Zwangsstörung bei Schulkind

Unsere grossen Kleinen und unsere kleinen Grossen. Was uns in diesem Abschnitt der Kinder begleitet, beschäftigt und interessiert.

Moderator: conny85

nicimelli
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Zwangsstörung bei Schulkind

Beitrag von nicimelli »

Hallo zusammen

Habe schon lange nicht mehr in diesem Forum geschrieben und bin mir auch nicht sicher, ob ich das Thema im korrekten Bereich eröffnet habe.

Zu meinem Problem:

Unser jüngster ist 8 Jahre alt und seit einiger Zeit leider er immer stärker an Zwänge, denen er machtlos ausgesetzt ist.
Hier einige Beispiel: Er kann keine frischgewaschenen Kleider anziehen, bevor er diese nicht ausgiebig gedehnt hat. Alles war nicht mega weich ist, nicht Übergrösse hat oder nicht den gewohnten Duft nach dem Waschen ausweist, kann nicht angezogen werden. Er kann dann bis zu einer Stunde völlig ausrasten.
Aus Angst vor Viren und Bakterien, wäscht er sich zig Mal am Tag die Hände, so dass er völlig kaputte Haut hat und ich diese mit Fettcreme behandeln muss, was den Teufelskreis noch vorantreibt. Niemand darf seine Spielsachen anfassen, denn dann haben diese "Fett"-Spuren unserer Hände drauf oder sie riechen dann nicht mehr so, wie sie sollten. Noch schlimmer ist es, wenn Fremde etwas anfassen und noch schlimmer, wenn ihn Fremde z.B. an die Haare fassen oder jemand in seiner Nähe hustet oder niest. Dann geht er ins Bad und hält seinen Kopf unter das Wasser, damit er die Bazillen abwaschen kann (so sagt er). Er hat eine riesen Angst, krank zu werden und zu sterben. Gemäss ihm hat es überall Gift oder Bazillen dran. Wenn ihn jemand an die Kleider fasst, muss ich diese sofort waschen.
Er tobt dann und wird uns gegenüber massiv aggressiv, verbal wie auch pysisch.

Wenn Kinder zum spielen kommen, dürfen sie seit ein paar Wochen nichts mehr anfassen. Er ist ein beliebtes Kind, aber nun manövriert er sich völlig ins Abseits, wer möchte schon mit einem "Gespänli" abmachen, wenn man in dessen Zimmer nichts anfassen darf?

Wir hatten schon früher solche Probleme, die mit Therapien besser worden sind, so konnte er als Kleinkind keinen Knett anfassen, Backen und damit den Teig anfassen war eine Unmöglichkeit. Ebenso weigerte er sich bis in den Kindergarten zu basteln oder zu zeichnen, damit seine Hände nicht schmutzig wurden. Die Therapeutin hat das sehr gut hinbekommen, nur leider ist es jetzt nach gut einem Jahr schlimmer als je zuvor. Es ist, als ob die ganzen Erfolge nie stattgefunden hätten. Und leider ist die alte Therapeutin nicht mehr dort und damit eine Therapie funktioniert, muss der Therapeut sein Vertrauen haben und dieses zu bekommen gelingt den Meisten leider nicht.

Ich bin am Ende und völlig verzweifelt, genauso geht es meinem Mann und unserem grösseren Sohn. Unsere Familie zerbricht langsam aber sicher daran und Hilfe bekommt man praktisch keine.

Bis wir damals vor Jahren einen Abklärungstermin bekommen hatten, waren Monate vergangen und bis er mit der Therapie hätte beginnen können, wäre fast ein Jahr vergangen, da anscheinend unglaubliche Wartelisten bestehen. Wir haben dann via unserer Krankenkasse mit der Therapie begonnen und diese durchgeführt.

Nun ist es leider noch schlimmer, als vorher und wir haben keine Ahnung, was der Auslöser ist.

