Mutterschaftsurlaub irgendwie "verlängern"?

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Moderator: conny85

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johanna_jolla
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Mutterschaftsurlaub irgendwie "verlängern"?

Beitrag von johanna_jolla »

Guten Morgen ihr Lieben

ich werde im März erstmals Mama und ich muss sagen, mich stresst es ungemein, dass der Mutterschafts "Urlaub" hier nur 14 Wochen geht. Bzw. man nach der Geburt nur 14 bezahlte Wochen mit dem Baby verbringen kann. Entwicklungspsychologisch ist das ebenfalls katastrophal, aber naja. Auch für die Gesundheit von Mutter und Kind. Aber naja.

Nun wollte ich fragen, wie denn so eure Erfahrungen mit dem Mutterschafts"urlaub" aussehen?

- Wie viel Zeit habt ihr euch genommen?
- Habt ihr "unbezahlten Urlaub" drangehängt?
- Gibt es vielleicht jemanden, der sich danach hat krankschreiben lassen oder künden lassen und während der Kündigungsfrist freigestellt weiterhin bezahlt wurde? Das wäre ja meine favourisierte Lösung :P
- Wie sind eure Erfahrungen mit dem RAV und Umgang mit Mutterschaft?

Ach, und weiss vielleicht jemand, warum ich nach dem Mutterschafts"urlaub" kündigen soll? Es zeigt sich recht deutlich, dass meine AG wenig Interesse daran hat, schwangere oder stillende Frauen zu beschäftigen. Ich hatte so den Eindruck, dass man mich durch sehr unangenehme Bedingungen zur Kündigung drängen möchte. Zwar schmälert das natürlich meine Vorfreude auf die Rückkehr an den Arbeitsplatz, sprich, ich möchte nicht zurück. Allerdings sehe ich nicht ein, warum ich kündigen soll, wenn mich der Laden doch eigentlich auch nicht weiter beschäftigen will :roll: Hat hier jemand Ideen oder Erfahrungen?



Vielleicht noch zum Hintergrund: Ich komme aus Deutschland und bin entsprechend sozialisiert. Dort hat man ja vor der Geburt die letzten sechs Wochen der Schwangerschaft Mutterschutz, also ist von der Arbeit freigestellt, nach der Geburt acht Wochen, weil sich der Körper ja erst regenerieren muss (beides zu 100% vergütet) und dann beginnen die 14 Monate Elternzeit, die sich beide Partner egalitär aufteilen können und man 67 % des Lohnes erhält. Daher bin ich ein anderes System gewohnt und nun hier mässig überrascht, wie stiefmütterlich die Themen Elternschaft und Familie allgemein hier behandelt werden.

Und ja, ich versuche schon, eine gute Lösung zu finden, die sich vielleicht in einem rechtlichen Graubereich befindet. Also ein Stück weit vom vorgezeichneten Weg abzuweichen. Wer sich darüber echauffieren will, darf dies gerne tun :)

Ich freue mich schon auf eure Antworten und Erfahrungen.

Guten Start in die Woche euch!

conny85
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Re: Mutterschaftsurlaub irgendwie "verlängern"?

Beitrag von conny85 »

Ja hier hinkt die Schweiz sehr hinterher leider, immerhin haben die Väter jetzt auch 2 Wochen erhalten.
Der Arbeitgeber darf dir bis 16 Wochen nach der Geburt nicht kündigen, du bist im sogenannten Kündigungsschutz.
Hast du den schon eine Vertragsanpassung? Oder gehst du wieder 100% arbeiten? Freistellen wird dich kein AG freiwillig…
Fürs Stillen hast du gesetzlich bezahlte Zeiten…
Das RAV möchte von dir einfach Bemühungen sehen, sprich du musst eine gewisse Anzahl Bewerbungen schreiben (bereits schon während dem Mitterscahftsurlaub)

johanna_jolla
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Re: Mutterschaftsurlaub irgendwie "verlängern"?

Beitrag von johanna_jolla »

Guten Morgen!

Genau, das mit dem Kündigungsschutz weiss ich. Nein, bisher ist nichts angepasst. Mir wurde angeboten, dass ich von 100 auf maximal 80 % (in einem zweiten Gespräch hiess es dann 70) reduzieren kann. Das ist mir beides immer noch zu viel. Hätte mir eher 20 - 40 vorgestellt. Also nein, bisher keine Vertragsanpassung. Für den Fall, dass es Komplikationen gibt oder ich eine postpartale Depression entwickelt (was immerhin 15-20 % aller Gebärenden betrifft), wollte ich mir die Option auf Krankschreibung und der entsprechenden Versicherungsleistung nicht verbauen. Depressiv sein ist schon unangenehm genug, da muss man die Situation nicht mit selbstgewählten finanziellen Einbussen noch verschlimmern. Und auch im unbezahlten Urlaub hat man keinen Anspruch auf KTG, daher habe ich den bisher auch noch nicht angehängt. Aber vermutlich wird es darauf hinauslaufen. In erster Linie, um Zeit zu gewinnen.

Und eben ehrlich gesagt auch nicht vor, wieder arbeiten zu gehen. Also zumindest nicht dort. Wobei ich sehr gespannt darauf wäre, wie sie mir die Möglichkeit zum Stillen einrichten wollen. Allein deshalb, sollte ich wieder zurück gehen :)
Darf man theoretisch das Kind eigentlich dann mitnehmen im ersten Jahr? Es heisst ja, man kann sie Pausen nach Bedarf des Kindes beziehen und das ginge nunmal so am besten.

Mialania
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Re: Mutterschaftsurlaub irgendwie "verlängern"?

Beitrag von Mialania »

Also, bei mir war es so, dass ich von 100 auf 60% reduziert hätte. Dies hätte man erst während dem Mutterschaftsurlaub angepasst. Ich ging dann ohne Kind wieder Vollzeit zurück und fragte bei der zweiten Schwangerschaft, ob das Angebot mit den 60% noch bestünde. Die Kita befand sich direkt neben unserem Arbeitsplatz und ich hätte zum Stillen einfach rüber gehen können, aber sie boten nur ganze Tage an, deshalb entschied ich mich damals für 60 und nicht 50%
Mein Chef hat versucht, das für mich möglich zu machen, das HR sagte, ihm, kannst du schon, aber du bekommst keine weitere Stelle zum Ausgleich bewiligt. Somit meinte mein Chef, sorry, 100 oder gar nicht und ich wählte gar nicht.
Das Kind kam, ich trat meinen Mutterschaftsurlaub an und wir lösten im gegenseitigen Einvernehmen den Arbeitsvertrag auf. Die Überstunden wurden ausbezahlt. Ich bekam sogar noch einen Bonus dazu, weil ich so noch knapp ein Jubiläum hatte.

Mir war es wichtig, dass ich auf eine saubere Art kündige. Mir hat eine ehemalige Freundin auch erklärt, ich müsse einfach so oft zu Hause bleiben und der Arbeit fern bleiben, dass sie mir kündigen etc., um so viel Geld wie möglich ausschlachten zu können. Zum Glück ist diese Frau kinderlos geblieben.

johanna_jolla
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Re: Mutterschaftsurlaub irgendwie "verlängern"?

Beitrag von johanna_jolla »

Liebe Mialania

Oh, ich glaube nicht, dass man irgendjemandem Kinderlosigkeit wünschen sollte. Den letzten Satz finde ich daher etwas problematisch. Verstehe ich das richtig, und du hattest nach der ersten SS eine Fehlgeburt? Wenn dem so ist, dann tut mir das sehr, sehr leid.


Vielen Dank aber für das Teilen deiner Erfahrungen.

Nein, möglichst viel Geld auszuschlachten, ist nun auch nicht mein Ansinnen. Ich habe auch jetzt vor der Mutterschaft schon eine Bewerbung geschrieben und möchte auch danach wieder arbeiten gehen. Es geht mir also nicht primär darum, hier irgendjemanden auszuschlachten.

Mir scheint, der Hauptunterschied zwischen uns liegt darin, dass sich dein AG sehr entgegenkommend verhalten hat und auf deine Wünsche eingegangen ist. Wenn dem in meinem Fall so wäre, stünde einer Weiterbeschäftigung ja nichts im Wege. Da aber auf meine Belange auch während der Schwangerschaft wenig Rücksicht genommen wurde, bin ich glaube ich einfach auch ein wenig gekränkt und nicht bereit, mich zu Entscheidungen drängen zu lassen, die für mich nachteilig sind.

Aber sowas wäre mir natürlich auch Recht: Eine Kündigung aus betrieblichen Gründen. Ist ja für alle Beteiligten eine saubere Lösung.

