Corona-Virus Teil 6

[Asta]

Astra
Das wären Alterswohnungen, das gibt es dort auch und die können ganz so wie sie wollen. Im Altersheim können die Bewohner nicht mehr viel alleine machen, ganz viele sind auch Dement und haben immer eine Ansprechsperson der Angehörigen die dann auch Vormund sind. Eine Frau hatte eine Patientenverfügung, aber die Angehörigen haben sich darüber hinweggesetzt. Wie das rein Rechtlich ist weiss ich auch nicht.

Danke für deine Antwort. Der Unterschied zwischen Alterswohnung, Altersheim und Pflegeheim ist mir schon klar und ich meinte wirklich die AltersHEIME. Es geht mir mehr um die Grundhaltung dahinter. Für mich sollte ein Altersheim nicht eine Institution sein, die mir vorschreibt wie ich zu leben habe (was ich essen soll, was nicht, ob ich nach draussen darf oder nicht usw.). Ich sehe das eher als Dienstleistungsverhältnis: Ich bin dort zur Miete, zahle viel Geld dafür und kann auch in einem von der Institution ausgesteckten Rahmen selbstbestimmt weiterleben. Ich würde es z.B. nicht einsehen, wenn alle Bewohner*innen Punkt 7 Uhr morgens geweckt werden würden. Eine Individualität und Selbstbestimmung muss für mich Platz haben und dazu zähle ich auch den Umgang mit Corona bzw. der eigenen Risikoabwägung: Quarantäne und Chance darauf Corona nicht zu bekommen versus Besuch empfangen/nach draussen gehen, evtl. Corona bekommen und evtl. sterben. Wobei es ja nicht zwingend so sein muss, dass ich nach den Monaten in Abschottung noch viel Zeit auf ein Leben mit meinen Liebsten haben werde. Ich glaube man vergisst manchmal, dass die Menschen im Altersheim ohnehin nicht mehr so viel Lebenszeit vor sich haben. Ich finde es da sehr schwierig abzuwägen, ob jemand noch die Zeit hat um im Leben auf den Pauseknopf drücken oder ob nicht ohnehin sein Leben bald zu Ende sein wird und er die Zeit deshalb lieber noch mit seinen Liebsten verbracht hätte. Solche schwierigen Entscheide können aus meiner Sicht nicht Heimleitungen für ganze Gruppen treffen. Da braucht es zwingend einen Einbezug der Betroffenen und ihren Angehörigen.

[sonrie]

@Sternli/Desroches:

Seid mir nicht böse, aber das sind ganz unterschiedliche Dinge:

- Angehörige reden bei der Pflege von alten Menschen (Eltern, Tanten, etc.) mit, gelten auch als Ansprechpartner für das Personal
vs.
- das Alterszentrum untersagt den Bewohnern die Benutzung der Gemeinschaftsräume und isoliert sie alleine in ihrem Zimmer.

In diesem Thread gehts um die Coronamassnahmen und greenguapa hat ein Beispiel eines geistig fitten alten Mannes gebracht, welcher im Altersheim wie ein Kind unter Stubenarrest gestellt wird. Nix ANgehöriger, bevormundete Demenzkranke und Süssgetränke ja oder nein.

Seit etwa 7 Wochen sitzen die Alten den ganzen Tag in ihrem Zimmer weil sie sich nicht mehr im Gemeinschaftsraum treffen dürfen zum essen, reden, jassen usw. Ausgebrochen und weiterverteilt (whrs. durch das Personal) ist Corona dort trotzdem

Stellt euch mal vor, jemand macht das mit euch... 7 Wochen alleine unter Quarantäne stellen, zum "eigenen Schutz". Ich finde, man kann alte Menschen nicht so bevormunden, nur weil sie im Altersheim sind - und ich meine nicht demente menschen mit einem Vormund, sondern einfach nur alte Menschen, die vielleicht gerade deshalb im Alterszentrum wohnen, damit sie Unterhaltung und Kontakte haben.

