Letzten Monat habe ich diesen Bericht verfasst; vor allem für meine Kleine, damit sie später mal fragen kann:"Mami, wie war das als ich zur Welt gekommen bin?" Und für mich, weil wir uns ein zweites Kind wünschen und ich mich nur so auf eine neue Schwangerschaft einstellen kann.
Ich habe selber sehr viele Geburtsberichte gelesen während meiner Schwangerschaft und es hat mir geholfen, mich darauf einzustellen, dass eine Geburt nicht planbar ist.
Denjenigen, die diesen Geburtsbericht lesen möchten, wünsche ich ein wenig Durchhaltewillen, ich kann und wollte mich in diesem Fall nicht kurz fassen...
Gwendolyns Geburt (ET 25.10.2005)
Nachdem ich alle Mittelchen zur sanften Einleitung der Geburt von Tee über Akkupunktur bis zum Früchte-Fastentag ausprobiert hatte (und wegen dem vielen Fruchtwasser am Entbindungstermin(!) noch durch einen Glukose-Toleranztest hindurchgequält wurde), spürte ich endlich am 1. November am Morgen ein Ziehen im Bauch. Das jedoch in Grossen Abständen und nicht der Rede wert. Am Nachmittag hat sich dieses Ziehen verstärkt, beziehungsweise kam in regelmässigeren Abständen. So etwa alle zwanzig Minuten vielleicht. Meine Mutter und ich waren noch shoppen und ich musste ab und zu stehen bleiben. Am Abend haben dein Papi und ich noch relativ spät Raclette gegessen und dabei hatte ich so etwa um 8 Uhr die erste Wehe, für die ich aufstehen musste. Nachher habe ich aber munter weitergegessen. Um zehn gings dann etwa ins Bett, ich war hundemüde, kam aber nicht mehr zur Ruhe, weil mich alle paar Minuten die Wehen aus meinem Schlummer rissen, dabei wollte ich doch nur schlafen... Das ging bis etwa halb zwei so und dann habe ich deinen Papi (der natürlich seelenruhig „chrösend“ dalag) geweckt und gesagt, mir wäre einfach nicht mehr wohl und ich wollte wissen woran ich sei. Die Wehen waren eben auch sehr unregelmässig so ca. alle fünf bis neun Minuten. Dein Papi hat dann für mich der Hebamme im Spital telefoniert und sie hat gesagt, wir könnten ruhig kommen, wenn uns wohler wäre. Ich machte mir keine grösseren Hoffnungen, und nahm an, wir würden anschliessend wieder nach Hause geschickt. Jedoch siehe da, mein Muttermund war schon sehr weich und zwei Zentimeter offen, wir könnten bleiben. Wir blieben und ich durfte in das schöne gelbe Geburtszimmer mit der grossen Wanne, welche mir die Hebamme auf meinen Wunsch auch gleich füllte. Ich war, wie immer, gerne im Wasser und die Wehen waren mehr als erträglich. Lediglich war mir schlecht (das Znacht kam dann auch unverdaut wieder hoch) und ich fühlte mich ein bisschen einsam, weil der Abstand zu deinem Papi ausserhalb der Wanne so gross war. Wann genau ich deshalb aus der Wanne wollte, wusste ich nicht mehr genau, jedenfalls war ich in den frühen Morgenstunden, so etwa sechs, halb sieben, bereits acht Zentimeter offen.
Was dann geschah, habe ich nicht mehr im Zeitgefühl, es ist alles ein bisschen neblig. Die Fruchtblase war zu der Zeit noch intakt und die Hebamme hat mir gesagt, dass es vielleicht gut wäre, wenn sie sie sprengen würde, denn eine mit so viel Fruchtwasser gedehnte Gebärmutter könne schlechter arbeiten. Das hat sie also versucht und gar nicht begriffen, warum die Fruchtblase nicht mitgemacht hat. Sie meinte ich hätte wohl zwei? Fruchtblasen... Was auch immer. Jedenfalls glaube ich, dass ich zu diesem Zeitpunkt keine Wehen hatte. Die Hebamme hat dann auch mal das Zimmer verlassen und dann ist das Fruchtwasser abgegangen. Einen grossen grünen See hats gegeben. Leider eben grün... Kurze Zeit später hat man mir Wehenmittel gegeben, damit es endlich vorwärts geht. Ich war eigentlich bis auf einen kleinen Saum voll eröffnet.
