Wunderschöne Hausgeburt

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Moderator: Phönix

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Mondgesicht

Wunderschöne Hausgeburt

Beitrag von Mondgesicht »

Hallo liebe Frauen! Hier mein Geburtsbericht.. viel Freude beim Lesen! :mrgreen:


Nach einer ziemlich schwierigen ersten Geburt in einem Geburtshaus mit stundenlangem Geburtsstop, irren Schmerzen und nach 21h schliesslich doch noch Spontangeburt unter grosser Erschöpfung, entschied ich mich mein zweites Kind zuhause zu gebären. Ich wusste mittlerweile, dass ich die Intimität meiner vier Wände brauchte, um mich öffnen zu können und bereitete mich zusätzlich mit Hypnobirthing und den entsprechenden Entspannungstechniken und Visualisierungen vor. So konnte ich meine Angst vor der zweiten Geburt abbauen und freute mich mittlerweile auf die Ankunft unseres Kindes. Es liess dann lange auf sich warten und ich übte mich in Geduld. Nach 12 Tagen über Termin hatte ich genug und wollte endlich mein Baby in den Armen halten. So beschlossen wir, mit einem Rizinusöl-Coctail einzuleiten. Ich richtete unser Zuhause noch einmal liebevoll ein, machte sauber, holte frische Rosen im Garten, rückte alle Dinge, die wir für die Geburt brauchen würden, noch einmal zurecht und bereitete einen festlichen Tisch zu mit kleinen Leckereien. Um 22.30 Uhr fand ich endlich, dass alles am richtigen Platz sei, mischte mir den Coctail aus Rizinusöl, Saft und Bombay Gin ( :mrgreen: ) und wir legten uns schlafen.
Zweieinhalb Stunden später wachte ich von einem Rumoren im Bauch auf und schaffte es gerade noch aufs WC. Nachdem der erste Durchfall vorbei war, legte ich mich wieder hin, doch sofort wurde mir schlecht und ich sprintete wieder ins Bad, wo ich mich heftig in einen Eimer übergeben musste. So vollständig entleert und gereinigt stand ich schliesslich mit wackligen Beinen auf, duschte, putzte mir die Zähne und legte mich wieder ins Bett, um mich zu entspannen. Im Bett spürte ich ein Ziehen im Bauch, konnte aber nicht sagen, ob es vom Darm oder von der Gebärmutter kam. Ich schrieb Gabriela, meiner Hebamme, eine SMS, um sie auf dem Laufenden zu halten und döste dann noch ein wenig vor mich hin.
Um 2.00 Uhr dann wurde das Ziehen in meinem Unterleib konkreter. Ich weckte Daniel, um ihm zu sagen, dass es losgehe. Ich begann in mich hineinzuspüren und den Wellen mit dem Atem zu begegnen begann. Bald wurde es mir unwohl im Bett und ich hatte Lust, in die Badewanne zu steigen. Angekommen im warmen Wasser konnte ich mich sofort tief entspannen und merkte bald darauf, dass die Wellen zwar etwas intensiver wurden, jedoch noch immer unregelmässig kamen. Ich rief meine Hebamme an und sie riet mir, doch schon mal das Wasser in den Pool einlaufen zu lassen und weiterhin in Kontakt zu bleiben.
Während Daniel also alles vorbereitete – den Pool nochmals besser aufpumpte, Wasser einlaufen liess und die Kerzen anzündete – versuchte ich mich im warmen Badewasser ganz auf meinen Körper zu konzentrieren und stellte fest, dass die langsame Atmung, die ich vom Hypnobirthing geübt hatte, extrem angenehm war. Eine Stunde später rief ich meine Hebamme erneut an und bat sie, zu uns zu kommen, da die Wellen nun regelmässig alle 3 Minuten kamen. Kurz verspürte ich Nervosität in mir aufkommen, doch da war schon der Pool bereit für mich und ich legte mich dankbar in das grosse Becken. Wunderbar! Ich konnte mich entspannt hinlegen, fühlte keinerlei Begrenzung mehr wie in der kleinen Badewanne, sondern konnte mich ungehindert nach allen Seiten bewegen. Daniel musste dann noch Wasser kochen, weil unser Boiler bereits aufgebraucht war und leitete auch noch das Badewasser in den Pool. Doch ich liess mich davon überhaupt nicht stören, machte meine Atemübungen, hörte meine Lieblingsmusik, schwebte in wunderbarer Leichtigkeit im Wasser und fühlte mich rundum pudelwohl. Wenn eine Welle kam, atmete ich langsam in den Bauch und liess gleichzeitig meine Arme seitlich wegtreiben. So hatte ich das Gefühl, als würde ich mich mit den Wellen zusammen endlos in den Raum ausdehnen. Es war wunderschön so bei Kerzenschein im Wasser zu liegen. Nach einer Stunde kam Daniel mit dem Schlauch und liess erneut warmes Wasser in den Pool ein – der Boiler war wieder voll. Ich nahm den Schlauch und liess das Wasser genüsslich über meinen ganzen Körper laufen. Es fühlte sich himmlisch an! Versunken in dieses Spiel liess ich Welle um Welle durch mich hindurch fliessen. Ich fühlte mich verbunden mit allem und von einem tiefen Frieden erfüllt.
Als die beiden Hebammen kamen, wurde ich etwas aus dieser Versunkenheit gerissen. Gabriela wollte gerne die Herztöne überprüfen und auch wenn ich sowieso spürte, dass es dem Baby gut ging, freute ich mich an dem starken, pochenden Laut. Als sie vorschlug, mich mal zu untersuchen, um zu sehen, ob die Wellen auch wirksam waren, zögerte ich etwas. Ich war natürlich selber neugierig, ob die Geburt voranschritt, hatte aber gleichzeitig Angst, dass sie es nicht tat, so wie bei meiner ersten Geburt. Ich bat Gabriela deshalb, keine Zahlen zu nennen, sondern einfach ungefähr zu sagen, ob es vorwärts ging. Als sie mich untersucht hatte, merkte ich an ihrer zögerlichen Reaktion, dass ich noch nicht sehr weit offen war. Der Muttermund sei aber sehr weich, versuchte sie mich zu ermuntern. Trotzdem fühlte ich unsinnigerweise Druck in mir aufsteigen. Es war mittlerweile 4 Uhr morgens, ich hatte zwei Stunden lang fleissig Wellen beatmet und wollte nun gerne ein Resultat sehen. Mir war selber klar, dass dieser Druck völlig kontraproduktiv und irrational war, doch in diesem Moment fühlte ich mich plötzlich in die letzte Geburt zurückversetzt, als stundenlang nichts vorwärts ging. Gabriela schlug vor, eine zweite Dosis Rizinusöl zu nehmen, um den Wellen ein Schüpfli