Gefühlsstarke Kinder

Unsere grossen Kleinen und unsere kleinen Grossen. Was uns in diesem Abschnitt der Kinder begleitet, beschäftigt und interessiert.

Moderator: conny85

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Lila16
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Re: Gefühlsstarke Kinder

Beitrag von Lila16 »

sonrie hat geschrieben: Di 23. Nov 2021, 11:54 @5er pack: das sind jetzt Tipps von deinen ADHS Kindern, oder?

Ich weiss nicht wie das bei anderen ist, aber es ist nicht so dass ich meinen Sohn nicht beruhigen kann oder er seine Gefühle nicht benennen kann - er fühlt einfach stärker, er bemerkt viel mehr Nuancen und diese sind für ihn viel gravierender wie für die anderen beiden. Er drückt sich auch emotional anders aus und ist schneller überreizt.
Er braucht aber weder Hilfsmittel wie Decken oder Jacken noch Bilde rum sich auszudrücken, das ist glaub ich eine wirklich ganz ganz andere Ausgangslage als wie du das bei deinen ADHS Kindern erlebst.
Und nochmal: es geht nicht um ADHS oder ADS oder sowas - es sind Kinder die anders fühlen und auf gewisse Dinge anders reagieren - ist noch schwer zu beschreiben.
Bei uns ist es auch so. Mein Sohn hat bestimmt kein ADHS oder so. Er kann sich im richtigen Moment konzentrieren und still sitzen und ist ein sehr guter und pflegeleichter Schüler. ADHS oder so können wir definitiv ausschliessen. Alle haben keine "Probleme" mit ihm. Aber für uns als Eltern ist es oftmals sehr schwierig. Er ist sehr sensibel und wie du schreibst emotional anders und schneller überreizt. Er wird auch sehr schnell eifersüchtig, möchte stundenlang diskutieren und fühlt sehr stark.

Was ihm sehr gut hilft sind Geschichten. Egal ob wir ihm diese vorlesen, er sie selber liest oder ein Hörbuch hört. Er kann stundenlang darin versinken. Ich habe das Gefühl, er braucht das zum herunter zu fahren. All die Einflüsse von der Schule, Familie und Freunde sind ihm manchmal einfach zu viel. Da braucht er Zeit für sich alleine. Wir haben ihm jetzt ein Lesehöhle in seinem Zimmer gebaut, wo er sich zurückziehen kann. Und für uns als Eltern sind diese Momente Gold wert. Denn ein gefühlsstarkes Kind kann unglaublich anstrengend sein.

Trotzdem bin ich froh um Tipps wie auch diese von 5er Pack. Auch wenn die Kinder kein ADHS oder so haben, können diese Tipps einem weiter helfen. Mit Bildern lernen über Gefühle zu sprechen finde ich sehr toll. Und das hilft allen Kindern. Egal wie sie sind.

Mialania
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Re: Gefühlsstarke Kinder

Beitrag von Mialania »

Ich habe grad viel zu tun, aber das Thema ist grad so spannend, dass ich kurz rein lesen muss.

Ich wurde von der Logopädin aufgefordert, zu schauen, wann mein Sohn kippt. Man sehe das. Ich sehe leider nichts. Wie ist das bei Euch?
Gemäss dem Buch "Wie Kinder aufblühen" gibt es drei Zonen. Die grüne ist wie ein Fluss, da ist alles okay und dann kann man eben in die rote oder blaue Zone kommen, wenn einem etwas triggert. Bei gewissen Leuten ist die grüne Zone extrem schmal und deshalb überborde es so. Entweder rot, wo es laut und aggressiv werden kann, oder blau, wo man sich zurück zieht und es still wird.
Das Buch finde ich nicht sonderlich spannend, aber die drei Zonen passen recht gut. Man kann die grüne Zone erweitern, das hänge mit dem Gehirn zusammen.