Hinsichtlich Kita hatte ich gefragt, ob ich an einen anderen Standort mit Kita wechseln kann. Dies wurde leider unbegründet verneint. Somit wäre die betriebsinterne Kita weitere 25 km von meinem Arbeitsplatz weg, während mein Arbeitsweg schon 35 km (allerdings in die andere Richtung) beträgt. Das ist logistisch einfach wirklich schwierig ...

Mialania
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Re: Mutterschaftsurlaub irgendwie "verlängern"?

Beitrag von Mialania »

Ich habe ihr keine Kinderlosigkeit gewünscht, es hat bei ihr einfach keinen passenden Partner dazu gegeben und dann ergab sich das so.
Mein erster Sohn kam mit einem schweren Herzfehler zur Welt, er verstarb dann mit zwei Wochen und ich "durfte" den vollen Mutterschaftsurlaub in Anspruch nehmen.

Ich wollte damals auch arbeiten gehen, nur änderten sich bei uns die Umstände. Beim zweiten Kind kam der Arbeitgeber mir ja gar nicht mehr entgegen.

Mich stört halt dein

"Gibt es vielleicht jemanden, der sich danach hat krankschreiben lassen oder künden lassen und während der Kündigungsfrist freigestellt weiterhin bezahlt wurde? Das wäre ja meine favourisierte Lösung :P"

Das echauffiert mich ein wenig. In der Schweiz gibt es nun halt mal dieses System und in Schweden jenes und in den USA dieses. Das kommt dann ja nicht überraschend, wenn man schwanger wird. Nicht jeder Arbeitgeber ist bereit mehr zu leisten, als er von Gesetzeswegen muss. Beide haben Rechte und Pflichten.

sonrie
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Re: Mutterschaftsurlaub irgendwie "verlängern"?

Beitrag von sonrie »

Zum MU verlängern bleibt dir die Möglichkeit des Jahresurlaubs sowie Unbezahlt zu nehmen, ich habe dies bei meinem ersten Kind sowie bei den Zwillingen so gehandhabt und hatte so jeweils 6 Monate MU. ALlerdings ist dies wohl eh keine Option, da du nicht gedenkst überhaupt wieder dort zu arbeiten.

In deinem Fall ist es so, dass du entweder
- deinen Job auf Ende MU kündigen kannst (damit du nicht mehr 100% an den Arbeitsplatz zurückkehren musst)
- du und dein AG den Arbeitsvertrag einvernehmlich auf Ende MU auflöst (siehe oben)
- dein AG dich nach dem MU kündigt und dann freistellt (eher unwahrscheinlich)
- dein AG dich nach dem MU kündigt, dann müsstest du aber fü die Kündigungsfrist noch die vereinbarte Arbeitsleistung von 100% erbringen
- du und dein AG euch auf eine Änderung des Vertrages einigt (Pensumsreduktion)
- du nichts unternimmst und dein vertrag einfach weiter läuft

Im letzten fall schuldest du dem AG dann 100% Arbeitspensum, wie auch immer du das dann organisierst. Solltest du an deinen Arbeitsslatz zurückkehren, stehen dir bezahlte Zeiten zu Stillen zu, wie du dies dann regelst ist allerdings deine Sache. Für den AG ist es keine so grosse Sache das zu arrangieren, alles was er machen muss ist dir zwischendurch einen Ort zur Verfügung zu stellen (meetingraum, leeres Büro etc) Du kannst dein Kind weder mitnehmen noch vor Ort betreuen, sondern musst die Kinderbetreuung etc. selber organisieren, allenfalls kann dir die Betreuungsperson das Kind zum Stillen vorbei bringen.
Klar, wenn du krangeschrieben bist musst du nicht arbeiten gehen aber sollte dein Plan aus welchem Grund auch immer nicht aufgehen (keine Krankschreibung oder nur für 3 wochen etc.), musst du deine Arbeitsleistung erbringen und einen Betreuungsplatz für dein Kind haben. Dein AG kann auch veranlassen dass du im Falle einer Krankschreibung eine Bestätigung von einem unabhängigen "Vertrauensarzt" vorweisen musst. Freistellen muss er dich auch nach der Krankschreibung natürlich nicht, auch dann schuldest du weiterhin 100% Arbeitsleistung.

Ich verstehe, dass du als Deutsche ein anderes System gewohnt bist, ich bin auch im Ausland aufgewachsen und kenne es anders als es hier ist. Ob das CH System nun ausreichend ist oder nicht steht auf einem anderen Blatt, aber es ist halt so, dass wenn man sich entscheidet in CH zu wohnen dies auch dazu gehört. Den niedrigen Steuersatz, die hohen Löhne und den hohen Lebenstandard nimmt man ja auch in Kauf ;-) Insofern ist deine Herkunft oder persönliche Meinung in diesem Fall total irrelevant.

Dass dein AG dir da nicht oder nur wenig entgegenkommen will ist schade, aber das ist sein gutes recht, er muss dir nach der derzeitigen Gesetzeslage keinen TZ Job anbieten oder die Arbeit an einem anderen Standort ermöglichen, auch wenn dies sicher nett von ihm wäre.Dein Vertrag mit dem AG läuft einfach weiter, ausser ihr einigt euch (!) auf Änderungen.
Vielleicht auch noch als Denkanstoss: diese Pläne von wegen Krankschreiben lassen etc. trägt nicht dazu bei, dass AG sich in die Richtung bewegen, mehr TZ Stellen oder bessere Arbeitsbedingungen für Mütter zu schaffen, es erschwert es allenfalls anderen Frauen, im Job zu bleiben. Ich hatte diesbezüglich mit sehr vielen Vorurteilen zu kämpfen (die kommt eh nicht wieder zurück, die fällt eh so lange aus, besser wir kündigen ihr uns stellen jemand anderes ein etc.)
Zuletzt geändert von sonrie am Mo 20. Feb 2023, 09:17, insgesamt 1-mal geändert.
"Wenn Aufregung helfen würde, Probleme zu lösen, würde ich mich aufregen." (Angela Merkel in "Die Getriebenen")

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ChrisBern
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Re: Mutterschaftsurlaub irgendwie "verlängern"?

Beitrag von ChrisBern »

Ich stimme mialania zu, diese Art von "eigentlich will ich gar nicht arbeiten gehen, aber Geld will ich trotzdem rausschlagen" finde ich störend. Man kann halt nicht den Fünfer und das Weggli haben. Wir sind hier halt in der Schweiz und da sind die Regeln, wie sie sind. Die sind ja nicht überraschend! Das wusste man ja vorher. Ich bin auch aus D und klar, schaue ich neidisch zu meinen Freundinnen. Dafür habe ich hier einen deutlich besser bezahlten Job, das hat halt seinen Preis. Und wenn mich das Schweizer System total nerven würde, müsste ich halt zurück. Kenne einige, die das so gemacht haben und das ist ja auch total ok. Die Schweiz wird sich nicht mal eben so deinetwegen ändern. (Perspektivisch gibt es ja hoffentlich mal ein paar Änderungen) es tut mir leid, aber eine solche Art bringt alle arbeitenden Mütter in Verruf, das finde ich schade.

Um wieder sachlich zu werden: ich fand das beim ersten Kind auch zu krass und habe mit der Firma vereinbart, dass ich 10 Monate aussetze. Mit dem Risiko, dass ich dann auf der Strasse gestanden hätte. Das wäre tatsächlich auch beinahe passiert, da es der Firma finanziell nicht gut ging und grosse Aufträge weggefallen sind. Konnte dann doch 60% starten. Habe dort aber aufgrund der vielen Reisetätigkeit und einem weiten Pendelweg nach einem Jahr selbst gekündigt. Wir sind aber immer im Guten verblieben und ich habe heute noch Kontakt.

Beim zweiten Kind habe ich einen Monat unbezahlten Urlaub genommen plus Ferien bezogen und war knapp 6 Monate weg. Das fühlte sich für mich sehr stimmig an. Dort habe ich aber schon vor dem 2. Kind 80% gearbeitet und bin dann auch 80% zurück.

Apropos postpartale Depression: ich hatte eine bei Kind 1. Für mich wäre in der Situation die beste Lösung gewesen, das Kind hochprozentig betreuen zu lassen und wieder arbeiten zu gehen. Leider hatte ich keinen kitaplatz, warum ich 10 Monate zu Hause blieb, was mir gar nicht gut getan hat. Irgendwie haben wir es aber hingekriegt, mein Mann hat sich dann sehr engagiert und jede Woche einen halben Tag frei genommen, damit ich einen Lehrauftrag annehmen konnte. Zu Hause mit Kind und postpartaler Depression ohne Perspektive hätte ich sehr schwierig gefunden.

