Dr. Karg Gedichte / Teil 2
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Alt werden, alt sein
Alt werden, alt sein
©Hans Hartmut Karg
2016
Alt will jeder werden,
Jung will jeder sein.
Keiner hat Beschwerden,
Alt will niemand sein.
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Männer trauern anders
Männer trauern anders
©Hans Hartmut Karg
2016
Männer können selbstverständlich weinen
Und ihre Trauer sichtbar öffentlich erklären,
Doch sollten Trauerarbeiter nicht meinen,
Dass sich dagegen Männer niemals wehren.
Denn Männer trauern lieber still für sich,
Als frühe Jäger waren sie schon immer einsam.
In ihrer Trauer sehen sie oft sich, nicht Dich,
Vergessen dann, was wirklich zweisam.
Wo sie zum Weinen hin erzogen,
Werden sie auch lautstark weinen können.
Doch ob damit dann nichts verlogen,
Wo sie ans Offenlegen sich so schwer gewöhnen?
Ein Mann kann tiefe Trauer tragen,
Wenn er zurückzieht sich in innere Räume,
Die seiner Denkungsart zusagen
Und die dort finden ihre stillen Träume.
Des Mannes Trauer muss nicht sichtbar sein,
Er geht erinnernd durch die Lebensauen
Und wird für sich so ganz allein
Die Trauer tragen – ohne seine Frauen.
Lasst Männern ihre eigene Trauer,
Lasst diese sie doch auch verstecken!
So werden sie zum Brückenbauer
Für alle, die dort tiefen Trost erwecken.
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Woher - wohin?
Woher – wohin?
©Hans Hartmut Karg
2016
Aus tiefer Nacht sind wir gekommen,
Dorthin kehren wir auch zurück.
Alles, was wir uns vorgenommen,
Würdigt das Schicksal mit keinem Blick.
Längst sind uns Freunde vorausgegangen,
Mit denen wir gut reden konnten.
Wenn wir ins Alter nun gelangen –
Wer sagt uns, wo sie früher wohnten?
Wir gehen zu dem Ende hin,
Wenn späte Tage sonnenfahl,
Treiben uns aus den Erdensinn –
Es bleibt uns schließlich keine Wahl!
Ist heute nicht der Totensonntag?
An dem besuchen wir die Toten,
Beten für den Ewigkeitstag,
Entfernt von allen Heutemoden.
Aus Asche und aus Staub geboren
Werden wir wieder dorthin gleiten,
Wo zeitlos Ewigkeit erkoren
Und die Äonen Stille weiten.
Kein Auge sieht, kein Ohrgang hört
Kein' Zarthand fühlt, kein' Nase riecht,
Was uns im Leben einst gehört,
Wenn unser Leib zum Ende siecht.
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Justin oder die Geschichte vom Dreiecksglück
Justin oder die Geschichte vom Dreiecksglück
©Hans Hartmut Karg
2016
Dies ist eine Geschichte von Justin, von Admira und von Brigitte. Die Namen mögen mir nicht mehr ganz erinnerlich sein, die Geschichte aber ist wahr.
Justin kam aus gutem Hause. Die Eltern und die Großeltern waren immer jeweils eine Stufe bis zur Oberschicht aufgestiegen. Das war natürlich nur möglich, weil ein Arbeitsethos die Menschen antreiben konnte bzw. sie sich damit selbst angetrieben haben, denn materieller und sozialer Aufstieg ist und bleibt normalerweise und ohne Glücksritterschaft nicht einfach.
Justin hatte noch drei Geschwister, die ebenfalls – wie er – beruflich sehr erfolgreich waren. Er selbst hatte es geschafft, Top-Manager in einem Sozialunternehmen zu werden. Er verdiente sehr gut, hatte aber auch sehr viel Zeit zu investieren. Außerdem musste er, der doch so gern mit den Eltern kommuniziert hatte, mit seiner Familie weit wegziehen, um die Stelle zu bekommen.
Dort angekommen kaufte er für sich und seine Familie ein Haus, ein zweites Auto, und er heiratete seine Lebensgefährtin Brigitte, die ihm drei Kinder geboren hatte. Ein viertes Kind hatte sie bereits in die Beziehung mitgebracht. Er schien glücklich und war nun seit einem Vierteljahrhundert in dieser Ehe.