Wir üben unsere Ausflippmomente aktuell so, dass wir ihn in den Arm nehmen, bis er runter gefahren ist. Ohne Worte.
Gestern habe ich bemerkt, dass er kurz austickte und sich an mich ran warf und mich fest hielt. Mir hilft das gerade, dass es ihm hilft.

Lila16
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Re: Gefühlsstarke Kinder

Beitrag von Lila16 »

Mialania hat geschrieben: Di 23. Nov 2021, 13:53 Ich habe grad viel zu tun, aber das Thema ist grad so spannend, dass ich kurz rein lesen muss.

Ich wurde von der Logopädin aufgefordert, zu schauen, wann mein Sohn kippt. Man sehe das. Ich sehe leider nichts. Wie ist das bei Euch?
Gemäss dem Buch "Wie Kinder aufblühen" gibt es drei Zonen. Die grüne ist wie ein Fluss, da ist alles okay und dann kann man eben in die rote oder blaue Zone kommen, wenn einem etwas triggert. Bei gewissen Leuten ist die grüne Zone extrem schmal und deshalb überborde es so. Entweder rot, wo es laut und aggressiv werden kann, oder blau, wo man sich zurück zieht und es still wird.
Das Buch finde ich nicht sonderlich spannend, aber die drei Zonen passen recht gut. Man kann die grüne Zone erweitern, das hänge mit dem Gehirn zusammen.

Wir üben unsere Ausflippmomente aktuell so, dass wir ihn in den Arm nehmen, bis er runter gefahren ist. Ohne Worte.
Gestern habe ich bemerkt, dass er kurz austickte und sich an mich ran warf und mich fest hielt. Mir hilft das gerade, dass es ihm hilft.
Interessanter Ansatz. Das kann begründen, warum mein Sohn viel Rückzug braucht. Weisst du, wie man die grüne Zone erweitern kann.

In den Arm nehmen hilft bei uns leider nichts. Die kleinen beiden mögen es, der grosse Sohn möchte jedoch nicht zu viel Körperkontakt. Da sind die Kinder total unterschiedlich. Aber manchmal hilft es auch, wenn ich versuche darüber zu sprechen. Zum Beispiel: Ich kann sehr gut verstehen, dass du jetzt wütend bist. Du hattest einen strengen Tag und magst nicht, wenn man....

sonrie
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Re: Gefühlsstarke Kinder

Beitrag von sonrie »

@lila: bei uns ähnlich, er kann sich ausserhalb sehr gut zusammen nehmen, konzentrieren und ist überall sehr brav und freundlich. Nur zu Hause muss es dann eben raus.....
"Wenn Aufregung helfen würde, Probleme zu lösen, würde ich mich aufregen." (Angela Merkel in "Die Getriebenen")

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Re: Gefühlsstarke Kinder

Beitrag von annegretli74 »

Bei uns ist es so, dass sich Sohn erst für eine geraume Zeit zurückziehen muss und keine körperliche Nähe zulassen kann.
Wenn er sich beruhigt hat, reden wir. Ich frage ihn, was in ihm die Wut ausgelöst hat. Oft ist es so, dass es bereits in der Schule einen Vorfall gegeben hat, den ihn sehr aufgewühlt hat und die Essgeräusche des jüngeren Bruders bringen dann einfach das Fass zum überlaufen.

Ist Sohn gesprächig und diskussionsfreudig, ist alles gut.
Mäkelt er am Essen / am Bruder / am Tagesprogramm (whatever eigentlich) herum - oh, aufpassen! Dann ist bereits mindestens Alarmstufe Defkon 3 erreicht und Kleinigkeiten können zur Eskalation führen!
Mit etwas Glück erfahre ich durch geschicktes Nachfragen, was eigentlich der Ursprung für den Unmut ist. Wenn er sich dann auskotzen konnte, ist meist gut. Ganz wichtig dabei: nicht werten, keine Ratschläge, einfach zuhören!
Dann gibt es Tage wo es einfach nicht klappt und er ins Zimmer geht, das auch nicht immer freiwillig. Seit kurzem hat er ein elektronisches Schlagzeug und es entspannt ihn offensichtlich, darauf "herumzuprügeln". Finde ich auch voll okay.