So, wie es bei dir klingt, würde ich nach Mutterschaftsurlaub nicht zurück gehen, sondern mir einen neuen Job mit niedrigem Pensum suchen. Ach ja, das RAV braucht einen Beleg fur Kinderbetreuung, soweit ich weiss, damit Geld gezahlt wird. Aber da weiss jemand hier vielleicht besser bescheid, das hatte ich nie.

Sunneschii9
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Re: Mutterschaftsurlaub irgendwie "verlängern"?

Beitrag von Sunneschii9 »

Als Ergänzung zum sehr detaillierten Beitrag von Sonrie habe ich noch folgendes:

Falls du dich beim RAV anmeldest, musst du für das Pensum, für welches du Arbeitslosengeld beziehen möchtest, eine Kinderbetreuung vorweisen können. Und je nach Kanton wird dich das RAV ziemlich schnell in irgendwelche Förderprogramme oder Massnahmen senden. Dies um deine Vermittlungsfähigkeit zu verbessern. Gleichzeitig können sie so natürlich sehen ob du wirklich eine Betreuung hast. Somit kann, zu Recht!, dem entgegengewirkt werden, dass sich Frauen wie du ihren Mutterschaftsurlaub auf Kosten anderer verlängern.

Und, OT ich weiss, aber wenn du dich bei deinem AG so äusserst wie hier, dann wundert es mich 0, dass er dir nicht entgegenkommen will. Und vielleicht drängt dich der AG auch nicht zur Kündigung weil er dich nicht mehr will, sondern einfach weil er weiss, das du ansonsten nach deinem Mutterschaftsurlaub in der Höhe deines jetzigen Pensums zurück kommen müsstest. Und du das ja nicht willst.
Ich persönlich finde dein Verhalten völlig daneben und unpassend. Und genau wegen solchen Frauen sind die Arbeitgebenden teilweise skeptisch gegenüber jungen Frauen.

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ChrisBern
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Re: Mutterschaftsurlaub irgendwie "verlängern"?

Beitrag von ChrisBern »

Beim alten Arbeitgeber hat eine Mitarbeiterin das mit den Krankschreibungen durchgezogen. Da sie nicht krank war, bekam sie natürlich immer "nur" 2 Wochen. Sie kam dann immer wieder einen Tag, um dann wieder krankgeschrieben zu werden. So zögert man natürlich auch die Kündigungsfrist raus (ihr war dann gekündigt worden, weil sie null engagiert war). Für sie ist das Konzept am Ende aufgegangen, sie hat noch eine Entschädigung vor Gericht rausgeschlagen, weil alle sie nur noch loswerden wollten. Es hat von allen Nerven gekostet, ein gutes arbeitszeugnis gab es dann natürlich nicht und in der Branche brauchte sie sich keinen neuen Job suchen, da alle die Geschichte kannten. Aber sie hat das erreicht, was sie wollte und hat in einem anderen arbeitsgebiet einen Job gefunden. So kann man es also durchaus machen. Möchte aber nicht verhelen, dass sie sehr schnell keinen Rückhalt mehr im team hatte. Das muss man dann halt auch aushalten können.

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danci
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Re: Mutterschaftsurlaub irgendwie "verlängern"?

Beitrag von danci »

Ich kann 1:1 bei sonrie unterschreiben. Das System in der Schweiz ist, wie es ist, mit all seinen Vor- und Nachteilen. Und was vielleicht die Schweizer Mentalität von anderen unterscheidet, ist das Bewusstsein, dass der Standard nur so gelebt werden kann, wenn alle mitmachen und daher dieses "ich versuche mal für mich das Beste herauszuholen" eher auf Unverständnis stösst. Der Unterschied zu D ist nämlich, dass eben der Staat nicht mehr bezahlt und es dann der AG ausbaden muss, wenn man für sich selbst Rechte beanspruchen will, die man eigentlich nicht hat.

Wenn Du wirklich etwas daran ändern willst, dann bitte, engagiere Dich politisch. Auch wenn Du keinen Pass hast, wird es im Kampf um die Elternzeit, der sich anbahnt, Arbeit geben, die übernommen werden können.

Nun zu deinen Fragen, denn Du hast in erster Linie nach Erfahrungen gefragt:
johanna_jolla hat geschrieben: Mo 20. Feb 2023, 06:09
- Wie viel Zeit habt ihr euch genommen?



Kind 1: gerade mal 10 Wochen. Ich habe ein gutes Jobangebot erhalten, die Bedingung war aber, sofort zu beginnen. Ich arbeitete da zuerst 50%, 2 ganze Tage im Büro und 10% im HO. Danach ging ich dann eine Woche 3 Tage und eine Woche 2 Tage ins Büro. Nach einem Jahr erhöhte ich auf 80%.

Kind 2: 14 Wochen, dann Einstieg mit 80%

Kind 3: 17 Wochen, dann Einstieg mit 80%

Emotional war das manchmal schwierig. V.a. am Anfang. Aber ich muss sagen, danach ging es. Ich wusste die Kinder auch immer gut betreut in einem Mix aus Vater, KITA und Grossmutter. Ich habe mich einfach von Anfang an darauf eingestellt, die Mutterschaftsurlaube auch richtig genossen und es war dann auch ok. Wäre ich nur zu Hause gesessen und hätte weinend die Tage gezählt, wann ich wieder einrücken muss, wäre es sicher viel schwerer gewesen. Die eigene Einstellung macht sehr viel aus. Und meine Erfahrung mit mehreren Arbeitgebern ist auch, dass je mehr ich Einsatz, Flexibilität und Verständnis zeigte, mir dies ebenfalls entgegengebracht wurde.



- Habt ihr "unbezahlten Urlaub" drangehängt?

Nein. Ich bin Hauptverdienerin und das konnten wir uns nicht leisten. Die drei Wochen beim dritten Kind waren normale Ferien, die ich angehängt habe. Jahresurlaub aufsparen hätte ich bei den ersten Kindern nicht gekonnt. Sie kamen in der zweiten Jahreshälfte und ich muss auch während der Schwangerschaft die Zeit haben, etwas durchzuatmen und mich für den Endspurt zu erholen

- Gibt es vielleicht jemanden, der sich danach hat krankschreiben lassen oder künden lassen und während der Kündigungsfrist freigestellt weiterhin bezahlt wurde? Das wäre ja meine favourisierte Lösung :P

Nein. "Krankschreiben lassen" ist eh ein merkwürdiger Ausdruck. Man wir krankgeschrieben, wenn man krank ist. Ich war gesund. Bei einer Kündigung sehe ich nicht ein, warum der Arbeitgeber mit 3 Monate hätte bezahlen müssen, wenn ich nicht komme. War aber bei mir nicht der Fall.

- Wie sind eure Erfahrungen mit dem RAV und Umgang mit Mutterschaft?

Ich hatte beim ersten Kind eine befristete Anstellung (Praktikum) bis zum 7. Monat und meldete mich dann beim RAV an. Dieses hat mir 60 Sperrtage aufgebrummt, weil ich nicht vorher eine Stelle gesucht habe. Zwar muss man 8 Wochen vor und 8 Wochen nach der Geburt keine Bewerbungen schreiben (und ich habe bis Woche 33 gearbeitet), aber da ich ja schon vorher gewusst habe, dass die Stelle endet, hätte etwas suchen müssen. Wie vermittelbar eine Frau im 7. Monat ist, weiss ich jetzt nicht, ich fand es nicht ok. Aber da ich mich eh v.a. angemeldet habe, um die Mutterschaftsentschädigung zu erhalten, lebte ich halt damit. Der Berater meinte einfach dann, dass ich zwar 16 Wochen nach Geburt keine Stelle annehmen muss, aber nach 8 Wochen sei ich wieder verpflichtet, mich zu bewerben. Zudem hätte ich ihm am ersten Termin ca. 14 Wochen nach der Geburt eine Bestätigung mitbringen müssen, dass ich über eine Betreuung verfügte. Das ist zwar verständlich, es ärgert mich aber seit Jahren, dass Männer keine solche bringen müssen. Aber auch das ist ein anderes Thema. Das war dann alles nicht mehr nötig, da ich ja eine Stelle hatte. Sie schauen da aber schon sehr genau hin.
Unbezahlter Urlaub:
Dieser ist oft möglich in Absprache mit dem Arbeitgeber. Du musst einfach wissen, dass Du a) keinen rechtlichen Anspruch darauf hast und b) dieser keinen Kündigungsschutz beinhaltet.

