Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Allgemeine Themen ab dem 2. Lebensjahr

Moderator: conny85

Antworten
Benutzeravatar
sonja32
Vielschreiberin
Beiträge: 1762
Registriert: Fr 27. Jul 2007, 11:38
Geschlecht: weiblich

Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von sonja32 »

F. Scarpi hat geschrieben:
Zitiere hier dreimäderl
was lernt mein kind vom stillen stuhl? unsolidarisch gegenüber anderen kindern zu sein die fehler machen. zu lernen dass fehler ausgegrenzung und auslachen zur folge haben.
Schön gesagt!!
Strafen, die ausstellen und blossstellen und Hierarchien innerhalb einer Kindergruppe herstellen (manche sind zwangsläufig viel auf dem stillen Stuhl, andere nie), unterminieren das Selbstwertgefühl der Kinder, ihre Solidarität und ihr Mitgefühl.

Aber dann wieder mit den Schlagworten "Sozialkompetenz" und "Selbstkompetenz" kommen!
Was bedeuten die eigentlich??
ja scarpie genau. die sozialkompetenz und selbstkompetenz wird ja auch bewertet. felix musste einen ganzen Fragebogen ausfüllen wie er sich selbst sieht. von rot (schlecht) bis grün (gut). nicht nur die Leistungen noch vieles andere. das wird uns dann im elterngespräch in 2 Wochen dargelegt. bin ja gespannt. ich kenne froschkönigs Lehrerin ja schon von dem Jahr mit Dornröschen…mit der zu reden ist schwierig, da kommt man nicht weiter. aber ich versuche es weiterhin.

also sich für sein kind einsetzen lohnt sich auf jeden fall. natürlich nicht wie eine Furie ins Klassenzimmer stürmen sondern ein konstruktives Gespräch führen. ich habe die klöters Briefe zu hause, die werde ich noch lesen vor diesem Gespräch. ich habe ziemliche Erfahrungen mit Gesprächen mit lehrpersonen. momentan haben wir bei dornröschen alle paar Monate einen runden Tisch mit lp, ssa, hp, Dornröschens lerntherapeutin und uns als Eltern. das klappt ganz toll und ich bin sehr dankbar haben wir so tolle menschen mit denen wir zusammenarbeiten können und die sich fürs wohl des Kindes einsetzen. hätten wir in Dornröschens fall einfach mal nichts gemacht und der lp vertraut wärs nicht gut gekommen.
mir hilft es auch immer mich in die lehrperson reinzuversetzen und ihre sicht der dinge zu verstehen. und all das tolle was sie jeden tag leistet auch anzuerkennen. so kann man dann auch Kritik anbringen ohne dass der andere beleidigt ist.
Sonja mit iceprincess (20) und kleinronaldo (16)

bätschi
Member
Beiträge: 177
Registriert: Mo 23. Jul 2007, 20:43

Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von bätschi »

Ja ,ich finde es auch schade um die Kinder ! Irgenwann früher (in der Schule) oder später ( in der Lehre) holt sie die Realität ein! Damit müssen sie zurecht kommen,sonst gehen sie unter!!Sie müssen auch lernen sich mal anzupassen und halt auch mal was zu machen,was sie nicht so gut finden!
Und noch was ,niemand ist perfekt,die Lehrer nicht ,aber wir Eltern auch nicht!

Blini
Member
Beiträge: 399
Registriert: Di 7. Dez 2010, 10:17

Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von Blini »

@bätschi
Wenn sie dann mit der harten Realität konfrontiert werden, sind sie hoffentlich starke, selbstbewusste junge Menschen, die gerade deshalb auch nicht untergehen, weil wir Eltern sie dort geführt haben und dort für sie eingestanden sind, wo sie es (noch) nicht konnten. Und die wissen, dass sie Ansprechpersonen haben, die sie nicht mit "that's life" abschmettern, sollte es noch nicht klappen. Niemand muss sich alles gefallen lassen, weder in der Schule noch in der Lehre noch im Beruf noch Privat.
Und nein: Niemand ist perfekt. Deshalb reflektieren wir uns und unser Verhalten und diskutieren hier.
Edit: Auch (alles) Hinterfragen (heisst nicht, alles a priori zu verwerfen, nur das eigene Gehirn einzuschalten und es arbeiten zu lassen) ist eine Eigenschaft, die ich meinen Kindern hoffentlich mit auf den Weg gebe - das schliesst Du implizit auch aus.

