Dr. Karg Gedichte / Teil 2

Moderator: Phönix

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Hans Hartmut Karg
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Fernsehstunden

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Fernsehstunden

So scheint mir Einsamkeit verflogen,
Wenn Unterhaltung angesagt:
Man liegt – und wirklich ungelogen:
Kein Mensch mehr über Schmerzen klagt!

Gelegentlich muss man aufstehen,
Der Wasserdruck treibt einen hoch,
Muss rasch hin zur Toilette gehen,
Kommt, fragt: „Was kommt da später noch?“

So gehen Stunden auch vorüber:
Moderiert, gerumpelt, laut beschallt.
Der Herbsthimmel, er wandert drüber,
Man wird lieber im Zimmer alt...

Entspannt bleiben wir so Kunden,
Der Tag wird scheinbar etwas länger,
Wenn Unterhaltung dreht die Runden,
Ratefragen des Senders Dränger.

Gelegentlich schaltet man aus
Und kramt ein altes Buch hervor:
Die Luft ist aus der Sendung 'raus,
Endlich findet der Geist ein Ohr,

Mit dem von Seichtem sich befreit
Der Mensch, der auch mal Zeitung liest,
Sich aufmacht und nun denkbereit
Das überwindet, was auch verdrießt...



©Hans Hartmut Karg
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Hans Hartmut Karg
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Ehrt man noch?

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Ehrt man noch?

Willst Du das Edlere hochhalten,
Lädst ein gern Du zu Feierfreuden,
So wird man Dich in Ehren halten,
Denn das bringt Nähe auch zu Leuten.

Daran hast Du stets festgehalten,
Dass ein Tag nicht dem nächsten gleicht:
Da muss doch Höherführung walten,
Wenn die Gleichförmigkeit dann weicht.

Als konservativ wird abgetan,
Wer immer noch nach Ehrung giert:
Ist das denn nicht der Weiße Mann,
Der Dich zum Tanzen nur verführt?

Vergiss nicht, dass die Tradition
Mehr ist, als nur ein Flederwisch:
Ganz unerfüllt, schnoddrig im Ton
Entglückt Dich sonst der Gabentisch!

Das Ehrende ist auch Veredlung
Des Alltags, zeugt von Lebensfreude.
Mit ihr verschwindet viel Entblödung,
So wird zum Fest das Hier und Heute.



©Hans Hartmut Karg
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Hans Hartmut Karg
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Morgenkäffchen

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Morgenkäffchen

Oft sind der Freuden gar nicht viel
Und man steht auf ohne Fortüne.
Die Nacht hatte ihr grausig Spiel,
Da sucht man gerne nach der Sühne.

Schon steigt der Duft in müde Nasen:
Es riecht im Hause nach Kaffee!
Aus zwei der großen Blumenvasen
Leuchtet hervor die Azalee.

Ein erster Schluck baut mich dann auf,
Gar sinnenfroh erscheint der Tag
Und mit dem feinen Kuchenlauf
Versöhnte mich der Nächte Plag'.



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Hans Hartmut Karg
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Besuchsfreude

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Besuchsfreude

Je älter man wird, desto lastender spürt
Man bei Besuchen das ständige Sitzen.
Selbst wenn uns ins Restaurant das führt,
Kommt man damit oftmals ins Schwitzen.

Man sitzt zu lange, der Rücken tut weh,
Den Dienst versagen die alten Bänder.
So erwarten wir sehnlichst das Adieu –
Die Zeit ist mitunter ein übler Schänder.

Doch Besuche bringen auch Lebensfreude,
Öffnen Horizonte in Herz und Gemüt
Und zeigen uns, dass das Hier und Heute
Uns hilft, weil Lebenswille neu aufblüht.

Man sieht, wie Menschen älter geworden,
Ist stolz auf der Kinder Berufserfolge,
Erfährt gar, dass sie Sinnwerte horten,
Die ihr eigener Fleiß erbringt im Gefolge,

Mit denen auch Stress wird gut vertragen,
Dass da mehr ist, als nur verlorene Zeit:
Brüche im Lebenslauf bleiben ohne Fragen,
Verheilen, so dass man zu Neuem bereit.