Seine nunmehr Angetraute, die Brigitte, kam aus einem anderen, kleinen Land, in dem es immer schon um Freiheit gegangen war. Das kleine Land hatte sich jahrhundertelang gegen Übergriffe von außen wehren müssen. Deshalb war seine damals noch hübsche Brigitte eine große Verfechterin uneingeschränkter Freiheit. Aber sie hatte offenbar eine Hypothek zu tragen, denn sie war – nach eigenen Aussagen – als Kind innerhalb ihrer Herkunftsfamilie vergewaltigt worden. Sie hatte sich mehrfach psychologische Hilfe gesucht, aber sie wurde offenbar mit diesem Problem nicht fertig und hat darüber auch mit ihrem Mann nicht gesprochen.
Justin war ein Vorbild von Ehemann und Vater. Er war geradlinig und gerecht, aber er wollte sich natürlich nicht aus seinem Naturell vertreiben lassen. Er las seinen Lieben alles von den Lippen ab. Äußerten sie einen Wunsch, trachtete er diesen zu erfüllen. Er arbeitete von morgens bis abends, war immer sehr bescheiden und tätigte auch den Haushalt, denn seine Brigitte sagte ihm, sie wäre faul. Das war sie auch. Sie aß gern und wurde immer dicker. Offenbar sah sie für sich in der Machtausübung gegenüber ihrem Mann die unbewusste Möglichkeit, ihr kindliches Leid zu lindern. Auf der anderen Seite waren ihr alle vier Kinder heilig. Diese durften sich alles erlauben, räumten bei Fremden auch mal Schränke aus und äußerten sich despektierlich über Erwachsene, ganz besonders auch über ihre Lehrer. Den Stiefvater bzw. Vater verachteten sie, denn in Erziehungsfragen hatte er nichts zu melden. Und alle kamen ihm immer nur mit Wünschen.
Justin, dieser vom Elternhaus und von seiner Herkunftsfamilie ganz sozial Eingestellte, ließ sich nicht lange bitten, sondern erfüllte die Wünsche der Despektierlichen. Die vier Knaben wurden immer frecher. Justin wollte intervenieren, aber dies ließ seine Frau nicht zu, denn sie entschuldigte alles. Wenn die Söhne etwas angestellt oder geklaut hatten, schob sie dies auf die Unvorsichtigkeit der Erwachsenen. Beschwerten sich Lehrkräfte über den frechen Ton der Kinder, meinte sie als Mutter und gelernte Erzieherin, die Lehrkräfte wären unfähig. In ihrem Herkunftsland würden sich Lehrkräfte viel mehr den Kindern widmen. Justin durfte nicht miterziehen, denn sie war die große Mutter, die Heilige. Seine Frau Brigitte wollte auch immer nur zu der eigenen Mutter in Urlaub fahren, niemals woanders hin, obgleich sie dort doch schweres Leid erfahren hatte.
Nach etwa fünfundzwanzig Jahren – die vier Jungs waren inzwischen groß geworden – musste Justin eine neue Führungsmitarbeiterin einstellen. Diese war nach ihren Arbeitszeugnisse sehr gut, kam ebenfalls aus einem nun anderen europäischen Land und zeigte sich ganz anders, als Brigitte. Die neue Mitarbeiterin hieß Admira. Sie war im Gegensatz zu Brigitte immer mit dem Schminkkoffer unterwegs und mit einem Arzt verheiratet, der sehr reich war, so dass sie überhaupt nicht hätte arbeiten müssen. Aber ihr Unabhängigkeitswille ließ dies nicht zu, obwohl der reiche Ehemann ihr Auto, Wohnung und Lebensunterhalt immer schon teuer bezahlt und ihre Liebesdienste mit Reisen und teuren Geschenken belohnt hatte. Er war schließlich dreißig Jahre älter....
Admira aber war ein Kind ihres Volkes und ihres Landes. Sie schminkte sich sehr stark und blieb lebenslang sehr schlank, weil sie auf ihre Linie streng achtete. Im Gegensatz zu Brigitte hatte sie sich niemals gehen lassen. Und es war ihr eine Wohltat – obwohl nicht mehr ganz jung – doch immer wieder zu erleben, wie ihre Reize zur Wirkung gelangten. Ihr Ehemann wusste das, aber er konnte nichts machen. Darüber war er nicht sehr froh, doch wollte er sie auf der anderen Seite auch nicht verlieren und sperrte sie deshalb nicht ein.
