
Der ET für unseren Kleinen war auf den 6. Januar 05 berechnet worden. Da ich schon recht früh Wehen hatte, mich lange schonen und im Spital liegen musste, rechnete ich mit einer Geburt vor dem Termin.
Am Mittwoch 15. 12. stand ich nach einer fast schlaflosen Nacht völlig kaputt auf. Wehen, Magenbrennen, Hüftschmerzen und verstopfte Nase hatten mich abwechslungsweise vom Schlafen abgehalten. Am Mittag dann wurden die Wehen stärker, so dass ich mit der Uhr in die Badewanne stieg. Nach einer Stunde im Wasser mit Wehen alle 4 min. war mir nicht mehr wohl und ich legte mich aufs Bett. Die Wehen wurden stärker, nun alle 3 min. Ich war überzeugt, dass es langsam los geht. Da ich in der Nacht vorher fast nicht geschlafen hatte und die Geburt wohl bis in die Nacht gehen würde, nahm ich mir vor, noch ein bisschen zu entspannen und zu dösen, bevor wir im Spital anrufen. 2h später wachte ich auf - ohne Wehen!! Abends bekochte ich noch Besuch und wir schauten gemütlich einen DVD. In der Nacht schlief ich so gut wie seit Wochen nicht mehr. Morgens um 6.30 erwachte ich und dachte, dass das Kleine wohl doch noch länger auf sich warten lässt. Kaum hatte ich den Gedanken fertig gedacht und mich aufgesetzt, spürte ich, wie warme Flüssigkeit herauslief... Blasensprung!! Ich klemmte die Beine zusammen, schlich zur Toilette und blieb erst mal ne Weile dort. Dann schnappte ich mir ein Handtuch, klemmte es zwischen die Haxen und ging meinen Mann wecken. Diese Schlafmütze meinte, wir könnten wohl ruhig noch 2h schlafen, wenn ich keine Wehen hätte, meldete sich zwecks Geburt bei der Arbeit ab, organisierte bei den Schwiegereltern das Auto und drehte sich um im Bett für eine weitere Runde Schlaf...
Ich war aber viel zu neugierig und kribbelig, und so kochte ich erst mal Tee für meinen Mann, damit der während der Geburt was zu trinken hat. Dann packte ich noch die letzten Sächeli in die Tasche. Immer wieder spürte ich, wie ein Gutsch Wasser wegging - ins Tüechli, das ich in die Hosen gestopft hatte ...
Um 8h kamen dann die Wehen unmissverständlich und regelmässig. Ich jagte Männchen aus dem Bett, stellte ihm einen Kaffee hin und tigerte in der Wohnung herum, bis er bereit war. Zu meinem Entsetzen hielt er noch bei der Migros an und kaufte sich Gipfeli… und dann war noch die Barriere geschlossen. Etwa um 9 h kamen wir dann im Spital an. Während mein Mann das Auto parkierte (und das erschien mir unendlich lange!), stand ich verklemmt an der Rezeption, so dass mich die Frau dort fragte, ob ich nicht schon mal hinauf wolle und mir dann ein paar Minuten später anbot, mich mit dem Rollstuhl dorthin zu bringen. Doch, als die Hosen schon flotschnass waren vom Fruchtwasser, kam mein Mann endlich.
Auf der Gebärabteilung wurden wir von der Hebamme empfangen, die ich mir insgeheim gewünscht hatte (ich kannte sie von meinem Spitalaufenthalt im Oktober). Ich kam ans CTG, das schön regelmässige Wehen anzeigte. Sie untersuchte mich - Mumu 3cm offen. Bis 12h war's jetzt ganz gemütlich - mein Mann und ich lasen beide, und bis auf mein gelegentlich tiefes Einatmen wäre niemand darauf gekommen, dass wir am gebären sind. Die Wehen waren wirklich sehr gut erträglich und das Buch spannend....
Um ca. 12.30 kontrollierte mich die Hebamme nochmals - 4cm. Auch am CTG sah alles ganz gut aus. Sie liess mir ein Bad ein, ich durfte noch das Duftöl dafür aussuchen. Mein Mann machte jetzt mal eine Pause, da es mir ja so locker gut ging, und ich stieg in die Wanne. Auf Wunsch liess mich die Hebamme ganz alleine, und jetzt konnte ich mich ganz entspannen und den Kopf leeren und auf die Geburt einstellen. So gegen 14h wurden die Wehen deutlich stärker, zum Glück hing über der Wanne so ein Tuch, wo ich mich daran klammern konnte. Die Hebamme kam ca. alle 15min. vorbei und schaute, wie es mir ging. Nach 15h war mir in der Wanne nicht mehr wohl, da ich bei jeder Wehe so schwitzte, dass ich das warme Wasser fast nicht mehr aushielt. Also raus, anziehen, Kontrolle: 7cm offen! Ich rief den werdenden Vater per Telefon zurück und setzte mich auf den Ball für die nächsten Wehen - schon heftig keuchend. Mein Mann kam gegen 16.00, streichelte mich liebevoll bei der nächsten Wehe und wollte die Musik abspielen, die wir für die Geburt ausgesucht hatten. Aber darauf hatte ich überhaupt keine Lust... es tat nämlich plötzlich brutal weh!! Vorher waren die Wehen wie eine Welle gewesen, gleichmässig ansteigend und abklingend. Jetzt aber war es, als würde mir jemand mit dem Messer von der Scheide unten hinaufstechen - bei der nächsten Wehe konnte ich nicht mehr anders und schrie. Die Hebamme bot mir ein Schmerzmittel an, aber ich wollte nicht. Sie kontrollierte mich nochmals - immer noch 7cm und der Kopf nicht weiter unten. Mittlerweile kamen die fiesen Wehen alle 2 Minuten, ich schrie in ein Kissen und mein Mann streichelte hilflos meinen Rücken. Die Hebamme spritzte mir ein Schmerzmittel, das ich jetzt gerne nahm. Plötzlich stand mein FA mit dem Ultraschallgerät im Raum und sagte, es gefalle ihm nicht, dass ich plötzlich so anders auf die Wehen reagiere. Also hatte die Hebamme ihn gerufen. Während er sich bereit machte, bekam ich nochmals Schmerzmittel und ein Venflon für die Infusion. Der Arzt warf einen Blick auf den Ultraschall und sagt: "geburtsunmögliche Position!" "Kaiserschnitt?" presste ich hervor. Er nickte und erklärte mir ganz ruhig, was jetzt mit mir geschehen würde, während die Hebamme Wehenhemmer spritzte und meinen Mann anwies, mir die Thrombosestrümpfe anzuziehen. Unter immer noch starken Wehen wurde ich auf ein Bett verschoben und durch die Gänge in den Ops geschoben. Die Wehenhemmer wirkten einfach nicht, obwohl die Hebamme immer wieder nachspritzte, ich war immer noch bei jeder Wehe (jetzt jede Minute) am stöhnen und schreien - mir voll bewusst, dass mich die Besucher und Leute auf den Gängen ganz komisch anschaute. Im OP angekommen, machten sich ca. 5 Leute an mir zu schaffen, ich bekam Spritzen, Infusionen, Stiche, Schläuche... aber konnte dabei recht ruhig bleiben und mich darauf konzentrieren, dass ich bald unseren Kleinen haben würde. Und alle waren sehr freundlich und erklärten mir, was sie taten.