Heute Morgen war es so schlimm, dass ich dann den totalen Zusammenbruch hatte. Ich habe nur noch geweint. Ich musste bei der Arbeit anrufen, da ich nicht in der Lage war, arbeiten zu gehen. Zuerst habe ich dann der Lehrerin angerufen und mit ihr gesprochen, natürlich völlig heulend am Telefon. Dann dem Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienst. Dort wurde mir mitgeteilt, dass ich 2-3 Wochen warten muss, bis sie sich melden und uns dann einen Termin mitteilen.
Ich fand dies zulange, denn in 2-3 Wochen werde wohl selber ich in eine Klinik müssen!
Habe dann der Kinderärztin angerufen und alles erzählt, sie versuchte dann beim KJPD Druck zu machen, damit wir schnell eine erste Besprechung mit möglichen Erstmassnahmen zur Entlastung bekommen. Nun wird sich in 2-3 Tagen jemand bei uns melden. Also habe ich mich für Morgen bei einem Arzt angemeldet, da ich das sonst nicht durchstehe.

Die einzige Sofortmassnahme wäre gemäss unserer Kinderärztin gewesen, den Kleinen stationär in die Klinik einzuweisen! Bei diesem Gedanken habe ich noch mehr zu heulen begonnen, denn genau das möchte ich unserem Sohn ersparen. Das kann ich ihm doch nicht antun um Himmelswillen!
Klar ist in meinen Augen eine Therapie absolut notwendig, aber stationär...?

Hat jemand mit einer solchen Situation auch Erfahrung? Weiss vielleicht jemand Rat?

Liebe Grüsse

Nicimelli
Nicimelli mit Luusbueb 2004 und Luusbüebli 2009

fally
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Re: Zwangsstörung bei Schulkind

Beitrag von fally »

Liebe Nicimelli
deinen Text hat mich sehr betroffen gemacht. Das muss furchtbar sein für euch alle.
Es gab mal einen Artikel im WirEltern über Kinder mit Zwangsstörungen und dort waren weitere Anlaufstellen aufgelistet (z.B. Spezialsprechstunde für Kinder mit Zwangsstörungen in Zürich). Der müsste noch online zu finden sein.
Ich verstehe, dass ein stationärer Aufenthalt schrecklich für dich klingt. Trotzdem könnte das auch eine Chance sein, für deinen Sohn, um wirklich in einem anderen Umfeld intensiv therapiert zu werden und für dich, einmal Verantwortung abgeben zu können.
Vielleicht magst du auch einfach mal eine Station anschauen und dir die Abläufe, Besuchszeiten etc zeigen lassen? Das kann oft viele Berührungsängste und negative Vorstellungen abbauen, wenn du mal alles siehst und deine Befürchtungen und Ängste mit den dortigen Fachpersonen besprechen kannst. Um dann in Ruhe zu überlegen und zu entscheiden.
Denn auf jeden Fall muss ja ganz schnell etwas passieren, nicht nur für deinen Sohn, sondern auch damit du nicht an der Situation zerbrichst. Hast du selbst psychologische Hilfe?

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carina2407
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Re: Zwangsstörung bei Schulkind

Beitrag von carina2407 »

Hallo Nicimelli

Ich habe zwar keine Erfahrung, aber ich wollte nicht so einfach wegklicken. Es tut mir sehr leid, das muss gerade unendlich schwer für Euch alle sein. Ich hoffe ihr bekommt ganz schnell Hilfe. Ich verstehe sehr gut dass du ihm die stationäre Behandlung ersparen möchtest, es tut sehr weh sein 8-Jähriges in die Klinik bringen zu müssen. Aber wenn der Leidensdruck so gross ist, und ihr so verzweifelt seid, würde ich es mir allenfalls doch überlegen. Ich weiss es klingt schrecklich, es käme natürlich schwer darauf an, wie das ablaufen würde, einfach dort abgeben und alleine lassen , das könnte ich auch nicht. Aber wäre das eine Kinderklinik und könnte immer abwechselnd jemand von Euch bei ihm sein, damit er sich nicht verlassen und abgeschoben fühlen muss, dann wäre es vielleicht eine Möglichkeit für Euch auch mal Luft zu bekommen, und ihn aus der Situation raus zu nehmen. Wie läuft es denn in der Schule? Ich meine da fassen einem auch alle an, und alle fassen Türklinken usw. an, ist das für ihn da nicht auch schwierig?
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Lusmeitli
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Re: Zwangsstörung bei Schulkind

Beitrag von Lusmeitli »

