Um fünf Uhr morgens erwache ich plötzlich im Bett. Ich dachte ich hätte ins Bett gebiselt. Es war auch ziemlich feucht und daher begab ich mich aufs WC. Dort kam dann noch ein kleiner Schwall. Es fühlte sich eigentlich anders an, als wenn man Pipi macht, doch ich glaubte nicht daran dass es wirklich Fruchtwasser sein konnte. Ich habe mich deshalb wieder ins Bett gelegt, dieses Mal mit Boxer Shorts von Marco, hatte ja auch noch keine Wehen.
Um halb neun bin ich dann aufgestanden und hatte nasse Boxer Shorts, wurde dann doch auch ein bischen nervös, glaubte aber immer noch nicht dass es endlich losgehen könnte. Hab dann in aller Ruhe Dennis mit seinem Morgenschoppen geweckt und ihn angezogen. Da ich nicht recht wusste was ich jetzt machen sollte, habe ich mal mit meinem Mann telefoniert und ihn vorgewarnt. Bei Kolleginnen und im Internet hab ich mir Infos geholt, ob es wirklich Fruchtwasser sein könnte, das ich verliere. Alle Zeichen deuteten auch darauf hin, dass nun der Startschuss für die Geburt gefallen ist. Deshalb machte ich mich auch gleich daran die Koffer von mir und Dennis zu packen. Natürlich musste ich auch gleich mit Eurem Grosi telefonieren, damit Dennis auch gut untergebracht ist während ich weg bin.
Um 10.00 Uhr hatte ich alles organisiert und konnte somit in Ruhe mal im Kantonsspital Winterthur anrufen. Die bestätigten mir, dass es sicher Fruchtwasser ist, und ich deshalb so schnell wie möglich bei Ihnen eintreffen soll. Wir einigten uns auf 11.30 Uhr, denn früher konnte ich nicht, denn Dein Papi musste ja noch heimkommen und Grossdätti Deinen grossen Bruder abholen. Auch hatte ich bisher noch keine Wehen, also dachte ich mir, es pressiert schon nicht. Kaum hatte ich aber fertig telefoniert, fingen die ersten Wehen an. Sie waren eher unregelmässig, so im Abstand von 10 Minuten. Diese bleiben dann auch konstant da und sind zwar schon recht schmerzhaft, doch noch recht erträglich. Kann sogar noch das Autositzli von Dennis im Auto von Grossdätti befestigen.
Um 11.30 Uhr kommen wir im Spital an. Eine Hebamme schloss mich am CTG an. Ein Ultraschall wird dann noch von einer Ärztin durchgeführt. Sie schätzt Dich auf 3600 Gramm. Fruchtwasser ist noch gaaanz viel vorhanden, aber die Wehen zeigen schon dass wir Dich heute oder morgen schon in den Armen halten dürfen. Die Hebamme fragt ob der Wunsch da sei in der Badewanne ein wenig zu entspannen. Mein Wunsch wäre ja eigentlich eine Wassergeburt, deshalb sagte ich auch dazu nicht nein.
Wir bekamen dann das supertolle Gebärzimmer mit der Badewanne in der Ecke und dem Bett vorne. Sogar ein WC war im Zimmer. Es war superfreundlich eingerichtet und sah so gar nicht nach Spital aus, deshalb fühlten wir uns auch gleich auf Anhieb sehr wohl. Nachdem der Wehenschreiber am Bauch montiert war und der Untersuch anzeigte dass der Mumu Zwei-Finger breit offen war, durfte ich auch gleich in die Badewanne. Ich empfand es als super angenehm und jede Wehe konnte ich so sehr gut ertragen und verschnaufen. Sie wurden im Wasser auch gleich stärker, doch die Abstände waren sehr unregelmässig, von zwei bis fünf Minuten. Ich konnte mich aber gut mit deinem Papi Marco unterhalten zwischen den Wehen und ich genoss das Bad.
