Eine Geburt zum Vergessen

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MissMajesty
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Eine Geburt zum Vergessen

Beitrag von MissMajesty »

Hallo zusammen
Lange habe ich mich dagegen gesträubt, meine Erfahrungen aufzuschreiben, weil das Ganze doch sehr traumatisierend war. Nun traue ich mich doch und hoffe, dadurch im Verarbeitungsprozess etwas weiter zu kommen.

Die Geburt meiner Tochter begann am 21.12.12 – ich wachte mitten in der Nacht auf, weil ich alle 5 Minuten Wehen hatte. Ich weckte meinen GG und er meinte, wir sollten im KH anrufen. Ich wollte aber nicht, weil ich glaubte, die Wehen gingen wieder weg. So war es dann auch: Gegen Morgen waren sie verschwunden. Obwohl ich die ganze Nacht nicht geschlafen hatte, fand ich auch tagsüber keine Ruhe, ich war nervös und die Wehen kamen auch ab und zu wieder zurück – einfach nicht regelmässig.
Mein GG und ich gingen dann relativ früh zu Bett – wir ahnten, dass wir den Schlaf noch brauchen würden.
Tatsächlich: Um 1 Uhr nachts erwachte ich wieder mit Wehen, alle 5 Minuten kamen sie und sie waren stärker als die davor. Ich weckte GG und er rief im KH aus. Dort meinten sie, ich solle doch baden, um zu schauen, ob ich wirklich Geburtswehen habe. Das tat ich dann auch und fand’s aber furchtbar. Ich fror und kam kaum in die Wanne hinein. In der Wanne fühlte ich mich auch überhaupt nicht wohl, die Wehen wurden eher noch stärker. Also raus aus der Wanne und ab ins KH!
Um 5 Uhr meldeten wir und im KH an. Wir wurden in einen Gebärsaal geführt und dort von einer jungen Hebamme in Empfang genommen, die mir zunächst eine Infusion stach. Nur leider ist das bei mir nicht ganz einfach und mein Blut lief einfach auf den Boden. Na, das konnte ja heiter werden!!!
Ich wurde dann noch untersucht – Mumu aber erst 1cm offen! :(
Mein GG und ich wurden dann zum Ruhen in ein anderes Zimmer geschickt. An Ruhen war für mich nur leider überhaupt nicht zu denken, die Wehen wurden nämlich immer stärker und länger. Hinzu kam, dass ich mich als totale Versagerin fühlte, weil ich diese Wehen als unglaublich stark empfand, wo die Geburt doch gar noch nicht richtig begonnen hatte. Aber ich konnte sie kaum wegatmen, so stark waren sie. An schlafen war also nicht zu denken. Kotzübel war mir noch dazu. Von da an konnte ich gar nichts mehr im Magen behalten. Die Hebamme brachte mir ein Zäpfchen, das aber nicht viel nützte. Stunden vergingen – mit Schmerzen und Quälerei.
Gegen Mittag untersuchte mich die nächste Hebamme – die Schicht hatte mittlerweile gewechselt, worüber ich sehr froh war, denn die Junge vom Anfang hatte mir nicht gerade einen kompetenten Eindruck gemacht. Bei der Untersuchung wurde festgestellt, dass der Mumu immer noch erst 1 cm geöffnet war. Was für ein Frust! Ich war völlig am Ende – 6 Stunden Wehen – für nichts und wieder nichts! Die Hebamme erkannte denn auch das Problem: Mein Kind hatte den Kopf noch nicht ins Becken gesenkt, so dass die Wehen wirklich vergebens waren.
Nun war auch noch mein Arzt eingetroffen, um die Lage zu beurteilen. Er meinte, ich könne auch nochmal nach Hause gehen, da die Geburt eigentlich noch gar nicht richtig begonnen habe. Es könne auch sein, dass die Wehen einfach wieder verschwänden. Das wollte ich jedoch auf keinen Fall, ich wusste, dass ich zu Hause keine ruhige Minute haben würde – und dann diese Schmerzen! Niemals! Also entschieden wir uns gemeinsam, bis 16 Uhr zu warten und dann weiter zu entscheiden.
Also wieder warten… Die Wehen veränderten sich und wurden erträglicher. Komischerweise konnte man sie aber viel besser auf dem CTG erkennen, obwohl sie viel weniger schmerzhaft waren als die davor??? Verkehrte Welt! Mein GG und ich konnten sogar noch ein bisschen im KH rumlaufen und tranken einen Kaffee in der Kantine. Das bereute ich jedoch sofort, als ich 2 Minuten später wieder über dem Klo hing… Also zurück in unser Zimmer.