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ChrisBern
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Re: Gefühlsstarke Kinder

Beitrag von ChrisBern »

sonrie hat geschrieben: Di 23. Nov 2021, 14:00 @lila: bei uns ähnlich, er kann sich ausserhalb sehr gut zusammen nehmen, konzentrieren und ist überall sehr brav und freundlich. Nur zu Hause muss es dann eben raus.....
Dito hier.

Mein Sohn kann für sein Alter sehr gut Gefühle benennen, aber er brüllt dann eben, dass er hässig ist, es nicht fair findet etc. ;-) er kann oft erstaunlich gut sagen, was es ausgelöst hat. Bei uns ist es meistens ein Problem zwischen Vorstellung (er hat eine Idee) und dann Realität. Darum "moderiere ich viel an", dh sage, was kommt, warum, frage ihn gezielt etc, schaffe sehr viel Routinen und Standards. Das Kippen kann ich teilweise vorhersagen, teilweise nicht, weil ich nicht immer weiss, was er sich überlegt hat.

Letztens eine sehr typische Situation: mein Sohn schaut jeden Abend sandmann. Er hat vor 10 Tagen angefangen, vorher zu fragen, "mama gib mir einen tipp, was kommt". Dann habe ich ein kleines Rätsel draus gemacht. Letzten Montag war ich abends nicht da, mein Mann kannte das Spiel nicht und zack: riesenanfall. Der sandmann startete und mein Sohn konnte nicht raten, was kommt....aaaaaahhhhh. Solche Situationen haben wir ganz oft: er erwartet etwas, was nicht kommt und dann tickt er aus. Ich kann meinen Sohn tatsächlich nicht beruhigen, wenn es einmal eskaliert ist. Er will weder Berührung noch Nähe, am besten ist aktuell, er schmeißt die Tür und geht auf sein Zimmer...

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ChrisBern
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Re: Gefühlsstarke Kinder

Beitrag von ChrisBern »

Ah ja, gute Tage hat mein Sohn, wenn er gut isst und wenn er genug geschlafen hat. Dann ist die Reizschwelle viel höher! Nach wenig Schlaf oder bei wenig Essen ist die reizschwelle niedrig und es braucht nicht viel. Viel Schlaf macht bei uns einen riesigen Unterschied, im portugal Urlaub mit einer Stunde Zeitverschiebung hatten wir drei Tage einen "Vulkan", bevor ich das Melatonin für einen Abend gezückt hab...

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Re: Gefühlsstarke Kinder

Beitrag von Mialania »

Lila16 hat geschrieben: Di 23. Nov 2021, 13:58 Interessanter Ansatz. Das kann begründen, warum mein Sohn viel Rückzug braucht. Weisst du, wie man die grüne Zone erweitern kann.

In den Arm nehmen hilft bei uns leider nichts. Die kleinen beiden mögen es, der grosse Sohn möchte jedoch nicht zu viel Körperkontakt. Da sind die Kinder total unterschiedlich. Aber manchmal hilft es auch, wenn ich versuche darüber zu sprechen. Zum Beispiel: Ich kann sehr gut verstehen, dass du jetzt wütend bist. Du hattest einen strengen Tag und magst nicht, wenn man....
Ich habe nicht wirklich eine Ahnung, im Moment mache ich einfach das, was mir die Logopädin erklärt. Meiner ist meist in der roten Zone, falls er sich nicht umarmen lassen will, einfach "da" sein. Wenn er sich beruhigt hat, hin und (das habe ich nicht ganz begriffen) mit ihm reden, dass ich verstehe, dass er jetzt gerade über den Zaun klettern wollte und es dort viel spannendes zu sehen gibt etc. Irgendwie das in Worte fassen, was er möchte. Nicht urteilen. Wenn er eben in der roten oder blauen Zone ist, sei er nicht aufnahmefähig. Blaue Zone stelle ich mir so vor, dass ich rede und gestikuliere und in seinen Ohren erklingt einfach Fahrstuhlmusik. Ich wusste nicht, dass die blaue Zone so funktioniert. Es sei auch eine Art Schutzmechanismus, wenn er überfordert ist und dann nicht weiss, was machen etc. Deshalb sollte ich mich wohl achten, wie er zeigt, dass er gleich umkippt, dass ich ihn vorher aus der Situation nehmen könnte. Aber da bin ich noch dran.