Nun lernte Justin in seinem großen Betrieb die neu ernannte Mitarbeiterin näher kennen. Und ihr Bestreben war es, zu zeigen, dass ihre Reize immer noch andere Männer – nicht nur den Ehemann – in Bann schlagen konnten. Das gelang ihr auch. Justin hatte ja nur Geld heranzuschaffen, seine Frau war immer abweisender geworden und die vier Jugendlichen drangsalierten ihn mit Wünschen, so dass er im eigenen Haus nicht mehr richtig zum Atmen kam. Er fragte sich inzwischen schon, weshalb er auf der Welt war. Nur die verantwortungsvolle Arbeit stärkte noch seine Zufriedenheit. Also verliebte er sich in die Mitarbeiterin, die etwa in demselben Alter wie seine Ehefrau war, ihm jedoch zu zeigen vermochte, was für ein toller Mann er war. Erstmals in seinem Leben spürte er, dass er nicht beherrscht werden sollte, sondern dass er geliebt wurde. Das hatte Admira zu Hause gelernt und darauf war sie stolz!
Justin war diesem Liebesfeuer und der überbordenden Sexualität gern verfallen. Er verliebte sich sehr in „die Neue“, die offenbar wegen des älteren Mannes in seinen Augen auch ein dringendes Nachholbedürfnis hatte. Sie schwebte Justin scheinbar willenlos entgegen – und er fing sie dankbar und liebevoll auf.
Das blieb nicht unbemerkt, wenn er nun immer länger von zu Hause fortblieb.. Brigitte bekam Wind von der Sache und versuchte ihn zur Rede zu stellen. Justin aber hatte nur den einen Satz auf den Lippen: „Ich habe mich verliebt!“ Die Liebe zu der anderen Frau hatte ihn vollkommen gepackt und er war nicht in der Lage, sich zu befreien. Er sagte nur noch: „Ich zahle alles!“ Dann war er ausgezogen, hatte die Familie verlassen und auch der weinenden Ehefrau nichts entgegenzusetzen gehabt, als den Abschied.
Die nächsten Monate waren ein einziges Liebesfeuer. Und es kam, wie es kommen musste: Mehrmals war Admira schwanger, konnte jedoch wegen des ungestümen Lebens die Leibesfrucht nicht halten. Sie hatte Fehlgeburten – und machte doch weiter, ließ Justin gar einziehen und blieb monatelang fern von ihrem alten Ehemann. Mit Justin reiste sie viel, nach Rom, nach Südtirol, in die Türkei, in europäische Länder und Hauptstädte – soweit es ihre Arbeit zuließ. Und ihre Liebe wurde stärker und stärker.
Aber der reiche Ehemann von Admira ließ nicht locker. Und Admira kam immer wieder zu ihm zurück, wenn Justin am Wochenende seine Jungs bei sich haben musste, weil Brigitte streng darauf aus war, mit Geld unterstützt zu werden und die Erziehungsarbeit gemeinsam zu bewältigen. Sie hatte ein Zusatzstudium aufgenommen und wollte sich spät selbst verwirklichen.
Und genau an diesem Punkt angelangt konnte man schon erkennen, dass die neue Liebe keine Zukunft hatte. Admira war ein Kind ihres eher armen Volkes. Sexualität war ihr selbstverständlich und wichtig, jedoch auch die Attraktion von Luxus und Reichtum. Für sie war Liebe immer ein Geschäft – oder vielleicht auch eine Berechnung. Das war nicht ganz klar zu ermitteln. Sehr genau hat sie mit ihren Eltern ihre Situation besprochen und war zu dem Schluss gelangt, dass ihr die Sexualität mit Justin zwar gut getan hatte, sie jedoch wegen der Abgänge und wegen des Ehebruchs gegenüber ihrem Ehemann Gewissensbisse plagten und sie ganz deutlich feststellen konnte, dass er ihr weniger Sexualität, dafür umso mehr Luxus und Glamour bieten konnte. Das war für sie natürlich Liebe! Also kehrte sie zu ihrem angetrauten Ehemann zurück, um die Ehe nicht weiter zu brechen.