Liebe Nicimelli
Ich bin Sozialpädagogin und habe vor vielen Jahren meine Diplomarbeit über Kinder mit Zwängen geschrieben. Ich habe jahrelang in der Kinderpsychiatrie gearbeitet. Genau für solche Fälle gibt es diese! Erstens braucht dein Sohn dringend engmaschige Begleitung und Therapie, zweitens braucht ihr Entlastung und drittens werden auch die Eltern eng begleitet. Ich würde dir einen stationären Aufenthalt wärmstens empfehlen! Alles Gute!

muffin
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Re: Zwangsstörung bei Schulkind

Beitrag von muffin »

Liebe nicimelli
Lusmeitli nimmt mir die Worte aus dem Mund:genau dafür sind diese Profis da in der Klinik. Wenn du schreibst die Familie fällt langsam auseinander, du bist bereits zusammengebrochen und Hilfe kriege man praktisch keine - vielleicht ist die Hilfe eben in Form der Klinik da?? Denk doch nochmal konkret darüber nach.
Alles Gute und viel Kraft!

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Netterl
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Re: Zwangsstörung bei Schulkind

Beitrag von Netterl »

Es ist bei Euch große Not: Bei Dir, Deiner Familie und zuletzt auch bei Deinem betroffenen Kind. Es ust sicher auch nicht glücklich mit den Zwängen.
Stationär bedeutet ja nicht dass Du Dein Kind alleine lässt oder ähnliches, sondern dass die Hilfe wirklich jetzt so schnell wie möglich nötig ist. (Not tut)
Wenn ich so lese, dass momentan auch Deine Kräfte erschöpft sind, dann je schneller desto besser.

Sicher kannst Du mit einer solchen Station Kontakt aufnehmen, wo Dir dann alles geschildert wird, wie es abläuft etc. Dann siehst Du diesbezüglich schon mal klarer. Stationär ist nicht schlecht, schlecht ist Eure aktuelle Situation.

Ich wünsche Euch, dass ihr bald da raus kommt.
Nothing is forever, except death, taxes and bad design

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Amaryllis
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Re: Zwangsstörung bei Schulkind

Beitrag von Amaryllis »

Liebe Nicimelli
Das hört sich sehr dramatisch an bei euch. So wie du die Situation beschreibst, würde ich auch dazu raten, euren sohn stationär in der klinik behandeln zu lassen. So bekommt er hilfe und ihr bekommt Entlastung. Beides scheint bitter nötig.
(Meine mama war mit acht jahren zwei wochen alleine im spital, weil sie ein bein gebrochen hatte am urlaubsort. Meine grossmutter musste mit den anderen kinder wieder heim, und meine mutter bekam in diesen ganzen zwei wochen keinen besuch von der familie. Ob sie schon ein telefon hatten, weiss ich gar nicht. Meine mutter hat jedrnfalls keinen schaden davon.)

fally
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Re: Zwangsstörung bei Schulkind

Beitrag von fally »

vielleicht hilft dir auch der Gedanke, dass du dein Kind, wenn es z.B. eine schwere körperliche Erkrankung hätte, auch ins Spital bringen müsstest, weil eine ambulante Therapie nicht ausreichen würde. Würdest du da auch denken "um Himmelswillen, ich kann ihm das doch nicht antun"? Ich denke nein. Du wüsstet, dass er ganz dringend gesund werden muss und dafür ein Spitalaufenthalt nötig ist.

Eine psychische Erkrankung ist genauso schlimm und muss genauso ernstgenommen und behandelt werden.

Evt wird es dir sogar schwerer fallen und er kann sich relativ rasch ans neue Umfeld gewöhnen? Ich kenne ein Kind, das eine längere Reha machen musste, und das sich dort sehr wohl gefühlt hat, neue Freundschaften geschlossen etc

Er ist auch in einem Alter, in dem man ihm erklären kann, dass er eine Krankheit hat, dass man ihm in einer Art Spital helfen kann, damit er wieder gesund wird.

Manana
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Re: Zwangsstörung bei Schulkind

Beitrag von Manana »

So wie du schreibst war die Therapie dann irgendwann fertig oder ?
Und jetzt ist die frühere Therapeutin nicht mehr dort ? Wo ist dort ? Habt ihr "dort" keine Anlaufstelle, wo ihr im Notfall sofort Hilfe bekommt und man euch schon kennt ?

