Kind in Autositz zwingen

[Lina5]

Liebe alle

Ich hatte heute eine Situation die mich immer noch beschäftigt.p

Ich war am Vormittag zu Besuch bei Verwandten. Meine Tochter ist 2.5, mein Baby ist sechs Monate alt und fährt nicht gerne Auto. Folgende Situation: Das Auto ist draussen parkiert, es regnet und ist kalt. Mein Baby habe ich im Kindersitz ins Auto gebracht. Meine Tochter ist als nächstes dran und bekommt einen Wutanfall, weil sie den Regenschirm schliessen muss, weil ich sie sonst nicht im Sitz anschnallen kann. Das Baby fängt an zu schreien. Ich versuche zuerst nett meine Tochter zu überzeugen, sie anzuschnallen, funktioniert nicht. Ich werde immer nasser, das Baby schreit immer mehr und ich bin immer gestresster und hilflos. Ich versuche sie mit viel Kraft in den Sitz zu drücken, meine Tochter wehrt sich vehement. Ich werde richtig grob und sie noch wütender. Zurück zu den Verwandten in die Wohnung können wir nicht. Die sind gleichzeitig wie wir los einkaufen gefahren.

Ich bin gleichzeitig wütend und überfordert. Wir sind eigentlich daran den Nuggi abzugewöhnen. Aber ich sage meiner Tochter sie bekommt den Nuggi, wenn sie in den Autositz steigt und voila es funktioniert.

Ich schäme mich nun, weil ich richtig grob zu ihr war. Ich war so wütend, so kenne ich mich gar nicht. Aber ich muss ja auch schauen, dass die Bedürfnisse von meinem Baby nicht zu kurz kommen und wir nach Hause fahren können. Was hätte ich anders machen können, dass die Situation nicht so eskaliert? Ich möchte als Mami nicht so zu meiner Tochter sein.

Ich danke euch und bitte verurteilt mich nicht. Ich mache mir selber schon genug Vorwürfe.

[Cula]

Fühl dich gedrückt! Ist mir so ähnlich auch schon mal passiert...

Vielleicht mit deiner Tochter sprechen warum die Situation eskaliert ist und dich dann fürs grob werden entschuldigen?

In Zukunft vermeiden: Kind drauf vorbereiten, dass es beim einsteigen nass werden könnte - passt natürlich nur auf die spezielle Situation. Sonst fällt mir leider nix ein. Wir hatten mal eine Zeit lang immer einen Nuggi im Auto - so wurde unser Grosser ein sehr guter Autofahrer - aber das hilft bei euch natürlich nicht wenn ihr gerade abgewöhnt...

[Netterl]

Sei gnädig mit Dir selbst. Das kann leider immer wieder mal passieren, dass man so dermaßen wütend wird. Das Leben mit kleinen Kindern ist anstrengend und bringt einen durchaus mal über Grenzen.

Es hat ziemlich geregnet, es war kalt, das Baby schreit, die Große tobt und weigert sich und Du alleine und es geht nicht voran. Natürlich kannst Du da nicht allen Bedürfnissen gerecht werden.
Deine Tochter wird davon weder ein Trauma noch ähnliches davon tragen. Du machst das ja nicht ständig.

Was ich wichtig finde: Klar, einerseits entschuldigen. Aber nicht einen großen schuldbeladenen Berg mit sich herumtragen.

Wie lässt sich sowas in Zukunft vermeiden? Hmm, schwierig. Gerade mit 2+ Kindern wird man immer wieder in solche Situationen kommen.

Meist hilft kleinschrittig vorbereiten, aber das auch nicht immer. Es gibt immer wieder mal Unvorhergesehenes, etc.
Wenn Du wieder so eine Situation hast, wo Du merkst, dass Du wütend wirst - tief durchatmen, geistig einen Schritt zurücktreten, wirklich bewusst eine Pause im Ganzen.

[maple]

Würde auch sagen, sei gnädig mit dir. Klar würden solche Situationen in einer perfekten Welt nicht passieren, aber ich nehme an, alle hier haben schon ähnliches erlebt. Ich finde es trotzdem gut, dass du dir überlegst, wie man das vermeiden kann.