Unterdessen war schon 14.30 Uhr und somit war ein Schichtwechsel geplant. Die neue Hebamme war auch sehr freundlich und die Stimmung stimmte irgendwie einfach zwischen uns. Sie wollten dann auch wieder einen Untersuch bei mir durchführen, um zu sehen was sich schon so getan hat, ich durfte aber noch in der Wanne bleiben, da Sie nochmals zu einer Besprechung mussten.
Ich blieb also nochmals eine halbe Stunde drin, bis ich dringend Pipi musste. Mit Hilfe von deinem Papi Marco kam ich aus der Wanne und ging auf die Toilette. Ich wollte danach nicht mehr ins Wasser und stand einfach so da, natürlich an der Wanne abgestützt. Diese Position war mir nun viel angenehmer. Da kam dann auch schon die Hebamme und unteruschte mich. Der Mumu war nun bei 3 cm, also lag doch noch ein Stück Arbeit vor mir. Das morderne Bett wurde nun vorne nach unten gelassen und sie zeigte mir wie ich mich am Bett abstützen konnte. Während ich eine Wehe nach der anderen verschnaufte, holte sie mir den Meierhocker. Auf diesen wechselte ich und dein Papi konnte mich am Rücken super stützen. In jeder Pause konnte ich mich an ihn lehnen und mich fast völlig entspannen. Da man in der Eröffnungsphase nur eine halbe Stunde auf dem Hocker verbringen sollte, stand ich wieder abgestützt an das Bett. Nun durfte mich dein Papi mit Mandelöl am Rücken massieren. Das tat mir unheimlich gut und ich freute mich wie toll er mich unterstützen konnte. Wir waren während der Eröffnungsphase sehr viel alleine im Zimmer, was aber für uns total stimmte. Auch jetzt verliess die Hebamme wieder das Zimmer.
Wir wechselten dann selber die Stellung. Ich setzte mich auf den Gymnastikball und stütze mich beim Bett ab. Die Wehen wurden immer stärker und meine Stimme auch immer lauter. Die Wehen wurden nun schon mit einem lauten Aaaaaa begleitet. Leider hatte der Wehenschreiber immer mal wieder Probleme, denn er zeigte meist meinen Puls und nicht Deinen auf. Sie montierte mir also den Wehenschreiber mit Kabel und ich sollte nun eine halbe Stunde liegen bleiben, damit der Puls von Dir auch schön angezeigt wird. Wollten natürlich alle wissen wies Dir geht. Die Hebamme musste wieder nach einer anderen Gebärenden schauen.
Nach einer Viertelstunde merkte ich dass ich dringend aufs WC musste, der Darm wollte sich unbedingt erleichtern. Da die Hebamme nicht rechtzeitig kam, nahm ich den Wehenschreiber selber weg und begab mich zackig auf die Toilette. Ich fühlte mich danach viel wohler, doch wurden die Wehen nun doch auch immer stärker. Die Aufzeichnung am Wehenschreiber sahen gut aus und da bisher nichts auffälliges war, durfte ich mich nun eine halbe Stunde auf dem Meierhocker ohne Gummiband um den Bauch setzen. Als die Hebamme wieder kam, musste dann das Ding doch nochmals um meinen Bauch. Die Hebamme verliess das Zimmer wieder. Wir, vorallem ich
, konzentrierten uns auf die Wehen, und ich wusste es ging vorwärts, immer näher zu Dir. Die Schmerzen waren aber noch nicht so stark, denn wir kontrollierten immer wieder selber die Aufzeichnungen vom Puls von Dir. Leider war es immer und immer wieder mein Puls der angezeigt wurde. Ich versuchte sie selber zu richten. Schlussendlich stand ich auf um sie nochmals recht anzulegen. Da gab es einen richtig lauten Klaps und ich erschrak. Da lief auch schon ein riesen Gutsch Fruchtwasser unten raus. Ich ging zur Seite und es kam immer mehr. Dein Papi drückte auch grad den Klingelknopf und es ging nicht lange bis die Hebamme wieder zu uns kam.Mit dem Fruchtwasser verlieren kamen auch schon die ganz heftigen Wehen. Ich hievte mich aufs Bett, und Dein Papi und die Hebamme beseitigten die Sauerei. Die Schmerzen waren nun sehr stark und die Wehen kamen nun schon ohne Pause. Da der Untersuch aber anzeigte dass der Mumu schon 7 cm offen war, wusste ich dass es nicht mehr allzu lange gehen wird. Das Telefon, nach einer halben Stunde, an die Ärztin bestätigte mir das, denn sie wollte sie da haben, weil die Geburt kurz davor stände.
