Bilderbuch-Erstgeburt

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Moderator: Phönix

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Merlin
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Bilderbuch-Erstgeburt

Beitrag von Merlin »

Dieser Geburtsbericht soll allen Erstgebärenden Mut machen, die wie ich vorher nur Geschichten über ewig langes, zähes Ringen um die Geburt gehört haben. Danke für die hier eingestellten Berichte, die mir im Vorhinein Mut gemacht haben.

Meine Tochter wurde Anfang September 2015 geboren, 3 ½ Wochen vor ET.

In der Nacht davor bin ich stündlich aufgewacht mit einem leichten Ziehen im Unterleib, wie bei einsetzender Mens. Da sich bei den vorangegangenen Untersuchungen das Kind noch nicht ins Becken eingestellt hatte, bin ich davon ausgegangen, dass das jetzt wohl die Senkwehen seien. Weil mir mit dem Ziehen aber doch nicht ganz wohl war, bin ich nicht mit dem Auto, sondern mit dem Zug zur Arbeit gefahren (ca.1h Weg). Während der Arbeit war ich so beschäftigt, dass ich das Ziehen nur selten und sehr schwach bemerkt habe; mehr genervt war ich von der Erkältung, mit der ich mich seit ein paar Tagen plagte und durch die verstopfte Nase meine vorigen Nächte auch weniger erholsam waren. Gegen 16 Uhr bin ich vor dem Nachhauseweg noch aufs WC gegangen und habe einen Schleimabgang entdeckt. Google Bildersuche hat mir bestätigt, dass so der Schleimpfropf aussieht und ich habe mich gefreut, dass es dann nur noch 2-12 Tage gehen wird und ich nicht übertragen muss, ich hatte nämlich schon genug vom Schwanger-Sein. Auf dem Heimweg habe ich dann aber doch Mails geschrieben und meine Auswärts-Termine für den nächsten Tag abgesagt, weil ich mich nicht mehr so weit von zuhause entfernen wollte. Auch meinen Mann habe ich informiert, der darauf bestanden hat, dass ich in der Praxis anrufe. Die haben meine Annahme aber nur bestätigt und gemeint, wenn kein Fruchtwasser abginge, würden wir uns kommende Woche zur normalen Kontrolle sehen…

Zuhause habe ich mich ins Bett gelegt, auch um mich erkältungsbedingt auszuruhen und als mein Mann kam, hat er sich daran gemacht, Abendessen zu kochen. Auf einmal hat es innerlich „Plopp“ gemacht (ich wüsste zu gern, ob man das auch von aussen hören kann), ich bin aus dem Bett gesprungen, um die Matratze nicht zu ruinieren und habe zu meinem Mann herübergerufen, dass die Fruchtblase geplatzt sein. Der kam sofort ungläubig zu mir mit einem leicht panischen „Nee jetzt, oder? Du verarschst mich doch!“ Aber das nasse Handtuch und der Rest vom Schleimpfropf haben uns deutlich gezeigt: Es geht los. Mein Mann hat in der Klinik angerufen, die meinten, ich könne noch duschen und wenn ich wolle auch zu Abend essen und dann sollten wir uns langsam auf den Weg machen. Haben wir alles brav gemacht, als mein Mann dann aber auch noch in der Dusche war, habe ich gemerkt, dass es langsam pressiert und als er noch eine versprochen CD mit Liedern für die Geburt brennen wollte habe ich ihn mit einem ruppigen „Die CD ist jetzt sch..egal!“ zur Eile angetrieben. Als wir von zuhause aufbrachen, habe ich das erste Mal auf die Uhr geschaut, um die Abstände zu messen, es waren 3-4min. Im Auto musste ich das erste Mal mitatmen und die Fahrt war nicht schön, aber zum Glück nur kurz. Zwischen den Wehen konnte ich auch noch gut scherzen und mich darüber amüsieren, dass beim Losfahren im Radio gerade ein Song mit „Baby“ im Titel kam.