Anders machen: War es wichtig, dass ihr ganz schnell losfahrt? So wie du es schilderst, hätte ich vielleicht die Tochter erstmal gelassen, das Baby beruhigt und mich allenfalls einfach ins Auto gesetzt und ein paar Minuten gewartet. Wenn ihr nicht fahrt, muss deine Tochter ja nicht angeschnallt sein. Vermutlich wäre es ihr schnell verleidet bei offener Autotüre seitlich angeregnet zu werden. Keine Ahnung, ob das möglich gewesen wäre, oder deine Tochter erst recht einen Tobsuchtanfall bekommen hätte. Der Punkt ist jedenfalls zu fragen, ob es wirklich essenziell notwendig war, sie genau in diesem Moment anzuschnallen. Was nicht heissen soll, dass das Kleinkind immer seinen Willen durchstiert, aber auf 2 Minuten wäre es vielleicht gar nicht drauf angekommen. Irgendwie der Versuch, innerhalb eines Rahmens möglichst viel Autonomie zu gewähren. Das heisst du bestimmst, dass es jetzt nach Hause geht, und man im Auto selbstverständlich angeschnallt sein muss, und dass es kein ewig langes Cabaret gibt. Dafür gibt es etwas Flexibilität bei der Umsetzung.

Vielleicht war der Nuggi in der Situation auch einfach das Richtige? Vermutlich war deine Tochter nach dem Besuch müde und hatte Mühe mit der Selbstregulation. Du könntest solche kleinen Deals auch vorher anbieten, damit es eben eher ein Deal ist und nicht eine gefühlte Kapitulation deinerseits. (Mein Eindruck ist, dass Kinder so etwas schnell lernen. Haben ein Kind in unserem Umfeld, das gelernt hat, seine Mutter mit Geschrei vollkommen an den Rand ihrer Kräfte zu bringen und sie dann in so ziemlich alles einwilligt, nur um die Situation zu beenden. Das Kind macht das sicher nicht absichtlich, aber das Muster scheint mir von aussen deutlich sichtbar.)

[Meitlimami84]

Ich kann mich meinen Vorrednerinnen nur anschliessen.

Ich hätte jetzt auch vorgeschlagen, ev zuerst zu versuchen das Baby zu beruhigen und der Älteren noch etwas Zeit zu geben, sich damit abzufinden, dass sie jetzt in den Autositz muss. Meine Tochter ist auch etwas über 2. Sie bestimmt sehr gerne selbst und klettert gerne selbst in den Sitz. Vielleicht wäre das eine Option gewesen, dass sie irgend etwas selbst bestimmen/machen kann?
Manchmal steck hinter dem Gebrüll auch was anderes als der augenscheinliche Auslöser, z.B. Müdigkeit, Hunger, Bedürfnis nach Nähe, Missverständnis/Angst... Je nach Ursache und nach Situation kann ev. darauf eingegangen werden und so das Gebrüll abgekürzt werden.

Im Idealfall. Aber eben: es ist kalt, Baby brüllt, man ist gestresst/ unter Druck, müde etc. Dann gehört es dazu, dass man auch mal seine körperliche Überlegenheit ausspielt. Mir ist es dabei auch schon passiert, dass ich grober war als gewollt/meinen Prinzipien entspricht. Dann entschuldige ich mich und erkläre mein Verhalten.

Letzthin hat mir eine Mutter erklärt, dass sie in Situationen kurz vor der "Explosion", sich vor den Kindern versucht selbst zu beruhigen und den Kinder so die Selbstregulation vorlebt. Aber diese Mutter ist Psychotherapeutin, hat entsprechende Strategien gelernt und musste sie in Rahmen ihrer Ausbildung üben. Das kann also nicht bei "Normalsterblichen" vorausgesetzt werden

[Mialania]

Wow, Meitlimami84, die Selbstregulation konnte ich bewusst erst einmal vorleben, ganz ehrlich. Ich nehme es mir immer wieder vor, aber es ist wahnsinnig schwer.
Chumm, mir schnuufe zäme, hat damals super funktioniert. Einmal auch ein Video, wo die Mutter dem Kind sagt, es soll "Kerzen ausblasen" und dann nimmt sie immer einen Finger runter. Ich nehm mir das immer vor und in der Situation