Das sind sogenannte "Schutzkonzepte" (vom heim? vom Kanton? bundesweit? - keine Ahnung) bei denen die Menschen nicht nur geschützt sondern auch übergangen und entmündigt werden. Und das finde ich nicht nur traurig sondern auch sehr sehr bedenklich.

[Sternli05]

Asta
Das mit dem wecken oder ins Bett gehen hängt halt auch mit dem Personal zusammen. Meine Tochter hilft jeden Morgen 6 Bewohnern. Niemand kann dich ganz alleine waschen und anziehen, viele sind sturzgefährdet. Wenn jemand länger schlafen will macht sie erst jemand Anders, aber um 10 muss sie alle gemacht haben. Am Abend dasselbe weil nach 20 Uhr nur noch 2 Personen da sind. Wenn jemand aufbleiben möchte darf er das natürlich. Essen können sie zwischen verschiedenen Sachen wählen. Es ist halt schon wie ein Internat, ganz autonom ist niemand mehr.

[Sternli05]

Sonrie
Das Heim meiner Tochter hatte viele Coronafälle und wurden dann prompt abgegriffen sie hätten die Lage nicht im Griff und seien Schuld an den Toten die es gab. Ja was den nun?
Die Massnahmen sind vom Kanton bestimmt. Das Pflegepersonal hat alles für die Menschen getan. Haben sich viel mit ihnen beschäftigt.

Aber ja, klar ist es nicht lustig. Aber es ist auch niemand im Heim nur weil er nicht alleine sein will. Diese Menschen können nicht mehr alleine wohnen und sonst leben sie in einer Alterswohnung beim Heim und haben so beides.

[sonrie]

Kein Vorwurf ans Pflegepersonal, sondern an dieses Schutzkonzept an sich welches sich total über Leute hinweg setzt- mich hat dein Posting bezüglich der Angehörigen irritiert, da die hier nichts damit zu tun haben.

[Stella*]

Sonrie
Das mit dem entscheiden war nicht nur auf Corona gemeint. Es gibt z.b. eine Bewohnerin die u gern Süssgetränke hat, kein Diabetes oder Übergewicht. Die Angehörigen wollen das die Mutter Wasser trinkt und daran müssen sich die Pflegenden halten.

So etwas finde ich total daneben und tut mir für die Bewohner leid.
Habe mal meinen todkranken Grossvater im Heim besucht. Das Personal hat ihm einmal sogar den Wunsch nach einem Bier erfüllt (er hat nie viel getrunken, aber an diesem Tag hatte er einfach Lust darauf). Fand ich sehr lieb/fürsorglich. Er hat dann sogar ganz genüsslich die Medis damit genommen.

[dede]

Die Entscheidungen in Alters- und Pflegeheimen stelle ich mir sehr schwierig vor. Ich denke schon, dass die Ansprüche der Angehörigen einen relativ grossen Anteil haben. Die einen wollen "100%-Schutz" und andere stellen die Lebensqualität in den Vordergrund und nehmen das Risiko in Kauf. Hygienemassnahmen sind für viele pflegebedürftige oft sehr schwierig umzusetzen, deshalb sind die Gemeinschaftsräume schon ein Problem. Das ist echt ein grosses Spannungsfeld. Egal welche Regelungen gelten, die Leitung der Heime bleibt angreifbar.
Ich selber fände da der (mutmassliche) Wille der Bewohner wichtiger als die Ansprüche der Angehörigen oder Medien oder Behörden oder wem auch immer. Für die meisten Bewohner wird ein Einsperren im Zimmer über mehrere Wochen wohl sehr schlimm sein.

@Asta
Im Altersheim hast du oft nur ein (meist wirklich kleines) Zimmer. Ich denke, es kommt näher an einen Internatsbetrieb (Zimmer mit vorgegebenen Regeln und vorgegebenem Programm und wenig eigenem Gestaltungsraum) als an eine Wohnung mit Pflege.