Gegen 21 Uhr waren wir bei der Klinik. Wir mussten klingeln und die Zeit, bis die Tür aufging, schien mir ewig. Hier musste ich mich an unserem geparkten Auto abstützen. Im Lift zum Gebärsaal hat sich dann meine ganze Aufmerksamkeit stark fokussiert auf meinen Körper und ab da habe ich wie in einem Tunnel die Aussenwelt und das, was die Hebamme gesagt hat, kaum mehr wahrgenommen. Ich durfte zuerst nochmal auf die Toilette und wurde dann gleich auf dem Gebär-Bett ans CTG angeschlossen und der Zugang wurde gelegt (vor dem ich am meisten Angst hatte und der mich auch während der Geburt immer wieder gestört hat, weil ich die Hand nicht so abknicken konnte, wie ich wollte). Das erste, was rauskam, war natürlich das Abendessen…
Am unangenehmsten fand ich die Untersuchungen der Hebamme, hier wurde durch die Kälte des Desinfektionsmittels und das Tasten sofort eine Wehe provoziert, die ich weder veratmen noch durch meine Haltung verarbeiten konnte. Hier war ich schon 4-5cm offen. Wie sich Wehen anfühlen, kann ich leider auch nicht genau beschreiben, ein bisschen wie bei der Menstruation, nur viel stärker und sie erfassen den ganzen Körper und man ist nur noch darauf fokussiert und nimmt nichts anderes wahr. Ich habe dann Buscopan bekommen, was mir nicht spürbar den Schmerz verringert hat, aber den Muttermund wieder weicher machen sollte. Zudem habe ich mir noch eine Wanne einlaufen lassen, weil ich gelesen hatte, dass das auch schmerzlindernd wirken soll. Und ich dachte, dass ich bestimmt viel im Gebärsaal laufen würde, aber ich sollte nie mehr von dem Bett herunterkommen mit meinen wackligen Beinen und das war dann auch so ok. Ich habe mir die Lehne hochstellen lassen, um mich daran festzuhalten und hing dann sozusagen im umgekehrten Vierfüssler auf dem Bett. Vom Festkrallen an der Lehne (und bei den Presswehen an der Schulter meines Mannes) hat mich ein Muskelkater noch Tage später daran erinnert, welche enormen Kräfte eine Geburt freisetzt.
Die Stimmung hat sich total verändert, als mit dem Schichtwechsel plötzlich eine neue Hebamme da war. Die erste Hebamme hat sich um die Geburt nebenan gekümmert und die neue Hebamme war ab da ausschliesslich bei mir. Sie hat Musik eingeschaltet (irgendwas Medidatives), mich mit kräftigen Bewegungen vom Becken bis zum Po massiert und mir gesagt, ich solle die Wehen fliessen lassen. Von da an lief es toll, ich wusste, in welche Richtung mein Körper arbeitet und konnte die Wehen wirklich fliessen lassen. Laute As und Os haben mir geholfen, locker zu bleiben und in den Wehenpausen wollte ich nur Trinken, einen kühlen Lappen auf der Stirn und ein bisschen wackeln mit dem Becken. Dass man mich hört, war mir da auch egal, ich habe im Nebenraum auch eine Frau gebären gehört und mir sogar noch Gedanken dazu gemacht, wie unterschiedlich wir klingen. Irgendwann habe ich gejammert „Ich mag jetzt schon nicht mehr.“, aber mein Mann und die Hebamme haben mich angefeuert, dass die Hälfte ja schon geschafft sei und ich das ganz toll machen würde. In meinem Pessimismus dachte ich „die Hälfte, na toll, dann geht das ja immer noch 5 Stunden“, weil man bei Erstgebärenden ja sagt ein cm Muttermundöffnung pro Stunde.
Plötzlich war der Druck spürbar anders, viel stärker und deutlich an der Scheide, ich konnte bei den Wehen nur noch Schreien und denken, das geht nie, das passt da nicht durch – Presswehen. Die Hebamme hat mir dann gesagt, dass ich nicht dabei schreien solle, weil das zu viel Kraft koste, und ich lieber pressen solle. Zudem hat sie noch vorgehechelt, aber das habe ich gar nicht mitbekommen, erst als mein Mann mir gesagt hat, ich solle hecheln, habe ich es gehört; das Hecheln der Hebamme war zu leise, um zu mir vorzudringen . Habe ich dann gemacht, gehechelt und nicht geschrien und nur gegen Ende „Jetzt geh endlich raus!“ gerufen. Für die letzten 2 von ca. 4 Presswehen kam dann auch der Belegarzt dazu und dann haben plötzlich alle gesagt, ich solle langsam machen, wo ich nur dachte „Wie? Warum? Ich will doch, dass das jetzt endlich aufhört!“, aber ich habe gehorcht und somit wohl verhindert, dass wegen zu schneller Dehnung was reisst. Und dann ist sie durchgeflutscht. Mir wurde noch Oxytocin in den Zugang gespritzt, um die Nachgeburt zu beschleunigen, mein Mann hat die Nabelschnur durchgeschnitten und dann konnte ich mich endlich umdrehen und habe meine Tochter auf die Brust gelegt bekommen.