©Hans Hartmut Karg
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Hast Du was

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Hast Du was, dann bist Du was
(Satire)

Hast Du was, dann bist Du was
Und bist Du was, dann kannst Du was.

So war das früher mal im Land,
Als alle Menschen sich gekannt.

Hat sich da heute was geändert?

Bist Du nix, hast Du nix
Und hast Du nix, dann kannst Du nix?

Ist dies das neue/alte Mantra?



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Hans Hartmut Karg
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List des Alters

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


List des Alters

Wenn Du alt geworden bist,
Werden die Kontakte rarer.
Mitunter ist das Geld die List,
Manche sind fleißige Sparer...

Gibst Du nichts, bleibst Du allein,
Darfst Dich deshalb nicht aufregen,
Denn scheinbar willst einsam Du sein,
Kontakte muss man auch pflegen!

Gibst Du ihnen Essen und Trinken,
Stellst Fragen mit netter Plauderei,
Wird Jugend Dir gerne zuwinken,
Du bleibst ihr nicht einerlei.

Das Alter muss lockend werben,
Wenn es Kontakte haben will,
Nicht vor der Zeit griesgrämig verderben,
Jedoch freundlich bleiben, lächelnd und still.

Dann kommen zu Dir schon die jungen Leute,
Wenn Du ihnen gern unter die Arme greifst,
Dich interessierst für ihr Leben, das Heute,
Weil Du damit auch noch zum Leben reifst.



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Hans Hartmut Karg
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Vom falschen Leben im richtigen Leben

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Vom falschen Leben im richtigen Leben

Wollen wir nicht alle überleben,
Das Klima retten – und uns selbst,
Da nach dem Besten wirst streben,
Wenn lebensecht Du Dich darstellst?

Manche fahren mit ihren Karossen,
Als wäre unsere Welt noch intakt,
Gebärden sich wie mit Feuergeschossen,
Wenn sie das Rasen auf den Straßen packt.

Sind sie denn noch im richtigen Leben,
Im falschen gar beim Starkverdrängen?
Müssen sie sich so die Kante geben,
Damit ihre Komplexe ehrgeizig längen?

Das Rasen scheint ihnen gar so wichtig,
Wenn sie stolz und mit Knöllchenanhäufeln
Der Kommune sagen, sie sei ihnen nichtig,
Wo nur ihre Egomanie darf säuseln.

Ist das Leben nicht ein scheinheilig' Ruhm,
Wenn es das falsche Leben variiert?
Läuft da nicht manches seelenkrumm,
Wo nur noch das Wollen wild viriliert?



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Sternenleuchten

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Sternenleuchten

Oben der Sternenhimmel,
unten die dunkle Erde.

Wer den Blick zum Himmel wendet,
der wird die Sterne sehen
und seine Erdhaftung
wird weniger
dunkel
sein.




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Werden wir noch lange Bäume sehen?

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Werden wir noch lange Bäume sehen?

Werden wir noch lange Bäume sehen,
Die buntbelaubt den Herbst verkünden?
Dürfen wir noch frei in Wäldern gehen,
Um dort Ruhe und Rast zu finden?

Leicht ist uns der Frevel auszureden,
Wenn die Schöpfung nicht mehr für uns da
Und in unseren Dörfern, schönen Städten
Nur noch Staub und Abgase uns nah.

Haben wir wirklich nicht überlegt,
Ob Natur denn nicht begrenzt vorhanden,
Wenn der Roboter Bäume absägt,
Die dann in Fabriken landen?

Ausgeräumt sind unsere Wälder gleich,
Die schon jetzt schwer an den Dürren leiden.
Manche Menschen werden damit schrecklich reich,
Doch im Staubsand wird kein Reh mehr weiden.



