
Jetzt da ich alles ziemlich gut verarbeitet hab, fühl ich mich dazu bereit und es kommt auch nicht so schlimm rüber, als wenn ich ihn vor 3 Monaten geschrieben hätte

Voraussichtlicher ET war der 8. Februar 2012
Viel Spass beim lesen

Mein Geburtsbericht

Nachdem wir es mit Wehentee, Wehenöl etc. etc. versucht hatten, beschlossen wir es am 16. mit einer Einleitung zu versuchen.
Es hiess ja, es kann sich über Tage hinweg ziehen, GG wollte kein Risiko mehr eingehen und ich ehrlich gesagt auch nicht, nach dem was wir die letzten anderthalb Jahre durchgemacht hatten... Wir haben es uns durch den Kopf gehen lassen und dies war für uns der richtige Weg.
Bei der letzten Kontrolle die wir im Spital gehabt hatten, meinte die Hebamme Frau Meyer noch zu mir: "Sie wärdet guet gebäre"

Der 16. Februar war ein Donnerstag... Um genau zu sein der “schmutzige Donnschtig“ und “schmutzige Donnschtig“ = Tagwach = Schlaf = Null

Also machten wir uns an besagten 16. Februar um 7:00 auf den Weg in die Klinik.
Um 7:15 drückte ich schon den Klingelknopf an der Tür der Gebärabteilung, wo uns kurz darauf eine freundliche Hebamme begrüsste. Sie begleitete uns in ein Zimmer mit grossem Bett, wo wir es uns bequem machen durften um zu warten.
Um 7:20 wurde das erste CTG gemacht. Es schien soweit alles in Ordnung. Unser kleiner turnte aber immer wie wild herum und zeige dem CTG Knopf wer hier der Boss ist

Die erste Tablette (Cytotec) bekam ich um 7:45.
Dann hiess es warten, warten, warten...
Zwischendurch haben wir kurze Nickerchen gemacht.
Dann wurde um ca. 9:15 der erste Ultraschall gemacht – alles tip top. Das CTG zeichnete sogar eine Wehe auf, aber davon gespürt hab ich nix

Irgendwann um 10 Uhr rum musste ich den ersten meiner unzähligen Toilettenbesuche machen...
In der Gebärabteilung herrschte Totenstille

11:30: Zweite Tablette.
Wir wurden dann noch gefragt, was wir gerne zum z'Mittag hätten, sie würden uns etwas im Restaurant bestellen. Kurz darauf hiess es, die hätten uns vergessen, ob es uns nichts ausmachen würde, ins Restaurant zu gehen und dort zu essen, sie wüssten schon bescheid und es täte ihnen sehr leid.. Natürlich hat es uns nichts ausgemacht, Bewegung soll ja die Wehen fördern



Danach gingen wir noch einen Arbeitskollegen von GG besuchen, der ein paar Tage zuvor an der Hüfte operiert worden war. Den hatten wir übrigens auf dem Weg ins Restaurant per Zufall angetroffen. Er staunte nicht schlecht, er wusste ja nicht, dass wir auch da waren um dem Baby einen Anstoss zu geben

16:00: Dritte Tablette
Wie jedes Mal nach der Tablettengabe musste ich noch ca. 30 Minuten liegen bleiben, danach packten wir uns warm ein und machten einen Spatziergang durch das Spitalareal.
Wir liefen rauf und runter, wobei das runter sich noch als gefährlich entpuppte



Achja zwischendurch hatte ich wieder ein zwei Mal ein hartes Bäuchlein... Aber nichts wirklich nennenswertes...
GG wollte dann noch eine Zigarette rauchen und ich schlug vor, er solle doch noch ein bisschen warten... Wir könnten doch zur Dachterrasse LAUFEN

Ja und das machten wir dann auch. 8 Stockwerke! Zu Fuss! Und was hat's gebracht? Nichts!
Dachten wir zumindest noch.
Ach ja... Auf dem Weg nach oben liefen wir dem Arbeitskollegen von GG wieder über den Weg

Dafür das er an der Hüfte operiert worden war, war er noch recht fit!
Um 19:00 spielten wir tatsächlich mit dem Gedanken nachhause zu fahren,
weil ich nur leichte und wenige Wehen hatte. Es fühlte sich eher an wie Periodenschmerzen und die Hebamme hatte mich schon einige Male untersucht, doch der Befund war immer der selbe: Muttermund weich aber noch geschlossen. Dazu muss ich sagen, dass sie immer behauptete, sehr schlecht ran zu kommen, er sei so weit hinten...
Ziemlich genau eine halbe Stunde später fingen die ersten starken Wehen an. Sie waren so heftig, dass ich nach einem Schmerzmittel verlangte. Zuerst wurde ich wieder untersucht.
Das Köpfchen war eingetreten und liess sich nicht mehr zurückschieben