Um 16 Uhr wurde ich dann nochmal untersucht. Mumu war nun doch 3,5cm offen, die Geburt ging voran. Was für eine Erleichterung! Ich kam in den Gebärsaal ans CTG und veratmete Wehe um Wehe. Ich fand es durchaus aushaltbar – nur die Übelkeit machte mir total zu schaffen. Ich hatte einen wahnsinnigen Durst und auch Hunger – konnte aber einfach nichts essen. Da ich auch so wenig geschlafen hatte die letzten zwei Nächte, war ich extrem erschöpft.
Um 18 Uhr dann die nächste Untersuchung. Mumu unverändert 3,5cm. Zum Ausrasten! :twisted: Jetzt wurde aber gehandelt: Ich kam an den Wehentropf. Die Wehen wurden heftiger, aber auch diese konnte ich noch wegatmen. Nach ein paar Stunden (und übrigens schon wieder mit neuer Hebamme): Mumu 6cm offen. Zu wenig. Nun hiess es Wehentropf noch weiter aufdrehen. Die Hebamme entschied aber, dass dies nicht ohne PDA stattfinden sollte. Also bekam ich eine PDA. Ich bekam irgendwie Angst, als plötzlich so viele Personen in den Gebärsaal kamen. Alles ging mega schnell – da ein Schlauch, dort eine Infusion… Und dann der Stich in den Rücken, der jedoch kaum weh tat. Ich hatte Angst vor der PDA, da ich schon früher mal eine gehabt hatte, die nie richtig gesessen hatte und mich links bis unter den Hals und rechts nur knapp bis zur Hüfte betäubt hatte. Leider war das auch dieses Mal so. Der Anästhesist meinte, im Falle eines Kaisersschnitts müsste dann eine Spinale gelegt werden, die PDA sei zu unsicher. Aber über einen Kaiserschnitt wollte ich zu dem Zeitpunkt nicht nachdenken.
Nun gab es noch ein weiteres Problem: Die Schmerzen waren zwar weg (ich spürte nur noch ein Ziehen im Unterleib), dafür waren die Herztöne meines Kindes nicht gut. Schon von Beginn an hatte mein Mädchen Herzstolperer, die v.a. meinem Frauenarzt Sorgen bereiteten. Sollten diese schlimmer werden, müsste sofort ein Kaiserschnitt gemacht werden, hiess es. Allerdings gebe es dies unter der Geburt relativ häufig, meinte die Hebamme. War mir egal, ich machte mir trotzdem Sorgen um meine Maus. Deswegen sollte dann auch noch ein Kinderarzt bei der Geburt dabei sein.
Irgendwann war ich trotz PDA total am Ende: Die Sorgen um mein Kind, die Kotzerei, meine totale Erschöpfung. Ich fürchtete mich vor der Austreibungsphase, da ich nicht wusste, woher ich noch die Kraft zum Pressen nehmen sollte. Klar hatte ich mit der PDA noch etwas ruhen können – aber an schlafen war einfach immer noch nicht zu denken gewesen! Irgendwann platze dann auch noch die Fruchtblase – allerdings nur die äussere Schicht. Die innere Fruchtblase wurde von der Hebamme geöffnet.
Um 23.30 Uhr, am 22.12.12 war es dann endlich soweit: Der Mumu war vollständig eröffnet – 10cm. Die Geburt dauerte jetzt schon ewig lange!
Nun begann also die letzte Phase der Geburt. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wann die Presswehen begannen oder wie viel Zeit zwischen der totalen Eröffnung und der Pressphase lag. Ich erinnere mich nur noch daran, dass nacheinander mein Frauenarzt, der Kinderarzt und die Hebamme erschienen. Die Hebamme hatte übrigens wieder gewechselt – es war dieselbe Junge wie am Morgen früh, als ich ins Krankenhaus gekommen war und die ich für inkompetent gehalten hatte. Na toll! Mit ihr sollte ich jetzt also diese Austreibungsphase durchstehen. Sie erklärte mir vorher genau, wann ich wie pressen sollte – Knie auf die Brust, Beine so und so halten, usw. Ich war aber überhaupt nicht mehr aufnahmefähig und konnte mir nichts von alledem merken. Mir wäre es lieber gewesen, sie hätte mir während den Presswehen ihre Anweisungen gegeben. Zum Glück hatte ich noch meinen GG – ohne ihn hätte ich überhaupt nicht gewusst, was ich machen muss. Das Pressen überstieg eigentlich meine Kräfte komplett. Ich hatte überhaupt keine Kraft mehr, durch das Nicht-Schlafen und Nicht-Essen/Trinken war ich physisch völlig am Ende. Dennoch schaffte ich es, das Kind durch den Geburtskanal zu pressen. Es tat höllisch weh und ich schrie wie am Spiess – trotz PDA. Ich konnte einfach keine Schmerzen mehr ertragen, die Geburt dauerte einfach schon zu lange. Es gelang mir nicht, den Kopf herauszupressen und ich heulte. Also half der Arzt dann noch ganz sanft mit einer Glocke nach – der Kopf war draussen.

