naura hat geschrieben:
> @Krankheit/meine Meinung
> Ich verstehe nicht ganz wieso ihr wiederholt darauf hinweist, dass das ADS
> kein Krankheitswert hat. Es geht doch bei Mamuselis Sohn offensichtlich
> nicht um ein leichtes ADS oder ADHS, das mit wenig Mediket oder gar ohne
> Medis im Alltag aber gut läuft.
> Es bestehen offensichtlich Komorbiditäten (Zusatzerkrankungen). Mamuseli
> hat die Medikamente aufgezählt, es wurde mit unterschiedlichen ADHS-Medis
> experimentiert, ein Medi wird oft bei bipolaren Störungen gegeben, eines
> bei schweren Angstzuständen.
> Ich habe das Gefühl, einige fühlten sich durch meine Aussagen getriggert,
> weil eigene Geschichten am Thema ADS/ADHS dranhängen, aber ich habe mir
> erlaubt einfach auf Mamuselis Schilderungen einzugehen und sie schreibt
> klar, dass trotz Medis etc. eine Angsterkrankung den Alltag dominiert. Ein
> leichtes ADHS ist damit nicht zu vergleichen. Ich habe selber hautnah
> erlebt, was einer ADHS Erkrankung alles mit einher gehen kann, auch in
> Kombination mit Medikamenten und Experimentieren damit.
> Die Definition ob etwas als eine Krankheit eingestuft wird, ist unter
> anderem der Leidensdruck und Mamuseli's Sohn hat offensichtlich einen
> Leidensdruck. Nur weil er in der Lehre funktioniert, heisst das noch lange
> nicht, dass es ihm gut geht. Die Ängste, die teilweise ja offensichtlich
> irrationale Züge zu haben scheinen, zeigen es. Sie schreibt im Titel auch
> noch von der Mediensucht, was für mich auch ein Anzeichen ist, dass er sich
> selbst schlecht aushält. Es gibt auch Menschen mit ganz schlimmen
> Diagnosen, die hochfunktional alles leisten was von ihnen verlangt wird,
> bis sie gar nicht mehr können.
> Ein starkes ADHS/ADS ist meiner Meinung nach schon ein schweres Kreuz und
> da es noch wenig gute Unterstützung gibt ausser Medis, die ich gerade bei
> schlecht begleiteten Patienten kritisch sehe, ergeben sich oft
> Leidensgeschichten auf unterschiedlichen Ebenen. Früh erkannt und gut
> begleitet, ist ein leichtes bis mittleres ADS/ADHS sicher meist gut zu
> kompensieren. Oft sind das auch blitzgescheite Leute, die ausgeklügelte
> Strategien entwickeln, v.a. die Frauen

Ich glaube aber, dass viele
> Betroffene sehr viel Energie aufwenden müssen, um sich ohne Unterstützung
> und "Sonderbehandlung" in die Erwartungen der
> "Leistungs-Gesellschaft" einzugliedern.
>
> @Mamuseli/meine Wahrnehmung deiner letzten Schilderungen
> Du kannst keine PN's lesen, darum schreibe ich das jetzt hier in den
> Thread. Es ist aber wirklich für dich und ich hoffe du kannst dir einfach
> das rausnehmen, was dich grad irgendwie unterstützt.
> Dein Sohn klingt nach einem wundervollen, herzensguten Jungen, der schon
> früh ganz stark sein wollte. Was er in der Primar erlebt hat war sicher
> sehr prägend und destabilisierend, er wollte es runterschlucken und doch
> hat es etwas mit ihm gemacht.