Wie ist es in der Schule ? Geht dein Sohn überhaupt noch zur Schule in dieser Phase ? Das muss ja für ihn grad absolut Horror sein.
So wie du schreibst, ist das Problem wirklich akut und müsste sofort angegangen werden. Ich kenne mich da nicht wirklich aus, aber gibt es evtl. eine Mutter-Kind Behandlung stationär ? (Also einfach, dass die Mutter mitgehen kann, damit er nicht allein ist und du würdest auch beraten)

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Hausdrache
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Re: Zwangsstörung bei Schulkind

Beitrag von Hausdrache »

Mit Zwangsstörungen kenne ich mich nicht aus. Aber wir hatten unsere Tochter ein halbes Jahr in der Kinder und Jugendpsychiatrie und das war eine sehr gute Sache. Ich bin froh, haben wir diese Möglichkeit bekommen. Es hat und Zeit zum Kräfte tanken uns wieder finden und unserem Kind Wege aufgezeigt, wie es weitergehen kann. Du musst nicht alles selber schaffen. Aber du musst gesund bleiben. Auch ist es wichtig, dass auch der Rest der Familie nicht zu kurz kommt. Ich kann euch nur wünschen, dass es einen guten Weg gibt für euch und ihr Hilfe bekommt. Auch wenn das voelleicht heisst, dass du dein Kind nun erstmal etwas loslassen musst und Verantwortung abgeben.
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Pädagogik ist der organisierte Kampf der Erwachsenen gegen die Kinder.(Mark Twain)

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Sidi75
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Re: Zwangsstörung bei Schulkind

Beitrag von Sidi75 »

Habt ihr vor der Therapie eine Diagnose bekommen oder wurde einfach gesagt, ist eine Zwangsstörung ? Unser Sohn hat eine taktile Wahrnehmungsstörung, die sich sehr nach Deinem Sohn anhört, er konnte auch einiges nicht anfassen, alles was neu ist, ist Horror, Händewaschen bis sie knallrot sind, Kleider waschen, Nähte, etc. Unser Sohn bekam auch eine Therapie, die ihm gutgetan hat, allerdings wurde die bei uns nur bis zum Schuleintritt bezahlt, womit ich schon Mühe hatte. Und Du hast Recht, es ist unheimlich schwer irgendwo Hilfe zu bekommen. Bei uns wird es nun auch wieder schwieriger, unserer befindet sich nun mit 11 Jahren bereits in der Pupertät, was das Ganze nicht einfacher macht. Bei unserem kommt dazu, dass er noch etlich andere körperliche Baustellen hat. Er hat sich ´draussen ´wohl unter Kontrolle, dies jagt ihm zur Zeit aber den Blutdruck massiv in die Höhe, zu Hause habe ich angefangen, wenn es ganz arg wird, ihn einfach in die Arme zu nehmen, solange bis er sich wieder gefangen hat. Auch wir müssen zusehen, dass wir Hilfe bekommen, denn er muss lernen damit durchs Leben zu gehen, wenn wir auch nicht mehr da sind.
Ich kann Dir somit nicht wirklich helfen, kann Dich aber so gut verstehen, denn es geht der ganzen Familie sehr an die Substanz.
Du kannst mir auch eine PN schicken, wenn Du magst oder Fragen hast.
Sei lieb gedrückt und ich hoffe, dass ihr nun wirklich Hilfe bekommt.
LG Sidi

wolke7
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Re: Zwangsstörung bei Schulkind

Beitrag von wolke7 »

Der leidensdruck scheint ja in der gesamten familie recht gross zu sein. Vieleicht wäre dein sohn sogar froh um eine auszeit im stationären rahmen? Wie verhält er sich, wenn er bei gspändli zu hause ist? Evtl ist es für ihn in der klinik einfacher, wenn er nicht in der gewohnten umgebung ist wo nichts von anderen angefasst werden darf? Ich kann mir vorstellen das er dan auch zugänglicher wird, wenn eine solche anspannung mal weg fällt? So oder so...mir würde es auch das herz zerreissen wenn ich eines meiner kinder in eine klinik beingen müsste, und ich habe jahre lang selber in einer klinik gearbeitet. Aber ich denke ihr werded sonst alle irgendwann dekompensieren, wenn ihr nicht schnell hilfe bekommt!