Er mochte früher auch gar nicht kuscheln. Er sass einfach auf mich drauf, aber ich musste die Hände bei mir lassen. Seit ich das Stillen stark reduziert habe, nimmt er meinen Arm und legt ihn um sich. Ich versuche wirklich alles liegen und stehen zu lassen und mehr auf ihn einzugehen und erweitere wohl gerade meine grüne Zone.

Ich überlege gerade wieder ein Haustier anzuschaffen, ob ihm das evtl. auch helfen würde.

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naura
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Re: Gefühlsstarke Kinder

Beitrag von naura »

Googelt mal Polyvagal Theorie (von Porges). Ich mache eine Weiterbildung in Traumatherapie (SE) und dieses 3 Stufenmodell der Aktivierung des Nervensystems ist da sehr zentral. Ich finde da gibt es so viel für alle Menschen rauszunehmen.. wir lernen dort eben auch, wie man diese unterste Zone vergrössert, aber vor allem wie die Klienten immer wieder zurück finden aus der Aktivierung. Orientierung und Bewegung sind da sehr zentral.


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annegretli74
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Re: Gefühlsstarke Kinder

Beitrag von annegretli74 »

ChrisBern hat geschrieben: Di 23. Nov 2021, 14:39
sonrie hat geschrieben: Di 23. Nov 2021, 14:00 @lila: bei uns ähnlich, er kann sich ausserhalb sehr gut zusammen nehmen, konzentrieren und ist überall sehr brav und freundlich. Nur zu Hause muss es dann eben raus.....
Dito hier.

Mein Sohn kann für sein Alter sehr gut Gefühle benennen, aber er brüllt dann eben, dass er hässig ist, es nicht fair findet etc. ;-) er kann oft erstaunlich gut sagen, was es ausgelöst hat. Bei uns ist es meistens ein Problem zwischen Vorstellung (er hat eine Idee) und dann Realität. Darum "moderiere ich viel an", dh sage, was kommt, warum, frage ihn gezielt etc, schaffe sehr viel Routinen und Standards. Das Kippen kann ich teilweise vorhersagen, teilweise nicht, weil ich nicht immer weiss, was er sich überlegt hat.

Letztens eine sehr typische Situation: mein Sohn schaut jeden Abend sandmann. Er hat vor 10 Tagen angefangen, vorher zu fragen, "mama gib mir einen tipp, was kommt". Dann habe ich ein kleines Rätsel draus gemacht. Letzten Montag war ich abends nicht da, mein Mann kannte das Spiel nicht und zack: riesenanfall. Der sandmann startete und mein Sohn konnte nicht raten, was kommt....aaaaaahhhhh. Solche Situationen haben wir ganz oft: er erwartet etwas, was nicht kommt und dann tickt er aus. Ich kann meinen Sohn tatsächlich nicht beruhigen, wenn es einmal eskaliert ist. Er will weder Berührung noch Nähe, am besten ist aktuell, er schmeißt die Tür und geht auf sein Zimmer...
Das mit der festen Vorstellung, wie es sein wird und dann total ausflippen, wenns nicht so ist, erleben wir auch. Hatte ich glaube ich schon anfangs beschrieben.
Körperliche Nähe erträgt er nur nicht in der Stresssituation, geht's ihm gut braucht er sogar sehr viel davon.