Justin war untröstlich. Ja, er war verzweifelt! Um Trauerarbeit zu leisten und über den Verlust hinweg zu kommen, wandte er sich an einen Therapeuten. Der erzählte ihm beispielsweise, dass er Opfer der elterlichen Arbeitsmoral geworden wäre und dass er sich entscheiden müsste, welchen Weg er einschlagen wollte. Admira hatte sich nicht scheiden lassen, er hatte dies nicht getan – und auch Brigitte nicht, die ihm mit einem Hausschlüssel für das neue Haustürschloss unter Tränen angeboten hatte, dass er jederzeit zu ihr zurückkehren könnte.
Es war eine verfahrene Situation, in der sich Justin wiederfand. Die neue Mtarbeiterin, um die er ja immer wieder herumlaufen und mit der er weiterhin zusammenarbeiten musste, fuhr am Wochenende zu ihrem Ehemann und ließ sich dort verwöhnen. Er selbst wurde nun von den vier Pubertierenden total verachtet und übel angegangen, wenn sie bei ihm waren. Und die Ehefrau Brigitte hatte alle seine Habseligkeiten längst beseitigt, indem er diese in eine neue Wohnung mitgenommen hatte. Wichtige Unterlagen hatte sie behalten. Sie studierte weiter und sie ließ sich den Ehebruch reichlich entlohnen.
So fand er sich wieder, der Top-Manager, unglücklich, beschämt, leer. So ging er in ein neues Jahr und suchte mit Hilfe psychologischer Betreuung zunächst sich zu sortieren und sich zu fragen, ob es auf dieser großen Erde nicht doch noch eine liebe Mutter geben könnte, die ein schönes Kind haben würde und das ihn ganz so lieben und achten dürfte, wie er es eigentlich vom Leben zu Zweit erwartet hatte.
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Altersgebet
Altersgebet
©Hans Hartmut Karg
2016
Du hast mich bis hierher geführt
Mit Deiner großen Gnaden.
Die Nähe habe ich gespürt,
So blieb ich ohne Schaden.
Gib mir noch Zeit in späten Jahren,
Dass ich Dein großes Werk verkünde
Den Kindeskindern, die erfahren,
Dass Du bist Herr der sieben Winde.
Ich lebt' in Angst und auch in Schrecken,
Du nahmst sie mir, machtest mich frei.
Deshalb kann ich die Teufel necken,
Denn die sind mir jetzt einerlei.
Du machst mich groß und tröstest mich,
Holst aus den Tiefen mich zur Erde.
So bet' ich zu Dir, ehre Dich
Und sehe Dich als Hirt der Herde.
Ja, es ist Trost und Glück zugleich
Solch einen Schöpfergott zu haben,
Der aufbaut seines Vaters Reich,
In dem die Demut sich kann laben.
Das Alter kann mir noch Zeit geben,
Um Zuversicht gern zu verbreiten.
Denn Nächstenliebe, das ist Leben,
Mit dem die Seelen sich bescheiden.
So treibt man hin zum Firmament,
Wo helle Glocken klingen
Und jeder nur die Freude kennt,
Wenn Flügel sich aufschwingen.
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USA heute
USA heute
©Hans Hartmut Karg
2016
Früher waren das Landstriche der Weite,
In denen die Freiheit zum Menschengeleite
In seine Möglichkeiten und Chancen einführte,
Weil die Freiheit ja jedwede Lebenskraft schürte.
Später dann rennen, auf der Stelle treten,
Während andere nur nach Reichtum spähten
Und die daher mit dem besonderen Blick
Die Zukunft bringen um wahres Glück.
Stand früher im Mittelpunkt das Sozialelement,
Gibt es heute nur noch das Geldregiment,
Um Stufe für Stufe nach oben zu steigen
Um seinesgleichen den Reichtum zu zeigen.
So unterscheiden sich heute in den USA,
Welche ich einst als herrliches Freiheitsland sah,
Die vielen Armen von den wenigen Reichen,
Die einander doch nicht können ausweichen.
Wie soll denn da noch Vertrauen entstehen,
Wie sollte man da noch Wandel sehen,
Wenn die Geldhäuser alle zubetoniert
Und der Aktienkurs die Hoffnung verführt?