Kündigung:
Dein Arbeitgeber kann Dich erst 16 Wochen nach der Geburt kündigen und dann läuft die Kündigungsfrist. Während dieser Zeit bist Du verpflichtet, arbeiten zu gehen und zwar im alten Pensum. Verweigerst Du Deine Arbeit, was Du z. Bsp. als stillende Mutter tun kannst, gibt es auch keinen Lohn (und kein Arbeitslosengeld!). Der AG hat die Möglichkeit, Dich freizustellen, ob er das aber tun wird, wenn er eh bezahlen muss, ist eine andere Frage. Du selbst kannst auf Ende MU künden, allerdings musst Du, wenn Du dann keine andere Arbeit hast, damit rechnen, dass das RAV Einstelltage wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit verfügt, was heisst, dass Du für eine Weile kein Arbeitslosengeld bekommst. Wohl am sichersten wäre ein Aufhebungsvertrag, wo drin steht, dass Du nicht bereit bist, im Pensum von XY zu arbeiten und der AG bestätigt, dass er Dich nicht im kleineren Pensum beschäftigen kann. Das akzeptiert das RAV grundsätzlich. Es muss Dir aber bewusst sein, dass wenn Du Dich z. Bsp. 50% auf dem RAV anmeldest, Du Stellen mit 50% suchen und annehmen musst. Dafür bekommst Du 80% von 50% deines letzten Lohnes. Du musst da also gut überlegen, was Du willst.

Aber trotzdem musst Du Dich ganz sicher nicht drängen lassen, auch dann nicht, wenn es für deinen AG am bequemsten wäre. Ob Du kündigst oder nicht, ist letztlich Deine Sache.

Stillen;
Du hast im ersten Jahr das Recht bezahlte Stillzeiten zu erhalten:
- bei einer täglichen Arbeitszeit von bis zu 4 Stunden: mindestens 30 Minuten;
- bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als 4 Stunden: mindestens 60 Minuten;
- bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als 7 Stunden: mindestens 90 Minuten.

Diese kannst Du zum abpumpen brauchen, Dir das Kind bringen lassen oder den Arbeitsplatz verlassen, um Stillen zu gehen. Ich persönlich habe abgepumpt, das war am stressfreisten, weil ich zeitlich etwas flexibel war. An Papitagen richtete es mein Mann manchmal so ein, dass er mit den Kindern zu mir Mittagessen kam, dann konnte ich auch direkt stillen und mir einmal abpumpen sparen. Der Arbeitgeber muss Dir die Zeit sowie einen geeigneten Ort zur Verfügung stellen.

Postpartale Depression:
Ja, diese gibt es und sie sind sicher nicht lustig. Es ist in dem Fall eine Krankheit und muss als eine solche behandelt werden, was heisst dass die Arbeitsfähigkeit zu prüfen ist. Nicht alle Frauen mir Depressionen sind zu 100% arbeitsunfähig. Das ist von Fall zu Fall verschieden. Die meisten Frauen erleiden aber keine. Dass Du schon etwas damit rechnest, tönt halt durchaus nach Simulieren und das wird vermutlich nicht honoriert.
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Der Mittlere, 2011
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Knuffel
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Re: Mutterschaftsurlaub irgendwie "verlängern"?

Beitrag von Knuffel »

Ich verstehe zwar, dass Du ganz neidisch auf Deutschland schaust, das tue ich auch öfters - und ich muss sagen, ich habe einen tollen Arbeitgeber (zumindest diejenigen, mit denen ich direkt zusammen arbeite, für die GL ist Personal nur ein Kostenfaktor, aber das ist ein anderes Thema), die mir jetzt in der Schwangerschaft sehr viel Freiheiten erlauben bzw. mich schon sonst recht rausgenommen haben. Auch Pensumsreduktion ist kein Problem (wobei die von Dir angestrebten 20-40% schon sehr wenig sind, das wüsste ich nun auch nicht, ob sie das bei mir mitmachen würden).

Deine Fragen wurden ja weitestgehend beantwortet, da kann ich nichts mehr hinzufügen. Ich wollte einfach noch zu Deinen Ideen Freistellung bzw. Krankschreibung Stellung nehmen:

Freistellungen sehe ich kaum passieren, sondern eigentlich nur in sehr speziellen Bereichen, wo Du beim AG Zugriff auf wirklich hochsensible Informationen hast, die Dir beim neuen AG helfen könnten und von welchen der alte AG ein Interesse hat, dass diese nicht übergehen, bzw. bis dann veraltet sind. Im Investment Banking kennen sie z.B. so eine "garden leave", vermutlich haben gewisse Forscher bei Pharmaunternehmen diese auch. Dies sind aber absolute Ausnahmen und als Arbeitnehmer hat man kein Recht darum zu fragen, sondern es ist im Ermessen des Arbeitgebers. Im Normalfall lassen Dich Schweizer Arbeitgeber bis zum letzten Tag der Kündigungsfrist arbeiten (ich musste sogar mal einen Tag zwischen Weihnachten und Neujahr antreten, weil ich nicht mehr genug Ferientage bis Jahresende (Ende Kündigungsfrist) hatte, obwohl sonst fast niemand im Büro war und ich auch nichts mehr zu tun hatte...).

Krankschreibungen sind auch nicht so einfach zu erhalten, v.a. wenn nichts "Sichtbares" vorhanden ist. Meine HA ist da z.B. super streng. Ich war mal wirklich am Boden und wäre in einen Burn-Out gerutscht, hätte ich nicht die Reissleine gezogen - meine HA hat mich nach 10 Tagen wieder 50% ins Büro geschickt (und meine interims-Chefin direkt wieder nach Hause...) und auch mein Mann wurde Jahre später nach einem Schleudertrauma sehr schnell wieder auf 100% gesetzt (so dass er zwei Monate danach einen Rückfall erlitt). Natürlich kann es sein, dass Du aufgrund einer postpartalen Depression z.B. einen Klinikaufenthalt machst oder wegen Geburtsgebrechen nochmals operiert wirst und daher für eine gewisse Zeit (aber wohl nicht Monate) nicht arbeiten kannst. Aber das sind solche Ausnahmen, auf die würde ich nicht zählen bei der Planung des Wiedereinstiegs. (Womit ich in keiner Weise sagen will, dass postpartale Depressionen ohne Klinikaufenthalt nicht sehr einschränkend und schlimm sein können - ich wünsche es niemandem!) Und von "geplanter" Krankschreibung halte ich gleich viel wie meine Vorschreiberinnen.

Es wird Dir wohl nichts übrig bleiben, als wie alle anderen Frauen in der Schweiz den Mutterschafts"urlaub" mittels Ferien und/oder unbezahltem Urlaub zu verlängern bzw. zu kündigen (und dann auch auf Arbeitslosengeld zu verzichten, wenn Du in dieser Zeit wirklich noch 100% für das Kind da sein möchtest). Ja, ich finde das System auch sehr minimalistisch und eine längere Elternzeit bekäme sofort meine Stimme, aber solange diese noch nicht da ist, muss man sich mit dem bestehenden System arrangieren (und allenfalls politisch engagieren).

Ah, übrigens, weil Du ja gefragt hast: ich plane nach der Geburt (wohl irgendwann im März) bis Ende Oktober zuhause zu bleiben (1 Monat unbezahlt, 2 Wochen Ferien und der Rest bezahlt mein AG), danach bis Ende Jahr de facto 60% zu arbeiten (ohne Pensumsänderung, sondern unter Einsatz von Ferientagen, die extra deswegen gekauft habe) und dann ab Januar zusammen mit meinem Mann 160% zu arbeiten, wobei bei ihm noch nicht klar ist, ob sein AG ihn reduzieren lässt, d.h. ich würde dann mein Pensum entsprechend ändern. Hätte ich nur den gesetzlichen MU hätte ich vermutlich geschaut, dass ich trotzdem auf 6 Monate komme mit unbezahltem Urlaub und wenn das nicht gegangen wäre, eine Kündigung in Betracht gezogen (weiss aber nicht, was mich mehr gestresst hätte, die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle und die damit verbundene finanzielle Unsicherheit oder nach knapp 4 Monaten wieder arbeiten) und bin dankbar, dass ich diese Entscheidung nicht habe treffen müssen.

@Danci: Das ist ja wirklich eine Frechheit, dass man als Mutter eine Betreuungsbestätigung bringen muss, als Vater aber nicht! Und wenn die Betreuung durch den Vater wahrgenommen wird, schickt das RAV dann noch die KESB vorbei, um zu prüfen, ob er das auch kann? Echt jetzt, die 1950er wollen ihre Ansichten zurück...

johanna_jolla
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Re: Mutterschaftsurlaub irgendwie "verlängern"?

Beitrag von johanna_jolla »

Wow, erstmal vielen Dank für eure Antworten! So viele Beiträge, da weiss ich gar nicht, wo ich anfangen soll.
Naja, ich dachte mir schon, dass die Anfrage nicht besonders gut ankommt. Aber eben trotzdem vielen Dank, dass ihr euch die Zeit genommen habt.