Item, das mit dem Geschrei und Kind in den Sitz zwängen kenne ich doch auch. Mit einem Kind muss man auch mal schnell wohin, mit zweien will einer garantiert mal nicht und mit dreien ist es genau so kompliziert. Fahren hilft dann eben dem Jüngsten am Meisten. Machen wir eine Fahrpause für den Mittleren dreht der Jüngste am Rad. Sind alle am Schreien wird's dem Grossen übel.
Und meine Kinder könnten ewig lange im Auto rumturnen und alles befummeln. Von daher gibt es bei den Grossen schon mal ein Handy, wenn Büechli oder anderes nicht helfen. Zwischendurch hab ich einfach ein neues Buch auf Lager, dss darfst du dann im Auto schauen oder ein Spielzeug zum Kneten. Wenn's den Nuggi halt nur im Auto braucht, wieso nicht. Ich denk da halt an meine Nerven.

[Papa68]

Zum Nuggi fällt mir folgendes ein: vielleicht ist das gar nicht schlecht zum Abgewöhnen. Den Nuggi gibts nur noch angeschnallt im Auto. Wer weiss, vielleicht wird Autofahren zu ihrer Lieblingsbeschäftigung!

[Nina]

Als erstes fällt mir ein, wieso Nuggi abgewöhnen? Deine Tochter ist ja noch so klein. Ich habe mir bei meinen Mädels betreffend Nuggi nie einen Stress gemacht, habe mir immer gesagt, die heiraten dann schon nicht mit Nuggi. Ja beide hatten den lange (4 und 5,5 jährig). Also irgendwann dann nur noch nachts, aber ich hab sie gelassen. Und irgendwann wollten sie selber nicht mehr. Zuerst gewöhnt man ihnen das Ding an und dann nimmt man es wieder weg… es war dadurch natürlich auch entspannter. Ja ich weiss, nicht das eigentliche Thema. Also ein schlechtes Gewissen musst du bestimmt nicht haben, wir sind alles nur Menschen! Solche Situationen werden immer wieder einmal kommen. Und die Kinder lernen daraus ja auch, es kann nicht immer nur Friede Freude Eierkuchen geben! Wünsche dir vieeeel Geduld und am besten „abhaken“ und vergessen, und auf keinen Fall dich schlecht fühlen!

[Schwups]

Nina
Wegen der Zahnstellung. Ich habe meine Kinder immer geholfen und unterstützt, einen weiteren Schritt beim grösser werden zu machen (trocken werden, kein Schoppen mehr, Tochter Nuggi abgeben, nicht mehr im Kinderwagen sitzen). Kindergärtler und noch Nuggi, Kinderwagen, etc. passt nicht zusammen. Alles zu seiner Zeit.

Lina5
Wir haben dazumals bei der Tochter keine neuen Nuggis mehr gekauft. Irgendwann war auch der letzte leicht verschimmelt, weil das Vorteil halb abgebissen war. Sie hat dann kurze Zeit nachts ein Klüperli in den Mund genommen bis sie ohne etwas im Mund einschlafen konnte.

[Nina]

Nina
Wegen der Zahnstellung. Ich habe meine Kinder immer geholfen und unterstützt, einen weiteren Schritt beim grösser werden zu machen (trocken werden, kein Schoppen mehr, Tochter Nuggi abgeben, nicht mehr im Kinderwagen sitzen). Kindergärtler und noch Nuggi, Kinderwagen, etc. passt nicht zusammen. Alles zu seiner Zeit.

Meine ältere Tochter hatte einen Nuggibiss, welcher sich innert kürzester Zeit nach dem Nuggelen selber zurück gebildet hat. Klar ist es nicht förderlich für die Zähne, aber die Zahnstellung ist auch zum grossen Teil Veranlagung. Meine jüngere Tochter, welche tatsächlich bis zum Kindergarten genuggelt hat, hat eine perfekte Zahnstellung. Und ja ich habe den Kindern bei vielen Dingen ihre Zeit gelassen, ich hatte dadurch mir und ihnen sehr viel Stress erspart. Heute sind sie fast erwachsen und ja beide haben keinen Nuggi mehr, sind trocken und auch sonst seeeehr selbstständig. Ich möchte hier niemanden anprangern, aber es fällt mir einfach auf, das bei vielen mit Kleinkindern so ein richtiger Wettlauf entsteht. Meins ist schon so früh trocken, hat kein Nuggi mehr etc. etc. Wenn sie mal im Teenageralter sind, spielt das alles so keine Rolle mehr, man erinnert sich kaum mehr daran.