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Spaziergang
Spaziergang
©Hans Hartmut Karg
2016
Die Teller morgens viel zu voll geladen –
All inclusive ist ein schwerer Gang!
Verliert das Hirn dabei den letzten Faden,
Kriecht Hüftgold gar zum Bauch heran.
Was sind das denn für schlimme Taten,
Schädigt das heiße Wasser nicht das Herz?
Wollten wir nicht vermeiden jeden Schaden
Und alles, was bedeutet nichts als Schmerz?
Deshalb marschieren wir jetzt hin zum Inn,
Denn dort jagen die Winde Nebel, Lüfte.
Da hat das Kurlauben erst seinen Sinn –
Und nirgends Luxus, nirgends Badedüfte!
Spazierengehen weitet unsere Poren,
Die kleine Anstrengung regt Sinne an.
Was uns für diesen Tag schon schien verloren,
Führt nun gesund zurück zur Lebensbahn.
Es war ja Zeit, die Beine zu vertreten,
Ein wenig durchfrieren den alten Leib.
So kann heraustreten aus vielen Nöten
Er – späte Lebenslast als Zeitvertreib.
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Notdurft
Notdurft
©Hans Hartmut Karg
2016
Da kam er in die fremde Stadt,
Die angeblich viel Charme hat.
Und er durchstreift' die Einkaufsmeilen,
Denn dort wollte er gern verweilen.
Da plötzlich drückte ihn der Darm,
Es war so heiß und dampfig warm.
Deshalb suchte er ein WC,
Er hatte schon leichtes Bauchweh.
Doch nirgendwo gab es ein Klo,
Es rebellierte schon sein Po.
Er wollte hin, wo jeder rennt –
Er hatte keine 50 Cent!
Er fragte Leute, ob sie gäben
Ihm 50 Cent, zum Klo zu streben.
Doch keiner rückte Münzen 'raus –
Der Reichtum ward zum Armenhaus!
Da setzte er sich schweißnass nieder,
Hielt seine Mütze bettelnd, bieder –
Und wirklich kamen Münzen rein,
Auch 50 Cent sollten es sein.
Schnell stand er auf, hin zur Toilette,
Empfand an der Entspannungsstätte
Endlich Erleichterung aus der Not,
Weil ihm die Großmut Hilfe bot.
Seit dieser schlimmen Grenzerfahrung
Gibt er den Bettlern gern Geld, Nahrung,
Denn wer weiß, ob die nicht in Nöten
Wie er – da helfen dann die Kröten!
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Geschenke
Geschenke
©Hans Hartmut Karg
2016
Es gibt bald wieder die Geschenke
Zum Jahreshöhepunkt und -ende.
Wenn da an Früher ich nur denke –
Da war das Schenken bald am Ende!
Auch letztes Jahr gab's deren viele –
Führn sie die Liebe zum Erwachen?
Was waren dabei hehre Ziele?
Gab es nur Konsumentenlachen?
Das kleine Kind spielt mit Verpackung
Und baut daraus ein Stecksystem.
Ja, ihm reicht wirklich die Verpackung,
Es muss nicht um Geschenke gehn!
Und auch in der Erwachsenenwelt
Ist Exaltiertes nicht das Gute.
Geschenke brauchen kaum viel Geld –
Freude kommt uns doch sehr zugute!
Der Schenkende, er sei uns nah,
Mit ihm wollen wir leben.
Denn ihm, den ich so selten sah,
Ihm möcht' ich Nähe geben.
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Liebesgeburtstag
Liebesgeburtstag
©Hans Hartmut Karg
2016
Sie ist so jung wie eh und je,
Vermag alles zu meistern.
Wenn ich in ihre Augen seh',
Kann ich mich nur begeistern.
Zwei Jahre jünger ist sie schon
Man sieht da keine Jahre.
Und ehrlich bleibt ihr guter Ton,
Auch färbt sie sich die Haare.
Da sie sich wenig nur geschminkt
Ist ihre Haut feinporig, zart.
Bei ihr gerne die Freude winkt,
Weil sie liebend nicht spart.
Heute kommt nun ein Jahr dazu,
Doch schreckt sie das nicht mehr.
Sie lebt mit mir in Altersruh' –
Da ist Leben nicht schwer.
Sie ist bei allem sehr robust,
Lässt sich nicht unterkriegen
Und kann so manchen späten Frust
Stets anständig besiegen.