@Mialania: Das mit deinem Kindli, dass so schnell gestorben ist, tut mir sehr, sehr leid. Dass du den gesamten Mutterschafts «urlaub» dann beziehen «durftest», finde ich absolut legitim. Schliesslich hast du ja trotzdem geboren und dein Körper muss sich regenerieren und zudem braucht Trauer auch Zeit und es gibt vermutlich wenig Schlimmeres, als ein Kind zu verlieren. Den Satz, «gottseidank ist diese Frau kinderlos geblieben» finde ich trotzdem recht harsch, aber naja.

Was ärgert dich denn an meiner Formulierung «"Gibt es vielleicht jemanden, der sich danach hat krankschreiben lassen oder künden lassen und während der Kündigungsfrist freigestellt weiterhin bezahlt wurde? Das wäre ja meine favourisierte Lösung"? Dass sie so direkt ist?

Na, ich war schon überrascht vom System – hatte mich vorher nicht damit auseinandergesetzt und dann ging das doch so schnell mit der Schwangerschaft. Hatte dann eh kurz überlegt, wieder nach D zu ziehen ... Naja, und bevor wir hierher gekommen sind dachte ich eigentlich, dass wir eh keine Kinder wollen. Und dann dachten wir doch, dass wir es schade fänden, es gar nicht probiert zu haben und dann hat es eben auf Anhieb geklappt mit der Schwangerschaft. Wir sind gottseidank auch in der privilegierten Position, dass wir es uns leisten können, dass eine(r) von uns beiden oder sogar auch wir beide für ein paar Monate unbezahlten Urlaub nehmen. Von daher klage ich ohnehin auf sehr hohem Niveau.

Schlussendlich geht es mir glaube ich auch ein Stück weit darum, dass ich diesen ultrakurzen Mutterschafts «Urlaub» einfach unangemessen kurz finde und mich ungern Umständen füge, die ich nicht in Ordnung finde. Widrige Umstände mitzutragen ist sicherlich nicht der Königsweg, um sie zu ändern. Auch sollte es kein Privileg sein, das Besserverdienenden vorbehalten bleibt, eine entwicklungspsychologisch sinnvolle Zeit mit dem Kind zuhause zu verbringen, statt es arg früh in Fremdbetreuung geben zu müssen.

@Sonrie: Über den unbezahlten Urlaub denke ich auch nach. In erster Linie auch, um mehr Zeit und Klarheit zu gewinnen. Danke für deine klare und sachliche Darstellung.
Danke auch für deinen Denkanstoss – wobei ich den nicht so ganz nachvollziehen kann. Kannst du mir das erklären? Also meiner Logik nach, müssen AG eben schon bessere und flexiblere Arbeitsbedingungen schaffen, wenn ihnen sonst die Leute wegbleiben oder langfristig ausfallen…

@ChrisBern: Also wie gesagt, dass mit «nicht arbeiten gehen wollen», stimmt so nicht. Sonst würde ich mich ja nicht jetzt schon wieder nach Alternativen umsehen. Es müssen eben auch die Rahmenbedingungen passen und ich glaube, ich bin einfach etwas enttäuscht von der Unflexibilität an der aktuellen Stelle und dem mangelnden Entgegenkommen. Hinzu kommt noch, dass ich nicht die erste Schwangere bin, der weiterhin nur ein sehr hohes Pensum angeboten wurde, während parallel Leute in der selben Position in einem sehr niedrigen Stellenanteil arbeiten oder dafür eingestellt werden. Prinzipiell wäre es also möglich, wenn man wollte. Und ja, es kann schon sein, dass dort antizipiert wird, dass Mütter krankheitsbedingt oder auch wegen Kind krank häufiger ausfallen. Keine Ahnung.
So vom Gefühl her fände ich jetzt acht Monate mit Kind daheim ganz gut – also von März bis Oktober. Dann würde ich gerne - mit was auch immer - im November wieder starten. Gleichzeitig kann ich mir auch vorstellen, dass mir eben ein niedriges Pensum auch früher schon sehr entgegenkommen würde, damit mir zuhause nicht die Decke auf den Kopf fällt und eben, weil ich meine Tätigkeit an sich ja total gern mag.

Beim RAV habe ich unterschiedliche Sachen gehört. Ich verstehe aber nun auch nicht, was die Aussage soll mit es ginge dann auf Kosten anderer, wenn man sich ein bisschen Arbeitslosengeld auszahlen lässt …
Und zur Sache mit den Krankschreibungen: Tatsächlich ging es mir im letzten Jahr teilweise gar nicht gut und ich bin öfter mal krankheitsbedingt ausgefallen. Es kam einfach viel zusammen. Daher erscheint mir die Idee mit dem krankschreiben lassen vielleicht auch naheliegend. Und auch, weil ich in meinem Job ständig Leute krankschreibe und das auch längerfristig. Wenn ich keinen Mehrwert für die Person darin sehe, sie wieder an ihren Arbeitsplatz zu schicken, sondern im Gegenteil eher eine Gesundheitsgefährdung vorliegt, schreibt man halt lieber krank. Andererseits hatte ich mir vorgenommen, nicht mehr krank sein zu wollen, weil ich mich damit auch selbst blockiere und weil es ja wirklich kein Zustand ist, den ich gerne habe. Nur fühle ich mich durch die Situation und die eingeschränkte Flexibilität einfach sehr unter Druck und möchte auch nicht mehr, dass es mir so geht, wie letztes Jahr. Und auch hat man nur eingeschränkt Kontrolle darüber. Ich weiss nun einfach nicht im Vorfeld, wie es mir mit Kind und der hormonellen Umstellung geht und wollte mir durch das voreilige Festlegen auf unbezahlten Urlaub nicht die Möglichkeit nehmen, im Falle einer Krankheit Krankentaggeld zu beziehen. Depressiv daheim ist schon doof. Depressiv daheim ohne Geld ist halt noch ein Stück unangenehmer.

@Danci: Danke für den Tipp mit dem politisch engagieren, das mache ich wirklich sehr gerne. Bin auch seit kurzem Mitglied bei einer Gewerkschaft und verfolge den aktuellen Diskurs aktiv mit. Es geht mir ja wirklich nicht nur um meinen individuellen Vorteil, sondern primär darum, dass ich das aktuelle System einfach viel zu minimalistisch bis misogyn finde. Wie gesagt, sollte Elternzeit kein Privileg für Besserverdienende sein, sondern für jede(n) zugänglich sein. Auch diese Stutenbissigkeit, wenn jemand gern ein bisschen mehr vom Kuchen hätte… wenn man doch lieber einfach von vornherein mehr vom Kuchen backen sollte, damit für alle genug da ist.
Wie das RAV mit dir umgegangen ist, ist ja auch einfach nur daneben und echt asozial.


Ja puh, mir wird gerade schmerzlich bewusst, dass mir wohl echt nichts anderes übrig bleibt, als mich den bestehenden Bedingungen zu fügen. Aber aktuell besteht ja gottseidank noch kein Handlungsdruck. Erst mal die Geburt überstehen.

Mialania
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Re: Mutterschaftsurlaub irgendwie "verlängern"?

Beitrag von Mialania »

@johanna_jolla
Du darfst den Satz harsch finden. Ist wohl nur so ehrlich und direkt, wie deine favorisierte Lösung. Frei gestellt werden und Lohn kassieren. Und das, obwohl du ja noch gar nicht weisst, wie es dann sein wird.
Und dann schreibst du jetzt noch, dass Ihr theoretisch mit einem Lohn durchkommen würdet.

Da frag ich mich, warum du dann nicht doch nach Deutschland zurück gehst, wenn das hier so schlimm für dich zu sein scheint.

Und wo du vom jetzigen Gefühl her sprichst. Ich kann dir sagen, das ist und wird hormonell bedingt in ein paar Tagen oder Wochen oder Monaten und vor allen Dingen, wenn das Kind dann da ist, komplett anders sein. Erst mal die Schwangerschaft überstehen, als jetzt schon von einer möglichen Wochenbettdepression zu reden. Vielleicht fällt dir auch nach kurzer Zeit die Decke auf den Kopf und du sehnst dich nach Arbeiten und Zeit ohne Baby.

Im Prinzip spielt es auch keine Rolle, ob du die Unflexibilität und Dauer des Mutterschaftsurlaubes Scheisse findest und die Logik der Krankschreibungen nicht nachvollziehen kannst. Die Arbeitgeber werden sich wegen einer Rebellion deinerseits kaum ändern, du legst höchstens andern Frauen Steine in den Weg.

johanna_jolla
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Re: Mutterschaftsurlaub irgendwie "verlängern"?