zu geben, damit sie sich nicht abschwächten. Da die Aussicht auf eventuell weiteres Erbrechen für mich aber nicht sehr verlockend war, beschloss ich, erstmal aus dem Wasser zu kommen und mich für eine Weile mit Daniel ins Zimmer zurück zu ziehen, um meine Mitte wieder zu finden und den Leistungsdruck von mir zu nehmen. Ich wollte einfach meine Ruhe haben und war in diesem Moment einmal mehr heilfroh, zuhause in meiner gewohnten Umgebung zu sein. Mit festem Boden unter den Füssen spürte ich augenblicklich, wie die Wellen stärker wurden und im Bett angekommen, fühlte ich mich bereits wie auf hoher See und von meterhohen, kräftigen Wellen umspült. Ich bat Daniel, mir das Kreuz zu massieren, damit ich mich entspannen konnte. Die langsame Atmung war nun nicht mehr sehr effektiv und ich begann die Wellen mit einem Kreisen der Hüften zu begleiten, was sie gleich etwas erträglicher machte. Obwohl ich nun wirklich Schmerzen verspürte, tat es gut im Dunkeln zu liegen, Musik zu hören, mit Daniel allein zu sein und gar nichts tun zu "müssen".
Nach ca einer Stunde - Daniel war mit seiner Hand an meinem Kreuz eingeschlafen - wünschte ich mich wieder ins Wasser zurück. Im Bett konnte ich meinen Körper nicht so frei bewegen, wie ich wollte, und ich sehnte mich nach der fliessenden Wärme im Pool. Nur Gabriela war im Wohnzimmer. Draussen wurde es hell, die Vögel zwitschterten ihr Morgenlied und die Atmosphäre hatte sich verändert. Ich spürte, dass es jetzt „ernst“ wurde und als ich im Wasser war, gewannen die Wellen noch einmal an Intensivität und wurden schliesslich so stark, dass ich ziemlich aus dem Konzept kam. Weder Atmung noch Hüftkreisen noch sonst etwas konnten den Schmerz lindern und ich fragte mich plötzlich, wie lange ich das wohl durchhalten konnte. Ich bat Gabriela noch einmal um eine Untersuchung, in der Hoffnung, nun bald vollständig geöffnet zu sein. Der Befund war niederschmetternd: 5 – 6cm geöffnet, der Muttermund leicht wulstig. 5cm! Bei der letzten Geburt hatten bei diesem Befund noch 10h Wehen vor mir gelegen und der Höhepunkt der Schmerzen war noch lange nicht erreicht. Das war ein Moment, in dem ich fast verzweifelt und am liebsten ins Spital gegangen wäre, um eine PDA zu kriegen. Daniel stiess da gerade zu uns, er hatte im Bett noch etwas vor sich hingedöst, und Gabriela erklärte ihm meine niedergeschlagene Stimmung. Er setzte sich zu mir an den Beckenrand und legte eine Hand an mein Kreuz, um mich während den Wellen zu unterstützen. Dabei sagte er immer wieder, dass ich es toll mache, dass ich es schaffen würde. Ich konnte mich wieder etwas entspannen, gewann wieder ein wenig Vertrauen und die nächsten 20min verbrachte ich wie im Traum. Ich kauerte mit geschlossenen Augen im Wasser, während ich mich am Beckenrand festhielt, bewegte bei jeder Welle mit Unterstützung von Daniels Hand meinen Körper, lauschte seiner Stimme, entspannte ganz bewusst Kiefer und Mund und war völlig absorbiert von meinen Gefühlen und der energiegeladenen Atmosphäre im Raum. Ich versuchte bei meinem Kind zu bleiben, mich nicht von Angst oder Zweifeln von ihm wegbringen zu lassen.Trotz der Schmerzen empfand ich in dieser Phase eine grosse Stärke und Verbundenheit. Vor meinem inneren Auge sah ich andere Frauen, die in der gleichen Körperhaltung wie ich gerade auf allen Teilen der Welt ihre Kinder zur Welt brachten. Ich verlor jedes Zeitgefühl und es war, als würde ich von einer fremden Kraft bewegt, die meine Hüften mal sanft schaukeln, mal heftig kreisen liess. Dann kam plötzlich eine Welle, bei der ich das Gefühl hatte in Stücke zu reissen. Bis jetzt war ich ganz still gewesen, doch nun stöhnte ich entsetzt, schaute Gabriela an und sagte: „Gabriela, nun kann ich nicht mehr, ich kann wirklich, wirklich nicht mehr“. Ich hörte noch, wie sie sagte: “Aber jetzt drückt es nach unten, nicht wahr?“ und dann spürte ich schon eine enorme Presswelle durch mich hindurch gehen. Und in diesem Moment, in dem klar wurde, dass ich mich innerhalb von ganz kurzer Zeit doch noch vollständig geöffnet hatte und dass nun die Geburt unmittelbar bevorstand, wandelte sich die Stimmung komplett. Ich nahm diese gewaltige, archaische Kraft wahr, die da durch mich hindurch strömte und konnte mich ihr völlig hingeben. Ich spürte weder Widerstand noch Angst in mir, sondern nur noch pure Begeisterung darüber, Teil dieser Kraft zu sein. Das Pressen war ein Genuss! Endlich konnte ich mithelfen, nicht nur aushalten, und fühlte mich dabei so weiblich und stark wie noch nie in meinem Leben. Gabriela erzählte mir später, dass ich nur noch gestrahlt hätte und dass es ein wunderschöner Anblick gewesen sei. :D Ich fühlte mich jedenfalls einfach nur noch grossartig, richtiggehend ekstatisch. Ich nahm Daniel wahr, wie er völlig in Bann gezogen war vom Geschehen, und Gabriela, die sich so mit mir mitfreute und empfand das Ganze wie ein wunderschönes, kleines Fest. Während ich mein Kind nach unten schob und atmete, tastete ich mit einer Hand nach seinem Kopf. Bald konnte ich die flauschigen Haare spüren.. dann ein Ohr... und als das Köpfchen drückte, konnte ich die Dehnung wunderbar zulassen, wobei ich mit einer Hand meinen Damm etwas stützte. Nach einem sanften Nachschieben war das Köpfchen durch. Ich schaute staunend und innerlich jubelnd nach unten und sagte liebevoll "Hallo Bébé..!". Und mit der nächsten Welle schwamm unser Kind um 7.03 Uhr in diese Welt. Gabriela half mir, es zu mir auf die Brust zu nehmen und in diesem Moment war ich so überglücklich, überrascht, stolz und erleichtert, dass ich ganz vergass zu schauen, ob es ein Junge oder ein Mädchen war. :)
Diese Geburt hat mich verändert, das spüre ich schon heute, nur wenige Tage danach. Etwas in mir wurde erweckt, eine Art weibliche Kraft und ich bin unendlich dankbar, so etwas erlebt haben zu dürfen.