Deshalb wünsche ich Dir auch heute
Gern weiterhin viel Kraft und Mut,
Nach Möglichkeit recht feine Leute,
Dann werden unsere Jahre gut.
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Überleben
Überleben
©Hans Hartmut Karg
2016
Sind die Möglichkeiten
so erbärmlich,
dass sie die Realien
achselzuckend
als leitende
Bedingungen
akzeptieren?
Wer die Wohllebenden
mit den fremdgeleiteten
Überlebensforderungen
ständig erpresst,
hat der es denn verdient,
eines Nächsten
Freund
zu
werden?
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Anreisetag
Anreisetag
©Hans Hartmut Karg
2016
Sie kamen endlich her in hellen Scharen,
Die Pensionäre, Rentner, die da noch nicht waren.
Denn Essen, Trinken gab es frei und ständig
Und man bediente sich dort gern und eigenhändig.
Der Hotelier, er wollte doch nicht pleite gehen!
So hatte er sich nach Discountern umgesehen
Und bot - anstatt in früheren Zeiten Klasse -
Nun Vollversorgung - auch auf Krankenkasse.
Die Gäste standen wartend an der Rezeption,
Denn Reisen war für sie der Lebenslohn.
Die Schlange wurde lang und immer länger
Und mancher Blick verweilte da nur umso strenger.
Die Chefin kam, umarmte die Stammgäste,
Trug dabei vornehm die hoteleigene Weste,
Denn familiär war alles gut organisiert
Für alle, die der Weg hierher geführt.
In die Türkei wollten ja viele nicht mehr reisen,
Im eigenen Land sollten die Sinne kreisen!
Und sicher war man auch im eigenen Land,
Weil alles so vertraut und so bekannt.
Am Abend dann, ganz pünktlich um halb Sechs
Kamen die Speisen mit Rebengewächs,
Die Platten mit den vielen, vielen Speisen -
Man wusste jetzt, warum die Gäste hierher reisen....
Und dann urplötzlich jenes große Fressen,
Bei dem sogar ein Ehepaar aus Hessen
Kopfschüttelnd zugriff, als wär' es verhungert
Und jeder gierte, jeder nur noch lungert'.
Da griff der Zögerliche zu, nahm Fleisch und Fisch,
Das fünfte Rotweinglas kam auf den Tisch.
Und rasch verschwand mit Messer und mit Gabel
Das Futter bis zum Magennabel.
Man futterte, man schlemmte und man trank,
Denn dies ist doch der größte Lebensdank:
Die Sterneköche, alle, hier vergessen,
Denn der Kaskadenmagen will nur feste essen.
Kampfesser sitzen hier, Männer und Frauen,
Ein Rentnerehepaar aus fernem Plauen,
Und auch die Viererschaft aus Hilpoltstein
Gönnt sich den vielen und den trockenen Wein.
Die beiden Damen aus Hauptstadt Berlin
Haben am Abend noch vieles im Sinn:
Sie füllen sich bereits den vierten Teller
Und trinken den Rosé nur umso schneller.
Und auch aus Baden sind jetzt angereist
Sechs mit der Gastrosprache und mit hohem Geist,
Womit der Gaumen immerzu verführt
Und jede Speisaufnahme ständig kommentiert.
Das Riesenfressen geht über zwei Stunden
Und immer wieder ziehen Kampfesser die Runden,
Damit der Lebensabend füllig glücklich sei,
Selig versunken in totaler Völlerei.
Nichts braucht am End' der Mensch wohl mehr,
Als volle Schüsseln, Nachtische recht schwer,
Denn hier ist das Schlaraffenland
Und kann beglücken jede freie Hand.
Ein jeder holt, was längst bezahlt und was er mag
Und das beständig nun bei Nacht und Tag.
Wenn dann der Magen schmerzhaft zwickt,
Erklärt man halt die Küche für verrückt,
Wirft rasch im Zimmer seine Pillen ein,
Damit doch alles immer kann so sein,
Als wäre man mit seinen weißen Haaren
Noch immer fit – als wie vor fünfzig Jahren!
Fahr' deshalb nie ins Inklusivhotel,
Denn dort erlernst Du leider viel zu schnell,
Wenn alles frei und völlig inkludiert,
Dass dort die Gier den Menschen schlimm verführt.