Mialania
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Re: Gefühlsstarke Kinder

Beitrag von Mialania »

naura hat geschrieben: Di 23. Nov 2021, 15:19 Googelt mal Polyvagal Theorie (von Porges). Ich mache eine Weiterbildung in Traumatherapie (SE) und dieses 3 Stufenmodell der Aktivierung des Nervensystems ist da sehr zentral. Ich finde da gibt es so viel für alle Menschen rauszunehmen.. wir lernen dort eben auch, wie man diese unterste Zone vergrössert, aber vor allem wie die Klienten immer wieder zurück finden aus der Aktivierung. Orientierung und Bewegung sind da sehr zentral.


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Ah, spannend. In meinem Buch ist die grüne Zone in der Mitte, aber im Prinzip ist es dasselbe. Wie soll denn jetzt die Grüne erwitert werden?

Joeyita
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Re: Gefühlsstarke Kinder

Beitrag von Joeyita »

ChrisBern hat geschrieben: Mo 22. Nov 2021, 22:48 Die ganzen Hinweise auf ADHS und ASS sind ja nett gemeint...aber ehrlich gestanden haben die alle, die sich mit dem Thema belesen haben, auch schon gelesen (die Bücher so spirited children haben dazu ja auch Kapitel). Ich spreche jetzt nur für mich, aber ich fände einen Austausch und Tipps und Erfahrungen nett. Ich kann nicht jetzt schon prophylaktisch "ventilieren", ob mein Sohn eventuell doch was anderes hat. Aktuell lebe ich gut mit der Info, dass er nicht ganz der "Norm" entspricht und die pseudodiagnose spirited children hilft zumindest mir. Falls später noch was anderes auftaucht, werde ich mich damit befassen, wenn es soweit ist. Probleme löse ich dann, wenn sie auftauchen. ;-)

Also, gerne wieder zurück zum Thema: Was hilft euch? Was sind Hauptbrennpunkte?
Ich wünsche zumindest allen gute Nerven!
Danke ChrisBern, das waren auch meine Gedanken. Falls von den Lehrkräften mal die Empfehlung für eine Abklärung kommt, werden wir diese auf jeden Fall machen, aber im Moment warte ich mal ab.

Wow, hier ist ja richtig viel geschrieben worden. Dass das (bei uns jüngere) Geschwister etwas zurückstecken muss, das kenne ich auch. Finde ich auch oft schwierig.

Mein Sohn ist ausser Haus aber schon nicht einfach der Brave, Angepasste. Natürlich nimmt er sich etwas zusammen, aber er hat schon ein bisschen den Ruf des Wilden und kann ein rechtes Schlitzohr sein. Im Februar haben wir Schulübertrittsgespräch, darauf bin ich dann schon gespannt.

Unser Erfolgserlebnis gestern war, dass er selber in den Keller an den Boxsack austoben gegangen ist, als er so aufgedreht war. Das fand ich toll. In den Arm nehmen lässt er sich nur, wenn er traurig ist (oder sonst anhänglich), bei Wut geht das gar nicht. Da finde ich es nach wie vor sehr schwierig, ihn zu beruhigen und oft bleibt nur zu versuchen, die eigenen Nerven zu behalten, auszuhalten und zu schauen, dass nichts und niemand zu Schaden kommt...
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Joeyita
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Re: Gefühlsstarke Kinder

Beitrag von Joeyita »