@dreimäderl
Hat sich gerade überschnitten, stimme Dir voll zu.

Benutzeravatar
sonja32
Vielschreiberin
Beiträge: 1762
Registriert: Fr 27. Jul 2007, 11:38
Geschlecht: weiblich

Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von sonja32 »

dreimäderl hat geschrieben:
und noch zu meinem beispiel: nein, die mütter haben sich nicht zusammengeschlossen, es sind aber mehrere parallel im gespräch mit frau drillmaster. eben, die eltern hier oben ticken mehrheitlich normal, aber wenn was wirklich nicht mehr normal ist, dann ist es legitim und sogar pflicht etwas dran zu ändern.
auf jeden fall. klar es gibt auch die die wegen jedem seich zur Lehrerin rennen. aber wenn du merkst dass dein kind oder ein anderes kind unter solchen Methoden leidet dann ist es zeit was zu unternehmen. ich glaube dass viele gerne was sagen würden aber sich nicht getrauen. bätschi gehörst du auch dazu?

ich habe jetzt wirklich einige Jahre mit Kindern, Eltern, schule und Lehrern hinter mir und kann dazu nur sagen Zivilcourage lohnt sich auf jeden fall. die Kinder profitieren übrigens auch enorm davon wenn Eltern und Lehrer konstruktiv zusammenarbeiten. wenn du zu deinem kind immer sagst: ja da musst du halt durch. ich weiss nicht ob das so eine gute Idee ist. irgendwann wird es dir nix mehr erzählen und alles schlucken…was dann später daraus wird ist eine andere frage!!!
Sonja mit iceprincess (20) und kleinronaldo (16)

Benutzeravatar
abigail
Moderatorin
Beiträge: 736
Registriert: Mo 24. Sep 2012, 13:41
Geschlecht: weiblich

Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von abigail »

stella hat geschrieben:abigail
Ich tue das Problem, welches Drümodi hier geschildert hat, nicht verharmlosen. Sie wird etwas unternehmen können, wenn sie ein Kind bei dieser LP in der Schule hat.

Die anderen Mütter haben sich ja zusammen geschlossen. Auch hier wissen wir nicht, was bereits alles an Massnahmen umgesetzt wurde.
Es ist schlicht nicht mein Problem... Ich habe geschildert, wie der Dienstweg ist, wenn Frau betroffen ist... Voilà!
Selber traue ich nur und ausschliesslich MEINEM Eindruck.
Ich habe selber schon erlebt, dass ich von einer Gruppe Mütter massiv angegangen wurde. Die wollten mich weg haben... War sehr, sehr unangenehm. Ich habe aber seit da 15 Jahre erfolgreich Realschule unterrichtet. So schlecht kann ich also nicht sein...
Vielleicht verstehst du meine Optik...
Nein, nein. Ich hatte nicht das Gefühl, dass du es verharmlost. Und ich glaube, es gibt noch ein Missverständnis. Drümodi hats weiter oben klargestellt. In dem Fall gibts keine Haarwickler-und-Nachthemd-tragende-mit-dem-Wallholz-um-sich-schlagende-Mami-Gruppe. Das war einige Posts zuvor eine Idee von mir. Dass wenn nichts fruchtet, sich die Eltern mal zusammenschliessen könnten (natürlich ohne Wallholz :wink: ).

