KiGa-Kind bestärken, sich zu wehren... wie?

Unsere grossen Kleinen und unsere kleinen Grossen. Was uns in diesem Abschnitt der Kinder begleitet, beschäftigt und interessiert.

Moderator: conny85

mamily
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Re: KiGa-Kind bestärken, sich zu wehren... wie?

Beitrag von mamily »

Amaryllis hat geschrieben: (In anderen ländern haben Kinder Probleme wie krieg, hunger, kinderarbeit, kindersoldaten, kinderehe, etc, etc... Das nur so nebenbei...)
... was willst du damit jetzt sagen?
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mit sternchen 01/2010

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stella
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Re: KiGa-Kind bestärken, sich zu wehren... wie?

Beitrag von stella »

Ich sehe das e Bitz anders.

Wenn ein Kind neben der Spur läuft, dann will es uns damit was sagen. Die Aufgabe der Erwachsenen ist es, hinter das Verhalten des Kindes zu schauen.

Was mich einfach nervt, sind dann die Eltern, die dieses Ellbogenverhalten z.B. in der Freizeit noch födern. Z.B. in Vereinen lauthals in Spiele reinrufen, dass das Kind sich doch durchsetzen soll. Das ist auch nicht wirklich förderlich für die Sozialkompetenz. Im kleinsten Fall wird das Verhalten geduldet im gröbsten sogar gefördert.
Pfunzle 06/04 und Gumsle 10/07

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stella
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Re: KiGa-Kind bestärken, sich zu wehren... wie?

Beitrag von stella »

Sonneonline hat geschrieben:@stella
"Wehren" heisst für mich auch in erster Linie, sich mit Worten auszudrücken. "STOP" zu sagen oder "Ich will das nicht" oder "Das macht mir weh, lass das". Das sage ich meinen Kindern auch so. Nur eben wie auch mamily geschrieben hat, gibt es Kinder, denen das ziemlich egal ist...
stella hat geschrieben:Und erst dann käme der Schritt für mich mit "wehren" im Sinn von Spielzeug zurück reissen, zurückschlagen....
Das ist für mich eben keine "wehren" in dem Sinne, das ist einfach ein zurückgeben mit gleichen Mitteln... finde ich blöd und wird wohl ebenso erfolglos bleiben...
Ach so... Ich habe "wehren" so verstanden, als dass sich das Kind ein Verhalten mit allen Mitteln nicht gefallen lassen muss.

Wenn man eben mit der Stoppregel agiert in solchen Kindergruppen, dann muss eben niemand dreinschlagen um sich zu wehren.
Pfunzle 06/04 und Gumsle 10/07

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iselle
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Re: KiGa-Kind bestärken, sich zu wehren... wie?

Beitrag von iselle »

@sonneonline: M.E. ist es Aufgabe der Kiga-Lehrerin oder der Leiterin, für "Ordnung" zu sorgen. Ich würde diese mal ansprechen und bemerken, dass der Sohn nicht mehr gerne in den Kiga/das Kinderturnen geht.
Nudel-Expertin (Sommer 2007)
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grinchli
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Re: KiGa-Kind bestärken, sich zu wehren... wie?

Beitrag von grinchli »

Hallo Sonneonline,

du hast eine PN von mir erhalten.

En liebe Gruess
grinchli

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Sonneonline
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Re: KiGa-Kind bestärken, sich zu wehren... wie?

Beitrag von Sonneonline »

@grinchli PN zurück

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Akiko
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Re: KiGa-Kind bestärken, sich zu wehren... wie?

Beitrag von Akiko »

Das mit dem "Ordnung sorgen" im Kiga von Seiten der KiGäs ist gut und recht, aber oft finden diese Techtelmechtel bevorzugt statt, wenn grad niemand in der Nähe ist. Entsprechend wichtig find ich persönlich auch, dass das betroffene und geplagte Kind entsprechend "gebrieft" wird, wie es a) auf andere wirkt (es gibt die geborenen Opfer, die aus mehreren Gründen aus ihrer Persönlichkeit heraus immer in diese Rolle fallen, dort muss konkret angesetzt werden), und b) wie es lernen kann, zu seinen Bedürfnissen, seiner Integrität als Kind und seiner Meinung zu stehen. Das ist keine einseitige Sache, sondern das Kind muss von innen gestärkt werden. Was den Täter anbelangt, ist es wirklich so, dass man da eine schwerere Handhabe hat. Klar mags mal gut sein, mit den Eltern oder gar mit dem Kind selber zu sprechen, aber die Chance, dass die Situation sich nicht verbessert, ist halt da, drum ist der Fokus aufs eigene Kind mittelfristig sicher sinnvoller.
Sich gegen Gewalt aktiv zu wehren finde ich persönlich an sich nicht per se schlecht. Das muss jetzt nicht ein Dreinhauen sein, sondern vielleicht eher ein Festhalten der Arme, ein "In Kontakt treten" mit dem "Täter". Oft ist ja das Problem, dass sich die Opferkinder zurückziehen, das Feld dem Täter überlassen, der dann raumgreifender wird - und der Teufelskreis beginnt.