Mialania hat geschrieben: Di 23. Nov 2021, 14:57

Ich habe nicht wirklich eine Ahnung, im Moment mache ich einfach das, was mir die Logopädin erklärt. Meiner ist meist in der roten Zone, falls er sich nicht umarmen lassen will, einfach "da" sein. Wenn er sich beruhigt hat, hin und (das habe ich nicht ganz begriffen) mit ihm reden, dass ich verstehe, dass er jetzt gerade über den Zaun klettern wollte und es dort viel spannendes zu sehen gibt etc. Irgendwie das in Worte fassen, was er möchte. Nicht urteilen. Wenn er eben in der roten oder blauen Zone ist, sei er nicht aufnahmefähig. Blaue Zone stelle ich mir so vor, dass ich rede und gestikuliere und in seinen Ohren erklingt einfach Fahrstuhlmusik. Ich wusste nicht, dass die blaue Zone so funktioniert. Es sei auch eine Art Schutzmechanismus, wenn er überfordert ist und dann nicht weiss, was machen etc. Deshalb sollte ich mich wohl achten, wie er zeigt, dass er gleich umkippt, dass ich ihn vorher aus der Situation nehmen könnte. Aber da bin ich noch dran.
Das klingt für mich ganz nach Empathie geben. Seine Gefühle sehen, auch wenn der Wunsch wahrscheinlich nicht erfüllt werden kann. Das kann wirklich oft deeskalierend wirken. Ich sage zu meinem Sohn auch oft: Ich sehe dich. Ich höre dich. Momentan versuche ich auch darauf zu achten, Grenzen eher in Ja-Form zu formulieren, weil bei einem Nein viel mehr Gegenwehr kommt und wir schnell im Kampf sind. Also z.B: Ja, du möchtest das und das. Es geht leider nicht. Statt: Nein! Das gibt es nicht und punkt! Fällt meinem Mann leider sehr schwer und die zwei geraten leider sehr oft aneinander, was mich manchmal echt verzweifeln lässt.

Voraussehen, wann er kippt, kann ich auch nicht immer. Und auch wenn, dann fühle ich mich oft wie auf Eiern, immerzu eine Eskalation versuchen zu verhindern.
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Joeyita
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Re: Gefühlsstarke Kinder

Beitrag von Joeyita »

ChrisBern hat geschrieben: Di 23. Nov 2021, 14:42 Ah ja, gute Tage hat mein Sohn, wenn er gut isst und wenn er genug geschlafen hat. Dann ist die Reizschwelle viel höher! Nach wenig Schlaf oder bei wenig Essen ist die reizschwelle niedrig und es braucht nicht viel. Viel Schlaf macht bei uns einen riesigen Unterschied, im portugal Urlaub mit einer Stunde Zeitverschiebung hatten wir drei Tage einen "Vulkan", bevor ich das Melatonin für einen Abend gezückt hab...
Ferien, insbesondere die ersten 2 Tage, sind bei uns eh immer ganz schlimm. Er ist dermassen überfordert mit Allem. Ich habe mir schon mehrmals überlegt, wieder nach Hause zu fahren, nur würde ich mich damit am meisten bestrafen.
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Joeyita
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Re: Gefühlsstarke Kinder

Beitrag von Joeyita »

5erpack hat geschrieben: Di 23. Nov 2021, 09:22
ChrisBern hat geschrieben: Di 23. Nov 2021, 09:14 Oh ja, das Geschwister-Problem haben wir auch, die Grosse "muss" sich oft anpassen, das ist aber eigentlich nicht ganz fair, aber sonst "verjagt" es die ganze Familie. Ist wie mit einem rohen Ei...