Es ist auch nicht mein Problem. Jedenfalls nicht direkt, indirekt vielleicht aber schon, denn auch ich habe einen Sohn, der bald in ein Schulsystem kommt, in dem offenbar auch solches läuft. Von daher interessieren mich solche Dinge schon. Ich wollte auch auf keinen Fall dich als Lehrerin in Frage stellen, das liegt mir wirklich fern. Ich habe dich hier in SM eben als eine sehr freundliche, reflektiert handelnde Frau/Mami erlebt. Mich hat genau deshalb eben die Pauschalaussage etwas irritiert. Ich bin im übrigen sehr positiv eingestellt und denke, dass die meisten LPs ihren Beruf ernst nehmen, ihr Bestes geben und auch mit sich reden lassen, wenn man das auf eine anständige und vernünftige Art und Weise tut. Ich verstehe deine Optik druchaus.
stella hat geschrieben:Sanktionssysteme in der Schule
In der Tat... Die Welt funktioniert eher so, dass Strafen ausgesprochen werden, dass Konsequenzen getragen werden müssen, manchmal sinnvollere, manchmal weniger sinnvolle...
Meine Frage ist halt schon, was tun? Die Systeme bei meiner Tochter in der Schule sind ALLE anders als zuhause und sie sind weder förderorientiert noch nachhaltig. Bei den fehlbaren Kindern bessert sich NICHTS. Und nun!?!?
E Blätz weit muss mein Kind da durch, ansonsten muss ich es selber unterrichten... Oder wie seht ihr das!?!?!?
Ich hab weniger Mühe damit, wenn eine Strafe ausgesprochen wird, weil die LP es für richtig und angemessen findet und es nicht unfairerweise passiert (z.B. eine Strafseite, den Kompost der Kochschule umschichten oder sonst was). Da denke ich auch, müssen unsere Kinder durch und solange mein Kind nicht jeden Tag mit soetwas nach Hause käme (dann wäre vermutlich ohnehin mal ein Gespräch fällig), hätte diese LP meine Unterstützung in dem Sinne, dass ich sie nicht jedesmal anrufen würde, um mein Kind in Schutz zu nehmen und es vor der Strafe zu bewahren, sondern meinem Kind erklären würde, dass es Mist gebaut hat und nun diese von der LP ausgesprochene Strafe zu verbüssen hat. Ob ich persönlich von der Nachhaltigkeit überzeug bin, ist dann zweitrangig. Hier lernen Kinder, dass es eben andernorts anders laufen kann, als zu Hause.
bätschi hat geschrieben:Ja ,ich finde es auch schade um die Kinder ! Irgenwann früher (in der Schule) oder später ( in der Lehre) holt sie die Realität ein! Damit müssen sie zurecht kommen,sonst gehen sie unter!!Sie müssen auch lernen sich mal anzupassen und halt auch mal was zu machen,was sie nicht so gut finden!
Und noch was ,niemand ist perfekt,die Lehrer nicht ,aber wir Eltern auch nicht!
Unterschreibe bei drümodi und Blini. Welche Realität meinst du denn?
Chline Maa 2011
Manndli 2014

Sanoe
Inaktiv
Beiträge: 54
Registriert: Mi 3. Aug 2011, 21:55

Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von Sanoe »

Bätschi: stimme dir voll und ganz zu.
Die in watte gepackte kinder, die ich kenne, sind Ubrigens nicht besonders gut rausgekommen.

Civilcourage: wie soll ein kind das lernen, wenn ihm die mami immer alle probleme gerade biegt?
Selber beim lehrer reklamieren, nicht die mami rennen lassen.

Danke wegen feedbacks bzgl 'ist nicht schlimm'. Mein sohn ist vier und damit in einem alter, wo er sich schon in andere hineinversetzen kann und deshalb nehme ich an auch bei 'ist nicht schlimm' schon eine äussere sicht verstehen kann. Die kleine (bald zwei) ist natürlich gerade in der sturm und drang phase der gefühle, da hikft wohl nur 'ich verstehe dich, aber das ist jetzt halt so' und frust ausplärren lassen. Ooohm.

Benutzeravatar
Lotus
Stammgast
Beiträge: 2878
Registriert: Do 10. Mai 2007, 21:33

Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von Lotus »

mein Mami hat sich immer für uns eingesetzt, bis zu dem Moment wo wir es selber konnten.Sie machte das mit viel Einsatz und ich kann es heute dennoch sehr gut selbst ... wäre eine der Umschreibungen von mir für mich-> setzt sich für andere ein! und hat dies wooooo gelernt? jaaaaa! Bei Mami :)
"Erziehung ist organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend." Mark Twain

Benutzeravatar
sonja32
Vielschreiberin
Beiträge: 1762
Registriert: Fr 27. Jul 2007, 11:38
Geschlecht: weiblich

Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von sonja32 »

sorry dass ich das sagen muss: wer noch keine Kinder in schule und kiga hat kann nicht wirklich mitreden.

kennt jemand hier die klöter Schulbriefe? wahrscheinlich nicht..die sind sehr erhellend wenn man Kinder in der schule hat. dort steht ausdrücklich dass man in Kontakt bleiben soll mit den lp wenn was nicht stimmt und zwar solange bis es wieder okai ist. die klöterbriefe sind eine alternative erziehungsstrategie. es gibt sie nicht nur für die schule sondern auch sonst fürs tägliche leben.

http://www.kloetersbriefe.de

so und nun schreibe ich hier nicht mehr mit. ist ja für Kleinkinder gedacht. hatte halt so Freude weil dreimäderl mitschreibt. ;-). wir vermissen dich im cc-forum!
Sonja mit iceprincess (20) und kleinronaldo (16)

Benutzeravatar
mameia
Newbie
Beiträge: 35
Registriert: Mi 22. Jun 2011, 21:50
Geschlecht: weiblich
Wohnort: Dehei

Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von mameia »

Ich finde diese Disskussion hier wahnsinnig spannend, habe zwar noch keine Kinder im Schulbetrieb, bin aber gespannt, was da alles auf uns zu kommt.

