zu ziehen.
Lg
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Habakuk
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Re: Hausgeburt

Beitrag von Habakuk »

Wow, so ein schöner Bericht!
Das motiviert mich tatsächlich bei einem 2. eventuell eine Hausgeburt zu wagen. Mein erstes habe ich im Geburtshaus bekommen. Das war auch eine sehr schöne selbstbestimmte Geburt, ganz ähnlich wie du es z.T. beschreibst.

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uiui
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Re: Hausgeburt

Beitrag von uiui »

Oh, wie toll! Ich hatte ebenfalls eine HG - gerade mal 10 Tage her - und bin immer noch im totalen Glücksflash. :lol: Habe gerade meinen Bericht reingestellt. Und sehe, wir haben da so zwei drei Parallelen. :wink:

schmöggli
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Re: Hausgeburt

Beitrag von schmöggli »

@ stella83: Viel Erfolg! ;-) Alles Gute!!!

@flying blondie: Meine Worte! ;-) Das wär doch wirklich schön!

@Habakuk: Danke. :-) Ich schätze, die Geburt in einem Geburtshaus ist tatsächlich ähnlich in der Art. Hab ich mich auch informiert. Wär es nicht so weit zu fahren gewesen, hätte ich das auch in Betracht gezogen. Dachte mir dann einfach: Pizza lasse ich mir auch nach Hause liefern. Wieso nicht auch das Geburtshaus? hihi... Ich bin, wie die meisten Mamis, halt auch einfach ein Hebammenfan! Freut mich sehr, wenn ich dich anregen konnte :-). Es ist es auf jeden Fall wert!

@uiui: lustig! Ich hab deinen Bericht fasziniert gelesen und mich amüsiert! Diese Hebammen! Kann es mir richtig gut vorstellen! hihi... Ich bin immernoch im Glücksflash! Ich bin soso glücklick, diese Entscheidung mit meinem Mann getroffen zu haben und die Erinnerung daran kann mir niemand mehr nehmen. Und vergessen, das werde ich es gaaanz bestimmt nie wieder!!! Da denke ich mit 80 noch glücklich daran zurück! *schmelz*
Euch weiterhin alles Gute zu viert! :D

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