Achja, noch zum Thema "kind ist nur falsch erzogen": ich glaube, dass mein kind sicher ein eigenes Thema hat, allerdings erziehe ich dieses kind wirklich "schlechter". Einfach, weil meine nerven manchmal zu ende sind...das muss ich mir ganz ehrlich eingestehen.
Glaub mir das passiert mir mindestens einmal am Tag das ich die Nerven verliere...
Wenigstens weiss man das es falsch ist.
Ich hab nur noch nicht rausgefunden wie man ( also ich) es besser machen soll, denn meine Teenager gehen mir mindestens einmal am Tag mächtig auf den Geist...
Schlüsselwort ist glaube ich in diesem Zusammenhang Selbstfürsorge. Kommt bei mir aber auch viel zu kurz... wenn es mir selber gut geht, kann ich auch besser auf meine Kinder eingehen und habe mehr Nerven. Aber eben, in der Theorie so einfach...
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Re: Gefühlsstarke Kinder

Beitrag von 5erpack »

Joeyita hat geschrieben: Mi 24. Nov 2021, 09:45
5erpack hat geschrieben: Di 23. Nov 2021, 09:22
ChrisBern hat geschrieben: Di 23. Nov 2021, 09:14 Oh ja, das Geschwister-Problem haben wir auch, die Grosse "muss" sich oft anpassen, das ist aber eigentlich nicht ganz fair, aber sonst "verjagt" es die ganze Familie. Ist wie mit einem rohen Ei...

Achja, noch zum Thema "kind ist nur falsch erzogen": ich glaube, dass mein kind sicher ein eigenes Thema hat, allerdings erziehe ich dieses kind wirklich "schlechter". Einfach, weil meine nerven manchmal zu ende sind...das muss ich mir ganz ehrlich eingestehen.
Glaub mir das passiert mir mindestens einmal am Tag das ich die Nerven verliere...
Wenigstens weiss man das es falsch ist.
Ich hab nur noch nicht rausgefunden wie man ( also ich) es besser machen soll, denn meine Teenager gehen mir mindestens einmal am Tag mächtig auf den Geist...
Schlüsselwort ist glaube ich in diesem Zusammenhang Selbstfürsorge. Kommt bei mir aber auch viel zu kurz... wenn es mir selber gut geht, kann ich auch besser auf meine Kinder eingehen und habe mehr Nerven. Aber eben, in der Theorie so einfach...
Ja gell, aber ich werd immer besser.
Mir macht eher mein Hormon Chaos Mühe und das der Teenager.
Es ist immer sehr schwierig wenn meine Mädchen ihre Periode haben. Da ist die Stimmung extrem geladen.
wenn ich wieder einmal Vorurteile habe, mache ich die Augen zu und denke mit meinem Herzen ♥️

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Re: Gefühlsstarke Kinder

Beitrag von Joeyita »

5erpack hat geschrieben: Mi 24. Nov 2021, 09:50
Joeyita hat geschrieben: Mi 24. Nov 2021, 09:45
5erpack hat geschrieben: Di 23. Nov 2021, 09:22

Glaub mir das passiert mir mindestens einmal am Tag das ich die Nerven verliere...
Wenigstens weiss man das es falsch ist.
Ich hab nur noch nicht rausgefunden wie man ( also ich) es besser machen soll, denn meine Teenager gehen mir mindestens einmal am Tag mächtig auf den Geist...
Schlüsselwort ist glaube ich in diesem Zusammenhang Selbstfürsorge. Kommt bei mir aber auch viel zu kurz... wenn es mir selber gut geht, kann ich auch besser auf meine Kinder eingehen und habe mehr Nerven. Aber eben, in der Theorie so einfach...
Ja gell, aber ich werd immer besser.
Mir macht eher mein Hormon Chaos Mühe und das der Teenager.
Es ist immer sehr schwierig wenn meine Mädchen ihre Periode haben. Da ist die Stimmung extrem geladen.
Ich übe mich auch darin :wink: . Ich hab zwar noch keine Teenies und auch keine Mädchen, aber merke es ja bei mir selber wenn ich meine Tage habe (bzw. kurz davor). Da fällt es mir viel schwerer, ruhig zu bleiben.
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Re: Gefühlsstarke Kinder

Beitrag von ausländerin »