Die Wehen wurden sehr schnell stärker und heftiger und ich versuchte sie so gut wie möglich zu veratmen. Wir bekamen einen Gymnastikball und einen Massageball. Ich sass auf dem Gym-Ball und machte kreisende Bewegungen mit der Hüfte, um mich zu entspannen und zwischendurch massierte mich GG mit dem Massagebällchen. Um ca. 20:00 war dann klar, dass die Schmerzmittel nicht ausreichen würden, weshalb etwas stärkeres über eine Infusion bekam. Von da an lag ich nur noch auf dem Bett und die Wehen kamen in regelmässigen kurzen Abständen.
Irgendwann (ich glaub es war so um 21:00 rum) kam eine Frauenärztin um den MuMu abzutasten und die meinte dann nur so "jaaa Sie sind schon ca. 4 cm offen!"



Zwischendurch hatte ich schon nach einer PDA verlangt, aber weil ich ja am Morgen erwähnt hatte, dass ich es gerne ohne schaffen würde und sie wohl merkten, dass es jetzt jederzeit losgehen würde, warteten sie noch ab...
Um ca 22:30 wechselten wir in den Gebärsaal
Die Zeiten weiss ich übrigens nur so genau, weil GG sie sich auf dem Natel notiert hat – nur so nebenbei erwähnt


Plötzlich wurde meine SS-Jogginghose nass.. Ich fasste mir zwischen die Beine und mir wurde bewusst, das es Fruchtwasser war...!
Immer wieder verlangte ich nach einer PDA, der Anästhesist wurde gerufen, aber fliegen konnte der ja auch nicht. So lag ich also auf dem Gebärbett, mit den CTG Bändern um den Bauch und veratmete Wehe um Wehe. Irgendwann sah ich so aus dem Augenwinkel heraus, wie ein Mann in grün den Saal betrat. In windeseile zog Frau Meyer mir die übernässte Hose und die Socken ab. Ich wurde gebeten, mich auf die Seite zu drehen.
Mein Rücken wurde desinfisziert und ich freute mich schon auf die Erlösung von den Schmerzen, da bückt sich doch Frau Meyer über mich und verkündet mir “Frau Müslii, es länget nümm fürd PDA, ihres Chind chunnt jetzt de gli, es isch scho fascht dusse“


Okeyyy... GG erzählte mir danach, die Hebamme hätte dem Anästhesisten mit einem Blick zu verstehen gegeben, dass es zu spät sei und der habe dann nur hinter mir gesessen und gewartet

Also hat er sich's nach dem desinfiszieren bequem gemacht und ist nicht gegangen, um mich nicht zu verunsichern

Die Presswehen hatten bereits begonnen und überrollten mich eine nach der anderen. Ich weiss ja nicht, wie lange diese Phase normalerweise dauert, aber das ging bei uns rasend schnell voran...
Mein Mann bückte sich mal über mich und meinte “Schatz du machsch das super, ech be rechtig stolz of dech“ und ich (so fies ^^) nur so “hau ab, hesch Mundgruch!“

Ich spürte, wie ich unten auslief... Ich konnte nicht mehr... Und mit jeder Presswehe spürte ich, wie das Köpfchen weiter runter drückte. Es fühlte sich an wie ein Stein und ganz ehrlich... ich dachte die ganze Zeit, das mach ich niiiiiiiiiiiiiiiiieeeeee wieder!!!!
Plötzlich hörte ich die Ärztin Epi-irgendwas sagen und ich checkte trotz den Presswehen schnell um was es ging. Aber da kam schon die nächste Wehe und schnippschnapp hatte ich einen Dammschnitt. Das was ich gehört hatte, man würde es nicht spüren, bewarheitete sich. Schliesslich hat sie mitten in der Wehe geschnitten.
Und ich glaube, mit der darauf folgenden Wehe kam das Köpfchen und alles was danach kam, fühlte sich nur noch “schwabbelig“ an und war nicht mehr schmerzhaft.
Und kurz darauf war ich sowas von stolz, dass ich bei der Geburt ALLES gespürt habe!