Beitrag von johanna_jolla »

Ich hab nun auch nicht gesagt, dass es so schlimm ist. Nur könnte eben so manches besser sein. Das könnte es aber immer. Überall.

Inwiefern lege ich denn bitte anderen Frauen Steine in den Weg? Sorry, aber die Logik verstehe ich echt nicht. Erklär mir das mal bitte.

sonrie
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Re: Mutterschaftsurlaub irgendwie "verlängern"?

Beitrag von sonrie »

johanna_jolla hat geschrieben: Mo 20. Feb 2023, 20:43 @Sonrie: Über den unbezahlten Urlaub denke ich auch nach. In erster Linie auch, um mehr Zeit und Klarheit zu gewinnen. Danke für deine klare und sachliche Darstellung.
Danke auch für deinen Denkanstoss – wobei ich den nicht so ganz nachvollziehen kann. Kannst du mir das erklären? Also meiner Logik nach, müssen AG eben schon bessere und flexiblere Arbeitsbedingungen schaffen, wenn ihnen sonst die Leute wegbleiben oder langfristig ausfallen…
Klar kann ich das erklären, muss hierfür allerdings ein bisschen verallgemeinern:
Frauen sind in CH in der nicht sehr vorteilhaften Lage, dass sie in einer Bittstellung ist wenn sie ihr Pensum nach der Geburt reduzieren möchte, d.h. sie ist zu einem Teil vom AG abhängig.
AG machen dies, wenn sie merken, dass die Miarbeiterin für sie wertvoll ist, diese aber auch bereit ist, sich zu organisieren. Als AG hab ich folgende Möglichkeiten:

A) ich lasse den Vertrag so weiterlaufen, die Mutter fällt 4.5 Monate aus und arbeitet dann 100% weiter (ich brauche also nur ersatz für 4.5 Monate) - passiert aber eher selten dass Frauen in CH gleich wieder 100% einsteigen

B) ich bestehe auf das 100% Pensum die zukünftige Mutter ist nicht einverstanden, man löst den vertrag auf ende MU auf und ich hab ca. 6 Monate Vorlaufzeit um eine Nachfolge zu organisieren (ja,fachkräftemangel mag sein, aber das ist eine sehr komfortale situation im vergleich zu einer Kündigung mit 2 Monaten Kündigungsfrist und allenfalls noch Resturlaub)

C) ich biete der Frau eine TZ stelle an, d.h. ich muss einerseits ihren MU überbrücken, dann mein Team / Arbeit neu organisieren, kann bestenfalls die fehlenden Stellenprozent nachbesetzen, hab nun aber 2 Head counts zu managen statt einem -oder aber mir wird keine zweite stelle bewilligt, ich muss damit leben dass ich nur noch eine 60% Stelle zur verfügung habe um die arbeit zu erledigen die vorher in 100% gemacht wurde.

Versteh mich nicht falsch, ich finde es gut und wichtig, aber ich weiss auch dass es aufwändig ist, gerade bei niedrigprozentigen Pensen und umso mehr Headcounts.

Dazu kommen alle möglichen Vorurteile gegenüber werdenden Müttern, die leider noch viel zu oft bestehen:
- sie möchte nach der Geburt dann doch nicht mehr arbeiten kommen
- sie kriegt das nicht hin mit Baby und Job
- sie setzt ihre Prioritäten dann anders /falsch
- sie ist weniger flexibel
- wir müssen uns dann nach ihren arbeitszeiten richten
- sie fällt aus, wenn das Kind krank ist
usw.

Weisst du, wann Firmen umdenken? Wenn sie erkennen was sie für VORTEILE darin haben, nicht wenn sie die PROBLEME sehen. Und es sind Probleme vorprogrammiert, wenn Frauen bereits in der SS darüber nachdenken, wie sie sich krank schreiben lassen oder wie sie ihren MU verlängern können. DAs ist kein Geben und Nehmen, sondern eine sehr einseitige Sicht der Dinge ("Ich bin Mutter und alles andere muss sich drumherum fügen") - das ist sehr einseitig und kann auf Dauer nicht funktionieren. Wem das einmal passiert ist, dass er so vorgeführt wurde, der sagt das nächste mal "nein danke" und ersetzt die werdende Mutter mit einer günstigeren, motivierten jungen kinderlosen Person welche total flexibel ist und noch so gerne 100% arbeiten kommt;-)
(eine sehr vereinfachte Darstellung, I know)

Ich bin seit 11 Jahren Mutter, in einer Führungsposition, in einer Männerbranche - ich kann dir gar nicht sagen, was die Herren alles für Sorgen hatten, warum das alles nicht funktionieren kann. Ich hatte das Glück, einen holländischen Chef zu haben, welcher da gar keine Probleme sah (weil er es kannte ;-)) und siehe da,es funktioniert.

Ich muss ein wenig schmunzeln wenn ich deine Zeilen lese, du gibst dich hier als sehr rebellisch und willst gegen das System ankämpfen bzw. dich diesem nicht beugen - aber du klingst sehr naiv in deinen Aussagen und ich glaube, du hast so manches (noch) nicht durchdacht oder verstanden. Rebellieren ist ja schön und gut, aber man sollte dann vorher die Rahmenbedingungen kennen bevor man die grossen Reden schwingt ;-) . Und manchmal ist es schlauer sich einen Weg IN einem system zu finden, welcher einem passt.

@System: es kann niemand was dafür, dass du dich nicht mit dem system auseinander gesetzt hast oder ihr erst keine Kinder wolltet oder es zu schnell ging mit der SS.... das ist nicht das Problem des AG oder der schweiz, das ist deines. Ich weiss nicht wie lange du schon hier in CH bist, aber die Diskussion um Elternzeit und Co läuft seit jahren, es ist quasi unmöglich noch nicht gehört zu haben, dass e shier keine 14 monate elternzeit gibt?

@unbezahlter Urlaub: ja, das verschafft dir zeit um Klarheit zu gewinnen. aber sobald dieser vorbei ist schuldest du deinem AG deine Arbeitsleistung von 100%, gang egal ob du nun kündigen willst oder nicht. Das heisst, du musst dann eine KiTa oder sonst eine betreuung haben und bereit sein 42h die Woche zu arbeiten

@Krankenstand: jaaa..... es gibt ärzte die einen krank schreiben. Entweder wenn man wirklich krank ist, es gibt aber auch ärzte die einen wegen kleinigkeiten krank schreiben. Aber weisst du denn, ob das dann auch wirklich passiert? Und wenns nur für 1-2 wochen ist (länger geht nicht so einfach), dann musst du jedesmal zwischendurch wieder 100% arbeiten, ganz egal ob du einen geeigneten KiTa Platz gefunden hast oder nicht.

@Kinderbetreuung/Entwicklung: du sprichst von entwicklungspsychologisch wichtiger zeit und scheinst Fremdbetreuung als was grausames anzusehen - dabei ist es was sehr wertvolles, wenn Kinder auch andere Bezugspersonen haben (das sind keine Fremden, da ergeben sich wunderschöne Beziehungen) und andere Dinge kennen lernen. Kannst denn nur du als Mutter das kind in der ersten zeit so begleiten dass es sich gut entwickelt? Wenn ihr beide so gut verdient, warum nimmst du nicht zuerst unbezahlten urlaub, dann dein mann noch einen monat, ihr verlängert so die Zeit zu hause und dann teilt ihr euch die Erwerbstätigkeit auf? Er 70% und du 70%? Dann würdet ihr nur 2 Tage Kita benötigen, das würde dem entsprechen wenn du auf 40% reduzieren würdest. Sollte "das bei ihm nicht möglich sein, sein Pensum zu reduzieren" fände ich es gut, wenn er sich da ein bisschen auf die Hinterbeine stellen würde um das System umzukrempeln, es geht nämlich in den meisten Berufen sehr woh l (je länger je mehr).

Dass die Rahmenbedingungen passen müssen an einer Arbeitsstelle verstehe ich voll und ganz, nachdem dies bei deinem derzeitigen AG nicht so zu sein scheint und ein 70% Pensum für dich offenbar nicht in Frage kommt bzw. geld kein Probelm darstellt, ist die Entscheidung eigentlich klar: den vertrag bestenfalls einvernehmlich auflösen, Babyzeit geniessen und danach eine passende Stelle suchen. Oder was genau versprichst du dir von einem unbezahlten Urlaub, wenn die bedingungen für dich eh nicht passen?

Mir scheint, du bist einfach enttäuscht und auch wütend (was ok ist) und deine Zeilen hier sind sowas wie eine Trotzreaktion, kann das sein? Ich würde dir raten, einen weg zu finden der für euch als Familie passt ob mit oder ohne diesem AG, aber auf jedenfall eine Entscheidung zu treffen die nicht Unsicherheiten wie krankenstand oder so aufbaut.
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Re: Mutterschaftsurlaub irgendwie "verlängern"?