Noch einmal pressen – Matilda war geboren! Ich werde nie mehr den Anblick vergessen, als sie aus mir herausgezogen und hochgehoben wurde. Ich war so erleichtert, dass ich gleich losheulte. Sie legten sie mir auf die Brust – es war jetzt 01.35Uhr am 23.12.12. Meine Tochter war wunderschön und schaute mir mit ihren dunkelblauen Augen staunend ins Gesicht. Ich war hin und weg von ihr. So also siehst du aus, dachte ich.
Sie wurde dann auch gleich untersucht – die Herztöne waren vollkommen in Ordnung. Was für eine Erleichterung!
Nun ging bei mir jedoch gar nichts mehr, ich war so dermassen am Ende, dass ich nicht mehr imstande war, mein Kind zu halten und die Hebamme bitten musste, sie wegzunehmen, dass ich schlafen konnte.
Nach der Nachgeburt, mit der alles in Ordnung war, fing der Arzt an, mich zu nähen. Das tat überhaupt nicht weh. Trotzdem bemerkte ich irgendwann ein Rauschen in den Ohren und dann war ich weg. Ich fiel vor Erschöpfung in Ohnmacht. Als ich wieder zu mir kam, war ich schon wieder am kotzen (sorry, wenn sich einige an diesem Ausdruck stören, aber anders kann es wirklich nicht bezeichnet werden). Ich wollte einfach nur noch schlafen. Der Arzt flickte mich noch fertig zusammen und danach wurde ich in Ruhe gelassen. Man liess mich zum Schlafen einfach auf dem Gebärstuhl liegen und ich hätte nicht einmal was zu trinken bekommen, wenn ich nicht danach gefragt hätte. Ich war nämlich total ausgetrocknet. An den Tropf hängte man mich auch nicht. Ich fühlte mich furchtbar, konnte mich aber nicht beschweren, weil ich einfach zu erschöpft war. Mein GG schlief mit unserer kleinen Tochter nebenan im Bett. Auch er war totmüde.
Einige Stunden später kam die Hebamme dann wieder zu mir und meinte, ich müsse nun aufs Klo gehen. Ich dachte echt, ich spinne: In meinem Zustand sollte ich aufs Klo gehen? Ich konnte ja nicht mal mein Kind halten! Nun war ich soweit, dass ich sie regelrecht hasste, diese Hebamme. Sie kam dann aber immerhin auf die Idee, mich an den Tropf zu hängen. Darüber war ich enorm froh, fühlte ich mich doch immer noch extrem ausgetrocknet. Ich nickte wieder ein. Einige Stunden später bemerkte ich, dass meine linke Hand zur doppelten Grösse aufgeschwollen war. Ich klingelte. Meine geliebte Hebamme meinte, das könne manchmal vorkommen, es sei nichts Beunruhigendes. Na toll. Die Hand schwoll jedoch immer mehr an und fing auch an, richtig weh zu tun. Zum Glück war dann um 7 Uhr morgens endlich Schichtwechsel und die vom Vortag mir schon bekannte Hebamme übernahm. Sie war über meinen Zustand regelrecht entsetzt, legte mir sofort einen Blasenkatheter, holte mir die Infusion aus der linken Hand raus und liess eine neue anbringen. Dann wurde ich in ein sauberes Bett verfrachtet und unten gewaschen und gekühlt. Was für eine Wohltat! Auch essen durfte ich nun endlich etwas! Ich fühlte mich gleich wieder wie ein Mensch.
Fast einen ganzen Tag lang hat mich dann diese Hebamme aufgepäppelt, erst danach wurde ich auf Station verlegt. Ich bin ihr bis heute enorm dankbar.
Die Geburt war für mich dennoch enorm schwierig und schwer zu verkraften. Ich weiss nicht, ob ich das alles nochmal durchstehen will/kann.
Auf jeden Fall warte ich noch eine Weile bis zum 2. Kind!