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Alraunenzeit

Beitrag von Hans Hartmut Karg »

Alraunenzeit

Wir leben im Augenblick -
und sehen doch zurück und nach vorn.

Die dunkeleren Tage
schenken eine lange Besinnung.

Schönes wird unser Herz begehren,
Wunder und Märchen werden uns einladen,
dem Zauber der Alraune zu folgen.



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Krüll gibt Manneskraft!

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Krüll gibt Manneskraft!

Die Riesenschiffe fahren nach unten,
Die Südpolregion hat's ihnen angetan,
Denn den Krüll wollen zuhause die Kunden,
Also an ihn mit großen Netzen heran!

Krüll gibt schließlich so viel Manneskraft,
Dass er jedem beste Potenz erschafft
Und er damit im Glauben an allerbeste Pillen
Meint angemessen sein Verlangen zu stillen.

Ist es nicht geradezu lächerlich,
Wenn der Mann dabei sieht immer nur auf sich
Und heimlich zuhause in aller Stille
Schluckt die eine um die andere Pille?

Den Krüll, den braucht ein Mann doch nicht!
Veranlasst, dass kein Schiff mehr zum Südmeer sticht!
Ein jeder lerne lieber wieder das Träumen –
Dann muss keiner mehr den Krüll ausräumen.



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Ungerechtigkeit

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Ungerechtigkeit

Was ist schon gerecht im wirklichen Leben,
Da alles wird so unterschiedlich vergeben?
Ein jeder will Freiheit und Gerechtigkeit
Doch gibt es niemals volle Zufriedenheit!

Denn gerecht wird die Welt niemals sein,
Schon die Geburt entscheidet allein,
Ob der eine in Armut lebt oder reich,
Erwarten darf vom Schicksal einen Ausgleich.

Die Politik versucht immer auszugleichen,
Mit Umverteilung etwas zu erreichen,
Mitunter auch mit Planwirtschaftsmaßnahmen,
Denn die Gerechtigkeit soll niemals erlahmen.

Doch was man dem einen dann wegnimmt,
Weil man das per Gesetz so bestimmt,
Gilt damit leider nicht als ausgemacht,
Dass die Maßnahmen andere reicher bedacht.

Denn während der eine den Mangel hat,
Bleibt der andere lebenslang übersatt,
Wird sein Essen in eine Tonne werfen,
Jedes Gewissen dadurch entschärfen.

Und man weiß ja nie, was die Regierung so macht,
Nur weil sie die Armen theoretisch bedacht.
Manchmal fließt das Genommene anderswo hin
Und der Bürger fragt dann nach dem Sinn.

Niemals schwindet deshalb des Menschen Leid,
Denn überall lauert Ungerechtigkeit,
Mit der die Menschenwürde entkleidet
Und die Menschheit weiterhin an Hunger leidet.



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Kistenabbau

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Kistenabbau

Wo Menschen in Beziehungskisten,
Sage ihnen: „Geht da heraus!
Behängt Euch nicht, geht ans Ausmisten,
Befreit Euch von dem Lästerhaus!“

Denn wo Menschen sich beharken
Wuchert Streit in Seelentiefen
Zerstört die Kraft der Guten und Starken,
Weil sie selbst nach den Kisten riefen.

Defizitfahndung ist von Übel,
Schatzsuche gibt es dabei nicht
Und meist gewinnt der größte Rüpel
Mit seinem Fratzenstreitgesicht.

Fahrt deshalb lieber in die Ferne,
Wo Streithähne uns nicht bedrängen.
Da haben uns die Freunde gerne,
Wir kännen unsere Freuden längen.

Wenn wir uns nicht behängen lassen,
Weil Lust und Sinnen wir ergreifen,
Kann unser Herzen wieder spassen
Und Güte darf mit Sanftmut reifen.



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Spät

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Spät

Erst spät hab' ich die große Kunst entdeckt,
Damit Italiens wahre Seelengröße,
Als ich dort mich ins Warmwasser gelegt,
Wobei sich die Hartleibigkeit so löse.