Jetzt im nachhinein denke ich, es war ein schönes Gefühl... Mit der PDA hätt ich das alles nicht mitbekommen.
Es war 23:14 und unser Sohn war geboren.
Er wurde noch kurz abgewischt, die Hebamme klemmte die Nabelschnur ab und fragte meinen Mann, ob er sie durchschneiden wolle. Natürlich wollte er

Im nachhinein erzählte er, er hätte sich die ganz anders vorgestellt, weicher...
Die ganze Geburt war so schnell passiert, dass ich immernoch mein SS-Oberteil und den BH anhatte

Ich war total überwältigt und... K.O.! Ich fing gerade erst an, dieses kleine Wesen zu bestaunen und konnte es immer noch nicht glauben, dass das jetzt UNSER Baby war, da nahm man ihn mir schon wieder weg, um ihn in eine Decke zu wickeln. In der Zwischenzeit widmete sich die Hebamme meiner Plazenta. Die kam auch ohne Probleme raus und war zum Glück auch ganz.
Dann bekam ich unser Baby wieder in die Arme. Den Oberkörper hatte ich ganz frei gemacht.
Plötzlich öffnete er seine Äuglein (davor hatte er sie so fest verschlossen, das man nichtmal die Wimpern erkennen konnte und ich fragte mich tatsächlich, ob das wohl normal sei. Nicht dass mein Baby die Augen nicht öffnen kann, dachte ich




Doch leider konnte ich immer noch nicht einfach nur geniessen... Die Ärztin klärte mich auf, sie müsse jetzt die Wunden vernähen. “WundeN?!“ fragte ich, “ja, wir mussten einen Dammschnitt machen (ach was, wirklich?), sie haben einen Schamlippenriss und einen Riss in der Scheidenwand.“ Achja, es stellte sich dann heraus, dass es zwei Scheidenwandrisse waren, die die Form eines V bildeten.
Also kriegte ich eine örtliche Betäubung und sie fingen an, mich zu zu nähen. Eigentlich spürte ich ja keinen Schmerz, aber doch... irgendwie doch.. ganz komisch

Jedenfalls verkrampfte ich mich immer dermassen, dass sie den Oberarzt zur Hilfe rief und sie dann zusammen beschlossen, mich im OPS weiter zu vernähen (ich blutete anscheinend recht stark und dadurch dass ich mich verkrampfte, konnten sie die offene Stelle nicht finden) und drei mal dürft ihr raten.... Mit PDA! Super, dankeschööööön!
Meinem Mann wurde gesagt, es dauert nur ca. 30 Minuten... Im OPS hatte ich in Sichtweite eine Uhr und als die 30 Minuten verstrichen waren, fragte ich eine Schwester, ob sie nicht oben anrufen kann, um meinen Mann zu beruhigen. Sie lächelte nur und sagte, es geht nicht mehr lange... Und dann war ich weg. Die PDA hatte mich dermassen beduselt... Ich war immer wieder wach und wieder weg.. In den Wachphasen die ich hatte, dachte ich immer wieder an mein Baby. Ich bin tatsächlich Mutter geworden! Endlich hat es das Schicksal gut mit uns gemeint! Ich erwischte mich ein paar mal dabei, wie ich total versonnen lächelte

Mein Mann sass ganz alleine mit unserem Sohn in einem Stuhl und erzählte mir, die hätten einen Notfall gehabt und er sei plötzlich ganz alleine mit ihm gewesen

Irgendwann musste er so dringend aufs Klo... Als er draussen Schritte hörte, machte er sich bemerkbar und dann kam auch schon eine Hebamme, die völlig erstaunt war, dass man ihn einfach so “vergessen“ hatte



Bevor wir in unser Familienzimmer gebracht wurden, wo ich dann den Rest der Nacht unseren Sohn betrachtete, der friedlich und schön warm angezogen auf meiner nackten Brust schlief, meinte die Hebamme noch zu mir "gäled Sie, ich ha ihne gseit, Sie wärdet guet gebäre chönne

Wir hatten so ein perfektes Geschöpf erschaffen... Wow, unglaublich... Ich habe lange gebraucht, bis ich endlich realisiert habe, dass es wirklich MEIN Baby ist...
Zu meinem Schlaf kam ich dann erst späääääät in der darauf folgenden Nacht

Edit:
An alle Mütter: Kauft euch die CD "Mein Apfelbäumchen" von Reinhard Mey. Ich heule heute noch vor lauter Glück, wenn ich die ersten Lieder höre und fang beim Rest der CD an zu träumen - von der Zukunft mit unserem Babyboy