[Sunne12]

@Schutzkonzepte in den Altersheimen: jeder Kanton hat wohl wieder das eigene Süppchen.... Bei uns ist der Aufenthalt in der Wohngruppe=Abteilung nicht eingeschränkt. Sobald sie aus dem Zimmer kommen gilt Maskenpflicht, welche bei Dementen nicht umgesetzt werden kann.
Besuche max. 2Personen im entsprechenden Zimmer mit Maskenpflicht-zu viele Angehörige halten sich nicht daran(!).
Quarantäne im Zimmer bei Neueintritt oder Wiedereintritt nach Spital.
Oben genannte Regeln gelten natürlich nur solange keine Covid Fälle auftreten.
Ohne Covid die Bewohner im Zimmer einzusparen....?! Unglaublich! Mir blutet das Herz.
Leider hatte ich in der 1. Welle Kontakt mit der Ombudsstelle,weil unser Heim TAGELANG keine Besuche zulassen wollte,obschon es wieder erlaubt gewesen wäre! Fazit: Heimleitungen können relativ schalten und walten. Es gibt keine Präzedenzfälle, die Angehörigen müssten eine Anzeige anstreben.
Vor einigen Jahren trat das neue Erwachsenenschutzrecht in Kraft. Ohne Unterschrift darf ich keine Klingelmatte montieren (Matte die angibt,wenn der Bewohner das Bett verlässt. Ziel: dass Bewohner weniger stürzt oder zumindest rascher aufgefunden wird.Er ist in seiner Mobilität also nicht eingeschränkt.)
Nun werden Massnahmen (die nicht alle tatsächlich Wirkung zeigen) noch und nöcher unter dem Deckmantel von Corona getroffen. Das Erwachsenenschutzrecht wird mit Füssen getreten und mir als Pflegende sind die Hände gebunden.

[krista]

Frage an diejenigen, die für eine gesonderte Behandlung der Risikogruppen sind:
Was stellt Ihr Euch denn konkret für die Altersheime vor?

[mariposa_2]

@sunne12 ich würde sogar sagen, jedes Altersheim kocht sein eigenes Süppchen. Und zusätzlich kommt es sehr auf die Pflegefachkraft an, die gerade da ist.
Ich besuche meine Grosseltern 1-2 x im Monat. Die Besucher werden beim rein- und rausgehen begleitet. Letztes Mal haben wir den Bruder meiner Grossmutter getroffen beim rausgehen. Wir haben hallo gesagt und die Pflegefachkraft hat uns gesagt, wir sollen bitte weitergehen. Wir sollen einen Termin machen wenn wir mit ihm reden wollen. Er ist 95 und hat das Ganze nicht verstanden .
Ein paar Tage später hat meine Mutter sie besucht und ist in der gleichen Situation gekommen (da war der Bruder meiner Grossmutter im Aufenthaltsraum). Die Pflegefachkraft hat dann gesagt, sie solle einfach rufen wenn sie fertig ist und hat meine Mutter mit ihm kurz sprechen lassen.

Worüber sich aber immer alle freuen ist mein Sohn. Er ist wirklich gern gesehen dort und zählt nicht mit als Person und darf quasi zusätzlich zu den 2 Besuchern kommen.

Sunne12 macht ihr noch Aktivitäten mit den Bewohnern?

@Getränke: ich könnte mir vorszellen, dass es auch um Kosten geht, wenn Verwandte das Konsumieren von Süssgetränke verbieten. Wir machen es so, dass wir die Süssgetränke selber kaufen und ihnen bringen.

Wir versorgen meinen Grossvater übrigens immer mit Wein. Er trinkt jeden Tag ein Glas Rotwein am Mittag

[Malaga1]

Frage an diejenigen, die für eine gesonderte Behandlung der Risikogruppen sind:
Was stellt Ihr Euch denn konkret für die Altersheime vor?

Als erste Massnahme jeden zweiten Tag einen Schnelltest bei Bewohnern und Personal und bei allem Besuch - damit man möglichst die symptomslos Positiven aus dem Verkehr ziehen kann. Und selbstverständlich nicht positives oder quarantänisiertes Personal arbeiten lassen. Mit der Impfung scheint es jetzt wenigstens vorwärts zu gehen.

