@Sarahlena
Arbeitest Du bereits im HR? Falls nicht, würde ich Dir vom HR-Assi-Zertifikat abraten. Warum?
1. Für Quereinsteiger ohne praktische Erfahrung (inkl. Abacus oder SAP) ist es so gut wie unmöglich, einen Einstieg ins HR zu finden. Grund: Es gibt zwischenzeitlich viel zu viele Leute, die das HR-Assi-Zertifikat oder sogar den HR-Fachausweis haben (jährlich kommen 1000 Absolventen "frisch ab der Presse"). Auf jede HR-Stelle bewerben sich im Schnitt 100-200 Bewerber. Für Leute, ohne praktische Erfahrung (nur mit dem HR-Zertifikat) so gut wie unmöglich, da eine Chance zu bekommen. Wir waren damals bei der AKAD im HR-Assi-Lehrgang um die 20 Leute. 3 davon waren schon im HR, der Rest Leute, die eben gerne im HR arbeiten würde. Von den Leuten, die nicht im HR waren, hat bis und mit heute (10 Jahre später) noch keinen einen Einstieg ins HR gefunden. Von daher: Das Zertifikat war ein nice-to-have, aber beruflich eine totale Sackgasse. Wenn Du Teilzeit als Quereinsteigerin einsteigen willst, ist es noch zigfach schwieriger.
Schau mal die HR-Inserate an: Bei 90% davon steht: "Praktische Erfahrung und HR- oder SAP-Erfahrung zwingend". Von daher kannst Du selber jetzt schon abschätzen, auf wie viele Stellen Du Dich ca. bewerben könntest.
2. Viele haben eine total "romantische"

, aber leider total unrealistische Vorstellung vom HR. Ich dachte früher auch: Viel mit Leuten arbeiten, Leute rekrutieren, Lehrlingsbetreuung, etc. Ich hatte tatsächlich immer Jobs, wo das (gottseidank) ein grosser Bestandteil meiner Arbeit war - aber: Auch das ist heute nicht mehr selbstverständlich. In grösseren Firmen ist es meistens so, dass Leute nur noch Verträge machen... oder nur noch Zeugnisse schreiben... oder nur Payroll machen... usw. Und in Kleinbetrieben - wo man als Quereinsteiger noch am ehesten Chancen hat reinzukommen - geht es meistens vor allem um Löhne, Payroll, QST-Abrechnung, generelle Buchhaltungsaufgaben, etc, - d.h. sehr zahlenlastig.
3. Immer wieder sehe ich bei Bewerbern im (generellen) KV-Bereich, dass sie mal das HR-Zertifikat gemacht haben. Wenn ich dann frage, warum sie das gemacht haben, kommt immer die Antwort: "Ich wäre gerne mal ins HR gegangen - aber habe dann trotz des Zertifikats keinen Einstieg gefunden"... so viel zum Thema. Und gerade heute hatte ich die Bewerbung einer 47jährigen Dame in der Hand, die sich - nachdem sie über 15 Jahre im HR gearbeitet hat (zuletzt als HR-Leiterin in einer Bank) - als Sachbearbeiterin bei uns beworben hat. Ich habe sie dann angerufen und ihr gesagt, dass ich sie leider unmöglich für die Stelle berücksichtigen kann, da sie viel zu überqualifiziert ist - sie sagte, dass ihr das klar sei... es sei halt einfach so, dass sie seit bald 1.5 Jahren arbeitslos sei, nächstens ausgesteuert werde und nun einfach alles probieren müsse, um wieder Fuss im Arbeitsmarkt zu fassen...
4. HR ist generell ein total übersättigter Markt. Einerseits: Zu viele HR-Leute, andererseits hat sich die HR-Welt in den letzten 20 Jahren auch massiv gewandelt (und wird sich weiter wandeln). Viele Firmen haben das HR schon ganz oder teilweise ausgelagert und/oder arbeiten mit Shared Service Center. Da ist dann nix mehr mit spannender und vielseitiger HR-Arbeit, sondern das ist dann nur noch anonyme Fliessbandarbeit, wo man die Mitarbeiter noch maximal am Telefon hat.
5. Auch für eine längerfristige Perspektive finde ich persönlich das HR eine ganz schlechte Wahl. Mit 25-35 Jahren findet man vielleicht noch HR-Assi-Jobs. Aber was dann? Niemand will mehr eine 40jährige oder 50jährige HR-Assi einstellen - weil es davon genügend 25/30jährige gibt, die es genau so gut machen, aber zigfach billiger. Was dann? Weiterentwicklung Richtung HR Spezialist, Business Partner, Personalleiter. Schön und gut. Aber auch da: Ab 40/45 Jahren wird es immer enger. Allein im Kt Zürich rund 1000 arbeitslose HR-Fachleute ü40. Als ich vor 2 Jahren mal eine HR-Sachbearbeiter-Stelle ausgeschrieben habe, habe ich rund 200 Bewerbungen erhalten. Etwa 50 davon von ausgewiesenen HR-Fachfrauen, die jahrelang Super-Jobs hatten (HR Business-Partner-Funktionen oder HR Director in int. Grossfirmen). Auf meine Frage, weshalb sie sich auf so eine Stelle bewerben (wo sie ja 1000fach überqualifziert waren), kam überall dieselbe Antwort: Weil ich auf meinem Level nichts mehr finde - und bevor ich ausgesteuert werden, gehe ich lieber 20 Schritte rückwärts... tja, nur leider ist auch dies meistens nicht mehr möglich

.
Ich liebe meinen Job - und habe auch gottseidank (noch) einen guten Job. Aber auch mir ist klar: Ich werde mich in diesem Bereich kaum noch über 20 Jahre halten können, d.h. auch ich brauche früher oder später einen Plan B. Und ganz ehrlich: Mit dem Wissen von heute würde ich deshalb heute nicht mehr ins HR gehen (bin aber trotzdem froh, dass ich es gemacht habe, weil ich ja nun doch über 10 Jahre tolle Jobs hatte

).