Meine Tochter gehört auch in die Kategorie. Das Buch von Nora Imlau habe ich mit grossem Interesse gelesen. Jeder Juul hat auch über Autonome Kinder geschrieben. Für mich ist es gleich. Und ich sehe es eher als Wesenszug, nicht als eine neurologische Abweichung was ADHS oder Asperger sind.
Meine Tochter hatte einfach von allem zu viel. Zu viel von Sensibilität, Wahrnehmung, Gefühlen, Drama. Sie konnte nicht nur ein bischen traurig, oder betrübt sein, oder einfach nur zufrieden. Es ist entweder Drama in drei Akten oder Freude ohne Boden, Nachdenklichkeit bis letzte Detail, Kreativität ins unmögliche. Und das jeden Tag, ganzen Tag. Von einem Extrem ins andere .Das was bei uns am Ende die Entlastung brachte ist dass sie selbst gelernt hat ihre Gefühle früh genug zu erkennen und sie zu kontrollieren in dem dass sie bewusst sich aus der Situation entfernt hat. Sie merkt rechtzeitig dass ihr zu viel wird und dann zieht sie sich zurück. Früher hatte sie dann explodiert. Ich habe früher auch gelernt den Moment zu merken wenn sie die Kontrolle früher angefangen hat zu verlieren. Und sie bewusst aus der Situation genommen und ihr erklärt warum. Sie hat am Anfang protestiert und mit der Zeit hat sie es aber trotzdem verinnerlicht. Sogar in der Schule merkt sie wenn es ihr zu viel wird (sie versteckt sich dann mit Kopfhörern unter dem Tisch oder geht ins andere Zimmer wenn sie darf. Früher hat sie eher die Energie in sich geschickt und zu Hause abgeladen. Seit sie die Strategien hat, macht es für alle das Leben sehr viel einfacher.

Joeyita
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Re: Gefühlsstarke Kinder

Beitrag von Joeyita »

@ausländerin: Deine Tochter ist schon etwas älter gell? Darauf warte/hoffe ich noch, dass er selber frühzeitig merkt und sich zurückziehen kann. Im Moment ist das noch undenkbar. Er ist def. meistens noch im Stadium explodieren :P Ich versuche oft im Nachhinein mit ihm anzuschauen, wie er sich gefühlt hat (z.B. mit Gefühlskarten) und Strategien mit ihm zu entwickeln, wie er das nächste Mal damit umgehen könnte. In der Situation selber habe ich mit solchem keine Chance.

Freude zeigt er auch in einem Ausmass, wie ich es von anderen Kindern in seinem Alter selten sehe und er ist sehr feinfühlig und macht sich viele Gedanken.
Stolzes Buebemami - November 2015 und März 2018

Mialania
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Re: Gefühlsstarke Kinder

Beitrag von Mialania »

Joeyita hat geschrieben: Mi 24. Nov 2021, 06:35 Das klingt für mich ganz nach Empathie geben. Seine Gefühle sehen, auch wenn der Wunsch wahrscheinlich nicht erfüllt werden kann. Das kann wirklich oft deeskalierend wirken. Ich sage zu meinem Sohn auch oft: Ich sehe dich. Ich höre dich. Momentan versuche ich auch darauf zu achten, Grenzen eher in Ja-Form zu formulieren, weil bei einem Nein viel mehr Gegenwehr kommt und wir schnell im Kampf sind. Also z.B: Ja, du möchtest das und das. Es geht leider nicht. Statt: Nein! Das gibt es nicht und punkt! Fällt meinem Mann leider sehr schwer und die zwei geraten leider sehr oft aneinander, was mich manchmal echt verzweifeln lässt.

Voraussehen, wann er kippt, kann ich auch nicht immer. Und auch wenn, dann fühle ich mich oft wie auf Eiern, immerzu eine Eskalation versuchen zu verhindern.
Ah okay. So hatte ich es noch nicht verstanden. Vielleicht kann ich es jetzt besser umsetzen. Danke.

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