Alles gute!

nicimelli
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Re: Zwangsstörung bei Schulkind

Beitrag von nicimelli »

Hallo zusammen

Vielen Dank für die lieben Wort. Ich war heute beim Arzt und habe jetzt Medis, damit ich die Situation einigermassen verkraften kann. Auch hat es gut getan, mit dem Arzt darüber zu sprechen.
Auf Druck unserer Kinderärztin hat sich heute das KJPD bei mir gemeldet und wir können schon morgen zum ersten Gespräch. Ich bin so froh, dass wir nicht 2-3 Wochen warten müssen.
Mein Mann und ich haben uns gestern noch lange unterhalten. Sollte es möglich sein, eine Therapie ambulant zu machen, wären wir eher dafür, als stationär. Wie ich aber gestern auf einigen Online-Plattformen und in euren Beiträge gelesen habe, wird wohl eher eine stationäre Behandlung verordnet. Wir warten nun ab, was uns morgen geraten wird.

Bis jetzt hatten wir eben leider noch nie eine eindeutige Diagnose. Unser Sohn ist schon seit eh und je auffälliger und es war auch nicht immer leicht mit ihm. Von der Kindergärtnerin wie auch von der Lehrerin wurde ADHS vermutet, dann war Asperger im Raum und alles war nie so ausgeprägt, dass wir wirklich behandeln mussten. Dazu kam noch die Vermutung einer Hypersensiblität usw. Er hat sich auch bei den ersten zwei Abklärungen völlig zusammengerissen und lies sich zum Mitmachen überreden, da ihm von den Therapeuten eine Belohnung in Aussicht gestellt worden ist. Die Diagnose lautete damals nur so, dass die emotionale Entwicklung noch nicht seinem Alter entspreche und seine Frusttoleranz sehr tief sei und wir einfach Geduld haben sollen. Ich kam mir vor, als würde ich als Mutter übertreiben und dass mir nicht geglaubt wurde, was zuhause wirklich ablief. Lange Zeit haben uns nicht mal unsere Eltern geglaubt, was wir jeweils erzählt haben. Bis sie einen Ausraster selber erlebt hatten. Der Kleine kann sich sehr gut gegenüber Dritten verstellen oder zusammenreisen. Er hat mir mal gesagt, dass er nicht möchte, dass seine Freunde wissen, wie er sich oft verhält. Bei der Dritten Abklärung hat dann die Therapeutin keine Belohnung in Aussicht gestellt und musste sogar die Abklärung abbrechen, da unser Sohn die Mitarbeit völlig verweigert hatte. Ich war richtig froh, dass er sich nun mal so gezeigt hatte, wie er wirklich ist und dann wurde sofort mit Therpie begonnen. Zum damaligen Zeitpunkt hatte er sich oft nicht mehr unter Kontrolle und war völlig ausgetickt. Das konnte wegen einem Gegenstand sein, der von mir beim Putzen vielleicht 1 cm verschoben worde ist oder an anderen Kleinigkeiten (falsches Waschmittel, unbequeme oder enge Kleider usw). Aber auch da haben wir nie eine konkrete Diagnose erhalten. Mit der Therapie bekam er sich aber sehr gut in den Griff und konnte Dinge anfassen, die ihn früher richtig angeekelt hatten, auch was das Ankleiden am Morgen nicht eine Qual von einer Stunde mit riesigen Wutausbrüchen mehr. Wir waren so froh. Auch die sozialen Kontakte wurden plötzlich schlagartig besser. Während er in der Spielgruppe und Kindergarten nur von ganz wenigen Kindern zum Spielen oder an Kindergeburtstagen eingeladen worden ist, war er plötzlich sehr beliebt.