@sonja32: ich finde nicht, dass dieser Thread nur für Kleinkinder gedacht ist, ich denke er ist für alle, die Kinder haben und Kinder begleiten oder betreuen, egal welchen Alters.

Es geht doch um eine Grundhaltung wie wir mit den Kinder umgehen und was wir ihnen mitgeben, dass wir zu ihnen eine gute Beziehung pflegen, und sie schützen und unterstützen, und ihnen lehren mit und in dieser Welt zurecht zu kommen.

Und ich denke, diese Grundhaltung spielt in jedem Entwicklungsalter des Kindes eine Rolle.

Ich finde auch die verschiedenen Haltungen sehr spannend und bereichernd, vor allem auch die wissenschaftlichen Hintergründe und die Definitionsklärungen, da muss man dann das Hirni grad chli einschalten...

Ich danke euch allen für die Anregungen und Meinungen und lese sehr gerne weiter mit.

Benutzeravatar
Ariadne
Vielschreiberin
Beiträge: 1132
Registriert: Di 8. Jan 2008, 13:26

Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von Ariadne »

@ mameie
Danke, schönes Posting.

@ Allgemein
Man muss eben differenzieren zwischen "dem Kind alles geradebiegen" und "für das Kind einstehen". Da sind die Meinungen sicher unterschiedlich.

Grundsätzlich sind aber so Übertreibungen einfach unnötig: Wenn jemand sich wegen dem Schäm-Eggli für das Kind einsetzt, kommt hier jemand und sagt: "Man kann doch nicht IMMER ALLES für das Kind geradebiegen, dann lernt es NIE, selber etwas zu machen." Das ist völlig unproduktiv, von dem war nie die Rede.

Es geht darum, einen Mittelweg zu finden: Dem Kind beibringen (vorleben), dass es sich wehren darf, wenn seine Grenzen verletzt werden, und auch vorleben, dass es manche Dinge akzeptieren muss, auch wenn es nicht immer so läuft wie es will.

Wichtig ist doch, dass wir dem Kind zeigen, wo es für sich selber einstehen soll. Nämlich z.B., wenn es angefasst wird und es das nicht will. Da sagen wir doch auch nicht: "Ach, das Kind muss halt auch mal lernen, dass es etwas akzeptieren muss, im echten Leben später muss es ja auch mal spuren können" etc. NEIN, sowas muss mein Kind NIE akzeptieren!

Aber natürlich muss es auch mal akzeptieren, dass es nicht drankommt, wenn es eigentlich als erstes gestreckt hat (mir ist grad nix bessres eingefallen). Auch wenn das unfair scheint. Gibt's halt, das Leben ist manchmal unfair. Und lauter so andere Sachen - sicher, das Kind muss solche Sachen in der Schule lernen. Und sicher ist es nicht gut, wenn man da das Kind in Watte packt und bei jedem kleinen Seufzer des Kindes gleich in der Schule interveniert. Ich glaube, darüber brauchen wir ja gar nicht zu diskutieren.

Und nun ist halt die Frage: Ist so ein Schäm-Ecken etwas, wovon wir finden, dass das Kind dies akzeptieren muss, oder nicht. Da gehen die Meinungen wohl auseinander. Dürfen sie ja auch. Aber nur, weil man da selber für das Kind eine Grenze sieht, das Kind sich noch nicht selber wehren kann, und man das halt dann bei der Lehrerin als Eltern selber macht, heisst das noch lange nicht, dass man dem Kind IMMER ALLES aus dem Weg räumt. Sondern halt nur das, wo die Grenzen des Kindes verletzt werden. Wenn mein Kind angefasst würde in der Schule, würde ich mich auch für das Kind wehren. [Und diejenigen hier drin, die das Intervenieren beim Schäm-Ecken übertrieben finden, doch wohl hoffentlich auch :? ]
Das Kind kann sonst noch bei genug Sachen lernen, dass es auch akzeptieren muss, wie es nunmal in der Welt läuft.
LG,
Ariadne

There is a crack in everything - that's how the light gets in.
Leonard Cohen

humeli
Member
Beiträge: 477
Registriert: Do 8. Nov 2007, 22:01
Wohnort: Bärn

Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von humeli »

Genau, Ariadne, ich sehs wie Du, danke (auch an Drüdmodi, Abigail etc ;))!