Beitrag von ChrisBern »

Warum ist es denn dann keine Option, dass du 1. Versuchst, so lange wie möglich unbezahlt zu nehmen und 2. In Erwägung ziehst, das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn du merkst, das stimmt für dich nicht? Wenn ihr mit einem Gehalt hin kommt, ist das doch ggf eine Option und dann einen neuen Job suchen, wenn das Kind 1 Jahr als ist? Das gibt dir Zeit und finanziell ist es zumindest absehbar? Hängt natürlich auch davon ab, wie gut du einen Job findest.

Und wegen der postnatalen Depression kann ich nur sagen: ich kenne einige (wenige), mich eingeschlossen, die das hatten. Bei allen war die Lösung, dass sie die Kinder haben extern betreuen lassen und wieder arbeiten gingen. Zu Hause mit kind und einer Depression ist echt schwierig, weil die Depression ja quasi "durch" das Kind verursacht wird. So jedenfalls meine Erfahrung. Ich war so froh, als ich arbeiten gehen konnte und zwar 4 Tage die Woche (bin 60% wieder eingestiegen, hatte aber noch Lehrtätigkeiten etc).

Ich würde glaube wirklich mal das Kind kriegen. Und dann schauen. Wer weiss, was sich alles noch ergibt und wie es dir dann geht.

Finde es trotzdem bissel naiv, vom Schweizer System überrascht zu sein. Dass das nicht familienfreundlich ist (zumindest nicht im Sinne von Gleichberechtigung und Erwerbstätigkeit), ist ja sogar im Ausland bekannt bzw "verschrien".

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Re: Mutterschaftsurlaub irgendwie "verlängern"?

Beitrag von Mialania »

Ich bin der Meinung, dass wenn dem Arbeitgeber klar ist, dass du deine favorisierte Lösung so durchziehen willst, anderen Frauen Steine in den Weg legst, weil man dann lieber Männer einstellt. Die werden in der Regel nicht schwanger.

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Re: Mutterschaftsurlaub irgendwie "verlängern"?

Beitrag von Moreen »

@johanna_jolla, ich kann deine Gefühle sehr gut nachvollziehen. Auch mir war bereits in der Schwangerschaft klar, dass ich nach der Geburt erstmal daheim beim Kind bleiben will. Mein Mann und ich haben uns deshalb für das klassische Familienmodell entschieden: Mein Mann hat seine berufliche Karriere weiterverfolgt und ich habe mich daheim um „Haus, Hof und Familie“ gekümmert :) (es sind danach noch zwei weitere Kinder dazugekommen). War für uns absolut stimmig so und ich habe es bis heute nicht bereut. Zudem: Unsere Region wird bürgerlich regiert, ergo fanden sich zum damaligen Zeitpunkt kaum Möglichkeiten, die Kinder fremdbetreuen zu lassen. Hier im Dorf gibt es erst seit ca. 6 Jahren eine Kita.

Was ich an deiner Stelle in die Überlegungen integrieren würde: Hast du berufliche Ambitionen? Möchtest du dich auf deinem Gebiet weiterentwickeln / Karriere machen? Wenn dem so ist, kannst du dir in einem nächsten Schritt überlegen, ob du es dir - von beruflicher Seite her - leisten könntest, einen 1-jährigen unbezahlten Mutterschaftsurlaub zu beziehen. Falls dem so ist, würde ich mir diesen Mutterschaftsurlaub auch gönnen (finanziell ist es ja für euch offenbar machbar); würde mich aber rechtzeitig um die Jobsuche und auch um einen Kita-Platz bemühen, sodass du nach 1 Jahr „parat“ bist. Und wie die anderen schon geschrieben haben: Lieber einen sauberen Cut mit dem jetzigen Arbeitgeber machen, als gegen ein System zu rebellieren, welches sich eh nicht von heute auf Morgen umkrempeln lässt.

Du schreibst, ihr könntet es euch sogar finanziell leisten, wenn ihr BEIDE für ein paar Monate unbezahlten Urlaub nehmen würdet. Wenn dem tatsächlich so ist, würde ich schauen, dass auch dein Mann die Chance bekommt, einige Wochen unbezahlten Urlaub zu nehmen und in Vaterschaftsurlaub gehen. So könntet ihr euch als junge Familie neu „kennenlernen“ und euch in Ruhe in die neue Rolle als Eltern einfinden.

Bitte bedenke auch, dass auch das Schulsystem hier in der Schweiz anders ist als im benachbarten Ausland: Bei uns gibt es Blockzeiten, welche am Vormittag von (+/-) 08:00 Uhr - 11:30 Uhr und nachmittags von (+/-) 13:30 Uhr - mind. 15:00 Uhr festgelegt sind. Mittags kommen die Kinder zum Essen nach Hause oder gehen in die Kita.

Ev. wäre auch ein Umzug zu überdenken an einen grösseren Ort, wo es genügend Kitas gibt und wo auch genügend Schulen (bis und mit mind. Oberstufe) vor Ort sind. Solange euer Kind noch nicht eingeschult ist und auch noch keinen Freundeskreis aufgebaut hat, ist ein Umzug in der Regel gut machbar.
In Ruhe gelassen werden ist gut.
Durch Ruhe «gelassen werden» ist besser.

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Re: Mutterschaftsurlaub irgendwie "verlängern"?

Beitrag von johanna_jolla »

Guten Morgen, ihr Lieben 😊
Vielen Dank für die ganzen Beiträge, Denkanstösse und Inputs.

@Sonrie: Also erstmals vielen, vielen Dank, dass du auch die Arbeitgeber*innen-Perspektive mit rein bringst. Die hab ich ziemlich ausgeblendet – sonst hätte ich auch nicht so gut so egozentriert sein können 😉
Nachvollziehbar, dass es für den AG komplizierter ist, mehr Menschen zu niedrigen Stellenanteilen zu beschäftigen, als weniger hochprozentig. Zu den Vorurteilen – naja, es sind eben VORUrteile. Manchmal fällt ja wirklich eine Betreuungsperson wegen «Kind krank» aus und tendenziell ist das schon eher die Frau, weil doch die Familienkonstellation noch so ist, wie sie ist. Na, und die «fehlende» Flexibilität würde ich eigentlich nicht so sehen. Aber klar, ein bisschen Entgegenkommen, Mut und Bereitschaft, sich auf eine veränderte Situation einzulassen, wird vom AG natürlich gefordert.
Noch zur Arbeitszeit: Ich hatte die letzten fünf Jahre nebenher eine Weiterbildung laufen und daher bis zu dieser Stelle noch nie längerfristig eine 100% Anstellung. Meine Erfahrung ist eher, dass ich mit niedrigerem Stellenanteil meine zur Verfügung stehende Arbeitszeit produktiver und effektiver nutze. Das habe ich auch bei anderen – vor allem Kolleginnen mit Kindern – so beobachtet. Die Zeit wird einfach kostbarer, wenn man weniger davon hat. Aber auch diese Logik ist beim Grossteil der Arbeitgeber*innen in der CH (noch) nicht wirklich angekommen, wenn man sich die mediale Berichterstattung so anschaut.
Danke für den Tipp mit «Und manchmal ist es schlauer sich einen Weg IN einem system zu finden, welcher einem passt». Ja, das sollte ich vermutlich. Und ja, ich bin sicher immer noch etwas naiv. Vielleicht sogar ziemlich, aber es hat sich auch schon sehr gebessert. Ist trotzdem noch ausbaufähig.
Naja, das mit der «schnellen Schwangerschaft» ist nun wirklich kein Problem. Das hatte ich vielleicht falsch formuliert. Es ging einfach überraschend schnell und ist ja eigentlich ein ganz grosses Geschenk, für das ich auch sehr dankbar bin. Und solange sind wir wirklich noch nicht in der CH (seit 2021), dass ich da schon eine jahrelange Diskussion mitbekommen hätte können. Im Vordergrund stand auch zuerst der ganze Corona-Kram, dann habe ich mich mit berufspolitischen Belangen auseinandergesetzt und ich hatte mich im Vorfeld wirklich nicht informiert, weil Familienplanung für uns eigentlich kein Thema war. Wenn ich das getan hätte, hätte ich mich wahrscheinlich vorher schon aufgeregt. Überhaupt war ich von einigem hier überrascht. Und ich denke, es ist auch legitim, manches nicht gut zu finden. Aber vielleicht eben an manchen Stellen zu direkt oder plakativ formuliert. Ich glaube, ich habe mich wirklich erstmals nach Kenntnis der Schwangerschaft informiert und wusste das bis dahin wirklich nicht. Hab dann eh kurz überlegt, ob ich nicht wieder nach D ziehen und pendeln will, aber das wäre doch recht kompliziert und auch nicht unbedingt beziehungsförderlich gewesen.

