Ich kann euch allen nachfühlen. Und ich merke, dass ich mich teilweise jetzt mehr nach "innen" richten muss und darf; im letzten März war ich nach aussen orientiert und konnte auch draussen allerlei machen und dementsprechend sehen, was ich mache.
Momentan habe ich ein Tief beim Arbeiten (Pflegefachfrau bei Hochrisikopatienten), komme immer noch nicht auf Touren (Müdigkeit nach Coronaerkrankung im Spätherbst), Sohn 2 kann erneut nicht mehr ins Training und hat definitiv zu wenig Sport, Sohn 3 fragt ständig "Wann ist denn Corona mal fertig", Familie (ausser Kernfamilie) an Corona erkrankt (von symptomlos bis Spital). Dann habe ich auch alle unsere "Planungssachen" ganz weggeräumt; theoretisch wären wir nämlich demnächst in unser lange geplantes Sabbatical nach Down Under verschwunden und bis das wieder geht, brauchen wir alles neu. Ich konnte mich erst jetzt davon trennen, auch wenn der Entscheid schon längst gefallen war. Wir hatten immer freitags open House mit Freunden, das fällt seit einem Jahr weg. Wir haben immer gern Besuch oder besuchen einen Zoo oder Tierpark, mein Mann liebt Kino: alles weg. Mein soziales Highlight ist die Gemüsefrau am Mittwoch, wenn ich während der Spielgruppenzeit einkaufen gehen kann allein.
Es ist zehrend, aber es lehrt auch. Ich denke, dass Corona mit all seinen Mutationen bleiben wird. Eine Verbesserung der allgemeinen Lage (mit Lockerung der Massnahmen) bringt wohl nur eine grossmehrheitliche Immunisierung (natürlich und / oder Impfung) plus maximaler Schutz der vulnerablen Personen. Da braucht es vielleicht ganz neue Konzepte und Ansätze im gesellschaftlichen Leben wie auch im Alltag. Und das braucht Zeit und Geld und immer wieder eine Abwägung.
Was mir gerade hilft: Ich versuche bei negativen Gedanken zu erkennen, welches der Anteil der Kernbotschaft ist, den ich ändern kann.
Möglicherweise kann ich etwas aktiv tun. Möglicherweise kann ich nur annehmen und aushalten (was ja in der heutigen schnellen Zeit extrem schwierig fällt). Ich versuche insbesondere auch bei den Kids, positive Situationen zu schaffen - oder mit ihnen die negativen bewusst anzusprechen und auszuhalten.
Was ich gern tue:
- Dinge planen, die auch mit den extremsten Massnahmen möglich sind und die "Leben" in sich tragen (Garten, Mischkultur, Samenbomben machen...)
- Dinge aktiv angehen, die mir etwas bringen (Kleiderschrank räumen, Kleider / Dinge verkaufen für ins Ferienkässeli)
- Sommerferien in der CH planen (autonome Unterkunft, mich auf etwas freuen)
- Menüplanung mit weniger Fleisch
- bewusster Einkaufen (nur einmal pro Woche, möglichst ohne Plastik, regional, saisonal)
- das Essen zelebrieren im kleinen Rahmen (auch mal indor Picknick)
- Familienleben bewusster gestalten: freitags immer Apéro und Spiel- oder Kinoabend, Samstags kocht jemand anderer, gemeinsame Erlebnisse im Rahmen des Möglichen besprechen und erlebbar machen.
- Zweisamkeit
und ganz für mich (innen)
- wieder mehr Qi Gong praktizieren
- Stehmeditationen wenn ich wo anstehen muss

- mir mehr bewusst Zeit gönnen zum lesen und herausfinden, was ich will, kann, tue und wie ich meine nächsten Lebens- und Arbeitsjahre verbringen möchte.
Das alles scheibe ich im grossen Bewusstsein, dass die jetzige Situation irgendwann vorbei gehen wird und etwas Neues kommt (das ich nicht kenne). Und mit grosser Dankbarkeit, dass es uns mit Haus und Garten immer noch so gut geht, wir uns nicht auf die Nerven gehen und uns immer wieder neu erfinden können und auch keine finanziellen Sorgen haben.
Die einzige Konstante im Leben ist m.E. das loslassen, in allem. Das ist mir gerade wieder präsenter und bringt mir dann Kraft, wenn ich sie vermisse. Aber manchmal reicht auch das nicht, und ich heule einfach. Und dann kommt ein neuer Morgen, es vergeht ein Tag und es wird wieder Abend. Und irgendwann fühle ich mich wieder besser.