Wie seht ihr das, hat man Autismus oder ist man Autist! Seht ihr das als Behinderung? Bei der Abklärung wurde mir gesagt, Autismus ist keine Behinderung, mehr eine Art des seins. Wie zum Beispiel Homosexualität.
Das sehen glaube ich alle anders. Manche sagen so, manche andersrum. Ich sage unser Sohn ist Autist. Oder im Autismus Spektrum. Jemand hat Autismus klingt für mich zu sehr wie eine Krankheit und als das sehe ich Autismus nicht. Ich gehe aber nicht einig damit, dass es keine Behinderung ist. Das mag bei schwachen Ausprägungen vielleicht noch passen, das kann ich nicht so einschätzen. Aber ab einer gewissen Stärke der Betroffenheit ist ein Mensch in seinem Tun und innerhalb seiner Möglichkeiten behindert. Sprich, er kann nicht aus dem Vollen schöpfen und ist aufgrund von Besonderheiten eingeschränkt. Für mich ist unser Sohn in gewissen Bereichen behindert. Damit habe ich kein Problem, weil das Wort für mich noch nie eine Wertung in sich getragen hat.
Wenn ich die Beurteilungsbögen der IV anschauen, dann kann ich diese Behinderung ohnehin nicht mehr aus dem Wind schlagen. Allerdings sehe ich Behinderung generell nicht als etwas das keine Entwicklungsmöglichkeiten bietet. Aber ich bin mir bei unserem Sohn bewusst, dass diese anders aussehen als bei anderen Kindern und dass sie in gewissen Bereichen sehr viel mehr Zeit brauchen und in manchen vermutlich früher ausgeschöpft sein werden, als bei einem anderen Kind.
@Vererbung
Auch ich kenne niemanden, bei dem nicht ein Elternteil ebenfalls ins Spektrum fällt.
Autismus sieht bei Mädchen/Frauen häufig etwas anders aus als bei Jungs und fällt oft weniger auf. Ich habe den Eindruck, dass Mädchen weniger physisch eskalieren als Jungs, das kann aber auch nur eine Frage meiner eigenen Wahrnehmung sein.
Bei uns war es auch die Kinderpsychiaterin die auf familiäre Verbreitung aufmerksam machte

: "Also wissen sie, ihr Sohn ist mit Sicherheit nicht der einzige Autist in diesem Raum." Danach kam einiges dazu und inzwischen ist der Fall klar und diese Klarheit, dass ich selbst auch so ticke, die hilft doch einiges zu "tischelen" und macht Situationen vor allem für meinen Mann klarer und verständlicher.
Darf ich mal in die Runde fragen, wie es euch als Mamas so geht? Ich bin innerlich sehr unruhig, traurig und gestresst. Kann schlecht schlafen und mache mir viele Gedanken über unseren Sohn. Vielleicht ist es einfach die Ungewissheit und Sorge, was die Abklärung bringt. Ich sehe meinen Asperger-Cousin, der sein Leben gar nicht auf die Reihe kriegt.
Für uns war die Diagnose eine Erleichterung. Wir wussten praktisch ab Tag 0 dass etwas anders ist. Mit drei war es so deutlich, dass wir eigentlich sicher waren. Die Diagnose kam mit 3.5 und war entlastend weil wir endlich nicht mehr nur an uns zweifeln mussten und aus allen Ecken Dinge zu hören bekamen, die uns fertig gemacht haben. Es wurde nicht einfacher. Aber es wurde anders und berechenbarer.
Gedanken mache ich mir auch mit Diagnose. Aber nach und nach kann ich sie ordnen, sehe einen Weg den ich gehen will, habe Perspektiven auch für mich selber. Das ist wichtig. Ich weiss was mein oberstes Ziel ist. Und da sind wir wieder bei der Behinderung. Ich will, dass unser Sohn die grösst mögliche Selbstständigkeit erreichen kann. Ich denke langfristig und plane auch so. Setze mir und uns mittelfristige Ziele, die uns langfristig zum Hauptziel führen sollen. Und merke, dass ich so langsam wohl werde. Ich versuche zu agieren, nicht mehr nur reagieren zu müssen.
Ich sehe das wie Buntschatten. Es ist eure und seine Chance, dass ihr früh erkennt wo der Hund begraben liegt und früh anfangen könnt mit ihm Strategien zu erlernen. Unserem Sohn wurde eine Prognose gegeben, die mir zu Denken gab. Und er hat schon jetzt Dinge erreicht, von denen man in der Psychiatrie dachte, er wird es niemals schaffen. Happigstes Beispiel ist die Bindung zum Vater. Der viel Zeit und Energie investiert und es geschafft hat, das er eine ganz tolle Beziehung zu seinem Sohn hat. Nach sieben Jahren. Seither hören wir: Wir sagen bei nichts mehr, es geht nicht.
Leute in unserem Alter wurden in der Regel erst als Erwachsene abgeklärt und bekamen oder bekommen erst jetzt Hilfe. Ich bin überzeugt, dass es mit Kindern mit Diagnose anders läuft.
Wie es mir geht, oder uns? Wir kommen nach sieben Jahren etwas von der Betreuungs-WG weg und haben wieder hart erkämpfte Zeiten in denen wir uns als Paar wieder finden und nicht nur - eben reagieren und funktionieren. Wir sind beide müde, erschöpft, ausgelaugt. Es wird einfacher und das merken und spüren wir. wir fangen wieder an zu geniessen. Aber im Moment ist es wie wenn man Ferien hat und krank wird. Alles was in den letzten Jahren nicht Platz hatte, hat es nun ganz wenig und schlägt voll zu. Körperlich sieht das übel aus und psychisch einfach unendlich müde. Aber ich glaube dennoch immer noch daran dass es besser wird, wenn wir so weitermachen wie bisher. Es sind kleine Schritte aber es gibt sie.