Hallo ihr Lieben
Als erstes möchte ich mich bei allen für die aufmunternden, aufbauenden und menschlichen Worte bedanken. Ihr habt mir die schwere Zeit etwas einfacher gemacht.
Deshalb habe ich den Wunsch euch mitzuteilen, wie ich mich entschieden habe. Ich bin es euch schuldig.
Ich habe am 2.8. medikamentös abgetrieben. Zwei Tage zuvor musste ich schon die ersten Medikamente nehmen und konnte dann wieder nach Hause gehen.
Ich bin bis zum 2.8. wirklich durch die Hölle und zurück. Psychisch und physisch. Ich hatte schon so heftige Übelkeit, dass ich mich kaum auf den Beinen halten konnte und ich heute nicht mehr weiss, wie ich die Wochen Ferien inkl. fliegen geschafft habe. Mein Mann hat quasi 2 Wochen alleine auf die anderen drei Kids geschaut. Ich war nicht mehr imstande. Und ich wusste bis zuletzt nicht, wie ich mich entscheiden sollte. Ich hatte noch nie soviele Gedanken und dachte, dass ich mich echt in eine Psychiatrie einweisen muss. Das tönt jetzt alles mega krass und wenn ich es heute schreibe noch mehr, aber diese Gefühle hatte ich so stark, dass sie noch sehr präsent sind.
Ich bin alleine in den Spital, um dann die ersten Medis zu nehmen. Meine einfühlsame Frauenärztin war ja leider in der Ferien und ich bin an einen sehr gefühlskalten Chefgynäkologen geraten. Ich habe geheult wie ein Schlosshund und er sagte einfach, ich soll es jetzt durchziehen. Er war so pro Abtreibung, dass ich es sicherlich auch darum durchgezogen hatte. Manchmal denke ich, es war Schicksal das genau ich zu ihm gekommen bin. Denn er hat bemerkt, dass ich mega ambivalent gewesen bin und wahrscheinlich beim kleinsten Zuspruch das Kind zu behalten es gemacht hätte.
Mein Mann versuchte mich zu verstehen, aber niemals wird er nachfühlen können, wie es ist, so alleine auf dem Bett einer Tagesklinik zu liegen und dann darauf zu warten, dass die "Frucht", so wie es die Krankenschwester nannte, abgeht. Ich lag da und weinte nur. Es kamen immer mehr Patienten dazu, viele onkologische und fragten mich was ich hätte. Und ich lag einfach da und fühlte mich elend. So unbeschreiblich elend. Die Situation, dass ich selber Schuld war, war in diesem Fall so absurd und nicht mehr auszuhalten zwischen diesen schwerkranken, starken Menschen....
Um 11.25 Uhr habe ich dann auf der Toilette angefangen zu bluten. Ich habe irgendwie lange versucht, einfach liegen zu bleiben. Als würde ich dann das Kind nicht verlieren...

Ich war sicher 15 Minuten einfach alleine da drin und ich kann nicht in Worte fassen, wie es ist so etwas zu erleben... Ich war wie gelähmt und wollte alles nur rückgängig machen...
Jetzt gute zwei Wochen später fühle ich mich stabiler. Ich bin im Alltag wieder angekommen. Muss man ja mit drei kleinen Rackern.. Vorallem wenn einem der neue Kindergartenbub schon so auf Trab hält

Und 1 Tag nach der Abtreibung war die Übelkeit einfach weg. Ich konnte wieder Wäsche zusammenlegen, ohne nach 2 Minuten abliegen zu müssen.. Ich ass wieder und redete wieder. Mein Mann sagte zu mir: Wir haben dich wieder...
Ganz ehrlich, ich hätte nicht gewusst, wie ich (auch nur bis zur 12. Ssw) diese Übelkeit überlebt hätte. Ich war nicht mehr im Stande den Kids zu schauen.
Es tönt jetzt irgendwie heuchlerisch oder so, aber mein Mann und ich mussten ja eine Entscheidung treffen. Und wir sagten, dass wir uns nicht gegen das 4. Kind entscheiden, sondern für unsere 3 Kinder die wir schon haben. D.h. das sie ihr Leben evt. besser geniessen können, mit Eltern, die mehr Zeit haben und wir wüssten nicht und werden nie erfahren, wie es mit 4 gewesen wäre. Aber ich weiss, dass ich diesen drei so gerade noch gerecht werde und ihnen auch nie davon erzählen werde.
Das "ausbluten lassen" ist psychisch auch belastend und ich denke, dass ich ein Leben lang bei einer Periode immer wieder daran erinnert werde. Ich werde es sowieso ein ganzes Leben lang mit mir mittragen.
Ich habe dann auf dem WC dieser kleinen Seele auch um Vergebung gebeten und mich entschuldigt. Denn wir hätten es geschafft, aber bei vielen Alltagssituationen merke ich einfach, dass es echt schwierig geworden wäre. Ich wäre und das ist definitiv einfach meine Wahrnehmung, eine schlechtere Mami gewesen.
Trotzallem werde ich es immer vermissen und auch noch ohne Herzschlag von ihm immer tief in meinem Herzen tragen.
Ob ich ohne diese physischen Beschwerden so entschieden hätte, weiss ich nicht. Ich hatte auch direkt nach der Medikamenteneinnahme so ein Gefühl, als müsste ich es gleich wieder hergeben. Jetzt ist es zu spät.
@Wolke: Es tut mir soooo leid, kann deine jetzigen Gefühle gerade soooo nachvollziehen. Deine Anamnese mit der Ssw. vom zweiten Kind ist wirklich wahnsinnig... Ich wünsche dir, dass du für dich die richtige Entscheidung treffen darfst...
Machts gut und hebet eu Sorg
Lena