Ich kann mich noch gut an eine Situation in meiner Kindheit erinnern. Als wir in einen anderen Kanton zogen, hatte ich sehr Mühe, mich einzuleben, aus verschiedenen Gründen. Ich bin da ein dankbares Opfer für verschiedene andere Kinder geworden, die ihre "Macht" an mir ausleben konnten - salopp gesagt. Ich wurde sehr oft auf dem Schulweg verhauen oder beim nachmittäglichen Spielen schikaniert. Das war auch eine Zeit, wo sich die Eltern nicht gross eingemischt haben (meine Mutter hat das Gespräch zu diesen Eltern schon gesucht, aber genützt hats rein gar nichts, höchstens, dass ich nachher die Rätschibase war und dafür noch einen Klaps mehr bekam), und auch in der Schule wurde das nicht gross thematisiert, oder wenn, dann mit praktisch Null Erfolg. Das ging so lange, bis ich mich selber entschloss, nicht mehr länger das Opfer zu sein. An einem Nami, ich weiss es noch ganz genau, bin ich wieder von einem Mädchen und ihrem Bruder gehänselt und geschubst worden, das waren die "Haupttäter" dieser Gruppe, die Tonangeber, die Starken. Da hab ich begonnen, das Mädchen zurückzuschubsen, sie war sehr überrascht, von mir eine ebenbürtige "Antwort" auf ihr Verhalten zu bekommen, und nicht ein Zurückweichen. Es gab dann ein Handgemenge, wo ich nicht nachgelassen habe, und ihr das auch so gesagt habe, dass es jetzt ab sofort Schluss sei und ich mich nicht mehr länger schlagen liesse. Ab dann hatte ich Ruhe. Dasselbe mit ihrem fiesen Bruder, da hab ich mal zurückgeschlagen, und das Ganze war gegessen, ich war nicht mehr länger das Opfer, sondern hab mich gewehrt. Und nein, ich bin nicht zu einem Schlägergirlie geworden (von den Eltern des Jungen kam auch keine Reaktion wegen seiner blutigen Nase, das wäre heute anders), hab das nachher auch nie mehr machen müssen, ich hatte mir Respekt verschafft. Aber dieses Erlebnis hat mir schon gezeigt, dass es manchmal durchaus sinnvoll sein kann, sich auch körperlich zu wehren und aus dieser Opferrolle aktiv auszutreten, und sich nicht von den Eltern rausreden oder raushämpfelen zu lassen (was ja oft auch nicht unbedingt fruchtet und das Kind in ein falsches Licht stellt und es nicht stärkt) .
Ich hätte mir von meinen Eltern da mehr Stärkung von innen gewünscht, ich hab mich über lange Zeit als so schwach und nichtsnutzig gefühlt, als Underdog, das hätte so nicht sein müssen, das hat mich zu lange geprägt. Bin froh, konnte ich diesen ungesunden Kreislauf selber durchbrechen, aber das ist auch nicht selbstverständlich, dass das allen gelingt, vor allem, ohne dann zu überkompensieren.

Natürlich ist das situativ, und ich behaupte auch nicht, dass das jetzt die Lösung zu eurem Problem ist, aber gewisse Dinge unter Kindern lassen sich mit blossem Diskutieren und Reden einfach oft nicht lösen, da sind viel zu viele "niedriginstinkte" Mechanismen dahinter, als dass sie klug und rational wegdiskutiert werden können. Natürlich gibts dann noch die notorischen "Täter", die andere Kinder mit Leidenschaft schikanieren, dort muss auch unbedingt angesetzt werden, klar. Aber oft liegt das nicht im Kompetenzbereich der "Opfereltern" und muss anderweitig geschehen.

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Hausdrache
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Re: KiGa-Kind bestärken, sich zu wehren... wie?

Beitrag von Hausdrache »

Ich finde es extrem schwierig. Das Hauptproblem ist, es läuft nicht mehr so, wie zu unserer Zeit. Wir hatten auch Streit, wir haben uns auch mal recht verhauen, kann mich an ganze Bandenkriege erinnern und wir waren nicht immer zimperlich mit unseren Kameraden. Aber, es gab Streit, den haben wir untereinander ausgetragen, wir haben uns verhauen und Bande gegen Bande gerauft, aber dann wars auch wieder gut und es gab neue Zusammensetzungen.
Heute läuft das nicht mehr. Wenn zwei sich raufen, die gleich alt und in etwa gleich stark sind, dann ist das eigentlich kein Problem. Nur wollen wir ja keine Gewalt.
Vielen Kindern fehlt aber ein Kräftemessen, wir wir das hatten. Das war nie gefährlich, auf den Kopf haben wir nie geschlagen und in den Bauch getreten auch nicht. Wir wussten, wo auch Grenzen sind. Heute wissen das die Kinder oft nicht mehr. Auch wie man rauft und mal Kräfte misst oder wie man einen Wettstreit sonst austragen könnte, ist ihnen nicht mehr klar.
Wenn dann noch ein hitziges Temperament dazu kommt, oder zu wenig austobemöglichkeiten sonst, ev. auch noch wenig Aufmerksamkeit von zu Hause oder von der KIGÄ, dann muss man anders zeigen, dass man da ist und dass man sich messen möchte.

