gut wie kinder streiten hängt sicherlich stark von deren altersabstand / geschlechterkonstellation und noch vielen weiteren faktoren ab, ich kann also nur sagen wie das bei uns so gehandhabt wird. ich habe 2 jungs, mit knapp über 3 jahren abstand, beide relativ bis sehr sensibel, sind aber ganz normale jungs mit ritter, piraten, kämpfen, fussball etc.
ich habe immer viel und gerne mit den kids gespielt, also mit am boden gesessen und war aktiv beim spielen beteiligt (duplo, zug, stofftiere etc.) - bei konflikten war ich also "schon vor ort" und konnte dann gleich "eingreifen". ich habe dem anderen immer erklärt, er solle sich so verhalten wie er will, dass sich der bruder ihm gegenüber verhält, und dem grossen noch erklärt, dass er eine vorbildfunktion hat - also wenn er den kleinen haut bzw hauen würde, lernt er das, und haut zurück etc. wenn was aus der hand gerissen wird, dann bekommt der andere das natürlich wieder zurück, und dem wegnehmer hab ich versucht zu erklären, wie sich der andere fühlt, bzw gefragt, wie er sich fühlt, wenn ihm einfach was weggenommen wird. wir haben auch ein buch mit so gefühlsgesichtern, da hat schon der kleine mit 2 zeigen können wie er sich fühlt bzw wie sich der andere fühlen könnte.
beispiel: wenn beide das selbe auto haben wollten, dann haben wir lösungen gesucht, womit alle mehr oder weniger einverstanden sind. also zb der eine bekommt die polizei, der andere die feuerwehr obwohl er eventuell auch die polizei haben wollte, der andere aber schneller war. dann hab ich versucht beiden durch die "friedliche lösung" ein "positives outcome" zu ermöglichen, zb bei einem unfall von anderen matchbox autos braucht man ja eh beide einsatzfahrzeuge etc. verstehste wie ich meine? klar wird irgendwo mal einer bevorteilt und der andere benachteiligt, aber beide haben gelernt dass das nachgeben eigentlich kein nachteil ist, sondern andere möglichkeiten eröffnet. und in summe hält sich das dann die waage, und man kann gut argumentieren wenn der eine mal nachgegeben hat, macht der andere das dann auch lieber weil er das so kennt.
wir haben auch alle spielsachen im wohnzimmer und jedem gehört alles - wir haben aber auch ein regal dort, wo jeder nur seine sachen aufbewahren kann. das ist für den anderen tabu, und daran wird sich auch gehalten, das brauche ich gar nicht duchzusetzen. bücher werden geteilt. generell gilt: durch teilen hat man mehr (stichwort shared economy). das haben sie von anfang an begriffen und verstehen oft nicht, warum gspänli ihre spielsachen nicht mit den geschwistern teilen, dann hätten sie doch beide mehr zum spielen
wir haben auch sowas wie einen "spielbesitz" - also wenn zb jemand was mit lego baut, und dann aufs klo geht oder hausaufgaben machen muss, etc., dann "gehört" das immer noch ihm, obwohl er es nicht gerade augenblicklich aktiv bespielt. und das auch ohne dass er es auf's regal stellt

der spielbesitz verfällt irgendwann, da gibt es keine klare regel, aber die brauchen wir auch nicht, weil das für die kinder einfach klar ist und somit gibt es da keine reibereien. wenn der grosse also zb was baut, und dann 2 tage nicht damit gespielt hat, dann fragt der kleine ob er das kaputt machen darf, oder es landet sowieso in der box wieder, und somit hat sich der spielbesitz aufgelöst. wenn man sich was von einem anderen ausleihen will, dann fragt man, und wenn derjenige grad nicht da ist, dann wird gewartet mit dem ausleihen.
wenn wir unterwegs sind schauen wir auch wie sich andere leute verhalten, ich frag oft nach ob das jetzt "gut" oder "schlecht" war (vordrängen zb), und wenn mich das "schlechte verhalten" anderer direkt betrifft (war vor kurzem so, dass sich jemand beim ticket-automaten direkt vor mich reingedrängt hat) - dann sag ich diesem jenen auch direkt dass er sich bitte hinten anstellen solle, wie alle anderen auch.
ich denke die emotionsgesichter haben bei uns viel gebracht, nämlich sich und die emotionen bzw die gefühlswelt des anderen kennen zu lernen und auch zu benennen, und verhalten anderer lesen zu lernen ... und dass jemand eigentlich immer sofort da war wenn's kritisch wurde und wir gemeinsam, noch bevor der streit hochgekocht ist, wege gefunden haben wieder raus zu kommen. das hat beiden seiten geholfen, und sie wussten, das sie nicht alleine sind in der situation.
im kindergarten war dann natürlich die - wie auch hier weit verbreitete einstellung - "die sollen das untersich ausmachen" einstellung, und das war für unseren älteren ein albtraum. haben da aber einiges bewegen können, wie gesagt, die kinder gehen jetzt noch vor den herbstferien in einen "konfliktlösungskurs" und lernen methoden, "gewaltfrei" miteinander umzugehen... was natürlich schwierig ist, wenn sie es von daheim nicht anders kennen. die kiga sagt "ihr dürft nicht schlagen" und daheim (schon im sandkasten bei den 2jjährigen!!) sagen dann die eltern "komm, wenn der die doof kommt kannste dich ruhig wehren". klar kann und muss man das. die frage ist nur das wie. und kinder können sich das nicht selber zusammendenken. wie in kinderaugen ist nunmal schlagen, hauen, beissen.
ich höre heute noch oft "deine kinder müssen lernen sich besser zu wehren" - ich sag dann immer nein, ich steh nicht mit der pumpgun vorm haus, meine kinder müssen sich auch nicht verteidigen um nicht zu kurz zu kommen. die anderen müssen lernen wo ihre grenzen sind, und das ist aufgabe des anderen elternhauses, nicht meines. und wenn es ungerecht zugeht, dann gibt es höhere instanzen, wie im echten leben auch, das faustrecht wurde ja schon vor längerem abgeschafft.
heute kam zb mein sohn vom migros nachhause, er hat sich paninis gekauft, und erzählte mir, dass er an die kasse ging, und eine frau vor ihm reindrängte. er ihr das sagte, er habe zwar nichts, aber an der kasse kaufe er sich paninis - sie aber nicht reagierte, er schaute zur kassiererin, und die ignorierte ihn auch. was soll mein sohn in dieser situation jetzt machen? ihr eine reintreten? natürlich wäre er in der situation auf die hilfe des nächsten erwachsenen, der da zuständig ist, nämlich die kassiererin, angewiesen. die nachbarkassiererin, die das beobachtet hatte, rief ihn wohl dann rüber und er konnte paninis kaufen. trotzdem ist das ein aktuelles beispiel von der "achtung, hier komm ich, ich bin grösser, schneller, stärker!"- einstellung, die ja schon offensichtlich daheim "geübt" wird (=der stärkere gewinnt), ebenso wie das "aktive wegschauen beim konflikt" (die sollen das selber auschmachen, wie das ja manche eltern hier auch praktizieren und von juuls wohl so auch empfohlen wird). so wird ein respektvoller umgang miteinander halt echt schwierig.