Das mit den Zwängen hat sich schleichend entwickelt, leider aber in den letzten Wochen nun rasant verschlechtert. Und leider sind wir immer auf seine Zwänge eingegangen, da wir ja gesehen haben, dass er gar nicht anders konnte. Das war wohl ein Fehler. Bis Ende März waren diese Zwänge aber auch nicht so einschneidend. Ein einigermassen normales Familieleben war somit möglich. Er konnte ganz normal mit fremden Leuten umgehen, auch seine Spielkollegen durften seine Spielsachen noch anfassen. Seine Hände hat er schon immer ziemlich oft gewaschen auch nach dem Händeschütteln mit anderen Personen. Ich musste ihm seit dem Kleinkindalter nie sagen, dass er die Hände waschen soll, das hat er seit eh und je immer getan. Dass es aber so schlimm werden sollte, das hätten wir nie für möglich gehalten.
Mittlerer Weile ist das Problem auch in der Schule angekommen. Er wäscht dort auch sehr viel die Hände. Er benützt sein Etui nicht mehr, da er nicht möchte, dass jemand seine Stifte anfasst. Er schreibt mit Schreiber aus der Schule, diese seien bereits schmutzig und er müsse dann halt nur die Hände waschen, so sein Kommentar. Was uns aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass ihm der Gang zur Schule mit all dem "Schmutz" ziemlich zusetzt, er sich aber soweit zusammenreisst und dann zuhause die ganze Anspannung rauslässt. Er möchte nach wie vor nicht, dass jemand erfährt, dass ihn das so sehr belastet. Das zerreist mir fast das Herz, da es ihm wirklich viel abverlangt, das sehen wir täglich und bekommen es auch zu spüren.

Wir hoffe sehr, das ihm geholfen werden kann und uns als Familie auch. Wir gehen jedenfalls alle zur morgigen Besprechung.

Liebe Grüsse

Niclmelli
Nicimelli mit Luusbueb 2004 und Luusbüebli 2009

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Amaryllis
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Re: Zwangsstörung bei Schulkind

Beitrag von Amaryllis »

Das zerreist mir fast das Herz, da es ihm wirklich viel abverlangt, das sehen wir täglich und bekommen es auch zu spüren
Fein könnt ihr morgen bereits in therapie. Ich wünsche euch alles gute.
Dieser satz ist mir aufgefallen, so etwas ähnliches kam.schon beim.vorigen post. Ich bin mir nicht sicher, ob du deinem kind helfen kannst, wenn du derart mitleidest. Ich bin keine fachperson, aber mein instikt vermutet, dass abgrenzung von seinem leid sowohl für dich als auch für das kind besser wäre.

mamily
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Re: Zwangsstörung bei Schulkind

Beitrag von mamily »

hallo Niclmelli

ganz kurz nur, bin im schuss und wollte aber dennoch nicht einfach so wegklicken.

zum mitmachen bei abklärung: wenn es schwierig ist, dann versuche mal daheim eure situationen zu filmen - vielleicht ist so eine videoanalyse hilfreich wenn er sich verschliesst - zudem kannst du den fachstellen zeigen wie akut die situation bei euch zu hause ist.

ambulant vs stationär: ich verstehe dich dass es schwer fällt sein kind in ein krankenhaus "einzuweise" - gehe aber grundsätzlich mit meinen vorposterinnen überein, dass auch eine psychische belastung "Krankheit" eine "gleichwertige" krankheit ist die genauso medizinische bachtung braucht wie andere krankheiten, die einen aufenthalt in einem krankenhaus mitsich ziehen würden. zudem ist der "vorteil" dass die überwachung, sowie medikamentation inkl schneller etwaiger anpassung, beobachtungen etc, 24/7 ablaufen und so ein besseres bild von deinem sohn gemacht werden kann. ich würde mich dem wirklich nicht verschliessen sondern es als chance sehen, endlich zu wissen wie man eurem sohn helfen kann - zumal es ja für ihn auch SEHR belastend zu sein scheint, wenn er versucht seine zwänge vor den anderen zu verstecken.
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mit sternchen 01/2010

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Re: Zwangsstörung bei Schulkind

Beitrag von stella »

Ich habe keine Erfahrung mit Zwangsstörungen. Dafür aber mit Therapie mit einem Kind, welches gegen aussen "heile Welt" macht.

Lehrpersonen, Freunde, Gotte,... glauben uns ame nicht. Ebenfalls war es für die Therapeutin enorm schwierig, dahinter zu sehen, weil sie die Fassade so aufrecht halten konnte.

Es ist darum umso wichtiger, dass ihr Eltern vehement auftreten müsst. Und ja, ich wurde auch schon als hysterisch und überkandidelt hin gestellt. Das ist mir mittlerweilen egal. Geht schliesslich um mein Kind, mich, meine Familie.