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Gutes Leben?
Gutes Leben?
©Hans Hartmut Karg
2016
Ein jeder will natürlich sehr gut leben –
Ja, jeder Mensch auf dieser schönen Erde!
Damit kann Ruhe er dann geben,
Man meint, es gäbe so keine Beschwerde.
Doch wohl gemach, mein wunderedler Ritter!
Bekanntlich war es meistens so,
Dass immer dort, wo nur der Leichenbitter
Auch der Gevatter war alleine froh!
So lebt das Stadtproletariat,
Vemehrt sich vielerorts recht ungezügelt
Und treibt den Krieg voran als die Untat,
Die längstens von den Bösen ausgeklügelt.
Die wollen dann in Wohlstandsstaaten –
Obwohl sie nichts getan, sich nur vermehrt! –
Brandmarken andere für die Kriegstaten,
Weil sie sich immerzu nur laut beschwert.
In Wirklichkeit sind sie doch tatenlos geblieben,
Halten allein den vielen Nachwuchs hoch,
Haben die Blindsozialen angeschrieben –
Und sehen dadurch nie der Anderen Menschenjoch.
Vermehrung ist ein übler Teufelskreis,
Verschlimmert noch durch manche Religion.
Heut' haben wir längst den Beweis,
Dass Menschen sind ihr eigener Fron.
Wenn nur die Bäuche weiter voll,
Wird sich die Menschheit selbst zerstören.
Was ist und was dann weiter soll,
Kann sich der Automatik nicht erwehren.
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Thermenprobleme
Thermenprobleme
©Hans Hartmut Karg
2016
Die Bettenburgen stehen da noch leer
Und warten auf die vielen Badegäste,
Die früher aus der Ferne kamen her
In Jogginghose – und in reicher Weste!
Doch heute sieht es anders aus:
Die Alten sterben leider langsam weg!
Und manchem liebgewordenen Thermenhaus
Entschwindet so sein altes Privileg.
Wie soll man Junge dort anwerben können,
Wenn alles nur auf alte Menschen angelegt?
Wie kann man neue Gäste denn verwöhnen,
Wenn sich die Auslandskonkurrenz beständig regt?
So bleibt oft nur die Schlemmerei,
Mit der man die Discountergäste lockt:
Statt Spielbank lieber nur ein Frühstücksei,
Weil man im Alter nicht mehr wirklich zockt.
Man müsste ganzjährig die Außenbecken füllen,
Damit auch die Familien herkommen,
Nicht nach Unmöglichkeiten schielen,
Sondern das Herz in eigene Hand genommen!
Wären in den Hotels die vielen Außenbecken
Auch noch im Herbst und Frühjahr in Betrieb,
Könnten sich hier Familienkreise necken
Und kämen, hätten ihr Thermalbad lieb!
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Wer zuerst geht
Wer zuerst geht
©Hans Hartmut Karg
2016
Zuerst werde ich gehen müssen
Und Du wirst hier alleine bleiben.
Dann ist nichts mehr mit herzen, küssen,
Wir können keine Mails mehr schreiben.
Da weiß ich, wie Du einsam gehst
Wo Du doch so gern reden willst,
Weil Du auf Zwiegespräche stehst
Und damit Wissbegierde stillst.
So ziehst Du Dich auf Dich zurück,
Wählst Fernsehen und Zeitschriften –
Und sehnsuchtsvoll geht dann Dein Blick
Dorthin, wo Paare Nähe stiften.
Ja, Einsamkeit macht Schweigsamkeit,
Die Zweifel sind allein zu tragen
Und trauern nach der fernen Zeit,
In der wir Liebesworte sagen.
Jetzt wird Erinnerung erst stark,
Doch jede Zartberührung geht:
Das wird Dir, Liebes, wirklich arg,
Wenn nur noch frühes Bildgut weht!
Allein in ihrer stillen Größe
Wird sie zur Großbegehrlichkeit
Und überstrahlt, was gut und böse,
Macht uns den Erdenhimmel weit.
Die Liebe bleibt Einsmöglichkeit,
Ist in den Herzen einverpflanzt.
Sie überwindet jeden Streit,
Weil dort die große Freude tanzt.