Leider gab es immer wieder Probleme, weil es einfach Deine Herztöne nicht anzeigen wollte. Die Wehen waren auch so stark dass ich kaum mehr konnte. Ich hatte auch das Bedürfnis zu pressen, doch kam einfach nie das oke von der Hebamme. Dein Papi war aber für mich da und ich hielt und riss an ihm. Das Schreien war wieder ständiger Begleiter und die Hebamme riet mir vom Aaaaaa wegzukommen und das Ganze mit einem Dssssss so gut wie möglich zu veratmen.
Da Du uns Deine Herztöne einfach nicht zeigen wolltest und ich auch langsam ans Ende meiner Kräfte kam, wollte sie eine Sonde an Deinen Kopf setzen, der würde es aufzeichnen können. Vorher wurde aber noch ein Katheter gesetzt, denn meine Blase war ziemlich voll. Die Technik wollte nicht mitmachen und somit musste ein zweiter Versuch mit der Sonde gestartet werden. Es wurde immer hektischer um mich rum, doch wegen der starken Wehen, die Non Stop da waren, bekam ich das Ganze gar nicht recht mit. Es kamen immer mehr Leute ins Gebärzimmer, unter anderem auch die Ärtzin. Die zweite Sonde war platziert.
Ich wartete ständig auf das Zeichen der Hebamme, ich wollte unbedingt pressen. Ich hatte schon lange das Gefühl, dass Du jetzt kommen möchtest. Der Untersuch zeigte aber, dass der Mumu erst bei 9 cm ist. Obwohl hinten alles verstrichen ist, fehlte bei der Öffnung einfach noch der eine Zentimeter. Sie sagten mir nacher, dass eine Sichel geschwollen war und es deshalb nur 9 cm waren. Die Ärztin versuchte auch mit der Hand das wegzudrücken, aber ich hätte geschrieen wie ich gleich sterben müsste. Da absolut keine Medikamente bei mir anschlagen, war alles sehr schwierig. Für mich natürlich auch kaum auszuhalten. Die Sonde zeigte leider auch noch keine richtigen Resultate an. Die Leute wurden immer nervöser. Die Ärztin wollte nun noch mit dem Ultraschallgerät nach Dir schauen. Ich verstand die Welt langsam nicht mehr, denn ich wollte eigentlich nur pressen und die Wehen waren ja soooo unerträglich. Eigentlich hielt ich das Ganze nur aus, weil ich immer dachte dass Du bald bei uns bist.