Kurz vor Mitternacht, also in guten 3 Stunden hatten wir beide es geschafft, die Geburt zu meistern. Keine PDA, kein Kaiserschnitt, keinerlei Geburtsverletzungen – eine Bilderbuchgeburt! Ich war stolz, überglücklich und voller Ardenalin und Staunen. Perfekte kleine Hände, ein süsses Gesicht, ein lebendiges Wesen – und das war bei mir im Bauch? In der Dusche vom Gebärsaal gab es dann noch mein Lieblingsduschgel von Nivea, Happy Time – mehr happy geht nicht!

Die ersten Wochen danach waren und sind mitunter sehr sehr anstrengend, in meinem Fall gefühlt deutlich anstrengender als die Geburt. Aber wir sind jeden Tag dankbar über dieses Wunder, das uns geschenkt wurde!
1.Tochter 09/2015
2.Tochter 07/2018

Bibi85
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Re: Bilderbuch-Erstgeburt

Beitrag von Bibi85 »

Ich bin grad zu träne grüert... Danke merlin für de schöni bricht

Eleonora Lutz
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Re: Bilderbuch-Erstgeburt

Beitrag von Eleonora Lutz »

das plopp hört man von aussen ;) mein freund ich haben es gehört [-][-][SPLASHING SWEAT SYMBOL][SPLASHING SWEAT SYMBOL][SPLASHING SWEAT SYMBOL]
danke für deinen bericht!

Ayse
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Re: Bilderbuch-Erstgeburt

Beitrag von Ayse »

Woooow.. So wünscht man sich das

lunasol
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Re: Bilderbuch-Erstgeburt

Beitrag von lunasol »

hey das freut mich sehr zu hören!! so wünsche ich mir das auch!!! endlich mal keine horror-story, die ich fleissig meide, denn das macht mir nur unnötig angst, da es sowieso so kommt wie es kommen muss. ich bin überzeugt, dass alles besser kommt, je entspannter man der geburt entgegen blickt. wie hast du dich auf die geburt vorbereitet (mental & physisch)?

Merlin
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Re: Bilderbuch-Erstgeburt

Beitrag von Merlin »

Freut mich, dass euch der Bericht gefällt! Vorbereitet hab ich mich nicht sehr, ich dachte ja, dafür hätte ich noch Zeit ;-) Ich bin in den Geburtsvorbereitungskurs gegangen und hatte die schwangerschaft über bücher dazu ausgeliehen. Dammassage fand ich unangenehm und habs nach 2x aufgegeben, einmal hab ich himbeerblättertee getrunken. Am meisten gebracht, denke ich, hat, dass ich in der Schwangerschaft aktiv war, bin zur ss- gymnastik und ins pilates gegangen und auch bei der Arbeit bin ich viel unterwegs.
1.Tochter 09/2015
2.Tochter 07/2018

Lila16
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Re: Bilderbuch-Erstgeburt

Beitrag von Lila16 »

Schöner Bericht - Herzliche Gratulation

batzeli
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Re: Bilderbuch-Erstgeburt

Beitrag von batzeli »

So schön <3 herzliche Gratulation!

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