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November in Niederbayern
November in Niederbayern
©Hans Hartmut Karg
2016
Wenn im November
die kalten, trockenen Winde
von Österreich herwehen
und aus den Innauen
von den Nebelbänken
weitere Nässe aufnehmen,
schleichen sie durch die
Parks im Bäderdreieck,
lassen Tropfen für Tropfen
auf bunte Blätter fallen und
verbergen in den vielen Ödorten
die Dunkelerden und die Gemüter.
Nur die Kurgäste ziehen
ansatzweise aus solchen
Wetterlagen
klaren
Geist.
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Ich leb' im kleinen Paradies
Ich leb' im kleinen Paradies
©Hans Hartmut Karg
2016
Ich leb' im kleinen Paradies,
Da will ich gar nicht gehen,
Will wandeln, essen die Radies'
Und Blumen blühen sehen.
Ich leb' versteckt im Paradies,
Genieße jeden neuen Tag.
Da gibt es für mich kein Verlies,
Weil mich die Liebe mag.
Ich leb' im großen Paradies
Auf unserer schönen Erde,
Wo mich die Muse nie verließ
Und ich die Liebe mehrte.
So geh' ich aus dem Paradies –
Das mir einst Heimat war,
Weil Freiheit mir Glauben verhieß –
Zum Schöpfergott und seiner Schar.
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Ein Traum von Laune
Ein Traum von Laune
©Hans Hartmut Karg
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Alle mochten sie,
denn sie war nett,
am Tage, nach Zehn.
Das Leben ist halt so.
Vorher war sie immer
schlimm morgenmuffelig.
Niemand durfte sie daher
ansprechen, antippen.
Gespräche waren tabu.
Wagte es dennoch jemand,
musste er sich immer
ihre Beschimpfungen
gefallen lassen.
Alle verkrochen
sich, warteten,
bis die vielen
Uhren endlich
auf Zehn
gedreht
hatten.
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Die Goldenen Poetenjahre
Die Goldenen Poetenjahre
©Hans Hartmut Karg
2016
Da funkelt schon ein Reim gar hin zum andern,
Da treiben schöne Wörterwerke Sträuße –
Und die Gedanken können nun frei wandern,
Denn keiner sitzt mehr einsam im Gehäuse.
Nie war die Welt doch reicher an Gedichten,
Nie reicher eine Zeit an so viel Dichtern,
Als unsere mit Tausenden von Lichtern
Und mit Ideen, mit den Bildern und Gesichtern.
Es breiten sich Gedanken nun netzartig aus,
Antipathien wechseln frei mit Sympathien.
Die Unbekannten geben Unbekannten viel Lob aus –
Und manches wird gespart und auch verziehen!
Die goldnen Jahre sind Poetenjahre,
Mit denen unsere Zeit sich reichlich schmückt.
Manchmal stehen einem zu Berge ja die grauen Haare
Und mancher Vers macht einen halb verrückt!
Doch hab' ich herrliche Gedichte auch gelesen,
Im Internet sprießen sie reich wie Pilze.
So lässt uns diese Forenwelt ständig genesen,
Damit der Geist nicht nur im Geld verfilze...
Noch nie konnte man doch so unbeschwert
Auf seinem Sofa schöne Dichtkunst lesen.
Nichts ist uns ja im Netz verwehrt –
Dadurch kann das Gemüt erst wesen!
Ich liebe diese Zeit und unsere vielen Dichter,
Die jung und alt die Horizonte mitgestalten.
Sie geben dieser Welt schöne Gesichter
Und wehren sich gegen Verkarsten, nur Verwalten.
*
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Schlaraffenland
Schlaraffenland
©Hans Hartmut Karg
2016
Es kommen mehr und mehr Hotels,
Die mit Allinclusive werben.
Voll sind alle Parkplätze dort –
Und voll die vielen Tische!
Viermal am Tage gibt es dort
Soviel zu essen wie Du magst.
Kampfesser stehen pünktlich an,
Um nahe am Büffet zu speisen,
Nur Messer, Gabel, Schlund bewegt
Und übersättigen den Leib!
Stolz sein auf die Lustesserei,
Denn das ist hier ja Zeitvertreib!
Nach einer Woche reisen ab
Die mit viel Hüftgold nun befrachtet,
Denn alles, was der Körper hat,
Wird als Eroberung betrachtet.
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