Von den Helikoptereltern, die ihre Kinder in Watte packen und vor allen möglichen Gefahren und Erfahrungen bewahren und beschützen wollen, halte ich persönlich auch nicht viel. ABER: Es gibt ja den altbekannten "Mittelweg", von Ariadne treffend, beschrieben. Es geht nicht darum, sein Kind überall und immer vor allem Möglichen zu beschützen und ihm sämtliche Aufgaben abzunehmen, im Gegenteil - es geht darum, sein Kind, wo Bedarf da ist, zu (unter)stützen und für es da zu sein, WENN es UNS braucht. Loslassen ist nötig und wichtig, aber auch da ist jedes Kind anders. Während die einen noch mehr mütterliche/elterliche Unterstützung brauchen, sind andere im gleichen Alter bereits viel selbstständiger. Genau das merke ich bei meinen beiden, beide übrigens gleich bedürfnisorientiert erzogen. Der Grosse ist ängstlicher und leidet an Verlustängsten, während die Kleine problemlos sich lösen kann und will.

Jemand hat das Thema "Zivilcourage" erwähnt. Dies finde ich etwas sehr Tolles und Wichtiges, gerade auch für meine Kinder. Ich will, dass sie sich für sich, aber auch für andere wehren, sich einsetzen für Schwächere bzw. für diese Hilfe holen. Doch das können sie nur, wenn wir ihnen vertrauen und sie uns vertrauen können und wir ihnen mit Anstand und Respekt gegenübertreten und sie als gleichwürdige Menschen behandeln und betrachten. Und ihnen selber in gewissen (Not)-Situationen ohne Wenn und Aber beistehen. Ein Schämieggeli, wo die fehlbaren Kindern blossgestellt und ausgelacht werden, hat meiner Meinung nach überhaupt nichts mit Respekt zu tun, im Gegenteil :(. Wie sollen Kinder denn überhaupt Respekt vor anderen haben, wenn sie im Gegenzug nicht respektvoll behandelt werden. Und das heisst bei mir nicht, dass wir ihnen A) alles durchgehen und/oder B) alles abnehmen und für sie "gerade biegen".

PS: Drümodi, vermisse Di ouso o ;)!!
Üses Ranggifüdli (21.03.2007)
Üses Fägnäschtli (23.09.2008)
Üses * im Härze (März 2006)

MIR SI UNÄNDLECH STOUZ UND MEGA DANKBAR :D!

Benutzeravatar
stella
Mod. im Ruhestand
Beiträge: 8285
Registriert: Do 6. Nov 2003, 10:45
Geschlecht: weiblich
Wohnort: zuhause

Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von stella »

Jaaaa! Drümodi! I di ou!!!

nochmals zum Thema Strafen
Wisst ihr, meine Tochter setzt sich so unter Druck, dass sie KEINE Strafe bekommt. Und kein Kind kann ja so sein, dass es NIE eine bekommt. Sie kennt es halt von zuhause nicht und findet das persönlich etwas ganz, ganz Schreckliches. Das ist die eine Seite.

Auf der anderen Seite… Am Beispiel Hausaufgaben (auch aus der Sicht einer Reallehrerin erklärt)… Wenn die Kinder Material oder Hausaufgaben vergessen haben, bekommen sie einen Strich, wenn sie drei haben, müssen sie nachsitzen gehen. Am Ende eines Quartals wird wieder auf 0 gesetzt.

Ich finde das System TOTAL bescheuert. Warum?
* Es sind immer die gleichen Kinder, die nachsitzen müssen.
* Die Kinder verbessern sich nicht.
* Die Nachsitzstunde ist eigenlicht die Hausaufgabenhilfestunde und wäre eine super gute Stunde, ist aber nun negativ gefärbt.
* Kinder, die es nicht können (ich schätze mal, in der 3. Klasse sind das mehr als die Hälfte) und keine Unterstützung der Eltern haben, müssen dann halt dauernd nachsitzen. Es ist u. Umständen ein Elternbeschäftigungsprogramm.
* Kinder, die eigentlich gut tun, setzen sich dermassen unter Druck, dass sie keinen Strich bekommen, hat grossen Einfluss auf das Familiensystem.