Freunde, der Norden braucht den Süden,
Aqua termale, Pizza, Pasta und den Grana.
Das richtet wieder auf die Wettermüden
Des Nordens, da gibt es immer reichlich Manna...

Selbst an den kurzen Regentagen
Bleibt südlich Sonnenmacht präsent.
Urlaubend müssen wir so nicht verzagen,
Weil jener Schein den Dunst wegbrennt.

Hat es im Norden nur zwei Grad,
Bringt unser Süden es auf zehn,
Denn Sonne, die dort Stärke hat,
Gibt Kalttagen ja das Nachseh'n.

Leichter ist alles unten im Süden,
Niemand sucht nach Defiziten.
Da gibt es keine Starren, keine Prüden,
Prinzipien werden nicht geritten!

Deshalb kommen wir gern hierher
Zu Wind-, Wasser- und Sonnenfreiheit.
Dort gibt uns die Kultur den Schlüssel her,
Mit dem das Auge mehrt die ganze Schönheit.



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Was für ein Himmel!

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Was für ein Himmel!

Brutal, gewalttätig, sehr rot
Zeigt uns des Abendhimmels Leid,
Dass mit der Hitze alles tot,
Sie zum Zerstören voll bereit.

Kann Leben so noch überwintern,
Wenn alle Schlote voll intakt,
Die Anlagen glutheiß versintern
Und kein Gewissen da mehr nagt?

Nie sah den Himmel so brutal
Mit Dunkelrot ich überzogen:
Haben wir denn noch eine Wahl?
Ist nicht die Rettung längst verflogen?



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Hans Hartmut Karg
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Natur, Du meinstes gut mit uns!

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Natur, Du meinst es gut mit uns!

Natürlich spei'n Vulkane Feuer,
Zerstören Erdbeben auch Länder
Und machen alle Rettung teuer:
Natur ist manchmal auch ein Schänder!

Doch insgesamt rettet sie Leben
Und sorgt dafür, dass wir noch sind,
Denn sie kann auch Gesundes geben:
Sauerstoff, Wasser und den Wind.

So wunderbar der blaue Glanz
Mit Flocken, wirbelnd zum Zenit:
Da dreht sich die Figur im Tanz,
Das Auge nimmt sie gerne mit.

Planschen im Wasser gibt dort Kraft,
Wo viele Menschenkinder baden
Und sich das Leben Eigenes schafft,
Weil es mit Wärme aufgeladen.

Manches, was sie uns präsentiert
Wird weggefegt von Menschenhand,
Wenn Stinkendes Luft usurpiert
Und Gift vertreut über das Land.

Denn auch das Blau am Himmel trauert:
Kondensstreifen, früh schon am Morgen,
Mit denen nun der Tag belauert,
Rieseln herab, vermehren Sorgen...

Natur, Du meinst es gut mit uns,
Doch sehen wir noch, was passiert?
Sehen wir auch jenen Wumms,
Mit dem die Lunge Leiden spürt?



©Hans Hartmut Karg
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Dem Anfang bleibt kein Ende einbeschrieben

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Dem Anfang bleibt kein Ende einbeschrieben

Dem Anfang bleibt kein Ende einbeschrieben,
Wo Leben sich zum freien Leben führen kann,
Den Griff wagen auf rettende Beziehung,
Selbst wo man meint, ohn' eigene Bemühung
Sei automatisch eingepreist der stete Wahn,
Man dürfte Glücksbeständ' beiseite schieben.

Das Leid berechtigt nicht, Neuleid zu schaffen,
Dem Schicksal strafend Nasen zu drehen,
Weil man dem Nächsten Anerkennung nicht gönnt,
Sich auch nicht mit der Wirklichkeit versöhnt,
Wo man auf Tatsachen niemals kann stehen,
Mit Missgunst will gar Intriganzen schaffen.

