Schwangerschaft:
kurz vor dem 2. Geburtstag deines grossen Bruders bemerkte ich, dass ich mich anders fühle, irgendwie schwanger… also kaufte ich einen Test und prompt: er war positiv! Es war vom ersten Moment an eine freudige Überraschung, hatten wir dich doch überhaupt nicht geplant (zumindest nicht so früh). Ich kaufte einen süssen Body und eine Karte, darauf schrieb ich:
nächsten Frühling wird einiges los sein bei uns…
und überraschte deinen Papi damit. Er fiel aus allen Wolken, hatte auch überhaupt nicht damit gerechnet, war aber absolut selig vor Vorfreude.
Im Oktober ging es noch drei Wochen nach Südamerika zu deinen Urgrosseltern, die letzte Reise zu dritt. Alles verlief gut, einzig hatte ich starke Hüftschmerzen, die ich bei einer Physiotherapeutin behandeln liess.
Um Weihnachten rum fühlte ich mich richtig gut, freute mich auf dich, genoss es, dich zu spüren. Ich war mir immer sicher: du wirst ein Junge werden.
Im Januar kam die grosse Krise. Dein grosser Bruder hatte eine sehr anstrengende Phase und ich war inzwischen ziemlich hoch schwanger und die Unterstützung von deinem Papi hielt sich sehr in Grenzen, der war stark mit sich selber beschäftigt. Also musste ich alles alleine bewältigen, was mich in dieser sensiblen Zeit sehr belastete.
Du bist bis zur 34. Schwangerschaftswoche in meinem Bauch "gesessen", das heisst, der Kopf war oben und dein Gesäss unten. Dies bereitete mir zusätzlich Sorgen. Ich war bereits auf der Suche nach einem Spital, der Steissgeburten durchführt, weil ich nicht mehr daran glaubte, dass du dich noch drehen wirst, war doch mein Bauch schon so riesig.
Etwa in der 37. Schwangerschaftswoche hatte ich einen Untersuchungstermin im Geburtshaus, dort stellten sie fest, dass du dich gedreht hast und nun in der richtigen Startposition liegst, welch eine Erleichterung für mich.. Nun stand es definitiv fest: ich werde im Geburtshaus gebären.
Zwei Wochen vor deinem errechneten Geburtstermin hörte ich auf zu arbeiten und nahm mir vor, mich jetzt vollständig auf dich und die bevorstehende Geburt zu konzentrieren. Bis dahin habe ich mich noch nicht entschieden, ob Papa bei der Geburt dabei sein darf, oder deine Grossmutter. Da wir nicht wussten, ob du ein Junge oder Mädchen wirst, haben wir auch deinen Namen noch nicht endgültig festgesetzt. Also alles noch ungewiss, nichts war richtig bereit dafür, dass du kommen konntest. Mitte März war dein errechneter Termin. Als du bis besagten Tag noch nicht geboren wurdest, dachte ich mir nichts dabei. Etwa bei ET + 5 sehnte ich aber die Geburt dann schon ziemlich stark herbei. Bei den Kontrollen im Geburtshaus zeigten sich auch immer Wehen und der Muttermund war schon länger weich und durchlässig. Die Hebamme meinte aber auch, dein Kopf sei noch weit oben. Bei ET + 7 war ich richtig deprimiert, glaubte schon fast nicht mehr daran, dass du irgendwann raus kommen willst..

ET+ 10:
Ich erwache morgens um 5 mit seitlichem Stechen im Bauch. "Da bin ich wohl komisch dagelegen" dachte ich mir und merkte, dass ich auf's Klo musste. Also bin ich aufgestanden und aufs Klo gewatschelt, da fiel mir auf, dass das Stechen in Wellen kam… Hmmm, könnten das Wehen sein? Bei der ersten Geburt fühlten die sich total anders an. Auf dem Klo hatte ich dann auch Durchfall, ein weiteres Anzeichen der bevorstehenden Geburt? Ich legte mich wieder hin und nahm mein Smartphone zur Hand um die Abstände zu messen.. zwischen 3 und 12 min. war alles dabei, also döste ich noch ein wenig vor mich hin. Die Wehen waren auch absolut gut aushaltbar.