Bei der Ultraschalluntersuchung haben Sie dann gesehen, dass Du ein Sternguckerli bist, Dich nicht schön in das Becken reingedrückt hast und dass die Herztöne erschreckend weit unten waren. Nur 60 zeigte es an, statt um die 150. Da man nicht wusste wie lange sie schon so tief waren (jede Minute könnte das Gehirn schädigen), entschied die Ärztin sofort und sagte uns dass es nun einen Kaiserschnitt gäbe. Wir waren beide schockiert. Die Ärtzin drückte die Klingel zweimal und Dein Papi musste dann auch sofort raus. Er musste im Wartezimmer warten und stand sicherlich neben sich und hatte recht grosse Angst um uns. Es wurde an Ort und Stelle operiert, und das passierte innert Minuten. Relativ schnell kamen immer mehr Leute rein und ich war unterdessen soweit, dass ich nur noch auf die Vollnarkose wartete, da ich einfach nicht mehr konnte. Die wollten doch wirklich dass ich mich streckte, damit sie alles vorbereiten konnten. Wie sollte ich denn das bitte schön anstellen, mit solchen Schmerzen! Die Antworten für die Narkoseärztin schrie ich ihr nur noch zu. Nachdem sie endlich die grünen Tücher hingelegt haben, bekam ich die Narkose und ich schlief ein. Ich war nur noch froh dass ich keine Schmerzen mehr hatte. Mir war absolut nicht bewusst, was da eigentlich vor sich ging. Es hätte ja sein können, dass es Dir nicht gut geht, oder dass ich nicht mehr erwache!!
Um 19.50 Uhr haben Sie Dich geholt. Du hättest auch gleich geschrien. Dein Papi musste laaaange 15 Minuten warten, dann durfte er endlich zu Dir. Im Wärmebettli lagst Du, dort hat Dein Papi mit Dir geredet und Dich in unserer Familie in Empfang genommen. In seinen Armen konntest Du dann auch seine Wärme spüren. Um etwa neun Uhr kamt ihr dann endlich zu mir und ich glaube da haben Sie mir auch gesagt, dass Du unser Nevio bist, also ein Junge, doch ich war noch total benebelt und sah Euch dreifach und die Augen blieben kaum offen. Auch hatte ich unendliche Schmerzen, anfangs dachte ich doch wirklich ich sei noch mitten am gebären. Das waren die Nachwehen, und sie konnten mir keine Medi's mehr geben, da ich schon genug wegen der OP bekam. Deshalb habt ihr mich dann auch wieder verlassen, aber nur schnell um Dich zu wägen und messen. Da ich doch solch schlimme Schmerzen hatte, bekam ich noch was dagegen. Um etwa halb zehn war ich dann genügend wach und fit, um Dich endlich in meine Arme zu schliessen. Unglaublich war dieser Moment, da warst Du nun. Du hattest bereits grossen Hunger, darum hast Du Dir auch gleich grad ne Portion Milch von mir geholt.
Da Du so schnell, hektisch und per Blitz-Kaiserschnitt geholt wurdest, warst Du mir doch sehr fremd anfangs. Die ganze Nacht hast Du auf meiner Brust verbracht, und ich habe natürlich keine Auge zugetan. Immer und immer wieder musste ich Dich bestaunen und konnte es noch kaum glauben. Ich war glücklich und froh dass wir beide gesund hier waren. Auch die Bluttests bestätigten mir, dass Du kerngesund wärst und die ganze Geburt keinen Schaden hinterlassen wird. Auch die nächsten Tage brauchte ich, und wahrscheinlich auch Du, Deine Nähe. Immer wieder habe ich mit Dir stundenlang gekuschelt und Du auf meiner Brust geschlafen. Es beschäftigte mich doch sehr, dass ich Dich nicht spontan gebären konnte. Ich dachte immer wieder dass es eine Traumgeburt für mich geworden wäre, doch leider fehlte der Schluss dazu. Dass ich Dich nicht rauspressen konnte, fehlte mir, denn somit wurde mir auch der schönste Moment der Geburt genommen. Ich wusste von Deinem grossen Bruder her, wie schön dieser Augenblick ist. Ich weiss dass ich froh sein kann, dass alles gut gekommen ist. Das bin ich auch, doch wird mir dieser Augenblick doch immer fehlen.
Doch das ändert natürlich nichts an meinen Gefühlen zu Dir. Du gehörst zu uns ob spontan geboren oder per Kaisernschnitt.
Nevio, schön bist Du endlich bei uns, und wir geben Dich nicht mehr her