Findet ihr das nun gut so? Soll ich es sein lassen und nicht intervenieren, weil es ja "gerecht" ist und die Lehrer ja irgendwas machen müssen? Oder soll ich mich einsetzten bei der LP und ihnen mitteilen, dass mein Kind deswegen schlaflose Nächte hat, weil es immer wieder runter betet, was es morgen alles muss und was es alles mitnehmen muss, obwohl schon gemeinsam gepackt?

Und so sehe ich auch alle anderen "Strafen"…
Ich selber unterrichte OHNE Strafen. Es kann schon mal sein, dass ich einem Kind sage, es sei nun zu laut, es soll an einen Einzelarbeitsplatz gehen, damit es sich etwas beruhigen kann. Wenn das Kind aber nicht will, dann suchen wir gemeinsam nach Lösungen…
Oder das Vergessen der Hausaufgaben… Das notiere ich mir auch. Wenn es mehrmals in kurzer Zeit vorkommt, dann schaue ich mit dem Schüler, der Schülerin, was gebraucht wird, damit die Zuverlässigkeit besser werden kann.
Beim Zuspätkommen gehe ich übrigens davon aus, dass meine SuS (Oberstufe) Gründe haben. Kommt es mehrmals in kurzer Zeit vor, dann schauen wir gemeinsam, was helfen könnte, damit die Pünktlichkeit besser wird.
Ich habe weder Strichlilisten noch Belohnungssysteme, nichts… Ich führe einfach…
Pfunzle 06/04 und Gumsle 10/07

Winterland
Junior Member
Beiträge: 91
Registriert: Mi 19. Okt 2011, 16:27
Geschlecht: weiblich
Wohnort: Aargau

Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von Winterland »

Lotus hat geschrieben:mein Mami hat sich immer für uns eingesetzt, bis zu dem Moment wo wir es selber konnten.Sie machte das mit viel Einsatz und ich kann es heute dennoch sehr gut selbst ... wäre eine der Umschreibungen von mir für mich-> setzt sich für andere ein! und hat dies wooooo gelernt? jaaaaa! Bei Mami :)
Schön gesagt. Wünsche mir mein Mädchen sagt das später auch mal so :)

Meine Tochter ist noch nicht im Schulalter, lese aber trotzdem gespannt mit.

lg

Benutzeravatar
AnnaMama
Vielschreiberin
Beiträge: 1660
Registriert: Di 10. Jan 2006, 14:35

Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von AnnaMama »

Ja Stella, solche Lehrerinnen wie dich müsste es mehr geben. Wir haben bis jetzt nur andere erlebt :wink: . Unser Ältester setzte sich anfangs der dritten Klasse wegen dem Bestrafungssystem auch sehr unter Druck. Er möchte alles perfekt machen und hatte daher Angst, dass er auch mal einen Punkt verlieren könnte. Vor dem Gespräch mit der Lehrerin fragten wir ihn ob wir dieses Thema ansprechen müssen und er verneinte. Er meinte damals auch, dass es ihm unterdessen nichts mehr ausmachen würde, wenn er mal einen Punkt abgeben müsste. Er geht jetzt seit 1 1/2 Jahren zu dieser Lehrerin und musste noch nie einen Punkt abgeben.

In der Klasse meiner Tochter läuft es gleich. Sie hatten in den Wochen vor Weihnachten ein Belohnungssystem bei dem alle Kinder gemeinsam 100 Punkte sammeln mussten. Als Belohnung durften sie einen Film schauen. Es gab in der Klasse aber Kinder, die keinen einzigen Punkt beigetragen haben ... diese durften den Film natürlich trotzdem schauen. Wir sprachen am Gespräch diese Thematik an und die Lehrerin hat sich geschickt ums Thema herumgedrückt. Sie sagte nur, dass sie halt immer wieder mal etwas anderes ausprobieren müsse.