Man hat mich auch noch untersucht und festgestellt, dass dein Köpfchen nicht genug weit unten war. Deshalb vielleicht der Stillstand?
Jedenfalls wurde es kurze Zeit später mit den Wehenmitteln heftig. Eine Wehe folgte der anderen und ich habe mich auf den Bettrand gestützt. Der Druck auf das Kreuzbein war für mich ein brutaler, lange anhaltender Schmerz. Und dein Papi sagte noch zur Hebamme: “Sie wird ja ganz blau am Kreuz!“ Diese Stelle spüre ich manchmal heute noch.
Mit einem weiteren Ultraschall hat die Ärztin festgestellt, dass dein Köpfchen immer noch zu weit oben sei. Trotzdem begannen dann irgendwann die Presswehe. Und vielleicht wegen dem Wehentropf waren sie so heftig, dass ich mehr zwischen den Wehen geheult habe als während, weil ich einfach keine Entspannung mehr gefunden habe. Wegen dem Köpfchen – um es dir leichter zu machen – haben sie mich nach jeder Wehe auf eine andere Seite gelegt. Hin und her und hin und her und hin und her. Bei jeder Wehe konnte man dein Köpfchen schliesslich sehen. Aber du bist leider jedesmal wieder weit zurückgerutscht. Und nach wahrscheinlich etwa zwei Stunden Presswehen hat die Ärztin einen Dammschnitt gemacht. Und da sollte ich dann plötzlich nicht mehr pressen. Wie auch? Jedenfalls hörte oder spürte ich bei der nächsten Presswehe das Ratsch des grossen Dammrisses, den es davon gegeben hat. Wenige Augenblicke später warst du da. Ein unglaublicher Moment, dich in meinen Armen zu spüren, so klein, und doch so vollkommen. Das einzige, was ich in diesem Moment über die Lippen gebracht habe war: „Baby... oh baby...“ Geweint und gezittert habe ich.
Dein Papi hat die Nabelschnur durchgeschnitten. Du warst so voller Blut und Käseschmiere die Hebamme hat nur gesagt: „Also normalerweise baden wir die Neugeborenen nicht unbedingt, aber ihres ist so verklebt...“
Gwendolyn – so haben wir dich wegen deiner Elfenöhrchen etwa zwei Stunden nach der Geburt getauft – du warst bei deiner Geburt 52 cm lang, 3610g schwer, hattest einen Kopfumfang von 36 cm und bist am 2.11.2005 um 12:36 zur Welt gekommen.
Dann kam das schlimmste Ereignis der ganzen Geburt. Das Nähen des Risses. Ich habe ihn zum Glück nicht gesehen aber ich habe nur gewimmert und wollte, dass es endlich vorbei ist. Zu zweit waren sie bis um zehn vor zwei beschäftigt. Der Anblick ihrer blutverschmierten Schürzen hat mir gereicht.
Dann endlich Ruhe. Bis um sechs Uhr sind wir einfach nur dagelegen und haben dich bestaunt und deinen Papi hat es geschüttelt vor Weinen, wegen dir, wegen mir, weil es mich so zerrissen hat. Aber das wichtigste war doch, dass es dir von Anfang an gut ging. Ich bin so stolz auf dich Gwendolyn. Du warst bei der Geburt und bist es jetzt noch, so hart im Nehmen und eine so gute Kämpferin, ich kann immer nur staunen.
Und weißt du, warum du nicht hinunter wolltest mit deinem Köpfchen und warum du immer wieder hineingerutscht bist? Du hattest deine Nabelschnur zwei Mal um den Hals.
Und jetzt ziemlich genau 16 Monate nachdem du zur Welt gekommen bist, schreibe ich diesen Bericht. Du bist ein so gut gelauntes Schnüggeli, mit so viel kreativer Energie und so selten krank. Mein Herz lacht, wenn ich an dich denke.
Für dich haben wir unser Leben umgekrempelt. Du warst und bist es mehr als wert.
Warum ich das gerade jetzt schreibe?
Weil ich es endlich kann. Ich habe mich entschieden, für die kommenden Jahre „nur“ für die Familie da zu sein. Und weil ich ein Geschwisterchen für dich möchte, Gwendolyn.
Danke Stefan, dass es dich und unsere kleine Familie gibt. Danke Gwendolyn, für die Freude, die du mir jeden Tag schenkst.
Gwendolyn unser Goldschatz! (etwas lang...)
Moderator: Phönix