Während der Schwangerschaft warst du stets sehr aktiv und hast - zumindest zu Beginn - wie wild herumgeturnt, sodass ich dich bereits am Ende des ersten Trimesters spüren konnte. Doch ab ca. der 27.ssw hast du dich in Startposition begeben und seither den Kopf immer schön unten gehalten. Nicht wie dein Bruder, der immer mal wieder in BEL war und sich bei diesen Turnübungen in die Nabelschnur eingewickelt hatte. Ich war also sehr optimistisch für die Geburt und dachte, die Nabelschnur sollte dieses Mal kaum ein Problem werden. Als der Termin näher rückte, wurde ich dann aber doch langsam etwas nervös und gespannt, ob es denn auch wirklich spontan klappen würde...
Schon die ganze letzte Woche hatte ich immer mal wieder Vorwehen gespürt, aber noch lange nichts ernsthaftes. Am Freitag aber begannen das Ziehen schon am Vormittag und war teilweise auch schon recht unangenehm. Ich bat daher meine Mutter, deinen grossen Bruder gleich fürs Wochenende mitzunehmen.
Die Wehen wurden im Verlauf des Nachmittags/Abends immer stärker und unangenehmer, aber irgendwie doch noch nicht stark genug. Gegen Mitternacht befand ich dann aber, dass ich so sicher nicht würde schlafen können und doch lieber mal ins Spital fahren möchte. Dort angekommen wurde ich ans CTG gehängt und untersucht... ein einziger frustrierender Zentimeter war es erst! Die Hebamme meinte, sie würde mir sonst gerne etwas geben damit ich wenigstens schlafen kann und wir könnten dann noch einmal nach Hause, sie wollte aber das CTG noch etwas laufen lassen. Plötzlich fühlte ich ein Gütscheln in der Hose und als ich nachsah war es Blut. Nun war klar, nach Hause würden wir so nicht mehr gehen. Die Wehen waren für mein Empfinden nun auch wirklich heftig, nur leider bewirkten sie noch immer nicht viel, da ich mich bei jeder Wehe einfach nur unsäglich verkrampfte. Irgendwie ging gar nichts mehr und ich verlangte nach einer PDA. Die Hebamme wollte zwar noch etwas abwarten, aber meine Drohungen, sie, das Spital und sowieso alle zu verklagen wenn ich nun nicht augenblicklich meine PDA bekomme zeigten Wirkung... Gegen halb fünf sass das Ding, wenn auch leider nur ziemlich einseitig. Trotzdem konnte ich mich nun endlich einigermassen entspannen und den Dingen ihren Lauf lassen.
Gegen halb acht wurde ich das nächste Mal untersucht. Endlich hatte sich etwas getan, sieben Zentimeter waren geschafft. In dem Moment wusste ich wieder, wir zwei, wir würden das schaffen. Und von nun an wurde es etwas hektisch... Während sich mein Muttermund problemlos die restlichen Zentimeter öffnete, verschlechterten sich deine Herztöne plötzlich massiv. Wie bereits bei deinem Bruder... Nur, im Gegensatz zu ihm kamst du dem Ausgang immer ein klein bisschen näher. Als dann aber auch noch das Fruchtwasser stark grün war, wollte die Hebamme die Sache doch mal etwas beschleunigen. Sie sagte mir, sie würde nun mit dem Arzt schauen ob man es mit dem Vakuum versuchen könne. Dies sei aber unsere einzige Chance und sollte es nicht sofort klappen, würden wir um eine erneute Sektio nicht herumkommen. Ausserdem seist du noch etwas hoch, ich müsse nun einfach versuchen, deinem Kopf ins Becken zu helfen.
Ich begann, mit aller Kraft mitzuhelfen und tatsächlich, als der Arzt wenige Minuten später untersuchte war er damit einverstanden, es mit dem Vakuum zumindest zu versuchen. Plötzlich wurde es sehr voll im Raum, neben dem Oberarzt kam noch eine Assistenzärztin hinzu, daneben zwei Neonatologen und zwei Hebammen. Ich realisierte, wie nah wir dem Ops waren...
Der Arzt bereitete die Glocke vor und wies GG an, schön an meiner Seite zu bleiben. Auch ich sollte besser nicht hinsehen. Das Vakuum sass, bei der nächsten Wehe sollte ich mithelfen. Ich presste mit aller Kraft, der Arzt zog und mit einer einzigen Wehe bist du durchs ganze Becken und um 09:02 Uhr raus auf diese Welt gerutscht. Kaum auf meinem Bauch rief jemand: "D'Nabelschnuer" und hektisch wurdest du ausgewickelt. Jetzt war auch klar weshalb deine Herztöne so schlecht waren: Deine Nabelschnur war vier Mal um deinen Hals und einmal um die Schultern gewickelt! Einmal ausgewickelt und auf dem Tisch der Neonatologen gelandet hast du aber von ganz alleine geatmet und deine Sache prima gemacht.
Mein Gewebe hielt natürlich dem Tempo am Schluss überhaupt nicht Stand und ich musste fast eine halbe Stunde lang genäht werden. Ausserdem habe ich sehr viel Blut verloren. So kann ich jetzt, fünf Tage nach deiner Geburt nur unter Schmerzen sitzen, stehen oder gehen und mein Kreislauf macht nicht viel mit. Und trotzdem, es hat sich absolut gelohnt und ich würde es jederzeit wieder so machen! Für dich sowieso, kleine Zaubermaus