[Leela]

Ich persönlich kann bisher mit allen getroffenen Massnahmen relativ gut umgehen, geht ja auch nicht anders.
Aber wenn mir als Heimbewohner alle zwei Tage ein Test aufgezwungen würde, der ja nun wirklich nicht angenehm is, wäre bei mir wohl der Punkt erreicht, an dem ich mich verweigern würde.

[ausländerin]

Frage an diejenigen, die für eine gesonderte Behandlung der Risikogruppen sind:
Was stellt Ihr Euch denn konkret für die Altersheime vor?

Die Risikogruppe die gesondert behandelt musste ist aktive 70-79. Das sind keine Altersheim Bewohner - das sind Leute die Heute ins Beiz gingen, gestern - Skifahren mit ein Paar gleichaltrigen Kollegen und Weihnachten in Kanaren verbracht haben. Die sind ein Risiko und belasten die Gesundheitssystem.
In Altersheimen würde ich reguläre Schnelltests für Personal und Besucher bevorzugen und so schnell wie möglich impfen. Genau weil ich Lebensqualität sehr wichtig finde.

[Sunne12]

@mariposa: ja einfach reduziert und nicht Abteilungsübergreifend.
@malaga: wir sind eh schon (politisch gewollt) unterbesetzt, wie soll das gehen,dass asymptomatische zu Hause bleiben? NIEMAND hatte die Möglichkeit zu helfen,als Coronabetroffene Heime um Hilfe schrien.... Darüber habe es etliche Tatsachenberichte. Von Kantonsärzten die sich taub stellten, von der Militärführung die sich nicht zuständig sah....

[Malaga1]

@Leela: Es gibt mittlerweile auch Spuktests, wie zuverlässig die sind weiss ich allerdings. Schlussendlich ist es halt auch ein Abwägen. Die Situation ist insbesondere in den Heimen sch... , das ist nicht wegzudiskutieren. Will ich als Bewohnerin mein Leben riskieren mit einer Infektion, will ich sehr isoliert leben oder will ich mich häufig testen lassen?

[Malaga1]

@Sunne12: Dann muss die Politik die Toten in Kauf nehmen, so hart das tönt - oder sie bieten den Zivilschutz auf oder die 10'000 Arbeitslose. Es ist mir bewusst, dass man die unausgebildeten Leute nicht für alles einsetzten kann. Aber um den betagten Menschen beim Essen zu helfen oder mit ihnen ein Spiel zu machen ganz sicher. Wenn wir einfach zu allem sagen "das geht nicht" kommen wir nie aus dieser Misere raus. Wenn man will, geht viel. Ausserordentliche Situationen erfordern ausserordentliche Massnahmen.

[Leela]

Ganz klar aber zuallerallererst würde ich selbst entscheiden wollen.

Ich denke bei Altersheimen ist impfen sicherlich die beste Option.

[Malaga1]

@Leela: Selbstverständlich sollen auch die alten Leute selbst entscheiden. Und da gilt es auch zu akzeptieren, wenn der Entscheid lautet "Lieber mehr Kontakt und ein höheres Risiko für eine Infektion, anstatt zu vereinsamen".

[Leela]

Dann sind wir und ja einig
Ich denk gerade gegen Ende des Lebens ist die Prioritätensetzung vielleicht eine andere. Oder auch nicht. Das soll jeder selbst entscheiden können.
Ich gebe zu die Aussicht als alte Person mal entmündigt zu werden finde ich beklemmend...

[Malaga1]

Hier wurde ja auch schon geschrieben, dass gar nicht die ganz alten Leute die Spitäler überlasten. Die Statistik sagt etwas anderes: In der 2. Welle wurden bis jetzt 16'470 Personen hospitalisiert, davon waren 10'156 70 Jahre und älter. Ich mache mir da schon grosse Hoffnung, dass die Impfung der alten Bevölkerung die Spitäler massiv entlastet.