Endlich entdeckte ich unter den vielen grünen Hauben und Mundschützen erleichtert die Augen von meines Mannes. Er setzte sich neben meinen Kopf und streichelte mein Gesicht. Der FA setzte sich auch noch neben mich, nahm meine Hand in seine beiden und sagte mir, ich sei sehr tapfer und solle mir keine Sorgen machen, er werde unser Baby sorgfältig herausholen. Das hat mich sehr ruhig gemacht. Mittlerweilen wirkte auch die Anästhesie und ich spürte endlich die Wehen nicht mehr.
Als mein Mann dann fragte, ob sie schon begonnen hätten, meinte der Arzt, er sehe schon das Köpfchen... ich spürte zwar ein Rupfen und Reissen an meiner Haut, aber hatte keine Schmerzen. Und schon drückte die Anästhesistin von oben unseren Jungen nach unten in die Hände des Arztes. Der sagte uns, dass der Kleine jetzt draussen sei - unglaublich!!
Sofort fragte ich besorgt, warum er denn nicht schreie... der Arzt lachte und sagte, ich solle mir mal keine Sorgen machen, er sei putzmunter und zapple wie wild. Da hörte ich auch schon den ersten Schrei und die Hebamme hielt ihn hoch, so dass wir einen Blick auf ihn werfen konnten. Meinem Mann liefen die Tränen nur so über den Mundschutz herunter, während ich abzuschätzen versuchte, wie klein er noch war (3 Wochen zu früh). Der frischgebackene Vater konnte mit zum Abtrocknen und Apgar Test, und sofort danach brachten sie ihn und legten ihn mir neben den Kopf. Er war ganz ruhig und machte grosse Augen - nun schluchzte auch ich nur noch...
Wir staunten unseren Sohn an, bis ihn die Hebamme mir für ein Küsschen vors Gesicht hielt und dann mit Vater und Sohn auf die Abteilung ging, um ihn zu waschen und anzuziehen. Er war übrigens 3120g schwer und 49cm lang.
Nun nähten sie mir den Bauch zu, aber ich war von den vielen Medis und Schmerzen und Gefühlen so kaputt, dass ich einschlief dabei... nachher wurde ich auf die Aufwachstation verlegt. Dort schlief ich sofort weiter. Schon bald kamen meine beiden Männer. Und jetzt kam der einzige Teil der Geburt, den ich schlimm fand (finde): Endlich war unser langersehntes Kind da, und ich konnte kaum die Augen öffnen, um ihn richtig anzusehen, geschweige denn mochte ich ihn halten - und gleichzeitig hatte ich so ein schlechtes Gewissen deswegen. Er hatte eine ganz blaue Stirn, weil er so gegen mein Becken gepresst worden war - das sah ich erst jetzt und das schlechte Gewissen wurde noch viel grösser... Das war also ziemlich beschissen, direkt gesagt! Wie froh war ich, dass sein Papa ihn so nahe hielt und mit ihm schmuste!!
Endlich wurde ich dann aufs Zimmer verlegt, der Kleine kam neben mir ins Bettchen. Mein Mann ging nach Hause, da ich ohnehin schlafen wollte. Erst nach 2 Stunden Tiefschlaf fühlte ich mich wieder einigermassen als mich selber. Ich läutete (es war 10h abends), damit sie mir den Kleinen auf den Bauch gaben. Und jetzt wurde ich erst richtig Mutti - hielt den Kleinen die ganze Nacht auf dem Bauch, zündete immer wieder das Licht an, um ihn anzusehen, weinte vor Glück und Hormonen und konnte nicht aufhören, ihn zu streicheln. Das war die wichtigste Nacht meines Lebens - diese intensiven Stunden mit unserem kleinen Butz waren und sind unendlich kostbar für mich!
Bei einem Röntgen kam dann übrigens heraus, dass mein Becken zu eng ist, um ein Babyköpfchen durchzulassen. Deshalb werde ich auch bei einem weiteren Kind / weiteren Kindern eine Kaiserschnittgeburt haben.