Aber, was passiert? Der Fokus ist auf dem, was das Kind nicht gut macht. Die KIGÄ ist irgendwann genervt. Wie es im Eingangspost heisst, wenn ich es richtig verstanden habe, das Kind war schon im letzten Jahr auffällig. Nun müsste man in meinen Augen überlegen, wie kann es lernen, wann es für andere ein "Problem" wird? Wie bekommt es gespiegelt, dass sein Verhalten nicht für alle stimmt.

Das mal das Eine. Das Andere, mit dem Wehren ist auch so eine Sache. Unsere Jüngste wurde über Jahre geplagt. Sie ist eine sehr sensible, aber relativ gross und massig und auch kräftig. Sie hat sich immer wieder Hilfe bei den Lehrpersonen gesucht. Die haben lange weggesehen, mit dem Kommentar, sie müsse lernen sich selber zu wehren. An einem Gespräch mit der Schule wurde ich als Übermutter abgeputzt. Was folgte war ein Spiessrutenlauf. Sie kann sich sehr gut verbal wehren, da sie extrem klever ist, hat sie ein nicht gerade kleines Mundwerk und sie hat lange Zeit zurückgegeben. Als sie anfingen sie auch köperlich zu ginggen, auf den Kopf zu Hauen, ihre Kleider zu zerreissen, gab sie zurück mit dem Ergebnis, dass sie am Schluss die Schule verlassen musste. Leider haben sich andere Eltern für ihre Kinder mehr gewehrt als ich, die ich immer der Meinung bin, Kinder sollen unter sich austragen, was sie auszutragen haben.
Für uns war der Schulausschluss das Beste, was uns passieren konnte. Sie kam in eine Nachbargemeinde und seither haben wir ein problemloses Kind, das nicht mehr lernen muss sich zu wehren und das auch mal Hilfe von der Schulsozialarbeit beanspruchen kann, wenn es ihr zu viel wird, was in den letzten anderthalb Jahren zweimal der Fall war. An der alten Schule kam dann wenige Monate später ein Elternbrief, sie hätten schweres Mobbing an der Schule, man würde mit den Kindern nun arbeiten. Ich weiss nicht mehr viel was läuft, aber gemäss einigen Eltern ist es nie ganz ruhig geworden. Offensichtlich war ein weiteres Kind, nach unserer Tochter so geplagt worden, bis es die Schule verweigerte, da dämmerte es dann der Schulleitung doch langsam, dass mehr dahinter steckt.

Ich versuche meine Kinder immer zu stärken und mich nicht dauernd einzumischen. Aber das ist fängs schwierig. Viele Eltern haben nichts anderes zu tun, als Schuldzuweisungen zu machen. Es ist leichter dem Kind den Rücken frei zu halten, als sich damit auseinander zu setzen, was für Schwierigkeiten das Kind hat und mit ihm daran zu arbeiten.
Dasselbe passiert auch in Schulen. Es braucht Zeit, wenn man die Sozialkompetenz stärken will. Aber es lohnt sich. Und es gibt Fälle, wo man Hilfe von Aussen braucht.
Wir haben bei unserer Tochter auch Hilfe gesucht und bekommen und sie hat neue Strategien lernen dürfen, mit Kindern umzugehen, die für sie ein "Problem" sind. Sie hat auch gelernt, dass das ihr Problem ist, erstmal und dass sie sich dann halt anderen Kindern zuwenden muss.
Es ist mir aber auch wichtig, immer wieder hin zu schauen, was denn positiv sein könnte am anderen Kind. Was können die Beiden gemeinsam machen? Was kann mein Kind dem anderen Kind geben, damit es ruhiger und weniger auffällig wird?

Unsere Zweitjüngste ist so eine. Extrem anstrengend, wenn sie in neue Gruppen kommt. Wenn sie dann mal ihren Platz hat und sich angenommen fühlt, wird sie deutlich ruhiger, weniger fordernd und es kommen ihre guten Seiten zum Vorschein.

Es geht nicht immer darum, sich zu wehren, sondern darum, wie kann auch ein Miteinander möglich werden? Und wenn es nur beim Znüniteilen einmal ist. Oder bei einem Spiel, es muss ja nicht die Bauecke sein, in der es dann hektisch wird. Auffällige Kinder brauchen oft positive Beziehungen und es hilft ihnen nicht, als die "Schwierigen" abgestempelt zu werden und es hilft auch nicht, wenn Eltern ihnen alle Steine aus dem Weg räumen. Je mehr sie aber gemieden werden um so auffälliger werden sie.

In diesem Sinne kann es nur gelingen, wenn mit allen Beteiligten gearbeitet wird.
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Pädagogik ist der organisierte Kampf der Erwachsenen gegen die Kinder.(Mark Twain)

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