Und nein, so grausam finde ich die Fremdbetreuung nicht. Im Gegenteil bin ich gar nicht abgeneigt, recht bald mit stundenweiser Betreuung durch andere anzufangen. Vom Sozialisationsaspekt her finde ich es sehr sinnvoll und für das Kind auch gut, wenn es viele verschiedene Bezugspersonen und Modelle hat. In meiner Vorstellung bricht es mir nur das Herz, das Kind vor sechs Monaten schon wegzugeben. Und dann kommt einfach noch hinzu, dass ich natürlich eine Kita möchte, die möglichst «unsere Werte» teilt. Wir möchten für den Anfang auch mal schauen, wie und ob das mit «windelfrei» klappt und da muss man zu Beginn wohl einfach mehr Zeit investieren und sensibler auf die Zeichen des Kindes achten.

Mittelfristig ist ohnehin der Plan, dass wir beide unser Pensum reduzieren. Ich glaube sogar, dass die 70% vom Pensum her (zumindest nach 6 – 10 Monaten) für mich voll okay wären. Und ja, du hast schon recht, der Hund liegt wohl woanders begraben und ich bin schon sehr enttäuscht. Da kamen einige Sachen zusammen. Aber auch da finde ich deine Aussage dazu, dass AG lieber Lösungen statt Probleme sehen, sehr hilfreich. Und ich neige schon dazu, Probleme sehr deutlich aufzuzeigen. Meist habe ich auch Lösungsvorschläge parat, bedenke dabei aber nicht, dass die Umsetzung sicherlich nicht so einfach ist.

Ich glaube, vom unbezahlten Urlaub verspreche ich mir vor allem, dass dann offiziell keine «Lücke» im Lebenslauf entsteht und ich eben Zeit gewinne und vom Gefühl her noch irgendwie abgesichert bin. Überhaupt merke ich, dass es bei diesem ganzen Thema vor allem um das Gefühl von «Sicherheit» geht und mich die anstehende Unsicherheit und der Umstand, dann evtl. für eine bestimmte Zeit kein Einkommen zu haben, einfach ziemlich weit aus meiner Komfortzone rausbringt…

@ChrisBern: Wie gesagt, du hast recht, ich war da wirklich naiv. Ich habe mich nun auch nicht eingehend über die Schweiz informiert, bevor ich gekommen bin. Klar, über ein paar Sachen schon, aber eben doch recht selektiv und mir vor allem Infos gesucht, die mein Vorhaben stützen. Und vieles hier finde ich auch sehr, sehr gut. Manches andere eben weniger. Und oft bin ich mit meinen Urteilen recht schnell und weiss alles besser. Aber mit der ultrakurzen Elternzeit, die auch noch als «Urlaub» bezeichnet wird, ist glaube ich niemand, der Kinder bekommen hat, so glücklich, weil sie eben kaum ausreicht.
Und sicher macht es Sinn, das Kind zu kriegen und dann mal zu schauen 😊 das ist eigentlich auch der Plan und es kommt eh recht bald – errechneter Termin ist der 08.03..
Und natürlich ist kündigen eine Option, genauso auch möglichst lange unbezahlten Urlaub zu nehmen. Das sind wohl auch die beiden besten Optionen. Job finden finde ich nun nicht wirklich schwierig, hat bisher immer geklappt und ich bin ausreichend qualifiziert.

@Mialania: Das wirkt nun schon ein wenig polemisch. Aber eben, wie du sagst, es ist (d)eine Meinung. Je mehr ich darüber nachdenke, um so weniger verwerfliches kann ich daran entdecken, wenn man sich wünscht, dass man einfach nach der Geburt statt unbezahlten Urlaub nehmen zu müssen, lieber noch weitere 2-3 bezahlte Monate Zeit mit dem Kind hätte. Ob irgendein X-beliebiger Arbeitgeber wegen MEINEM VERHALTEN anderen Frauen Steine in den Weg legt – na, das scheint mir schon recht weit hergeholt. Und auch sehr stereotyp. Klar, Männer werden nicht schwanger. Ich habe aber nun die Schwangerschaft nicht als gravierend negativ erlebt. Im Gegenteil ist es eine wahnsinnig krasse Grenzerfahrung, die in meinen Augen mehr Respekt vor Frauen schürt. Wenn wir schon beim Sexismus sind, glaube ich hat sich die Natur schon was dabei gedacht, Männern dieser doch sehr herausfordernden Erfahrung nicht auszusetzen. Ob die das so gut wegstecken würden 😉? Ehrlich gesagt möchte ich auch nicht bei einem AG arbeiten, der lieber einen Mann einstellt, nur weil der nicht schwanger wird. Möchtest du das denn? Diskriminierend ist das ja noch dazu und somit auch rechtlich nicht okay.
Schade an der Aussage finde ich einfach, dass «wir Frauen», statt uns gegenseitig fertig zu machen, abzuwerten und zu schwächen, lieber gemeinsam für unsere Rechte einstehen sollten. Eben, gemeinsam den grösseren Kuchen fordern.

@Moreen: herzlichen Dank für deinen Beitrag und dafür, mich an deinen Erfahrungen und eurem Familienmodell teilhaben zu lassen. Das hört sich wirklich sehr stimmig an. Freut mich, dass das so für euch funktioniert!
Berufliche Ambitionen halten sich bei mir in Grenzen. Ich mache meinen Job gerne und möchte dem auch weiterhin nachgehen. Und eben, weil ich die Tätigkeit eigentlich sehr gerne mag, gerne dann auch mit Kind eben in einem Pensum, dass für uns beide stimmig ist. Dauerhaft «nur» eine Sache zu machen, kann ich mir für mich, so wie ich gestrickt bin, einfach schwer vorstellen. Weiterentwickeln will ich mich in meinem Bereich auf jeden Fall, das ging an der letzten Stelle leider auch nicht. Weiterbildungen wurden nicht wirklich gefördert, gefühlt wurde ich einfach verheizt und ich glaube, dass ist mit ein Grund, warum ich auch ein Stück weit daran festhalte oder mir das loslassen etwas schwerfällt: Das Gefühl, dass mir dort ein Stück weit geschadet und ich ausgebeutet wurde. Eben diese Enttäuschung.
Vor allem dein Beitrag hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass hier einfach viel bei mir «getriggert» wird: Meine Mutter war auch nur daheim, hat sich finanziell komplett abhängig gemacht und Geld war bei uns immer knapp. Unter anderem, weil ich das so belastend erlebt habe und merke, dass ich gerade in diesem Punkt noch emotional etwas in der Vergangenheit festhänge, möchte ich diese Art von Belastung (und am liebsten generell jegliche) von meinem Kind fernhalten. Aber wahrscheinlich muss ich einfach raus aus meiner Komfortzone – also mal eine Zeit lang ohne Einkommen sein – um zu sehen, dass es doch gar nicht so schlimm ist. Und eben, es wird ja vermutlich auch nur temporär sein. Und wenn es dann aber stimmig wäre, wäre länger sicher auch okay.

Umziehen werden wir sicher tatsächlich. Es war nun nämlich so, dass wir beide etwa 50 min Arbeitsweg in unterschiedliche Richtungen hatten und für uns beide mit Kind Zeit einfach kostbarer wird, als sie es vorher war. Da ich jetzt ja nicht besonders am aktuellen Job hänge, zügeln wir näher an den Arbeitsort meines Partners. Habe mich dort auch schon nach Jobs und Kitas oder auch Tagesmüttern umgeschaut. Eben auch schon für eine Stelle, die mich interessiert initiativ beworben und die meinten, ich solle mich doch im Sommer mal melden. Der Ort ist allerdings noch kleiner, als der aktuelle, aber mit sehr, sehr guter Infrastruktur. Und ein bisschen Sorge habe ich da auch, weil es doch recht ländlich – konservativ ist. Aber eben, ich denke, es gibt überall ganz wunderbare Menschen und von daher kommt das sicher gut. Naja, und dann hätte ich eben zwei Stunden Arbeitsweg zur «alten Stelle»… das lässt die Kündigung dann auch naheliegender erscheinen und macht sie leichter, denke ich… bzw macht es eigentlich unmöglich, der Tätigkeit weiterhin nachzugehen.
Und eben, ich weiss halt auch noch nicht, wie ich mich als Mama fühle. Also ob ich nicht tatsächlich dann voll in dieser neuen Mutterschaft aufgehe … Mal sehen 😊

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