Etwa um 6 Uhr ist dein Bruder aufgestanden und zu uns ins Bett gekrochen. Papa ist ebenfalls aufgewacht und ich klärte ihn über mein Zustand auf, versicherte ihm aber, dass es noch lange dauern könne, da die Wehen mehr so ein Seitenstechen war, nichts Schlimmes.
Es war ein Dienstag, der Krippentag von deinem grossen Bruder. Wir sind also aufgestanden und ich begann die Sachen für die Krippe zusammenzupacken und deinen grossen Bruder fertig zu machen. In dieser Zeit (ca. 45 Min.) hatte ich nicht eine einzige Wehe, es war als ob du mir noch die Zeit geben willst, um mich von deinem Bruder und von unserem Lebensabschnitt zu dritt zu verabschieden.
An diesem Morgen hat mein Sohn mich fest gedrückt und mich geküsst, was er sonst sehr selten macht. Es war, als ob er es spürte, dass du dich entschieden hast zu uns zu kommen.
Da ich seit 45 Min. keine Wehen mehr hatte schickte ich deinen Papi und deinen grossen Bruder los, und vereinbarte mit deinem Papi, dass ich ihn bei der Arbeit anrufen werde, falls sich mein Zustand verändern würde.
Um ca. 7.20 gingen sie zur Türe raus, kaum 2 Minuten später setzten die Wehen wieder ein. Und jetzt so richtig!
Ich tigerte in der Wohnung umher und veratmete Wehe um Wehe. Um 8 Uhr rief ich meine Mutter an um sie zu informieren, dass E. in der Krippe ist und sie ihn heute Nachmittag bitte abholen soll, da ich wahrscheinlich im Geburtshaus sein werde. Als meine Mutter mich so schwer atmen hörte, meinte sie, ich solle sofort im Geburtshaus anrufen und GG nach Hause zitieren, auf was ich eigentlich warte?! Nun gut, ich rief also GG an der gerade erst bei der Arbeit angekommen war. Als nächstes rief ich im Geburtshaus an. Eigentlich hätte ich an diesem Tag einen Untersuchungstermin um 10 Uhr gehabt. Ich fragte also, ob ich erst um 10 Uhr kommen sollte, oder jetzt gleich?
Die Hebamme am Telefon meinte, ich solle einfach kommen, wenn ich mich zu Hause nicht mehr wohl fühle, aber spätestens um 10 Uhr zum regulären Termin. Etwa um 8.15 traf GG wieder zu Hause ein, während dem ich mich am Esstisch festhielt um eine Wehe zu veratmen.
Nun meinte auch GG es sei wohl an der Zeit ins Geburtshaus zu fahren. Wir suchten also unsere sieben Sachen zusammen und ich rief nochmals ins Geburtshaus an, erreichte aber nur den Anrufbeantworter.
Also raus aus der Wohnung und ab ins Auto, ich dachte noch: hoffentlich sieht uns niemand. Natürlich schaute genau in diesem Moment meine Nachbarin aus dem Fenster und brüllte über den Parkplatz: Geht's endlich los??
GG liess sich zum Glück nicht auf ein Gespräch ein und wir fuhren los Richtung Geburtshaus. Ich hatte im Vorfeld am meisten Angst vor der Autofahrt, da diese bei der ersten Geburt sehr schlimm war (mehrmaliges Anhalten, gefolgt von mehrmaligem Erbrechen). In der ca. 20 minütigen Autofahrt hatte ich drei Wehen, also nicht so dramatisch wie in meinen Träumen. Doch ich war froh, als wir endlich im Geburtshaus angekommen sind.
Wir meldeten uns am Empfang und die Hebamme meinte, sie habe schon vorhin am Telefon gedacht, dass ich wohl vor 10 Uhr eintreffen werde..