Übrigens: Meine Tochter Matilda ist natürlich wunderbar, ich liebe sie über alles und möchte sie nicht missen. Nur ihre Ankunft war halt etwas schwierig. :wink:

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schnuefu
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Re: Eine Geburt zum Vergessen

Beitrag von schnuefu »

Lass dich drücken! Das klingt ja wirklich sehr sehr sehr sehr furchtbar!! Wie du da behandelt wurdest - das darf es einfach nicht geben. Sooo eine lange Geburt, so viel Anstrengung und dann wird man einfach liegen gelassen? Ich bin unfassbar entsetzt! Arbeite selbst in der Pflege und das darf auch im grössten Stress niemals passieren. Ich hoffe sehr du wirst das irgendwann vergessen können... Ich hatte auch eine nicht sehr tolle Geburt (hat auch einen Bericht da drinn irgendwo) - und eine Freundin hat zu mir gesagt: auch wenn du angst hast vor einer 2. Geburt - egal wie es sein wird, es wird NIEMALS genau wieder das selbe passieren so. Das hat mir irgendwie sehr geholfen und Mut gemacht! Wünsche dir alles Gute und geniess die Kleine umso mehr!!!

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Drea3
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Re: Eine Geburt zum Vergessen

Beitrag von Drea3 »

Hallo MissMajesty

Mir tuts auch leid das du so behandelt wurdest... :-(
Viele Teile von deinem Bericht erinnern mich an meine 1.Geburt. Bin auch über 64Std in den Wehen gelegen und habe 3 Nächte ohne Schlaf verbracht bevor Sohnemann dann endlich zur Welt kam. hatte weils nicht vorwärts ging auch eine Wehentropf, eine PDA die nicht wirkte, erbrechen während den presswehen und einen Dammschnitt... Behandelt wurde ich zum Glück immer super und fühlte mich gut aufgehoben. Jedoch hatte ich jetzt in der 2.SS viel mehr Angst vor der Geburt weil ich dachte es würde sicher wieder gleich laufen. Aber 1. Kommt es anders und 2. als man denkt ;-)
Hatte eine super 2.Geburt und vorallem eine schnelle! Hatte ein bisschen schmerzhafte Wehen ab 12.30 Uhr im 4 min Takt... Um 15.00 Uhr im Spital, um 17Uhr Mumu erst 2cm offen, ab 17.30 Uhr seeeeehr schmerzhafte Wehen
19.30 Uhr MuMu 9cm offen, 19.45 Uhr Blasensprung, 19.49 Uhr nach 2 Presswehen war Sie da! :-)

Es war zwar 1000x schmerzhafter als die 1.Geburt aber ich habe es ohne Schmerzmittel und innerhalb so kurzer Zeit geschafft!
Mach dir nicht zu viele Gedanken! Jede Geburt verläuft anders!
Wünsch dir alles Gute und hoffe du kannst das alles bald verarbeiten.
Es liebs grüessli
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Lotus
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Re: Eine Geburt zum Vergessen

Beitrag von Lotus »

...
Zuletzt geändert von Lotus am Mo 13. Aug 2018, 11:52, insgesamt 1-mal geändert.
"Erziehung ist organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend." Mark Twain

Jasmin1985
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Re: Eine Geburt zum Vergessen

Beitrag von Jasmin1985 »

Horror - das klingt genau wie bei mir. Du warst nicht zufällig im Bruderholz?

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Sandchörnli
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Re: Eine Geburt zum Vergessen

Beitrag von Sandchörnli »

Liebe MissMajesty, danke für den Bericht, auch wenn es für dich schwierig war ihn aufzuschreiben und auch wenn es sicher keine Traumgeburt war! Ich hoffe du konntest dadurch die Geburt nochmals ein wenig verarbeiten...
Belohnt wurdest du mit deiner wunderbaren Tochter! Geniesse sie und sei stolz, dass du sie trotz der Umstände auf natürlichen Weg gebären durftest!

Alles Liebe!
Boy&Girl&Girl

Miteme Stärnli tief im Härze

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