Heute sind diese Systeme wohl in vielen Familien und auch in Schulklassen gang und gäbe. Es gibt ja auch Erziehungsratgeber, die solche Systeme propagieren. Ich bin aber der Meinung, dass sich unsere Kinder ein Stück weit auch der Situation in der Schule anpassen müssen. Wenn es wirklich ungerecht wird oder ein Kind extrem leidet sollten wir den Kindern helfen. Wir sprechen auch immer wieder über solche Massnahmen und die Kinder haben selber schon gemerkt, dass bei den bestraften Kindern keine Verhaltensänderung eintritt.

bätschi
Member
Beiträge: 177
Registriert: Mo 23. Jul 2007, 20:43

Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von bätschi »

Ja Stella ich finde es auch super,dass Du Deine Klasse so gut führen kannst,auch ohne Strafen! Aber eben leider haben die wenigsten Kinder so eine Lehrerin!Und genau das ist die Realität,mit der ein Kind lernen muss zurechtzukommen!In der Schule und später im Berufsleben!
Was nützt es meinem Kind ,wenn ich es ohne Strafen erziehe und es später daran zugrunde geht! Also wenn ein Kind Schlafprobleme hat,wenn es ein Strich bekommt,dann frag ich mich wer da etwas falsch gemacht hat !
Ich möchte hier einfach noch festhalten,dass ich mich natürlich auch für mein Kind einsetze ,wenn ich merke,dass es nun wirklich ungerecht behandelt wird. Hat es auch schon gegeben! Aber ich kann nicht wegen jedem "Schiss" zur Lehrerin springen und nicht weil ich mich nicht getraue ,sondern weil ich nicht will!

Benutzeravatar
Ariadne
Vielschreiberin
Beiträge: 1132
Registriert: Di 8. Jan 2008, 13:26

Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von Ariadne »

bätschi hat geschrieben:Ja Stella ich finde es auch super,dass Du Deine Klasse so gut führen kannst,auch ohne Strafen! Aber eben leider haben die wenigsten Kinder so eine Lehrerin!Und genau das ist die Realität,mit der ein Kind lernen muss zurechtzukommen!In der Schule und später im Berufsleben!
Was nützt es meinem Kind ,wenn ich es ohne Strafen erziehe und es später daran zugrunde geht! Also wenn ein Kind Schlafprobleme hat,wenn es ein Strich bekommt,dann frag ich mich wer da etwas falsch gemacht hat !
Ich möchte hier einfach noch festhalten,dass ich mich natürlich auch für mein Kind einsetze ,wenn ich merke,dass es nun wirklich ungerecht behandelt wird. Hat es auch schon gegeben! Aber ich kann nicht wegen jedem "Schiss" zur Lehrerin springen und nicht weil ich mich nicht getraue ,sondern weil ich nicht will!
Ach bätschi, ich hab's doch vorhin gerade erklärt... :roll: Also ganz konkret: Wenn dein Kind geschlagen wird, rennst du dann nicht zur Lehrerin? Doch, oder? Weil das die Grenzen des Kindes verletzt. Das heisst dann doch nicht, dass du wegen jedem "Schiss" hinrennst! Sondern eben nur wegen dem, was die Grenzen deines Kindes verletzt.

Also: Wenn nun jemand findet, der Schäm-Ecken verletzt die Grenzen des Kindes, dann ist es das Recht dieses Elternteils, das mit der Lehrerin zu besprechen.

Übrigens: Niemand hier drin rennt zur Lehrerin wegen dem Straf-System. Oder wo hast du das gelesen? Du bringst hier einiges durcheinander.

Dass wir das Straf-System nicht gut finden, ist unser Recht. Dass das Kind damit in der Schule klarkommen muss, weil es die meisten LehrerInnen anwenden, ist leider Realität.
Aber was ist denn da deine Lösung? Schlägst du wirklich vor, man solle das Kind zuhause bestafen, damit es dann in der Schule das Straf-System kennt??? Das kann's doch wohl nicht sein, oder?

Dass Kinder Angst haben vor dem Straf-System ist völlig normal. Es ist schliesslich eine Bestrafung. Man kann Wege finden, um es für das Kind erträglich zu machen, so wie es einige hier drin beschrieben haben. Was schlägst du denn vor? Also einfach mal konstruktiv, meine ich, nicht nur alles heruntermachen, was die anderen machen :wink: . Früher hatten sie Angst vor der Rute des Lehrers. Findest du es auch gut, dass viele Eltern damals gesagt haben, das müssten die Kinder halt akzeptieren, die LehrerInnen würden halt nunmal schlagen?
LG,
Ariadne

There is a crack in everything - that's how the light gets in.
Leonard Cohen

bätschi
Member
Beiträge: 177
Registriert: Mo 23. Jul 2007, 20:43

Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von bätschi »