Zu Hypnobirthing:
Die Uebungen haben mir in der Schwangerschaft sehr geholfen, meine Angst abzubauen und mich zu entspannen. Die langsame Atmung und die Visualisierung der sich öffnenden Blüte fand ich am Anfang der Geburt sehr hilfreich, so war die erste Phase der Eröffnung praktisch schmerzfrei. Doch als die Wellen intensiver wurden, konnte ich weder Atmung noch Visualisierung oder Selbsthypnose anwenden und die Schmerzen waren am Schluss - Hypnobirthing hin oder her - wirklich fast nicht auszuhalten. Das hatte aber deutlich mit einem inneren Widerstand gegen die Wellen zu tun, weil ich immer wieder mit meiner letzten Geburtserfahrung Vergleiche anstellte, was zwar sinnlos, aber irgendwie nicht zu ändern war. Wenn ich während der Geburt gewusst hätte, dass alles doch noch schnell gehen würde, hätte ich mich während der Übergangsphase viel besser entspannen und die Wellen besser annehmen können.
Wie oben geschrieben, empfand ich das Pressen als sehr angenehm und befriedigend. Ab und zu, wenn der Pressdrang zu stark wurde, habe ich mit Atmen etwas überbrückt und so die heftigsten Schübe abgefangen, damit mein Gewebe genug Zeit zum Dehnen hatte. So habe ich eine Mischform gefunden, die für mich sehr stimmig war.
Zuletzt geändert von Mondgesicht am Mo 10. Okt 2011, 23:15, insgesamt 4-mal geändert.