> Ich kann sehr gut nachfühlen, wie du dich fühlst, das "alleine
> verantwortlich sein" für schwierige Geschichten und schwere
> Entscheidungen. Es wenigstens erzählen zu können ist manchmal extrem
> entlastend. An deiner Stelle würde ich langsam meine letzten Amtshandlungen
> planen als Verantwortliche für deinen Sohn. Erster Punkt, der mir wichtig
> wäre: eine therapeutische Begleitung finden, der du vertrauensvoll die
> Verantwortung für die psychische Gesundheit deines Sohnes grösstenteils
> abgeben kannst. Jemand, der mit ihm vielleicht auch wirklich nochmals bei 0
> anfängt und der sich sehr gut mit den Medis auskennt. Punkt zwei: es läuft
> ihm gut im Lehrbetrieb und in der Schule. Das wird reichen, dass er den
> Abschluss schafft und du kannst da wirklich loslassen. Die Leute wissen
> über seine Diagnose Bescheid, dann vergisst er halt mal was oder ist
> speziell. Egal, das macht ihn nicht weniger wertvoll und glaub mir, ich
> kenne nicht wenig Jugendliche, die in der Lehre ohne ein ADS eine grössere
> Belastung für die Betriebe sind. Der Bub ist wohl nicht in Gefahr diese
> Lehre zu vergeigen. Punkt drei: Ich würde daran arbeiten, deinen Sohn zu
> akzeptieren wie er ist und ihm zuzutrauen, dass er trotz allem ein
> glückliches und zufriedenes Leben führen kann. Ich bin sicher er spürt ja
> auch deine Verzweiflung über ihn und sein Verhalten und das tut am Ende
> euch beiden nicht gut. Rede mit ihm, sag ihm dass du das nicht mehr so
> "halten" kannst bist zum Lehrende und dass du ihm die
> Verantwortung für gewisse Dinge nun überlässt. Werde nicht wütend, wenn er
> es nicht grad kann. Er wird mit der Zeit Strategien entwickeln, aber das
> geht nicht, wenn du immer dahinter stehst. Du lässt ihn nicht im Stich
> damit und natürlich, wenn du merkst, dass es ihm psychisch deutlich
> schlechter geht, dann ändert das die Situation. Aber so wie das momentan in
> der Lehre und im Alltag klingt, ist dein Sohn gut unterwegs und im
> Lehrbetrieb und mit Case-Manager gut begleitet, so dass er ohne die
> Stützrädli den Rest der Lehre üben kann sein Ding alleine zu schaukeln.
> Vielleicht gibt es ihm mit der Zeit mehr innere Sicherheit und Stabilität,
> so dass sein Ängste auch besser haltbar werden.
> Ich weiss nicht, ob dir je jemand dafür gedankt hat: aber du hast sehr viel
> Kraft und Energie in das Halten deines Sohnes gesteckt, dafür hast du
> vollsten Respekt und Wertschätzung verdient. Ich bin sicher, dein Sohn wäre
> heute nicht wo er ist, wenn er nicht so ein starkes Mami gehabt hätte, das
> sich für ihn eingesetzt und ihn auf seinem Weg unterstützt hat.
> Dass du dich momentan so überfordert fühlst, ist für mich auch wie ein
> Zeichen, dass ihr beide aus diesem Setting herausgewachsen seid. Toll dass
> du dich jetzt mehr auf dich konzentrieren und für dich sorgen willst. Damit
> bist du deinem Sohn ein gutes Vorbild und hast wieder Kapazität dich mit
> offenem Herzen auf die Beziehung einzulassen.
>
> Herzlich naura
Liebe Naura
Ich merke, wie stark ich mich grade von dir getragen und verstanden fühle.
Es sind auch deine Ansätze die mich weiterbringen.
In der Tat hatte ich sehr oft und sehr lange noch das Gefühl, ich müsse umsverrecken noch alles Mögliche machen, damit unser Sohn nicht in eine Abwärtsspirale springt. Mit der Abwärstspirale meine ich besonders den ganz normalen Alltag nicht in den Griff bekommen wie genügend Essen, Trinken, genug Schlaf, Sozialverhalten, Zahnhygiene und Medienzeit. Die Mutter in mir hat einen enormen Frust, weil da kein Ergebnis der jahrelangen Begleitung und des Vorlebens zu sehen ist.
Jetzt fange ich endlich an zu begreifen, dass die Funktion "Bemutterung" durch ist!
Ich begebe mich nun auf einen anderen Weg, immer noch in Reichweite für den Sohn.
Vielleicht kommt dann endlich auch wieder die Lockerheit und vielleicht sogar Humor auf, damit unsere Beziehung miteinander wieder bodenständiger wird.
Vielen Dank dir und herzliche Grüsse
Mamuseli