Ach Ariadne...nein verstehen werde ich Euch nie... :roll: ! Ihr macht einfach aus jeder Mücke einen Elefanten,so ist das nämlich!
Und ich habe nichts von schlagen gesagt oder hab ich das ???? :roll: Frag mich gerade wer da was durcheinander bringt!
Am besten unterrichtet Ihr Eure Kinder doch zu Hause,denn da kann Ihnen nichts passieren!Damit wäre Ihnen sicher geholfen! :wink:

Benutzeravatar
stella
Mod. im Ruhestand
Beiträge: 8285
Registriert: Do 6. Nov 2003, 10:45
Geschlecht: weiblich
Wohnort: zuhause

Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von stella »

Ariadne, bätischi
Für mich stellt sich wirklich konkret die Frage, ob ich beim Elterngespräch das Thema Schtrichliliste und den damit verbundenen Stress für mein Kind ansprechen soll oder nicht. Und ich finde es überhaupt nicht so einfach, wie du Ariadne dies schilderst.
Ein kleiner Teil in mir sagt nämlich, dass Pfunzi lernen muss, damit zurecht zu kommen, weil es solche Systeme überall und immer geben wird. (Beispiel Strassenverkehr - entweder man hält sich an die Regel oder läuft Gefahr, eine Busse zu bekommen….)
Ich habe selber entschieden, dass ich meine Kinder führen kann OHNE Strafen. Wenn nun aber das andere Modell gesellschaftsfähiger ist, wäre es dann nicht besser, ich würde meinem Kind die Unterschiede erklären und mit ihm den Weg gehen, damit es dieses System annehmen und damit leben kann?
Oder aber ist die Beeinträchtigung (Schlafstörungen, viel Energie aufwenden, um ständig nach zu denken, ob das Verhalten nun richtig ist oder nicht, dabei weniger Energie fürs Lernen zu haben,…) genug gross, dass ich intervenieren muss?

Drümodi, Annamama
Danke für eure lieben Worte! Ich höre halt immer eher das Gegenteil…
Und ganz krass: Ein Vater hat mir mal gesagt: "Wen er de nid guet tuet, de houet ihm es paar a d'Löffle!" Super, oder!?!?
Pfunzle 06/04 und Gumsle 10/07

Benutzeravatar
Ariadne
Vielschreiberin
Beiträge: 1132
Registriert: Di 8. Jan 2008, 13:26

Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von Ariadne »

bätschi hat geschrieben:Ach Ariadne...nein verstehen werde ich Euch nie... :roll: ! Ihr macht einfach aus jeder Mücke einen Elefanten,so ist das nämlich!
Und ich habe nichts von schlagen gesagt oder hab ich das ???? :roll: Frag mich gerade wer da was durcheinander bringt!
Am besten unterrichtet Ihr Eure Kinder doch zu Hause,denn da kann Ihnen nichts passieren!Damit wäre Ihnen sicher geholfen! :wink:
:lol: :lol: Oh je. Tja, das waren dann offenbar zu komplexe Gedankengänge... Analogien und so, offenbar nicht jedermanns Sache :wink: . Ich geb's auf, das hat keinen Sinn.
LG,
Ariadne

There is a crack in everything - that's how the light gets in.
Leonard Cohen

Benutzeravatar
Ariadne
Vielschreiberin
Beiträge: 1132
Registriert: Di 8. Jan 2008, 13:26

Re: Erziehung ohne Strafen und Lob - Umsetzung im Alltag

Beitrag von Ariadne »

@ stella
Und ich finde es überhaupt nicht so einfach, wie du Ariadne dies schilderst.
Wie kommst du darauf, dass ich sage, ich finde das einfach???!
Nee, sicher ist es nicht einfach. Ich sage ja; es ist normal, dass das Kind da Angst hat. Und da muss man halt Wege finden, wie man das mit dem Kind bewältigen kann. Ich habe nirgends geschrieben, dass ich das einfach finde. Ich bin froh um Schilderungen wie diejenige von Annamama, die beschreiben, wie ein Kind, das straf-los erzogen wird, das erlebt, wie es damit umgeht, und wie sich das entwickelt. Darüber bin ich sehr froh, denn wir werden ja vielleicht auch damit konfrontiert werden. Und ich weiss, dass das sicher nicht einfach ist.
Wenn nun aber das andere Modell gesellschaftsfähiger ist, wäre es dann nicht besser, ich würde meinem Kind die Unterschiede erklären und mit ihm den Weg gehen, damit es dieses System annehmen und damit leben kann?
Ja! Sag ich doch!
LG,
Ariadne

There is a crack in everything - that's how the light gets in.
Leonard Cohen

Antworten