Nun musste die Hebamme ein kurzes CTG schreiben, für das musste ich mich aufs Bett legen, was mir zu diesem Zeitpunkt schon ziemlich schwer fiel. Ich verarbeitete -wie bereits bei der ersten Geburt- die Wehen am Besten während dem ich umherlief. M. untersuchte mein Muttermund: ca. 4 cm offen. Sie fragte ob ich in die Wanne möchte, ich bejahte dies und durfte schon bald ins Wasser. Dies war unglaublich schön, ich registrierte, dass es draussen schneite und es war eine sehr romantische Stimmung mit Kerzenlicht. Die Wehen waren inzwischen ziemlich schmerzhaft, ich hatte jedoch regelmässige Wehenpausen in denen ich mich vollends entspannen konnte und zeitweise sogar kurz döste! Ungläublig stellte ich selber immer wieder fest, wie gut ich mich entspannen konnte, obwohl ich mich unter der Geburt befand.
Das laute Tönen während den Wehen half mir enorm die Wehen zu verarbeiten. Ich dachte in keiner Sekunde während der ganzen Geburt daran, mich für Schmerzmittel in's Spital transportieren zu lassen (hatte ich mir doch im Geheimen diesen Notausgang immer offen behalten).
Nachdem ich ca. 30 Min. im Geburtssaal war, kam die Hebamme, die mich während der Geburt betreuen würde. Ich kannte sie schon vom Geburtsvorbereitungskurs her, und sie war mir sehr sympathisch. Die Hebamme und dein Papi wichen mir nicht von der Seite. Da ich während den Wehen doch wieder leichte Übelkeit verspürte gab's immer wiedermal einen Traubenzucker. Irgendwann bat mich die Hebamme, aus dem Wasser zu steigen um auf's Klo zu gehen. Das passte mir gar nicht, aber ich gehorchte und schlurfte langsam zum WC. Währenddessen hat die Hebamme frisches warmes Wasser in die Wanne gefüllt und ich musste kurz draussen warten. So an Land waren die Wehen doch sehr schmerzhaft und fast nicht mehr zum aushalten, also ging ich schnellstmöglich wieder in's Wasser.
So ging das bis ca. 11.30 Uhr. Zwischen den Wehen war mir teilweise sogar langweilig und ich bat die Hebamme und dein Papi mich ein wenig zu unterhalten.. kann mich aber im Nachhinein nicht mehr erinnern, was sie mir erzählt haben.

Um halb zwölf merkte ich, wie sich die Wehen veränderten. Sie wurden sehr unangenehm und ich konnte sie nicht mehr schön veratmen. Ich schätze, zu diesem Zeitpunkt war der Muttermund vollständig eröffnet und das waren die fiesen Übergangswehen. Nachdem die Hebamme nochmals den Muttermund abgetastet hat, bat sie mich, nochmals aufs Klo zu gehen und ein wenig umherzulaufen. Widerwillig liess ich mich darauf ein, ging aber schnellstmöglich wieder zurück in die Wanne.
Die Hebamme meinte ich dürfe ein wenig mitschieben, falls ich das Bedürfnis habe. Ich verspürte zwar keinerlei Pressdrang, aber das leichte Mitschieben half, die Wehen wieder ein wenig besser zu verarbeiten.
Gegen 12 Uhr kam eine zweite Hebamme in das Geburtszimmer. Ich war völlig verunsichert und hatte plötzlich das Gefühl, irgendwas stimme nicht. Im Nachhinein wurde ich aufgeklärt, dass bei jeder Geburt zum Schluss eine zweite Hebamme dazukommt. Aber unter der Geburt war mir das nicht bewusst und ich kriegte Angst. Zudem tastete die zweite Hebamme nochmals nach dem Köpfchen und beide Hebammen befanden dann, ich solle nochmals aus dem Wasser kommen um die Lage des Babys ein wenig zu erleichtern für den Endspurt. Da war mir plötzlich klar, dass deine Geburtslage wohl nicht ideal war und ich kriegte noch mehr Angst, hatte ich doch schon bei der ersten Geburt ein Sternguckerli.