schlupis
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Re: Wunderschöne Hausgeburt

Beitrag von schlupis »

I möcht ganz herläch gratuliere.
Dein Geburtsbericht...unbeschreiblich schön...

Puma01
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Re: Wunderschöne Hausgeburt

Beitrag von Puma01 »

schön geschrieben!

Alles Gute

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Nanush
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Re: Wunderschöne Hausgeburt

Beitrag von Nanush »

Wooow klingt nach einer wunderschönen Hausgeburt!
Wunderschön geschrieben!
Alles Gute für dich und deine Familie!
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methi

Re: Wunderschöne Hausgeburt

Beitrag von methi »

Vielen Dank für den schönen Bericht. Tönt echt mega schön und bin richtig froh, dass es so gut gegangen ist. Wünsche euch alles Gute mit den zwei Kleinen.

BlackCat0401
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Re: Wunderschöne Hausgeburt

Beitrag von BlackCat0401 »

wunderschön geschrieben :wink: herzliche gratulation
es freut mich sehr zu hören das du im pool entbinden konntest

ich wünsch euch eine wunderschöne kennenlernzeit

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barbossa
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Re: Wunderschöne Hausgeburt

Beitrag von barbossa »

liebe mondgesicht

deinen bericht hast du sehr eindrücklich geschrieben, es war eine freude, ihn zu lesen! ich konnte mich genau in dich hineinversetzen, hab meine erste geburt ähnlich intensiv erlebt (im geburtshaus), die zweite dann mit der lust, die du beschrieben hast (zuhause). sozusagen eine mischform von deiner :wink:
auch was du von hypnobirthing schreibst, kann ich nur bestätigen.

wunderbar, dein gefühl, das du jetzt hast! ich hoffe, du kannst es ganz lange in dir bewahren (und ganz viele frauen damit anstecken und nur mit deiner erzählung dazu bringen, zuhause zu gebären :D ).

ich wünsche euch vieren alles gute und eine ruhige anfangszeit zusammen.

liebe grüsse barbossa
liebgruss
barbossa

mit benz (feb2009) und strize (okt2010)

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cascada
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Re: Wunderschöne Hausgeburt

Beitrag von cascada »

Wunderschöner Geburtsbericht...Ich fand es sehr schön wie du den Bericht geschrieben hast....

Mondgesicht

Re: Wunderschöne Hausgeburt

Beitrag von Mondgesicht »

liebe frauen! ich habe mich sehr über euer positives feedback gefreut, vielen dank! :D

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