Wer neidisch rückwärts auf sein Kindsein blickt,
Der dreht das Rad zurück, will sich dann nur
Als stetes Opfer und recht unterlagig fühlen,
Kann solches Leid aus dem Gemüt nicht spülen
Und findet trotz der Sehnsucht keine Spur,
Kein Rettungsziel, das neu ins Blickfeld rückt.

Immer wieder kehrt man auf jene Kinderzeit zurück,
In der man angeblich nur Leid erfahren hat –
Benachteiligt und nachgeordnet in Geschwisterrolle.
Gab es da nie das Angenehme und das Tolle,
Von keiner Lebensseite jemals den klugen Rat,
Dass auch Vergessen Basis für das Lebensglück?

Dem Anfang bleibt kein Ende einbeschrieben,
Wo Leben sich zum freien Leben führen kann,
Den Griff wagen auf rettende Beziehung,
Selbst wo man meint, ohn' eigene Bemühung
Sei automatisch eingepreist der stete Wahn,
Man könnte Glücksbeständ' beiseite schieben.



©Hans Hartmut Karg
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Hans Hartmut Karg
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Laubliegende Lichtungen

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Laubliegende Lichtungen

So streifen wir denn durch den lichten Wald.
Milde Strahlen treffen das müde Antlitz,
Erfassen es ganz sanft, um es bald
Warm zu streicheln, als wär Kälte ein Witz.

Das Wärmende hier in der neuen Heimat?
Dem Angenehmen sollte man sich nicht erwehren,
Weil es dort Pilze und Beeren in Fülle hat
Und man eigene Zufriedenheit darf mehren.

Laubliegende Lichtungen zeigen uns an,
Dass wieder bessere Zeiten Fahrt aufgenommen,
In denen man sich neu orientieren kann,
Wenn Frühlingsblätter an die Bäume gekommen.

Im Augenblick rettet kein laubtragender Baum,
Wenn Dunstnebel in Schwaden hertreiben.
Die Buntheit liegt auf dem Boden, im Raum,
Gibt uns, dass wir unsere Sehnsüchte begreifen.



©Hans Hartmut Karg
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Hans Hartmut Karg
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Dezemberlavendel

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Dezemberlavendel

Im Steingelände treibt noch Lavendel,
Lilafarbene Blüten lugen tapfer hervor.
Gab's das jemals bei uns im Dezember?
Ich habe daran überhaupt kein Remember,
Dass Lilablüten sprossen früher empor
Und Fliegen in freiem Tanzgependel.

Die Jahreszeiten sind bei uns wohl im Fluss
Und Sonnenstärke greift das Jahresende:
Das gab es bei uns in Kinderzeiten nicht!
Ist da am Tag nicht viel zu viel Licht,
Wir deshalb haben kaum die Herbstwende
Mit langkühlen Zeiten und Regenguss?

Dafür gibt es jetzt die Herbststürme
Mit kräftigem Rütteln an Fenstern und Dach,
Wo der Wanderer lieber im Hause weilt
Und gern zu Kamin und Heizung eilt.
So flieht er lieber dem Ungemach
Und räumt weg viele Laubtürme...

Wir Menschen sehen Lavendelblüten
Mit unseren verzückten und alten Augen,
Die von Jahr zu Jahr mehr sonnengeweitet,
Jedoch immer noch sehr sehnsuchtsgeleitet
Sich oft an bunten Herbstfarben festsaugen.
So weckt die Natur auch die Zimmermüden...



©Hans Hartmut Karg
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Die Ruhehand

Beitrag von Hans Hartmut Karg »


Die Ruhehand

Ist mir die freie Hand
altersbedingt noch gegeben,
ohne am Goldrand
zitternd sich festzuhalten?

Kann sie mir noch
frei und beweglich
all das zulangen,
was der Augen Wille?

Will sie es noch,
aus ihrer Ruhe heraus zu wachsen,
um im späten Lebenslauf
wirkend zu bleiben?



©Hans Hartmut Karg
2021

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