Ist der Ruf erst Mal ruiniert , lebt's sich ziemlich ungeniert.
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Re: Zwangsstörung bei Schulkind

Beitrag von jayjay10 »

Hallo Nicimelli

Deine Beiträge haben mich gerade sehr berührt. Ich litt als Kind auch unter Zwängen, allerdings in dem Ausmass, wie du es bei deinem Sohn beschreibst erst später, mit etwa fünfzehn.
Bei mir war die Angst vor Viren und Bakterien sehr zentral; ich musste abends zum Beispiel jeweils mindestens eineinhalb Stunden duschen, oder ich bin nur noch mit zwei langärmligen Kleidungsstücken übereinander zur Schule gegangen um mich zu "schützen". Das ganze Ausmass der Zwänge wurde auch vor allem zuhause sichtbar; auswärts konnte ich mich relativ gut zusammenreissen.
Stationär in einer Klinik war ich nie (das war vielleicht vor über zwanzig Jahren auch noch nicht so üblich). Ich habe damals, als es so schlimm war, Medikamente bekommen (Sertralin) um mich überhaupt auf Therapie einlassen zu können. (Ich denke auch heute noch, das war die einzige Möglichkeit in dem Moment.)
Übrigens wollte ich auch immer die Zwänge möglichst geheim halten, da ich mich geschämt habe. Ich wusste ja eigentlich, dass das, was ich machte, übertrieben war, aber ich konnte nicht anders (Zwänge halt)...

Falls ich dir irgendwie helfen kann, oder du Fragen hast, melde dich!

Liebe Grüsse
jayjay

menschsein
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Re: Zwangsstörung bei Schulkind

Beitrag von menschsein »

:D Pn

bona
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Re: Zwangsstörung bei Schulkind

Beitrag von bona »

Hallo

Da ich selber an einer Zwangsstörung leide, weis ich wie belastend das für die Betroffenen aber genauso für das nahe Umfeld ist.
Ich kann Dir nur raten, so schnell wie möglich Therapie mit deinem Kind zu beginnen, wenn nötig auch stationär. Bei einer Zwangsstörung ist Verhaltenstherapie das richtige und auch sehr wichtig!
Das sich die Zwänge nun so explosionsartig ausbreiten ist sehr typisch. Wenn Ihr nicht sehr bald was macht, können die Zwänge sich immer mehr ausbreiten und im denken festigen. Das es zuhause am schlimmsten ist, ist auch typisch. Zwangskranke wissen, das Ihr Verhalten komisch ist und versuchen das auch lange Zeit zu verheimlichen.

Ich selber konnte in der Hochphase meiner Erkrankung kaum mehr was machen. Ich wusch mir bis 200 mal am Tag die Hände, hatte Zwangsgedanken, angst vor jeglichem Dreck usw. Mein Leben bestand nur noch aus Zwang! Es war die Hölle auf Erden.
Heute nach intensiver Therapie; hab ich zwar noch Zwänge. Immer noch genug, aber ich habe wieder ein Leben nebst meinen Zwängen.

Ich wünsche deinem Sohn, das er lernt mit seinen Zwängen umzugehen und euch als Familie nur das beste! Falls du fragen hast, darfst du mir sehr gerne eine PN schreiben.

Alles Liebe
Bona

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kiss
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Re: Zwangsstörung bei Schulkind

Beitrag von kiss »

Liebes

Kann nicht wirklich helfen, nur euch dick drücken.

Und bestätigen, dass du ungeniert Druck machen kannst, auch wenn man dich überprotektiv nennt! Egal! Mir hat auch kein Mensch glauben wollen, was mit meiner Tochter passiert. Viele Antworten hier haben bereits alles gesagt. Ich habe auch Situationen gefilmt (ja, man kommt sich schäbig vor), irgendwann machst du alles.

Noch etwas: dein Kind steckt mit seinen acht Jahren in einer grossen Umbruchphase, der vorpubertät. Das könnte auch eine Erklärung für diese Verschlimmerung sein. Therapeuten sollten diese sogemannte rubikonphase kennen.

Vehement Druck machen beim Kjpd für eine Therapie! Viel Glück und Kraft!

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