Plötzlich verspürte ich einen enormen Pressdrang und sah keine Möglichkeit mehr, aus dem Wasser zu steigen. Ich rief nur noch: "es chunnt jetzt, es chunnt!"
Bei der ersten Presswehe platzte die Fruchtblase und ich konnte spüren, wie das Köpfchen den Geburtskanal hinunterrutschte. Autsch!

Nach geschätzten drei bis vier Presswehen verspürte ich diese imense Erleichterung und du warst endlich da. Um 12.31 wurdest du im Wasser geboren. Die Hebamme fischte dich sofort aus dem Wasser und legte dich zu mir auf die Brust. Dein Papi wollte diesen Moment fotografieren, aber die Hebamme wies ihn relativ scharf zurück und wollte zuerst überprüfen ob es dir wirklich gut geht. Liebes Mäuschen, du hattest bei der Geburt eine Gesichtslage und hast dir dein Gesichtchen an meinen Knochen angeschlagen, deshalb hattest du in den ersten Minuten ein gestautes Gesichtchen (bläulich) und eine zerdrückte Nase, sowie aufgeschwollene Lippen. Ich habe dies aber gar nicht registriert, für mich warst du einfach wunderschön und perfekt. Und dein süsses Stimmchen krächzte die ersten Laute, was mich zu Tränen rührte. die geschwollenen Lippen waren nach etwa 3 Minuten nicht mehr zu sehen und dein bläuliches Gesichtchen verfärbte sich zu einem babyrosa mit kleinen roten Flecken. Ausserdem stellten wir freudig fest, dass du ein Mädchen bist! So schön, dürfen wir nun Eltern eines Jungen und Mädchens sein.
Deine Geburtslage ist ziemlich selten, weshalb die Hebammen am Schluss ein wenig verunsichert waren, was ich wohl beim Schluss-spurt gespürt habe. Im Geburts-Nachgespräch erzählte mir die Hebamme, das solch eine Lage höchstens zweimal im Jahr vorkomme und dann meistens eine sehr lange Austreibungsphase folge, da das Gesichtchen nicht wie der Hinterkopf diese schöne Rundung habe und sich nicht optimal durch den Geburtskanal schieben kann. Da haben wir also gute Arbeit geleistet, dass es zum Schluss trotzdem so schnell ging.
Du hattest eine relativ kurze Nabelschnur, also hielt ich dich im Arm und stieg zittrig aus der Wanne aufs Bett. Kurze Zeit darauf war auch schon die Plazenta geboren ohne jegliche Komplikationen. Währendem ich dich das erste Mal ansetzte um zu trinken, haben wir uns für deinen Namen entschieden.
Wir waren, sind so dankbar und glücklich, dass du so gesund bist und alles so gut geklappt hat. Die Geburt von dir war sehr heilend für mich, ich konnte endlich auch mit der ersten Geburt abschliessen.
An diesem Nachmittag wurden drei Babys im Geburtshaus geboren, und da du das schnellste Baby warst, mussten wir ziemlich schnell ins Wochenbettzimmer umziehen, damit das Geburtszimmer für die nächste Mama frei wird.
Das Wochenbett im Geburtshaus war wunderschön, wir wurden so liebevoll umsorgt und die Ruhe und Atmosphäre (trotz voll besetztem Geburtshaus) war sehr stärkend. Dies war auch ein sehr wichtiger Punkt für mich, war doch das Wochenbett im Spital nach der ersten Geburt der reine Horror.
Abschliessend kann ich nur sagen, dass dies eine Traumgeburt für mich war, besser hätte ich es mir nicht vorstellen können und ich schöpfe auch heute noch viel Kraft und Selbstbewusstsein aus diesem wundervollen Ereignis.